Die diesjährige Ausgabe des "Sweden Rock"-Festivals war nicht
irgendeine, sondern die mittlerweile 25. Ausgabe! Bereits ein
Vierteljahrhundert ist diese Erfolgsgeschichte alt, die
praktisch jedes Jahr mit aktuell rund 35'000 Fans an allen
Festivaltagen stets restlos ausverkauft wird. Dennoch
herrschen hier keine überlaufenen Verhältnisse wie zum
Beispiel in Wacken, wo mittlerweile eine kritische Grösse
erreicht wurde. Ganz anders im hohen Norden, wo die
Organisatoren nach wie vor auf einen Event für jedermann
setzen und dies in völlig ungezwungener Atmosphäre, das heisst
mitunter ganze Familien mit Kind, Kegel plus teils auch der
Oma neben beinharten Metal-Maniacs und Hardrock-Fans eine gute
Zeit verbringen können.
Während wiederum vier Tagen
traten heuer abermals über achtzig Bands (!) auf, dessen Namen
für die gemeinsame Leidenschaft der Fans vor Ort stehen.
Highlights in Sachen Headliner waren Blind Guardian, Queen
(with Adam Lambert), King Diamond, Twisted Sister, Avantasia,
Sabaton und Michael Schenker Fest. Dazu kam Kultiges wie
Vanilla Fudge, Graham Bonnet Band oder King Kobra. Des
Weiteren glänzten auch Bonafide, The Graveyard oder Loudness.
Wer auf Nummer sicher gehen wollte, bekam mit Slayer, Megadeth
und Anthrax drei von vier Vertretern der "Big Four". Weitere
Ausrufezeichen setzten SIXX:A.M., Dan Reed Network sowie Lita
Ford. So hatte es wirklich für jeden was und diejenigen
"Sweden Rock" mit einem breiteren Musikgeschmack hatten somit
die Qual der Wahl, da sich doch der eine oder andere Act
überschnitten.
Insgeamt fiel das jedoch nicht so ins
Gewicht und die diesjährige Metal Factory Crew, bestehend aus
Roxx, Rockslave, Kissi und Hardy konnte grösstenteils fast
alles abdecken. Ausgerüstet mit einer der rund achtzig
verfügbaren Fotowesten wetzten Roxx und meine Wenigkeit von
einer Bühne zur andern. Was wir dabei vor der Linse hatten und
welche Eindrücke das MF-Team vom "Sweden Rock" Ausgabe 2016
gewann, könnt Ihr untenstehend in unserem Festival-Report
nachlesen! (rsl)
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Mittwoch, 08.06.2016
Rockklassiker Stage (aus Sicht von Hardy) Auf der
kleinsten Bühne im Zelt gaben sich junge, alte, obskure oder
"kleinere" Bands die Klinke in die Hand und waren immer wieder
für eine musikalische Überraschung oder einfach bloss Schatten
gut. Und obwohl am ersten Tag der Sound der Zeltbühne
durchgehend höhenlastig kränkelte, waren die Schotten
King
Witch für mich gleich eine DER Entdeckungen des Festivals.
Doomig betonter, atmosphärisch geladener oldschool Metal mit
furiosem Bassspiel und einer Sängerin, die mich vom Auftreten
nicht nur öfters an Juliette Lewis erinnerte, sondern bei
ihren intensiven Screams auf Zehenspitzen schier ihre Stimme
zerriss. Erste Hühnerhaut des Tages und das Zelt wird während
ihrem Auftritt immer voller. Danach brannten die NWOBHM-Recken
Diamond Head um Converse-Afficionado Brian Tatler mit
superagiler Performance und sympathischem Auftreten fast die
Bühne nieder. Bei prägnantem Basssound und einem glänzenst
aufgelegten Sänger versprühten die Gentlemen literweise gute
Laune und kamen mit herumalbern kaum nach. Dazu gab es ein
Best-Of Programm einer tighten, blind aufeinander
eingespielten Band, deren offensichtliche und überschwängliche
Spielfreude derart ansteckend war, dass beim finalen «Am I
Evil» das volle Zelt amtlich Radau machte. Wenn bei düsterem
Licht und viel Rauch mit Spinnennetzapplikationen verzierte,
Louis XIV-Absatzschuhe tragende, geschminkte Neovampire
Pirouetten drehen, dann müssen Tribulation auf der Bühne
stehen. Der Vierer bietet zumindest optisch eine zwar
unterhaltsame, aber auch etwas überambitioniert wirkende Show.
Und trotzdem, wenn das Gitarrenduo zu seinem Mix aus
Herbstreigen und angeschwultem Ausdruckstanz ansetzt, sich
dabei wegen der schicken Schühchen auch mal lang legt und
nahtlos weitertanzt ohne seinen Einsatz auch nur eine
Millisekunde zu unterbrechen, dann hat das schon was. Sehr
schade, dass wegen des leider immer noch verpeilten Sounds das
Endergebnis etwas leidet. (hdy)
Rockklassiker Stage
(aus Sicht von Kissi) Gerade weil die vom schwedischen
Radiosender Rockklassiker präsentierte Zeltbühne die kleinste
des Festivals ist, ereignen sich dort immer wieder
eindringliche Riff-Entdeckungen. King Witch sind dafür ein
gutes Beispiel. Mit ihrer undergroundigen Mischung aus Doom,
Occult Rock und Metal sorgten die schottischen Newcomer, von
denen bis anhin gerade mal eine EP erschienen ist, für ein
erstes Highlight, das in Tribulation seine Fortsetzung fand.
Mit genauso grossen Posen wie Spielfreude kombinierten das
Trio Black Metal mit Retro Rock, wobei das Wort „retro“ auf
die darauf folgenden Diamond Head natürlich noch besser
passte. Die NwoBHM-Helden um den einzig von der
Original-Besetzung übrig gebliebenen Klampfer Brian Tatler
liess mit Klassikern wie „It's Electric“ oder „Am I Evil“ die
80er wiederaufleben, wobei natürlich vor allem letztere Nummer
das Zelt zum Toben brachte. (kis)
4Sound Stage
Aus vielen einzigartigen Momenten besteht das Sweden Rock
jedes Jahr. Die tägliche Opener-Band auf der 4 Sound Stage
gehört leider, leider selten dazu. So auch dieses Mal nicht.
Mit gurgelnden Orgelklängen hatten mich
Saffire zwar neugierig
gemacht, doch mit stromlinienförmigem Melodic Rock holt man
heute trotz Festival-Euphorie und passabler Performance keine
Leute mehr aus dem Zelt. Warum das den ziemlich ähnlich
agierenden Eclipse dann danach aber trotzdem gelang – also die
Leute zum Feiern bringen – kann ich mir nur am Heimvorteil
erklären. Da wussten Skitarg schon besser, wie Eindruck
hinterlassen, denn sind wir doch ehrlich: Eine Horde
aufgekratzter, blutverschmierter, Melo Death zockender
Horror-Clowns verfolgen einen bis in seine Träume, auch wenn
ich kein einziges Wort der schwedischen Texte verstand. Dafür
war lautstarkes Mitsingen bei Graham Bonnet danach natürlich
Pflicht. Rainbow, Alcatraz, Impellitteri und Michael Schenker
Group – so illuster die Stationen der auch schon gegen 70
tänzelnden Gesangslegende, so hitverdächtig die Setlist, die
nicht einen einzigen Solo-Track enthielt und dementsprechend
einer Lehrstunde in Sachen Rock History gleichte. (kis)
Sweden Stage Der ehemalige White Lion Shouter
Mike
Tramp spielte als zweiter Act des Festivals auf und setzte mit
seiner aktuellen Band auf Songs, die natürlich auch Bezug zu
den längst vergangenen Zeiten der weissen Löwen hatten. Dazu
gehörte mitunter auch die Jahrhundert-Ballade «When The
Children Cry». Ansonsten präsentierte sich Mike nach wie vor
ordentlich frisch und bewies, dass seine Stimme immer noch
voll da ist und er sich als versierter Solo-Songwriter längst
etabliert hat. Bonafide profitierten danach sicher etwas vom
Heimvorteil, aber den brauchten die schwedischen Hardrocker
mit Schlagseite zu den alten AC/DC eigentlich gar nicht, da
sie so oder so mächtig abrockten. Was bereits auf der ICE
ROCK-Bühne im Emmental überzeugte, hinterliess auch in der
Heimat einen exzellenten Eindruck. Das Resultat war ein gut
gelauntes Publikum, das lautstark applaudierte. Das geschah
anschliessend bei Amaranthe ebenso, denn die Musik dieser
Combo aus Göteborg hat viele Fans, das steht ausser Frage.
Mich konnte das Ganze allerdings trotz dem sexy Outfit von
Frontfrau Elize Ryd und dem männlichen Gesangsduo mit Jake E.
Lundberg und Andy Solveström sowie einigen Pyros und Böllern
nicht flashen. Zu monoton hämmerte der Melodic (Pop)
Death
Metal und liess teilweise gar Baby Metal in Erinnerung rufen.
Während die Fankulisse ihre Helden abfeierte, wandte ich mich
schon fast angewidert hin zu lukullischen Genüssen. Mit
Blind
Guardian stand schliesslich der Headliner des ersten Tages auf
der Bühne und auch hier rollten sich mir schon bald Zehennägel
nach oben. Auch wenn es ein paar Parts gab, die weiter als nur
hin zum Trommelfell durchdrangen, werde ich nach wie vor nicht
Fan von Hansi Kürsch und seinen Jungs werden. Einerseits kann
der Frontmann sein optisches Buchhalter-Image immer noch nicht
abstreifen und zweitens mag ich seine stimmliche Gesangsfarbe
ebenso wenig. Kurzum legten die blinden Gardinen sehr wohl
einen professionellen wie technisch brillanten Auftritt hin,
gingen mir jedoch erwartungsgemäss erneut voll am Arsch
vorbei. (rsl)
Donnerstag, 09.06.2016
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4Sound Stage Kurz vor der
Mittagszeit starteten auf der kleinsten Aussenbühne die
Banditos aus Alabama. Mit ihrem von Country beeinflusstem
Hardrock waren sie hier am Sweden Rock genau richtig und
sorgten für den ersten passenden Soundhappen des Tages. Dies
dürfte auch zur Freude zahlreicher Hilly Billy Fans gewesen
sein, die auf dem Gelände herumlatschten. Bei
The Struts ging
es danach etwas anders ab. Die
Briten spielten Glam Rock im
Stil der 70er und überzeugten musikalisch wie auch durch ihre
Authentizität. Während knapp einer Stunde gaben die Jungs
alles und ernteten dafür ordentlich Applaus. Danach war die
Zeit reif für was "Hiesiges". Die legendären
Neon Rose
schwangen ihre Ärsche zum ersten Mal nach über 40 Jahren (!!)
wieder live auf einer Bühne und zelebrierten Classic Rock à la
Zeppeling/Purple, aber mit eigener Note. Gemessen an der
langen Abstinenz zockten die Herren ganz ordentlich und
zeigten den Jungspunden, was 'ne echte Harke des Rocks ist.
Ganz anders lief es danach bei den darauf folgenden
Therapy?
aus Nordirland ab. Die waren mal in den 90ern ziemlich
angesagt und zockten musikalisch in der Region von Anthrax,
aber insgesamt rockiger und weniger metalmässig. Obwohl auch
in den 2000ern einige Alben erschienen sind, hörte man nicht
mehr übermässig viel. Diese Wahrnehmung will man offenbar
korrigieren, und darum legten die Nordiren einen ziemlich
agilen Auftritt hin. Eigentlich wollte ich mir bei
Mayhem eine
ordentliche Ladung Chaos, Gedankenskalpelle und Aggression
abholen, aber die Kerle waren so fies wie bekiffte
Teletubbies. Ausser Necrobutcher, aber der guckt
wahrscheinlich auch am Kindergeburtstag wie ein Pitbull. Mit
dem ganzen Stacheldrahtverhau am Bühnenrand und Mikroständer
eigentlich schick hergerichtet, krankte der Auftritt letztlich
an zu leisen Gitarren, viel zu langen, peinlichen Pausen
zwischen den Songs, der wohl sperrigsten Setliste, die ich mir
vorstellen konnte und allgemeiner Absenz von Atmosphäre. Nix
Chaos, schade auch. (rxx & hdy)
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Sweden Stage
Immer schon fand und findet am Sweden Rock trotz dem „Rock“ im
Namen auch der Country seinen Platz am Festival und
versammelte sich pünktlich um High Noon schon eine beachtliche
Menschenmenge vor der Bühne, um zusammen mit den
Kentucky
Headhunters eine ausgelassene Hillbilly-Party zu feiern.
Weniger Hill denn Hell zelebrierten danach
Entombed A.D. Das
Überbleibsel der schwedischen Death-Helden prügelte sich
ordentlich durchs Set, auch wenn man bei solchen künstlich am
Leben erhalten gelassenen Projekten natürlich immer darüber
diskutieren kann, ob es nicht besser wäre, langsam den Stecker
zu ziehen. Ein weiterer Vertreter der Sleaze Rock Szene waren die
L.A. Guns. Sie rockten töfte
wie immer und Hits wie «Sex Action» oder
«Never Enough» durften nicht fehlen. Ähnliche Gedanken wie bei
Entombed A.D. kamen einem bei
Vanilla Fudge
hingegen keine in den Sinn. Im Gegenteil: Gehörte die Band um
Keyboarder Mark Stein und Drum-Legende Carmine Appice in den
60ern mit zum Exzessivsten (sowohl an Härte als auch
Virtuosität), was die Musikwelt zu bieten hatte, gehörten sie
am Sweden Rock mit zum groovendsten. Eine Reminiszenz an die
zügellosen Zeiten des Rock'n'Roll, insbesondere im direkten
Vergleich zu den nachfolgenden Soilwork, deren klinisch
gezockter Death Metal im Vergleich blutleer und hüftsteif
rüberkam, seine Fans aber natürlich trotzdem fand. (kis)
Festival Stage
Ab dem zweiten Tag ist jeweilen auch die grosse Festival Stage
bereit für Live-Auftritte. Die diesjährige Premiere durften
dabei Halestorm wahr nehmen. Wer nun dachte, dass die
Amerikaner hier mit der zu grossen Kelle anrühren, wurde schon
bald eines Besseren belehrt. Lzzy Hale strahlte auf jeden Fall
übers ganze Gesicht und gab sich sehr selbstsicher. Zumindest
kam die Mucke souverän rüber und angetrieben von einer
spielfreudigen Band im Rücken (dazu gehört ja auch Lzzys
Bruder Arejay an den Drums) zelebrierte das Quartett seinen
absolut stadiontauglichen Sound überzeugend. Dass Arejay noch
Gelegenheit zu einem kurzen Drum-Solo bekam, erstaunte nicht,
denn der Junge
hat es faustdick hinter den Ohren.
Shinedown
hievten das Level danach jedoch spürbar nach oben. Man merkte
sofort, dass hier eine routinierte Combo auf der Bühne stand,
die eindeutig für Grösseres berufen ist. Zudem hatten sie
einige Hits in der Hinterhand, die ich zwar allesamt nicht
kannte, aber für sichtliche Begeisterung unter den zahlreich
aufmarschierten Fans sorgten. Fronter Brent Smith versprühte
dabei viel Charisma und liess nichts anbrennen. Obwohl die
soweit griffige Mucke ziemlich auf den Punkt gespielt wurde,
konnten mich die Amis aus Florida musikalisch nicht aus der
Reserve locken. Das sah bei Slayer erwartungsgemäss anders
aus. Der Anblick war jedoch gewohnt, denn kurz zuvor standen
Tom Araya & Co. ja auch in Luzern auf einer grossen
Festival-Bühne. Die Shows laufen bekanntlich noch unter dem
Banner der «Repentless»-Tour, also zu einem der besten Alben
der letzten Jahre. Mit einer Mischung aus Routine und der
gewohnten Energie zockten Slayer ihre kultigen Abrissbirnen
runter. Vor allem Exodus-Gitarrist Gary Holt fühlt sich
pudelwohl als Nachfolger des leider viel zu verstorbenen Jeff
Hanneman (R.I.P.) und lieferte wiederum amtlich ab. Für meinen
Geschmack sind die Schlächter in der Halle allerdings weitaus
effektiver, was der insgesamt eher durchschnittliche Zuspruch
vor der Bühne untermauerte. Das Finale auf der grössten Stage
des Festivals war hingegen wie geschaffen für
Queen, featuring
Adam Lambert. Unglaublich auch die Leistung der Crew und den
Verantwortlichen der Technik, die den
ganzen Bühnenaufbau
innert erstaunlich kurzer Zeit auftrittsbreit gestemmt hatten.
Ob man es so mag oder nicht: Fakt ist, dass das aktuelle
Line-Up mit den Ur-Mitgliedern Brian May (g/v) und Roger
Taylor (d/V), ergänzt um Taylors Sohn Rufus (aktuell in
Diensten bei The Darkness), den unfassbaren Backkatalog nach
wie vor würdig umzusetzen vermag. Die Hitdichte war dabei
schon fast unerträglich hoch. Adam Lambert gelingt der Spagat
auf Messers Schneide, die eigentlich unnachahmliche Attitüde
des übergrossen Freddie Mercury so zu adaptieren, dass es
glaubwürdig bleibt. Die kurzen Live-Einspieler mit Freddie
himself liessen dann aber erahnen, welch ein Verlust sein zu
früher Tod auf immer und ewig sein wird. Nichtsdestotrotz
waren Queen Ausgabe 2016 einer der würdigen Headliner, der
darauf nur noch von King Diamond auf der "Lemmy Stage", je
nach Ansicht, übertrumpft wurde. (rsl)
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Lemmy Stage
Habe vom finnischen Monsterkabinett zur Mittagsstunde nicht
viel erwartet und war daher sehr positiv überrascht, wie
lässig das Quintett die Gunst des Publikums erhielt und eine
wahre Rockparty entfachte. Und da Freaks bekanntlich Freaks
anziehen, war das Publikum fast interessanter als die souverän
aufspielenden Lordi. Viele Paare im mittleren Alter die
geschlossen tanzten und eine Gruppe aufgepumpter Muskelmänner,
die miteinander
Trockensex praktizierten, sind da nur ein
kleiner Einblick. Das Ganze garniert mit fluffigen, catchy
Rocksongs, Mitsingspielchen und Glitzerkonfetti bei gefühlten
30° Celsius, grandios. SIXX:A.M zogen danach Publikum bis weit
hinter den Mischpultturm und sorgten mit ihrer durchgestylten
Designershow für reihenweise feuchte Höschen. Absolut
verdient, denn mit zwei airfistenden, supersexy
Backgroundsängerinnen, "düsterer" SciFi-Verkleidung, Pathos,
grossen wir-gegen-den-Rest-der-Welt-Ansagen, Pianoeinlagen,
Mitsingspielchen und den beiden Ausnahmekönnern DJ Ashba und
James Michael an Gitarre und Mikro wurde ganz grosses Ami-Kino
geboten. Nicht wirklich meine Baustelle, aber wenn ich mich
schon selbst beim Mitwippen ertappe, müssen sie nicht nur
wegen Ex-Mötley Crüe Basser Nikki Sixx einiges richtig gemacht
haben. Heimspiel für Graveyard hätte man meinen sollen, aber
das Vintage-Quartett wirkte ungewöhnlich verloren auf der
grossen Bühne. In ihrem eigenen Mikrokosmos verweilend,
zockten sie zwar souverän ihr abwechslungsreiches Set runter,
wirkten aber derartig cool und selbstzentriert, dass sich
leider bis auf die ersten Reihen gepflegte Langeweile in die
Masse schlich. Gut war die Bar nur zwanzig Schritte entfernt.
Nach den überirdischen King Albatross im Zelt konnten
Megadeth
nur noch verlieren, denn auch die an «Hangar 18» angelehnte
Bühnendeko konnte nicht davon ablenken, dass Megadave ziemlich
schwach auf der Brust war und so gequält klang, dass ich fast
Angst bekam, der Arme würde gleich in Tränen ausbrechen.
Instrumental war die ganze Mannschaft aber fit wie ein
Turnschuh, und wer auf Gitarrensoli steht, war hier sowieso an
der richtigen Adresse. Ich vermisste aber nach ein paar Songs
die Magie und darum zog es mich eine Bühne weiter zu den
gleichzeitig wie überraschend unterhaltsam aufspielenden
Vanilla Fudge. Zur Hexenstunde konnte man geradezu spüren, wie
eine fiebrige Atmosphäre auf dem Gelände entstand, denn der
König bat zum Tanz und die Masse drehte schier durch! Das Duo
LaRocque/Wead
produzierte den wohl ausgewogensten und
aggressivsten Gitarrensound des ganzen Festivals und jeder
einzelne Musiker schob und drückte nahezu fassbare Energie aus
den Boxen, fett. Dazu deibelte/tänzelte
King Diamond auf
höchstem Niveau durch die Zeremonie. Jeder Scream ein
Volltreffer in den Arsch des abwandernden Queen-Publikums und
jeden Einsatz traumwandlerisch auf den Punkt gebracht,
dirigierte er charmant durch die komplette theatralische
Aufführung von «Abigail». Monumental und die kommenden Tage
ein immer wieder gern aufgegriffenes Gesprächsthema, bei dem
man augenblicklich glänzende Augen bekam! (hdy)
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Rockklassiker Stage
Am Freitag mutierte die Zeltbühne wie gewohnt zur NEMIS Stage,
heisst zur Plattform schwedischer Jungtalente. Von den Heavy
Bluesern Painted Sky über die verkifft wabernden Presolar
Sands bis zu den von der furiosen Therés Enström angeführten
Kick Ass Rockern King Albatross machte auch hier die
Retro-Welle (dankenswerterweise) ihren Einfluss spürbar, wobei
mit den Symphonic Metallern Eleine, den Rednecks von Fearless
und den Doom-Priestern von Serpent auch die härtere Gangart
geboten und gleichzeitig wieder mal der Beweis erboten wurde,
dass sich Schweden um seine Riff-Zukunft weiterhin keine
Sorgen machen muss. (kis)
Freitag, 10.06.2016
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4Sound Stage
Zu schönstem Sonnenschein eröffneten um 11.30 Uhr die
Kalifornier Warner Drive das Freitagsspektakel und erfüllten
mit ihrem gute Laune verbreitenden SouthernPopRock, einem
"Heidiheidiheidiheii"-BluesBrothers-Mitsingspielchen und viel
blödem Gelaber ihre Aufgabe als Warmmacher vorzüglich. Und
dass die anwesenden Schweden beim schlau gewählten «The
Look»-Cover kollektiv steil gehen, war ja vorher zu sehen.
Sechs fast schon psychedelisch-überschwängliche, maskierte
Nachtelfen, zu gross geratene Hobbitse und Mönche worshippten
auf der Bühne DragonForce, LSD-Glücklichkeit und
Drachenmärchen. Vorhang auf für Twilight Force! Alles,
inklusive Bühnentheater, gegenseitigem Nachjagen/Kriechen,
synchronem Airsword-Ziehen und einem Fräulein, das mit dem
Mikroständer zu was auch immer geschlagen wurde. Speedig,
kitschig, tight, klebrig-lustig und zumindest live derart
brutal unterhaltsam, dass ich noch eine ganze Weile das
Grinsen nicht aus dem Gesicht brachte.
The Kristet Utseende
lieferten danach rumpligsten Bulldozer-Metalpunk, sahen aus
wie eine schwedische Variante der Mentors und zogen eine ganze
Latte an singfreudigen und offenbar überaus glücklichen Leuten
an. Die Stimmung war alkoholisch ausgelassen, bis meine Frage
zum Inhalt der schwedischen Texte mit der Gegenfrage "Do you
love Jesus?" beantwortet wurde. Meine Antwort darauf schien
offensichtlich nicht die Richtige gewesen zu sein, denn als
die "lieben" Christen um mich herum innert zehn Minuten immer
agressiver auf meine Anwesenheit reagierten, zog ich es vor,
mich präventiv aus dem Staub zu machen, sehr enttäuschend.
Eine viel entspanntere Klientel fand ich dann bei den saucool
abrockenden The Temperance Movement, die mit leichtem
Southern-Einschlag und zum Teil fünfstimmigen Gesängen
Tiefenentspannung pur boten. Die Jungs sehen zwar aus wie
Studenten im dreissigsten Semester und spielen über
Vox-Combos, aber dank dem agilen, unterhaltsamen Sänger und
den mitreissenden Rocksongs zog die Truppe trotz Regen viele
Leute vor die Bühne und hievte die Stimmung zusehendst gegen
AC/DC-Partylevel, coole Band! Leicht durchnässt und aufgrund
der tiefen Temperaturen langsam schlotternd, freute ich mich
mit Satyricon auf eine Band der härteren Gangart. Satyr war
richtiggehend in Laberlaune an diesem Abend, erntete viele
Lacher und
dirigierte seine Männer souverän durch den ersten
Teil des Gigs. Dieser bestand zum 20-jährigen Jubiläum aus der
Gesamtaufführung ihres dritten Albums «Nemesis Divina»,
welches live überraschend sperrig und zäh ausfiel und ausser
dem ausgiebig zelebrierten «Mother North» witzigerweise keine
Highlights bieten konnte. Der zweite Teil bestand aus einer
Best-of der neueren Songs, sehr geil und mit viel Groove und
Kälte dargeboten. Zu «Phoenix» kam auch Gastsänger Sivert
Høyem auf die Bühne und unter viel Applaus verabschiedeten
sich die Norweger nach «Diabolical, Now» in die bitterkalte
Nacht. Witzige Randnotiz: Nach keinem anderen Auftritt konnte
man so viele innigst herumknutschende Paare sehen wie hier,
Black'n'Roll'n'Love, Baby! (hdy)
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Sweden Stage
Eigentlich hatte ich ja erwartet, dass die Party am Freitag
rasant in Fart kommen würde. Immerhin sind die schwedischen
Classic Rock-Helden 220 Volt sowas wie der Prototyp des Sweden
Rock-Line-ups, doch so richtig überzeugen konnten erst die
darauffolgenden 80er-Helden.
Loudness machten keine Gefangenen
und boten von Spielfreude, wilden Posen und bunten Outfits bis
eine das gesamte Spektrum streifenden Setlist mit leichtem
Fokus aufs mittlerweile auch schon 2 Jahre alte, aktuelle
Album „The Sun Will Strike Again“, alles was man von
abgedrehten Japanern erwartete. Nach so viel Überdrehtheit
wirkten Uncle Acid & Deadbeats unter dem passend grauen Himmel
wie eine diabolisch paranoide LSD-Halluzination. Mögen einige
(darunter wahrscheinlich auch das Gros der Sweden
Rock-Besucher) den Hype nicht wirklich verstehen, so
vermochten die Briten ihre in Ekstase headbangenden Anhänger
definitiv in eine andere Sphäre zu fuzzen, aus der zumindest
ich nur schwerlich zurückfand. Ob das der Grund war, warum die
abschliessenden Gamma Ray so gar nicht zu mir durchdrangen?
Die Kai Hansen-Jünger jedenfalls feierten ihren Speed
Metal-Messias frenetisch und drehten zu neuem Material wie
„Masters of Confusion“ ebenso durch wie zu Klassikern der
Sorte „Head me a Sign“ oder natürlich dem einzigen
Helloween-Cover „I Want Out“. (kis)
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Lemmy Stage
So als Begleitmusik zum Mittagsessen eröffneten die Symphonic
Metaller Epica aus Holland den Tag auf der Lemmy Stage. Sie
kamen bei den schon zahlreich anwesenden Fans recht gut an. In
Abwesenheit von ähnlich gelagerter Konkurrenz wie Within
Temptation oder Delain konnten sich Frontfrau Simone Simons
und ihre Jungs der Aufmerksamkeit der Genre-Fans sicher sein.
Darauf folgte Lemmys ehemalige Band Hawkwind, die mit ihrem
psychedelischen Rock an diesem schönen Tag überraschenderweise
ziemlich statisch rüber kam. Somit eindeutig nur was für
Kenner und Liebhaber. Müssig zu erwähnen, dass der grosse
70er-Jahre Hit «Silver Machine» dabei nicht fehlen durfte.
Anschliessend war die Zeit reif für die legendäre
amerikanische Rockröhre Lita Ford. Der ehemaligen
"Runaway'lerin" sah man es an, dass ihr die definitive
Trennung von Ehegatte Jim Gillette (Ex-Nitro) gut getan hat.
Lita ist nun Keine singende Hausfrau mehr, wie vor ein paar
Jahren noch. Sie erstrahlte im sexy Outfit, trug ihre
legendären Gitarren zur Schau und rockte die Lemmy Stage
ordentlich. Zudem konnte sie es nicht lassen, öfters mal ihr
neues Buch anzupreisen. Werbung muss halt schon sein. Der
nächste Act markierte für die einheimischen Schweden ein, wenn
nicht das Highlight der 25. Ausgabe des "Sweden Rock":
The
Hellacopters sind zurück! Der laut Band einmalige
Live-Auftritt ging auf das Konto des 20-jährigen Jubiläums des
Debütalbums «Supershitty To The Max!». So versetzten Nicke
Andersson wie Dregen (Backyard Babies) und Co. die grosse
Masse vor der Lemmy Stage in hellste Verzückung, als ob es
kein Morgen mehr gäbe. Man kann nun gespannt sein, ob es mit
den Helikoptern allenfalls doch noch weiter geht oder nicht.
Wer nach dem begeisternden Auftritt von Twisted Sister noch
nicht genug hatte, gönnte sich mit Avantasia die letzte Band
des Freitags. Da meine Wenigkeit die beiden Konzerte im Z7 in
Pratteln ausliess, kam man hier in Schweden immerhin in den
Genuss von gut zwei Dritteln der sonst dreistündigen
Monster-Show der laufenden Tour, die das neue Album
«Ghostlights» in der Livefassung präsentiert. Die Quadratur
des Kreises war es letztlich nicht, aber es war schon
beeindruckend zu sehen und zu hören, wie viele Fans nach wie
vor auf dieses Metal-Oper Konzept stehen. Nebst einem wirklich
gut performenden Tobi Sammet glänzten die mittlerweile in
diesem Rahmen etablierten Guests Ronnie Atkins (Pretty Maids),
Bob Catley (Magnum), Michael Kiske (Ex-Helloween, Unisonic),
Eric Martin (Mr. Big) und Jorn Lande. Zudem stand natürlich
auch Amanda Somerville wieder auf der schön im Thema von
«Ghostlights» ausgestatteten Bühne. Die Resonanz in den frühen
Morgen hinein war mehr als beachtlich und Tobis sonst
ausufernde Sprüche auf ein vernünftiges Mass reduziert. (rxx &
rsl)
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Festival Stage
Um viertel nach eins, also kaum nach dem Mittagessen, auf eine
grosse Bühne zu steigen, steht nicht jeder Band gut zu
Gesicht. Bei Dan Reed Network, der amerikanischen Band um den
namengebenden Gitarristen und Sänger Dan Reed, war das aber
kein Problem. Der Funk-Rock war genau das Richtige für diese
Tageszeit. Die Truppe, 1984 gegründet und 1993
zwischenzeitlich auf Eis gelegt, ist seit 2012 wieder aktiv
und brachte mit «Fight Another Day» erst vor Kurzem über
Frontiers Music (wo denn sonst?) ein neues Studio-Album seit
einem Vierteljahrhundert (!!) heraus. Die Mischung der alten
Perlen mit den besseren Tracks neueren Datums wirkte zu
jederzeit frisch und fetzig. Die Tightness der Band mit Dan
Reed im
Fokus war exzellent und vermochte zu bestem Wetter
optimal zu unterhalten. Live klingt solcher Sound eh immer
eine Ecke besser als auf Konserve. Mit
Glenn Hughes folgte zur
Kaffee- und Kuchenzeit eine Rock-Legende, die mitunter die
bereits bekannt gemachte Reunion von Black Country Communion
für das nächste Jahr, inklusive Joe Bonamassa (g), ankündigte.
Zuvor liess er es wie gewohnt krachen und brachte einen
Ausschnitt seiner Stationen bei Deep Purple, Trapeze,
Hughes/Thrall, den Solo-Dingern und eben auch BCC. Das Trio,
neben Hughes noch bestehend aus Søren Andersen (g) und Pontus
Engborg (d), ging beherzt an den Start. Hätte mir einer zu
Purples "Made In Europe"-Zeiten (1975) voraus gesagt, dass ich
vier Dekaden später mitunter dem gleichen Sänger zu
«Stormbringer» live zujubeln könne, hätte ich den hochkant
ausgelacht. Doch Altmeister Glenn ist nach wie vor
allerbestens bei Stimme und stiess seine legendären Schreie
ohne die geringsten Einbussen aus. Ein Fest, vor allem für das
Sinnesorgan des menschlichen Hörens, schlicht genial! Mit kurz
zuvor gefülltem Magen und einem kühlen Bier in der Hand war
der sackstarke Auftritt von Foreigner so zu sagen das
Sahnehäubchen oben drauf. Die bestens gelaunte Band konnte
darauf während neunzig Minuten praktisch nur auf Hits zurück
greifen und davon gab es eine ganze Menge. Frontmann Kelly
Hanson ist nun schon seit elf Jahren dabei und längst auf
Augenhöhe seines Vorgängers Lou Gramm. Gitarrist und
Ur-Mitglied Mick Jones scheint zum Glück wieder genesen und so
kam man in den Genuss von Musikperlen wie «Cold As Ice»,
«Urgent» oder «Juke Box Hero», die sich auf der Festival Stage
prächtig anhörten. Dieser Sound ist absolut zeitlos und
schlicht genial. Bleibt zu hoffen, dass Mick Jones' Gesundheit
noch eine Weile anhält, denn ohne ihn wird es Foreigner live
nicht mehr geben. Im gleichen Fahrwasser bewegten sich
Twisted
Sister, die sich mit diesem Auftritt endgültig vom
schwedischen Publikum verabschiedeten. Eigentlich wollten sich
die Amerikaner schon etwas früher aufs Altenteil zurück
ziehen, doch Europas Euphorie für die Kultband liess
diese
weiter machen. Der plötzliche und unerwartete Tod von Drummer
A.J. Pero im letzten Jahr und mitten auf Tour liess die
Erkenntnis reifen, dass vierzig Jahre seit dem Einstieg von
Leadsänger Dee Snider genug sind und unter diesem Banner (1976
- 2016) finden jetzt die letzten Konzerte statt. Die Wahl von
Aushilfetrommler Mike Portnoy (Ex-Dream Theater,
Transatlantic, The Winery Dogs und viele mehr) sorgte zwar für
gewissen Unmut, doch letztlich passte die Chose. Dee Snider
gab noch einmal alles und liess das schmerzliche Bewusstsein
aufkommen, dass solche Performer wie er eine klar aussterbende
Spezies sind. Thank you for the great music and
entertainment..., Twisted "Fuckin'" Sister! (rsl)
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Rockklassiker Stage
Wüsste man es nicht besser, man hätte den Regen verantwortlich
dafür gehalten, dass am Freitag um halb zwei das
Rockklassiker-Zelt bereits zum Brechen voll war. Doch das
Rezept „Berühmte Musiker tun sich zur Party-Band zusammen und
spielen Gassenhauer“, wie es die
Rockklassiker All Stars
machen, funktioniert halt schlicht immer. Da erstaunte das
Interesse an Monster Truck schon eher. Der Testosteron
getränkte Heavy Rock mit Southern-Einschlag passt zwar nach
Sölvesborg wie die Faust aufs Auge, doch so viel
entgegengebrachte Liebe hatten wohl nicht mal die Kanadier
selber erwartet und liessen sich dementsprechend mit
ungläubigem Grinsen feiern. Trotz deutlich kleinerem Publikum
stand danach auch Slough Feg die Spielfreude ins Gesicht
geschrieben. Eine energiegeladene Show der US-Kult-Band um
Fronter und Gitarrist (und Philosphie-Professor) Mike Scalzi,
die definitiv zu selten in Europa zu Besuch sind. Mit
Grand
Slam endete der Abend dann irgendwie so, wie der Tag begonnen
hatte. Zwar gehörten Gitarrist Laurence Archer und
Magnum-Tastenmann Mark Steinway schon zur Urbesetzung der 1984
von Phil Lynott gegründeten Truppe, doch wie bei Thin Lizzy
kam ich auch bei Grand Slam das Gefühl nicht los, dass hier
eine ohne Zweifel tadellos aufspielende Band die Songs eines
unersetzbaren Genies covert. Stefan Berggren lieferte zwar
einen tadellosen Job, Nummern wie „Military Man“, das
herzerweichende „Sisters of Mercy“ oder das finale „Whiskey in
the Jar“ sind ohne Lynotts einzigartige Stimme aber einfach
nicht dasselbe. (kis)
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Samstag, 11.06.20156
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4Sound Stage
Nach dem etwas verregneten, kalten Freitag läuteten
Niterain
mit ihrem potenten Sleaze Rock den nächsten Sonnentag ein. Und
trotz dem überschaubaren Publikum hinterliessen sie mit guten
Partysongs und einem
kompetenten "Panama"-Cover eine
sympathische Visitenkarte und dankbare Zuschauer.
Gun habe ich
letztes Mal vor etwa 25 Jahren im Vorprogramm der Rolling
Stones im Joggeli gesehen. Die damals noch scheppernde
Ruppigkeit ist harmonischem, minimierten Gute-Laune-Rock mit
schönen backing vocals und einer eher Familien- und
BBQ-hintergrundbeschallungstauglichen Gesamterscheinung
gewichen. Nett aber unspektakulär, ziehen sie für die 4Sound
Stage überraschend viele Leute vor die Bühne, da der Tag wohl
kaum noch entspannter angegangen werden konnte. Mit dem
Cola-Vergleich sind Legion Of The Damned die ewigen Slayer
Zero. Man kriegt fast schon Glücksgefühle, wenn dann und wann
mal endlich ein Takt- oder Tonartwechsel vorkommt. Dazu auch
noch nicht wirklich tight, ist das Spielen des kompletten
ersten Albums «Malevolent Rapture» zum 10-jährigen Jubiläum
fast schon satirisch. Aber da Steve Vai von der Hauptbühne aus
in den Sound rein pisste, hatten sie wenigstens ein paar
"hochstehende Gastsoli" am Start. Und bis auf den besoffenen
Tankard-Fan und einen trippigen Ausdruckstänzer schien das
Publikum an den Reaktionen gemessen ebenfalls meiner Ansicht
gewesen zu sein. Betreffend Tightness musste man sich bei
Death DTA keine Sorgen machen. Die Schuldiner-Tribute-Band ist
ein tourendes Personalkarussell und heute Abend mit Drumgott
Gene Hoglan,
Bassgott Steve DiGiorgio, Gitarrist Bobby Koelble
und Gitarrist/Sänger Max Phelps hochkarätigst besetzt! Die
ersten beiden Songs waren leider derartig sonischer Schlamm,
dass ich sie nicht mal erkennen konnte. Danach wurde es aber
schnell besser und mit geschlossenen Augen kam Max dem seligen
Chuck in punkto Stimmlage verdammt nahe. Sogar die relativ
langen Pausen zwischen den Songs waren sehr echt, haha. So
kamen die zahlreichen Anwesenden zum letzten Mal in den Genuss
einer phantastischen Setliste quer durch sämtliche Alben,
gespielt von sympathischen Ausnahmemusikern bei schönstem
Wetter, herrlich. Als Abschluss noch «Pull The Plug» und
fertig war das nun für sicher längere Zeit inaktive Tribute.
Fette Sache! Um nach den superunterhaltsamen King Kobra wieder
etwas runter zu kommen, waren My Dying Bride genau die
richtige Medizin. Auf eine positive Art Düsternis verbreitend,
zelebrierten die blind aufeinander eingespielten
EngländerInnen bei organischem, drückenden Sound die hohe
Kunst des Leidens und das so gut, dass ich sofort ein bisschen
Fan geworden bin. Zu stimmungsvollen Violett- und Blautönen
schwelgten eine beachtliche Anzahl Romantiker durch eine satte
Stunde ehrlicher Theatralik und genossen die letzten Töne der
4Sound Stage für dieses Jahr. Gebührender Abschluss eines
tollen Festivals. (hdy)
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Sweden Stage
Man musste noch nicht ganz wach sein, um mit
Dan Baird und
seinem Blues Rock über die amerikanischen Landstrassen zu
cruisen. Tightes Spiel, einfühlsame Stimme und viel „lonely
wolf“-Feeling. Da entfachten Finntroll schon deutlich mehr
Gemeinschaftsgefühl. Überraschend abwechslungsreich zeigten
sich die Vertreter der alten Humpa Metal-Garde (der Pagan-Hype
ist ja mittlerweile auch schon 15 Jahre alt) und liessen ihre
Troll-Ohren-Extensions trotz unpassendem Sonnenschein nicht
hängen. Hatte Nicke Andersson am Vortag noch Zehntausende mit
den
Hellacopters zum Tanzen animiert, spielte er mit seiner
aktuellen Combo Imperial State Electric vor deutlich
bescheidenerem Publikum auf, doch schien ihn das wenig zu
kratzen. Im Gegenteil: Beinahe befreit wirkte der
Rock'n'Roll-General und dirigierte seine Mannschaft zu einer
furiosen Show inklusive Kiss' „Black Diamond“ und einem
Überraschungs-Auftritt seines alten Bandkumpels Dregen, die
einen wieder mal dazu verleitete, Sinn und Zweck von Reunionen
an sich in Frage zu stellen. Doch dann kamen
King Kobra und
machten klar, dass auch Bands manchmal eine zweite Chance
verdient haben. In den 80ern nie wirklich abgehoben, zündeten
die von Carmine Appice (der zwei Tage zuvor schon mit Vanilla
Fudge beeindruckt hatte) Truppe ein Hard Rock-Feuerwerk, das
zumindest mich kalt erwischte. Stadion-Hymnen wie das
einleitende „Ready to Strike“, „Hunger“ oder „Raise your Hand
to Rock“, sollten eigentlich schon längst zum 1x1 aller
Rock-DJs gehören, doch auch das in den letzten Jahren
entstandene Material überzeugte, von den Typen auf der Bühne
ganz zu schweigen. Figuren wie der entrückte Paul Shortino
oder der völlig von der Rolle wütende Johnny Rod (WASP) am
Bass, die glatt aus „This is Spinal Tap“ hätten kopiert worden
sein können, performten den Rock, wie man ihn behandeln
sollte: als einzige, grosse Party! (kis)
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Lemmy Stage Mit Brüll- und Kreisch-Core aus Schweden ging es wiederum um
die Mittagszeit los, als Raised Fist die Bühne betraten. Die
Nordschweden scheinen hier wohl recht bekannt zu sein. Als
Anheizer gleich nach dem Aufstehen schienen sie jedoch eher
fast zu schwere Kost zu sein. Da passten die
Hooters
stimmungsmässig schon eher zum wunderschönen Wetter. Vom
fernen Philadelphia angereist, fanden sie den Weg nach Norje
und feierten mit den Festivalbesuchern eine tolle und
fröhliche Rock-Party. Hits wie «Satellite» oder das massig
gecoverte «Johnny B.» verfehlten ihre Wirkung nicht. Nach der
ausgelassenen Musik-Sause folgte hochklassiger Prog Metal. In
der Szene kaum noch weg zu denken sind die Amis von
Symphony X
mit ihrem starken Frontmann Russel Allen. Was der Kerl nach
wie vor zu reissen vermag, ist nicht von dieser Welt und davon
kann mancher noch so träumen. Die starke Gesangsleistung und
Performance von
Russel sowie der ganzen Band liess diesen
Auftritt zu einem weiteren Highlight des Festivals werden.
Kaum war die Landeskollegen von der Bühne runter, entfachten
Anthrax den nächsten Flächenbrand. Zwischenzeitlich einige
Jahre unbedeutend geworden, reiten Joey Belladonna und Co.
derzeit auf einem unglaublichen Comeback-Trip. Selbst meine
Wenigkeit konnte sich vom hartnäckig festgekrallten Ignorieren
seit den Anfängen loseisen. Spätestens mit dem neuen Album
«For All Kings» sind Anthrax wieder voll in der Gegenwart
angekommen und dies wurde vor allem von jungen Fans mit einige
heftigen Moshpits gewürdigt. Mir altem Sack wurde dies wegen
der deswegen entstandenen monströsen Staubwolke zu bunt und so
verkrümelte ich mich rüber zur Sweden Stage, wo King Kobra
einen Hammer-Gig hinlegten. Wer das "Sweden Rock 2016" nicht
mit Sabaton beenden wollte, kriegte mit dem
Michael Schenker
Fest ein mehr als würdiges Schlussbouquet geboten. Kurz vor
halb eins, also bereits dem Abreisetag vieler angereister
Fans, zelebrierte der deutsche Ausnahmegitarrist eine
musikalische Zeitreise durch seine kreativsten Zeiten. Dazu
lud er am Gesang einige der alten Weggefährten wie Gary
Barden, Graham Bonnet (war ja mit seiner eigenen Band eh schon
da) und Robin McAuley. Zumindest vorgesehen, respektive
angekündigt war auch Leif Sundin, der dann aber zeitlich
leider nicht mehr mit dabei war. Doch auch so lieferte der
sichtlich gut gelaunte Kult-Gitarrist eine tolle Vorstellung
ab, zu der einige Perlen wie «Attack Of The Mad Axeman»,
«Victim Of Illusion», «On And On», «Armed And Ready», «Desert
Song» oder «Assault Attack» gehörten. Ob wohl Gary Barden
erkältungsbedingt arg am Limit sang und Graham Bonnet
auch
schon bessere Tag gesehen hat, erfreute dann dafür Robin
McAuley mit einer tadellosen Leistung, die gegen den Schluss
hin auch bei den unweigerlichen UFO-Klassikern punkten konnte.
Der absolute Burner war die Extended-Version von «Rock Bottom»
mit dem grandiosen Solo-Teil in der Mitte, wo Michael
Schenker, obwohl er diesen Part sicher schon "tausende Male"
gespielt hat, einmal mehr bewies, was für ein begnadeter
Musiker er ist. Pünktlich um 2.00 Uhr morgens ging so die
25.Jubiläumsausgabe des "Sweden Rock" zu Ende und ich musste
schon fast ergriffen innehalten, um zu begreifen, dass soeben
eine ganze Woche (das MF-Team reist ja immer schon am Montag
an) leider schon wieder zu Ende gegangen ist. Doch wie heisst
es so schön..., nach dem Festival ist vor dem Festival. Cu all
next year again!! (rxx & rsl)
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Festival Stage Es kommt wohl nicht so oft vor, dass ein Musiker gleich
mit zwei Bands auf der Festival Stage aufmarschieren kann.
Tausendsassa Mike Portnoy wurde diese Ehre jedoch zuteil, denn
spielte er gestern den kompletten Set mit Twisted Sister, kam
er heute mit The Winery Dogs nochmals zum Handkuss. Wahrlich
eine tolle Geschichte, die heuer auch Drum-Legende Carmine
Appice für sich in Anspruch nehmen konnte und zwar mit Vanilla
Fudge und King Kobra. Wie tags zuvor schon Glenn Hughes,
standen The Winery Dogs auch nur als Trio auf der grossen
Bühne, aber wenn die Mitstreiter Billy Sheehan (b) und Richie
Kotzen heissen, dann ist die Gewähr da, dass auch dies
hinhaut! Obwohl die Band zur Unzeit (13.15 Uhr) auf die
Bretter steigen musste, bewies das kultige Lineup, dass es
mitunter zum stärksten in der Stilecke des Hardrock gehört.
Wie schon bei Mr. Big, drückte Billy dem Dogs-Sound seinen
ureigenen (Bass-) Stempel auf und sorgte mit seinen Kumpels
für ein frühes Highlight des letzten Festival-Tages. Bei
Steve
Vai war ich mir von Anfang an sicher, dass dies nicht so
massenkompatibel ausfallen wird, und so kam es denn
überwiegend auch. obwohl man sich am ausufernden Spiel des
etwas selbstverliebten Gitarren-Gottes durchaus ergötzen
konnte, blieb der Party-Groove weitestgehend auf der Strecke.
Darum erstaunte es nicht, dass das Publikum mit vornehmer
Zurückhaltung reagierte. Was in einer Konzerthalle vor
Stammpublikum bestens funktioniert, musste sich an dieser
Stelle Abstriche gefallen lassen. Ein grosser Name allein
reicht nicht immer aus. Den brachte Accept-Urgestein Udo
Dirkschneider ebenso mit, aber die Aussicht, den
Original-Sänger der deutschen Metal-Ikone ein letztes Mal nur
mit den alten Songs aus seiner aktiven Zeit bei seinen
einstigen Gefährten Peter Baltes und Wolf Hoffmann erleben zu
können, schürte eine spürbare Vorfreude. Bis der Funke dann
auch wirklich übersprang, brauchte es zwar eine Weile, doch
danach war das Eis gebrochen und die Stimmung anhaltend gut.
Im Vergleich zur laufenden Tour durch die Konzerthallen
Europas fehlte allerdings einiges an Punch, doch unter dem
Strich konnte man als Fan echt zufrieden sein, und die
Setliste war ja zum Niederknien geil! "Burning, Burning,
Burning just like fire! Für Udo und seine Band U.D.O. geht
dieses Kapitel nach der Dirkschneider-Tour definitiv zu Ende,
und wer künftig Accept-Songs hören will, geht ans Konzert der
gleichnamigen Band! Keinesfalls Kehrausstimmung herrschte
hingegen beim vermeintlichen Festival-Headliner
Sabaton. Man
kann sich über die Jungs das Maul zerreissen
wie man will,
aber in den nächsten Jahren wird man an Joakim Brodéns (v) und
Pär Sundströms (b/v) Baby nicht vorbei kommen. Es gibt
gegenwärtig keine andere Heavy Metal Band, die derart
zielstrebig an ihrer Karriere feilt. Was seit der Gründung
1999 und trotz erheblichem Lineup-Wechseln erreicht wurde,
verdient zumindest Respekt. Musikalisch betrachtet scheiden
sich die Geister allerdings massiv und mein Ding sind die
Schweden nicht. Den Die-Hard-Fans ist das freilich ziemlich
schnuppe und diese bekamen dann auch eine der fettesten Shows
von Sabaton geboten. Gleich zwei Panzer (-Attrappen)
belagerten die Bühne und ergänzt um eine fette Light-Show und
massig Pyros wurde dem Heimpublikum und den treuen Supporters
mit Sicherheit das Highlight des ganzen Festivals geboten. Ich
zog mich derweil dezent in den VIP-Bereich zurück, wandte mich
dem leiblichen Wohl zu und freute mich auf den noch
bevorstehenden Ausklang mit Michael Schenker Fest! (rsl)
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Rockklassiker Stage Am Samstag geht es im
Zelt traditionell gemächlicher zu und so traf man dort auch
dieses Jahr am letzten Festivaltag vornehmlich auf ältere
Semester, von der halben Stunde, während welcher das Finale
der schwedischen Luftgitarren-Meisterschaften von statten
ging, mal abgesehen. Von Pedalens Pågar schwedisch intoniertem
Country Rock über den irischen Rock'n'Roller
Eric Bell (der
als Gründungsmitglied von Thin Lizzy wie schon Grand Slam am
Vortag mit „Rocker natürlich ebenfalls eine Nummer der Band im
Repertoire hatte) bis zum Slide Guitar-Cowboy
Eric Sardinas
mit seiner derzeitigen Truppe Big Motor huldigten die
Flitzefinger dem Blues (und, so hatte man manchmal das Gefühl)
ihrem eigenen Griffbrett-Können. Der Absacker in Form der
britischen 80's-Legende Demon wäre dann zwar deutlich
headbang-tauglicher gewesen, doch schien ich nicht zu einzige
zu sein, bei dem sich nach vier Tagen Live-Shows von Mittag
bis Mitternacht Ermüdungserscheinungen breit machten, sodass
Classics wie das fulminante „Don't Break the Circle“ zumindest
mich an das gute alte „Perlen vor die Säue werfen“ erinnerte.
Ein Hoch auf Demon, doch das nächste Mal bitte etwas früher im
Wochenendprogramm. (kis)
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