Bei der letztjährigen Reise zum Sweden Rock Festival erlebte
unser Interview-Gott Tinu seine Premiere im hohen Norden. Was
mir seit 2013 und den meisten anderen Fans ebenso widerfahren
ist, nämlich dass wenn man einmal da oben gewesen ist, immer
wieder dahin will, bewahrheitete sich auch heuer wieder. So
freuten sich die vier METAL FACTORY Protagonisten des Jahres
2018 tierisch auf die bevorstehenden Tage. Allerdings musste
zuerst noch eine brenzlige Situation überstanden werden, denn
am Vorabend des geplanten Abfluges ereilte den Flughafen
Hamburg ein folgenschwerer Stromausfall! Das bedeutete, dass
unser Cheffe Roxx, einen Tag früher gereist, es gerade noch
ohne Komplikationen an die erste Reisedestination schaffte,
während seine Crew innerhalb von wenigen Stunden zu einer
Alternative gelangen musste. Diese hiess letztlich Zug ab
Basel anstatt Flug ab Zürich, doch unser Kissi, der eigentlich
in der Nacht zuvor sowieso kaum ein Auge zudrücken konnte,
düste im Voraus nach Basel und erledigte die Sache für Tinu
und meine Wenigkeit souverän. So reiste die Nachhut der
SRF-Crew in sieben Stunden per Zug und in der 1. Klasse nach
Hamburg. Die Zeitverspätung von drei Stunden war dabei
ärgerlich, aber verkraftbar.
Doch es sollte noch spannender werden, denn nach dem
Übersetzen auf Dänemark wurde festgestellt, dass ein MF-Member
den aktuellen Status eines "Sans-Papiers" trug, da der Pass
auf der Fähre bleiben wollte! Wen das von uns betraf, darf
erraten werden, wenn nicht schon längstens bekannt. Doch der
MF-Camper, pilotiert von Cheffe Roxx, überwand letztlich alle
Widrigkeiten dank einer guten Portion Glück, und so gelangten
wir schliesslich für sieben Tage an einen Ort, der es wirklich
in sich hatte. In Sichtweite von unseren KollegenInnen in
ihrem alljährlich gemieteten schmucken Haus konnten wir unser
Fahrzeug direkt am Strand parken. Besser gehts nimmer, und
Strom hatten wir diesmal auch! Herz, was willst du mehr?! Von
diesem Traumplatz aus liess sich das Festival-Gelände bequem
zu Fuss und ohne Hektik erreichen, wo dieses Jahr in vier
Tagen wieder über achtzig Bands (!) auf der Bühne rocken und
riffen werden. Mit den Blockbusters Iron Maiden, Judas Priest
und Ozzy Osbourne klotzte das "Sweden Rock" (Life Nation lässt
grüssen!) standesgemäss und konnte sich dabei sicher sein,
dass die zusätzlich auf das Gelände gelassenen 5'000 Fans
"allesamt" anreisen werden. Die sahen dann bei insgesamt
bestem Wetter weitere Highlights wie The Quireboys, Hardcore
Superstar, Avatarium, Glenn Hughes, Helloween, Vixen, Pretty
Maids, The Darkness, Circus Maximus, Steelheart oder Yes.
(rsl)
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Mittwoch, 06.06.2018 (Erster Tag)
4Sound Stage
Wer sich manchmal zunehmend fragt, wo denn bitte der Nachwuchs
in der Hard n' Heavy Szene abbleibt, muss nur nach Schweden
reisen! Zum Auftakt des Sweden Rock Festivals stiegen
überraschenderweise fünf blutjunge Jungs (circa um die 14
Jahre alt!) auf die Bühne und legten von der ersten Sekunde an
los wie die Feuerwehr! Sie nennen sich
Three Dead Fingers. Ihre total agil vorgetragene Mischung
aus Heavy, Thrash und einer Prise Death Metal liess mehr als
nur eine Kinnlade runterfallen! Ich traute meinen Augen und
Ohren nicht, mit welcher Leichtigkeit die Youngsters aus
Västerås auf der 4Sound Stage performten und kaum bis gar
keine Nervosität erkennen liessen. Besonders der Frontmann gab
sich bereits als obercoole Socke, und wenn hier der Stimmbruch
eines Tages Einzug halten wird, gibts kein Halten mehr.
Mit Brian Downey's Alive And Dangerous folgte auf den
Nachwuchs als Kontrast bereits eine Rock-Legende, zumal
Drummer Brian neben Bass-Ikone Phil Lynott (R.I.P.) und Eric
Bell zu den Gründern von Thin Lizzy gehört. Nach dem
Wiedereinstieg 2010 spielte er noch weitere fünf Jahre lang
unter dem Banner der einstigen Super-Group. Nun hat er eine
eigene Truppe zusammen gestellt, die sich natürlich auch
weiterhin dem legendären Backkatalog widmet. Dass Bassist Matt
Wilson optisch wie gesanglich nahe beim grossen Vorbild steht,
passt natürlich bestens. Ergänzt wird das Quartett mit den
beiden Gitarristen Phil Edgar und Brian Grace. Insgesamt
wurden die Lizzy-Songs gekonnt rüber gebracht, aber die Magie
des Originals wird nie mehr erreicht werden. Ob mit oder ohne
Brian.
Nocturnal Rites waren in den 2000ern mal 'ne
echt heisse Band, die aber keine grossen Erfolge einfahren
konnte. Mir blieb stets das sackstarke Album «Grand Illusion»
von 2005 in Erinnerung. Nach 2007 riss der Faden, weil
Gitarrist Chris Rörland bekanntlich bei Sabaton einstieg und
mit dem im letzten Jahr erschienenen neunten Longplayer
«Phoenix» wurde die einstige Härte zugunsten mehr Melodie
zurück gefahren. Sänger Jonny Lindqvist verfügt, wie Ronnie
Atkins von Pretty Maids, nach wie vor über seine prägnante
Gesangsstimme, und das ist aktuell sicher das Positive. Wenn
sich eine Band aber für den Zeitraum einer ganzen Dekade
verabschiedet, muss man praktisch wieder von vorne beginnen.
Schon nur der Weg auf die Rock oder Sweden Stage liegt deshalb
in weiter Ferne.
Bullet auf der 4Sound Stage?! Was sich
zuerst wie ein schlechter Witz anhörte, war jedoch Tatsache!
Unter dem Strich passte es dann dennoch, da die Fans
dichtgedrängt vor der Bühne standen und ihren Landsleuten
erstmal einen lautstarken Empfang bescherten. Seit dem Debüt
«Heading For The Top» (2006) lassen Bullet aufhorchen und
weder Line-Up Wechsel noch der Vorwurf, zuweilen etwas zu
limitiert ans Werk zu gehen, konnten die Schweden von ihrem
Weg abbringen. Wer sich «Dust To Gold», das neue Meisterwerk,
anhört, wird bemerken, dass Hell Hofer und seine Truppe besser
denn je drauf sind und diversen anderen "grossen" Bands damit
gehörig vor die Füsse pissen. Was trotz der kleinen Bühne
resultierte, war ein sackstarker wie umjubelter Auftritt, der
für mächtig Stimmung sorgte und die Zukunft des lärmigen
Quintetts ziemlich rosig zeichnet! (rsl)
Sweden Stage Astral Doors starteten mit der
Schwedischen Nationalhymne. Unterstützt von diversen Sängern
und Sängerinnen, sowie komplett in schwedischen
Nationaldresses gekleidet. Nach diesem kleinen Intermezzo, das
von den Fans lauthals mitgesungen wurde, legten Astral Doors
mit «Time To Rock» los. Schnell fiel auf, dass der Fünfer
heute eher eine Hobby-Band, denn eine professionelle Truppe
ist. Die Lieder wurden von den Fans zwar mitgesungen, aber der
Glanz der früheren Zeit blätterte ab wie ein alter Lack. Auch
wenn unser Rockslave fast ausser sich war vor Freude, als er
«Evil Is Forever» hörte. Die Glanzzeiten der Truppe um
Meistersänger Nils Patrik Johansson sind definitiv vorbei. Da
kann der Gute noch so screamen wie er will.
Als
nächstes standen Cyhra auf den Brettern. Joacim Lundberg kennt
man als einen der Sänger von Amaranthe und Jesper Strömblad
als ehemaligen Gitarristen von In Flames und HammerFall. Der
Vierer (ohne Bassist!) spielte sich schnell in die Herzen der
Schweden und hatte dort einen dicken Stein im Brett. Der
leicht moderne Metal, mit viel Melodie und einer Hammerstimme
veredelt, schoss direkt in die Sympathie der Anwesenden und
liess jene lautstark mitsingen. Es war nicht nur viel Bewegung
auf, sondern auch vor der Bühne und es schien, dass Jesper
nach seinen Alkoholeskapaden endlich wieder ein musikalisches
Betätigungsfeld gefunden hat, bei dem er sich austoben kann.
Sehr viele Bonuspunkte holte sich auch Joachim, der mit seiner
sehr sympathischen Art die Fans sofort auf seine Seite zog.
Die englischen The Quireboys waren für mich an diesem
eher durchzogenen Tag das absolute Highlight neben Bullet.
Sänger Spike war zwar kaum Herr seiner selbst, wusste aber das
Publikum von der ersten Sekunde an auf seine Seite zu ziehen.
Mit viel Gefühl, seinem frechen und kecken Grinsen und einer
«Gott-lass-mich-nicht-von-der-Bühne-fallen»-Mentalität
punktete der wie immer gut gelaunte Engländer. Auch wenn Spike
nach wie vor das Zentrum und der Mittelpunkt einer jeder The
Quireboys-Show ist, ohne seine Begleitband läuft nichts. Die
beiden Gitarristen Guy Griffin und Paul Guerin besitzen mehr
Retro Rock im kleinen Finger, als so manche Band, die versucht
retro zu sein. Mehr Small Faces und The Rolling Stones in
einer Truppe geht definitiv nicht. Und wenn Spike zu seinem
sagenumwobenen «Yeehaa» ansetzt, bleibt kein Auge trocken. Die
Mischung aus alten Klassikern und neuen Tracks passte wie der
berühmte Arsch auf den Deckel (oder umgekehrt) und besass aber
logischerweise mit «Sex Party», «Hey You», «7 O‘Clock» und der
Mörderballade «I Don’t Love You Anymore» die ganz grossen
Momente im Set. The Quireboys waren für mich der heimliche
Headliner. Auch wenn die nachfolgenden Bullet und Hardcore
Superstar die grösseren Publikumsresonanzen erhielten, es war
ein sensationeller Auftritt der Engländer.
Hardcore
Superstar geizten nicht mit einem tollen Bühnenaufbau und
fetten Pyroeinlagen. Wieso eine Sleaze Rock-Band aber
neuerdings mit einem umgekehrten Kreuz im Schriftzug und
Selbigen auf der Bühne, die sich um die eigene Achse drehten,
kokettiert, muss mir zuerst noch jemand erklären. Auch wenn
die Herren um Sänger Jocke einmal mehr viel in Bewegung waren,
ständig die Positionen wechselten und mit dem Shouter einen
nie stillstehenden Aktivposten haben, an diesem Abend fehlte
was. Die richtige Setliste! Unvergesslich bleibt der letzte
HCSS-Auftritt am «Bang Your Head!!!», der eine Hitansammlung
lieferte, die Ihresgleichen sucht. Trotzdem schien das
Heimspiel für die Superstars eine lockere Angelegenheit zu
sein. Denn! Die Fans hingen an den Lippen der Jungs und sangen
jeden Song lautstark mit. Gänsehaut überzog meine Unterarme,
als mit «We Don’t Celebrate Sundays» die Anwesenden fast
lauter waren, als die Band selber. Ein gelungener Start in den
Zugabeteil, der mit «Above The Law» seinen Ausklang fand und
sich der Vierer sicherlich zu Recht von den Fans feiern liess.
Dass Jocke sich von seiner Frau noch immer nicht dazu
verdonnern liess, den überflüssigen Schnauz zu rasieren und so
dem Shouter einiges an Chrisma raubt, schien den Schreihals
nicht zu interessieren. Dafür sang er einmal mehr fantastisch,
auch wenn die Killerballade «Standing On The Verge» fehlte.
HCSS kamen, sahen und siegten, ohne all die grossen
Killersongs zu spielen. (tin)
Rockklassiker Stage Dass die Grösse der Bühne nichts
über die Qualität des Acts aussagt, sollten gestandene
Konzertgänger schon längst wissen. Beim Sweden Rock ist das
nicht anders, und so finden sich auch auf der kleinsten Stage
immer wieder grandiose Acts. F.K.Ü. zum Beispiel, welche das
Sweden Rock bereits vor einigen Jahren mit ihrem Horror Thrash
zum Früh-Moshen brachten. Die namensgebenden rot-grün
gestreiften Pullis (F.K.Ü. Steht für «Freddy Krueger's
Ünderwear») mittlerweile gegen Jeans-Outfit und Zombie Make-up
eingetauscht, säbelten sich die Jungs zwischen Exodus, Anthrax
und Municipal Waste souverän in die Gehörgänge. Aus
gesundheitlichen Gründen hatten The Quill ihren Gig
kurzfristig absagen müssen. Als Ersatz gab es den «AC/DC Jam»
und wenn die Herren ihre Hommage an Angus & Co.auch ganz gut
rüberbrachten wie natürlich auch nicht auf Schuluniform und
Krimskrams verzichteten: der erdig groovende Hard Rock mit
Stoner-Anleihen, der wär mir halt schon lieber gewesen. Dafür
boten Suffocation, was man von ihnen erwartet: Kompromisslosen
Death Metal alter Schule, gleichzeitig brachial und technisch
verblüffend, chirurgisch präzises Gemetzel sozusagen. (kis)
Donnerstag, 07.06.2018 (Zweiter Tag)
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4Sound Stage Die Schweden lieben
ihren Sleaze Rock, und so erstaunte es nicht, dass
Crazy Lixx
schon auf eine beachtliche Fan-Schar blicken durften, als sie
den zweiten Festivaltag eröffneten. Eingängige Songs wie
«Lights Out» oder die Stadion-Hymne «Killer» vom letzten
Output «Ruff Justice» kombiniert mit einer anständigen
Performance, mehr braucht es für einen gelungenen Start in den
Tag ja auch nicht. Dass Avatarium danach auf ähnliche
Zustimmung stiessen überraschte mich dann doch etwas. Jedoch
zurecht! Hatte ich die von Leif
Edling (Candlemass)
konzipierten Retro Doomer bei ihren letzten Shows als eher
steif erlebt, präsentierten sich die Musiker dieses Mal
eingespielt und Sängerin Jennie-Ann Smith als charismatische
Frontfrau. Dafür werd ich mit The Raven Age wohl nie etwas
anfangen können. Klar: Den Erfolg der Briten nur auf den
Umstand zurück zu führen, dass ihr Gitarrist George Harris einen
gewissen Steve als Vater hat, wäre zu kurz gegriffen. Die Jungs
beherrschen ihre Instrumente, keine Frage und verausgabten sich ordentlich auf
der Bühne. Doch eben auch nicht mehr. Da präsentierten sich
Rotting Christ schon als anderes Kaliber. Unermüdlich führen
die Griechen ihren extremmetallischen Kreuzzug gegen alles
Christliche und haben ihren Sound dabei von primitivem Death
Metal hin zu fast schon progressiver Kirchenschändung
weiterentwickelt, was sich auch direkt in ihrem so energischen
wie abwechslungsreichen Set niederschlug, dass bei etwas
weniger Sonnenschein wohl noch diabolischer gewirkt hätte.
Mick Clarke's entspannter Blues passte dagegen perfekt zum
lauen Sommerabend, und auch wenn der altgediente Gitarrist
jetzt auch nicht besser oder spezieller spielte als so manch
anderer: das eher ältere Publikum genoss und wippte. Und dann,
dann kamen Coven. Älter als der Heavy Metal selber entsetzten
sie die Sittenwächter 1969 mit ihrem Occult Rock-Debüt
«Witchcraft Destroys Minds & Reap Soul». Und wenn mit
Geschichten von Hexen und Dämonen heute auch kein Aufschrei
mehr zu holen ist: diese Show war mehr als nur Kult, denn auch
wenn man das ganze, zugegeben stimmungsvolle Brimborium wie
Kutten und Sarg mit umgedrehtem Kreuz drauf, weggelassen
hätte, so wäre die Show dennoch eine der eindringlichsten des
ganzen Festivals geblieben. Hohepriesterin Jinx Dawson nämlich
hatte nicht nur ihre natürlich gealterte Stimme, sondern auch
das Publikum vom Opener «Out Of Luck» an vollends im Griff und
was darauf folgte, war ein Reigen okkulter Psalme wie «Wicked
Woman», «Coven in Charing Cross» oder natürlich «Black
Sabbath», die teilweise deutlich heavier gespielt wurden als
die gut 50 Jahre alten Originalversionen. «Save us, Lord
Satan! (kis)
Rock Stage
Zu bestem Wetter und pünktlich zur Mittagszeit eröffneten die
einheimischen Melo-Death Grössen von
Dark Tranquillity. Die
eher düster und nicht wirklich "fröhlich" angehauchte Musik
wollte nicht ganz so recht zur sommerlichen Stimmung
passen.
Sonnenschein Mikeal Stanne am Mikrofon konnte die Leute aber
ordentlich mitreissen. Anschliessend folgte eine Show der
Superlative. In This Moment stammen aus Los Angeles und
spielen so eine Art Female Fronted Metalcore oder so ähnlich.
Das Bühnenbild war schlicht grossartig. Alle Musiker waren
ausserdem top gestylt und trugen jeweils ihren Teil zur
Gesamtshow bei. Highlight war natürlich die exzentrische
Sängerin Maria Brink. Mit einigen Kostümwechseln und einer
interessanten Show überzeugten In This Moment auf der ganzen
Linie. Amerikanisch ging es dann gleich mit
Killswitch Engage
weiter. Die Buben aus Massachusetts zockten ebenfalls
Metalcore. Showmässig bei Weiten nicht so üppig wie bei In
This Moment, aber dafür mit einem Jesse Leach am Gesang, der
mit seiner wuchtigen Stimme zu überzeugen wusste. Dass
Helloween mit ihrer aktuellen Reunion-Show auch das Sweden
Rock beehren würden, lag schon fast auf der Hand. Der
gegenüber den zuvor sehr erfolgreich absolvierten Hallen-Shows
etwas gekürzte Festival-Set fand dennoch Anklang und spaltete
die Kiske- und Deris-Fans erneut, respektive in dieser Form
wohl ein letztes Mal. Nach der grossartigen Show von Iron
Maiden drüben auf der Festival Stage war jedoch noch lange
nicht Schluss auf der Rock Stage. Die Essener Kult Thrash
Metal-Institution Kreator waren noch an der Reihe, um den
zweiten Festivaltag auf dieser Bühne würdig abzuschliessen.
Eine gewaltige Bühnenshow wurde dazu aufgefahren, und noch
heftiger kam der Sound rüber. Frontmann und Gitarrist Mille
Petrozza zeigte dabei einmal mehr, warum Kreator nach wie vor
zur Speerspitze des deutschen Thrash Metals gehören. (rxx)
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Sweden Stage
Eine Band wie Battle Beast sollte man sich eigentlich nicht
schon um 12:00 Uhr mittags rein zeihen müssen. Festivals wie
das Sweden Rock können aber auf solche Befindlichkeiten keine
Rücksicht nehmen. Durch das Tageslicht relativiert sich
ausserdem die Wirkung der Lightshow weitestgehend und der
Fokus wird damit mehr auf die Performance der Musiker gelegt.
Damit hatten Battle Beast natürlich keine Mühe und zündeten
ihr musikalisches Feuerwerk von Anfang an. Mit mittlerweile
vier Alben in der Hinterhand lassen sich gute Sets
zusammenstellen, und wenn die Spielzeit nur eine Stunde
beträgt, geht es bereits in Richtung "Best-Of" des
Backkataloges. Frontfrau Noora Louhimo übernahm hierzu mit
ihrer Hammerstimme sogleich das Zepter und liess zusammen mit
ihren Kollegen nichts anbrennen. Das Vertrauen in das neue
Material von «Bringer Of Pain» ist gross, und so
stammten von den total elf Songs nicht weniger als acht ab dem
aktuellen Longplayer. Der Midtempo-Smasher «Black Ninja»
durfte allerdings nicht fehlen, und die ausgelassene Stimmung
unterstrich den Status der Finnen.
Nazareth noch gross
vorstellen müssen, hiesse Eulen nach Athen tragen, aber die
glorreichen Zeiten der schottischen Rock-Legende sind
spätestens nach dem gesundheitlich bedingten Abgang von
Frontmann Dan McCafferty im Spätsommer 2013 definitiv vorbei.
Die aktuelle Besetzung, die mit dem 72-jährigen Bassisten Pete
Agnew noch das einzig verbliebene Original-Mitglied aufweist,
erhält seit dem Einstieg von Sänger Carl Sentance (Ex-Krokus,
Persian Risk, Don Airey) 2015 als Nachfolger des kurzzeitigen
McCafferty Nachfolgers Linton Osborn so zu sagen ein letztes
Gnadenbrot. Während Altfans längst mit ihren Helden
abgeschlossen haben, ist es vor allem jungen Fans vergönnt,
jeweils einen kleinen Ausschnitt des übergrossen
"Naz-Universums" noch geniessen zu dürfen. Durch Routinier
Carl Sentance würdig interpretiert, gab es ein "Hitpourri" mit
unter anderem «Razamanaz», «This Flight Tonight», «Expect No
Mercy» (!) und natürlich dem obligaten Schmachtfetzen «Dream
On». Wer Nazareth und die unzähligen weiteren geilen Songs
jedoch kennt, weiss um den Verlust, der live nicht mehr wett
gemacht werden kann. Sohnemann Lee Agnew an den Drums und ein
diesmal "wacher" Jimmy Murrison (g) sorgten zusammen mit Pete
und Carl jedoch dafür, dass wenigstens der Geist dieser
Kultband weiterhin erhalten bleibt.
Was die Sängerinnen
der Band Nightwish bezüglich Akzeptanz bei den Fans angeht,
gehen die Meinungen seit je her diametral auseinander. Ich mag
zum Beispiel nur die 2000er-Jahre von Tarja Turunen zu Zeiten
von «Century Child» (2002) besonders und danach alles mit
Anette Olzon. Seit ihrem Ausstieg sind die einstigen Symphonic
Metal Könige jedoch nicht mehr auf meinem Radar, sprich die
Ära mit Floor Janssen geht mir bisher voll am Arsch vorbei!
Darum war die Freude umso grösser, als sich "meine" Anette mit
dem brillanten Comeback namens The Dark Element wieder in der
Szene zurück meldete. Was da Gitarrist Jani Liimatainen (u.a.
Ex-Sonata Arctica) mit dem gleichnamigen Debüt erschaffen hat,
dürfte Master Holopainen schlaflose Nächte bereitet haben. So
müssten Nightwish eigentlich heute klingen, aber das ist eine
andere Geschichte. Die Herausforderung, das opulent
aufgenommene Material entsprechend auf die Bühne zu
transformieren gelang glücklicherweise. Anette Olzon bewies
dabei eindrücklich, was sie bei ihrem einstigen Brötchengeber
nicht mehr zeigen durfte. Die einprägsamen Melodien hörten
sich live noch eindringlicher an, und der zustimmende Applaus
erfreute die Band sichtlich. So wurde bis auf die Ballade
«Heaven On Your Heart» das ganze Album durchgespielt und bot
so einen wunderbaren Querschnitt dessen, was hoffentlich erst
der Anfang ist.
Zwei Stunden nach The Dark Element war
die Sweden Stage für einen eher seltenen Gast aus den Staaten
hergerichtet: Body Count! 1989 durch Rapper und Schauspieler
Ice-T gegründet, gelang mit dem Debüt 1992 ein bemerkenswerter
Einstand. Allerdings erregte der darauf enthaltene Song
«Copkiller» die Gemüter, was der
Popularität der Band jedoch
keinen Abbruch tat, im Gegenteil. Die Besuche in Europa waren
bisher eher rar gesät, und darum war der Auftritt der Amis
nicht nur für die Die-Hard Fans etwas Besonderes. Dass Mainman
Ice-T schon immer ein Faible für seine Landsleute von Slayer
hatte, ist nichts Neues unter der Sonne, und so überraschte es
nicht wirklich, dass als Opener gleich ein Bastard aus
«Raining Blood» und «Postmortem» gezockt wurde. Der grosse
Rest des Sets bestand aus Songs vom legendären Erstling. Die
grundsätzlich flott abrockende Mucke brachte auch immer wieder
mal die nötige metallische Note ein. Insgesamt befanden sich
acht Musiker auf der Bühne, wobei einer davon nur die Aufgabe
hatte, am Bühnenrand stehend und mit einer Pump-Action im
Anschlag, das Publikum "einzuschüchtern". Nun ja, sah ziemlich
doof aus, aber was zählte, war eh nur der Sound. Zu groovigen
Songs wie «Bowels Of The Devil», «Manslaughter» oder «Body
Count» liess sich vorzüglich "moshpitten". Ice-T quasselte
zwar etwas lange zwischen den Songs, was aber zu erwarten war.
Nicht fehlen durfte natürlich der Kult-Song «Cop Killer», der
mit herrlich punkiger Attitüde raus gehauen wurde. Unter dem
Strich resultierte ein überraschend gutes Konzert. (rsl)
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Festival Stage
Buckcherry standen als erste Truppe auf der grössten Bühne des
Sweden Rock Festivals. Die Truppe um Sänger Josh Todd
hinterliess begeisterte und enttäuschte Fans gleichermassen. Mit Ansagen wie
«Do you have Cocaine in Sweden?», hinterliess der nicht ganz
"spurenfreie" Shouter gemischte Gefühle. Zumindest seine
Performance liess zu wünschen übrig. Dafür überzeugte Stevie
D. einmal mehr mit seiner lockeren, spielfreudigen Art und
zauberte Riffs und Solos in die sommerlichen Temperaturen.
Buckcherry als die Erben von Aerosmith zu betiteln, wäre zu
viel des Guten. Trotzdem stieg die Stimmung von Song zu Song an,
so dass am Schluss die Amis die Bühne mit einem Achtungserfolg
verliessen. The Quireboys boten am Vorabend aber die geilere
Rockshow.
Glenn Hughes war für mich die grosse
Überraschung des Festivals. Nicht nur, dass der singende
Bassist mit einer Woodstock verstrahlten Freundlichkeit alle
Besucher in seinen Bann zog, nein, der 67-jährige Engländer
sang wie ein Gott. Seine Screams suchten Seinesgleichen und
mit der Deep Purple-Setliste trieb er unseren Rockslave fast
in den ultimativen Wahnsinn. Mit Hammondorgel-Sound,
«Mistreated», «Highway Star» und «Burn» verzauberte der mit
Kotletten versehene Glenn das Publikum. «All you peoples in
the back, I can't see you motherfuckers» oder «Love you from
the bottom of my heart» waren nur einige der sympathisch
vorgetragenen Ansagen, welche durch eine Monsterversion von
«Smoke On The Water» ergänzt wurden. Die «long tour across the
planet and Glenn Hughes plays all the Deep Purple classic
music» traf den Nerv der Anwesenden, und mancher hätte sich
gewünscht, dass der Shouter länger auf der Bühne gestanden
wäre.
Rose Tattoo Angry Anderson und seine Tatts waren die
Nächsten auf der Festival Stage. Der mit Tattoos übersäte
Shouter grinste wie ein Honigkuchenpferd und genoss nicht nur
die grosse Bühne, sondern auch den Auftritt. Mit Slidegitarre,
rockigen und bluesigen Rhythmen sowie bereit zum musikalischen
Arschtritt, standen die Australier auf der Bühne. Die
Reibeisenstimme von Angry zündet noch immer und wenn die Hits
«Assault And Battery», «Rock'n'Roll Outlaw», «Scarred For
Life», «Bad Boy For Love» und «Nice Boys» knatternd die Boxen
verlassen, bleibt bei den Meisten eh kein Auge trocken,
beziehungsweise das Bein ruhig stehen. Die ungelenkig
scheinenden Bewegungen von Mister Anderson passten dabei
ebenso gut, wie die staubigen und dreckigen Rhythmen seiner
Begleitband. Die Fans hingen der Truppe an den Lippen und so
durfte man sagen: "Sie kamen, sie sahen und sie siegten!"
Iron Maiden waren der klare Publikumsmagnet. Bei keiner
anderen Truppe hatte es so viele Fans vor der Bühne. Die
Engländer liessen sich nicht lumpen und trumpften gross auf.
Schon die Spitfire, welche sich ihre Bahnen über den Köpfen
der Musiker zog, liess die Show beim Opener «Aces High»
optisch in neue Dimensionen steigen. Dass das Sextett die
Setliste wieder auf die grossen Hits der achtziger Jahre
legte, zeigte Wirkung. Eine solch grosse, dass bei den neueren
Tracks «For The Greater Good Of God» und «The Wicker Man» die
Stimmung merklich nachliess und erst wieder mit dem lange
nicht mehr gespielten «Flight Of Icarus» blitzschnell
in die Höhe schoss. Bei diesem Track war Bruce mit einem
Feuerwerfer bewaffnet, analog wie damals Eddie auf dem Cover
der Single. Eddie hatte seinen grossen Auftritt bei «The
Trooper» und marschierte in seiner Union Jack Uniform über die
Bühnenbretter. Die Show wurde dirigiert von Sänger Bruce
Dickinson, der mit viel mehr Theatralik als auch schon
überzeugte. Dazu gehörten auch grosse Kronleuchter bei
«Revelations», brennende Fackeln und Feuersäulen bei «The
Number Of The Beast» oder die grossen Fangesänge bei «Run To
The Hills». Iron Maiden boten die grösste Show des kompletten
Festivals und verzauberten mit einer schon fast sagenumwobenen
Setliste jeden Fan, ob alt oder jung. Die extrem gute Stimmung
stachelte Bassist Steve Harris ebenso an wie die beiden
Gitarristen Dave Murray und Janick Gers. Der technisch
versierteste Saitenakrobat Adrian Smith konzentrierte sich
derweil auf sein Spiel und zauberte perfekte Melodien und
Solos aus seinem Instrument. Ja, Maiden waren eindeutig die
grösste Band und liessen sich vom begeisterten Publikum zu
Recht abfeiern. (tin)
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Rockklassiker Stage
Mit dem Ziel, das junge schwedische Metal-Schaffen zu
präsentieren, verwandelt sich die Rockklassiker Stage am
Donnerstag traditionell in die NEMIS Stage (New Music in
Sweden) und geht es nach dieser Auslese, dann ist auch 2018
wieder mal ein guter Jahrgang für schwedische Riffkunst. Was
besonders auffiel: der erhöhte Anteil an Frauen auf der Bühne.
Dieser mag nicht zuletzt auch politisch motiviert sein (in Sachen
Gleichstellung waren die Skandinavier ja bekanntlich schon
immer stark), doch wenn dabei so viel qualitativ Hochwertiges
rauskommt, wie es an diesem Tag von der Bühne krachte, dann
soll es mir recht sein. Vom schleppenden Stoner Rock von
Hedda
Hatar zum Frühstück, über die vielleicht etwas gar in den
90ern stehengebliebenen Alternative Rocker
Nala, den
dramatischen Occult Rock von Spiral Skies, die psychedelischen
Jams von Gaupa oder die Late Night-Kick Ass Rock-Party mit
Frontback. Wer nach diesem Stelldichein des schwedischen
Rock-Nachwuchses noch behauptet, Männer könnten es einfach
besser, der (oder auch die, aber vor allem der) sollte sich
schleunigst die genannten Bands zu Gemüte führen. (kis)
Freitag, 08.06.2018 (Dritter Tag)
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Sweden Stage Wenn bei einem
viertägigen Festival über achtzig Bands auftreten, kommt es
unweigerlich zu individuellen musikgeschmacksbedingten
Reibereien. Will heissen, man(n) musste sich mehr als einmal
für die eine oder eben die andere Band entscheiden, dessen
Auftritte gleichzeitig begannen oder sich wesentlich
überschnitten. Deswegen fielen für mich
Skindred nach dem
gestrigen bemerkenswerten Auftritt von Body Count wegen der
stilistischen Verwandtheit flach. Der Grund lag auf der
gegenüberliegenden Seite, also der Rock Stage, wo pünktlich um
12:00 Uhr die Ami-Mädelband Vixen aufmarschierte! Da ich die
Amerikanerinnen zuvor noch nie live gesehen hatte, wollte ich
keine Sekunde dieses denkwürdigen Auftrittes verpassen! Wie es
war, wird Euch Kissi berichten.
Für die Drummerin Roxy
Petrucci gab es danach eine Pause von knapp zwei Stunden, ehe
sie mit Madam X erneut und nun die Sweden Stage erklomm.
Diesmal war die Affiche ebenso klar wie zuvor, denn auch Madam
X, die bis letztes Jahr ja eigentlich nur das kultige
Debüt-Album «WE Reserve The Right» (1984) am Start hatten,
dürften vor 2014, als sie das erste Mal hier in Schweden
spielten, kaum europäischen Boden betreten haben. Somit kam es
hier zu einer weiteren persönlichen Premiere (da ich
bekanntlich vor vier Jahren ja mit nicht dabei sein konnte),
die nicht verpasst werden durfte. Im alten Ur-Lineup mit
Maxine Petrucci (g/v), Roxy Petrucci (d/v), Bret Kaiser (v)
und Chris Doliber (b/v) wurde wiederum kräftig am Rad der Zeit
gedreht. Auch wenn der damals teils etwas schrägen Mucke kein
Erfolg beschieden war (da man grundsätzlich keine Chance
gegenüber Twisted Sister hatte!), so überwog heuer, auch im
Zuge des neuen Longplayers «Monstrocity» (2017), die Freude
über dieses seltene Ereignis. Dazu gehörte nebst dem
ansprechenden neuen Material natürlich auch der "Mini-Hit"
«High In High School» als abgefeierte Zugabe.
Obwohl
ich Turbonegro (spielten zur gleichen Zeit vis-à-vis auf der
Rock Stage) zuvor noch nie gesehen und mir angehört hatte,
entschloss ich mich letztlich doch für den Rock-Dinosaurier
Uriah Heep! Keine schlechte Wahl, wie sich bald heraus stellen
sollte. Erstens habe ich noch nie eine schlechte Heep-Show
gesehen und zweitens bietet ein so umfangreicher Backkatalog
stets Raum für
Unerwartetes. So geschehen auch heute, als
Frontmann Bernie Shaw, nachdem schon «The Magician's Birthday»
(trotz der Überlänge) überzeugen konnte, nach «The Wizard» den
eher selten gespielten Opener «Between Two Worlds» von der
98er Hammer-Scheibe «Sonic Origami» ankündigte. Überhaupt
legten Uriah Heep als Einheit eine schnörkellose Performance
hin, die nach wie vor von Power-Drummer Russell Gilbrook
getragen wird. Die "Luft-Soli" von Mick Box gehörten ebenso
dazu wie das Rocksong-Monument «July Morning» und der
Alltime-Klassiker, den David Byron (R.I.P.) damals für das
Album «Salisbury» (1971) partout nicht einsingen wollte: «Lady
In Black»! Hierzu brachte sich das in sehr guter Stimmung
befindende Publikum lautstark ein und wurde zum Schluss noch
mit «Easy Livin'», einem weiteren alten Ohrwurm, beglückt. Da
jeweils auch das neuere Material durchaus mithalten kann,
dürfte uns die Kult-Band wohl noch eine Weile erhalten
bleiben. (rsl)
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4Sound Stage Aus dem
Nachbarland
Dänemark stammen die Sleaze Rocker von
Junkyard Drive, und die
durften um 11:30 Uhr den dritten Tag des Festivals eröffnen.
Offenbar waren sie beim anwesenden Publikum nicht ganz
unbekannt, denn sie rockten ganz ordentlich und sorgten für
mächtig Stimmung. Die 1969 gegründete Retroprog Band
Focus aus Holland durfte
anschliessend ran an die Buletten. Die etwas in die Jahre
gekommenen Herren waren sehr mit ihren Instrumenten
beschäftigt und konnten nie an die Party der Band vor ihnen
anschliessen. Das war aber wohl auch nicht das Ziel, da sie
ihr Ding konsequent durchzogen.
Unterhaltung
der anderen Art spendierten die Black Metaller von
Dark Funeral. Alle schön
rausgeputzt, das heisst in schwarz gekleidet und mit Nieten
wie Corpsepaint versehen, beeindruckten die Schweden mit einer
wahrhaft feurigen Show. Schräg war allerdings die Tatsache,
dass diese Show bei strahlendster Nachmittagssonne stattfand.
Das Ganze passte nicht wirklich zur tropischen Hitze von
beinahe 30 Grad Celsius. Die quasi richtige Band zu diesen
Aussenbedinungen folgte mit
Inglorious danach. Da
in den Medien wiederholt als die Zukunft des britischen Rocks
angepriesen, waren die Erwartungen entsprechend hoch. Mit
ihren sehr guten ersten zwei Alben im Gepäck bewiesen der
agile Frontmann Nathan James und seine Jungs, dass sie eine
absolut geile Live-Band sind, die ihr Publikum auch am Sweden
Rock Festival zu begeistern wussten. Zu einer unglücklichen
Zeit, nämlich während drüben auf der Hauptbühne «The Prince Of
Darkness» Ozzy Osbourne rumschwankte und Flitzefinger Zakk
Wylde dazu die Saiten qualmen liess, durfte auf der 4Sound
Stage die einheimische Blues Rock Band
Sky High als letzte
Tages-Combo ran. Die Altherrentruppe überzeugte die wenigen
Anwesenden dennoch, und es bereitete grossen Spass, den
Fingerfertigkeiten des singenden Gitarristen Clas Yngström
zuzuschauen. (rxx)
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Rock Stage
Just auf 12:00 Uhr mittags stand die amerikanische All-Girl,
respektive All-Ladies Band der frühen 90er schlechthin auf der
Bühne: Vixen! Während sich der gemeine homo
sapiens um diese
Zeit eigentlich verpflegt, traf das zumindest für einen
ziemlich respektablen Teil des Publikums nicht zu. Dieses
begrüsste Frontfrau Janet Gardner und ihre Mitstreiterinnen
nämlich mehr als nur herzlich. Was danach folgte, war ein
Hitreigen ohne Ende, der deutlich aufzeigte, wie gut sich
qualitatives Songmaterial über die Jahrzehnte halten kann.
Nach Classics wie "Rev It Up", "Cryin'", "Love Is A Killer"
oder "Edge Of A Broken Heart" reagierte die Riege der Fans der
Amerikanerinnen ergriffen. Die andächtige wie kurze Würdigung
der 2013 verstorbenen Ur-Leadgitarristin Jan Kuehnemund
verfehlte ihre Wirkung ebenso nicht. Sicher kultig das Ganze,
mir wars insgesamt jedoch zu plüschig, und das Ray Charles
Cover "I Don't Need No Doctor" sollte man besser W.A.S.P.
überlassen.
Vorneweg: Hätte ich beim Zeitplan was
mitzureden gehabt, dann hätte ich Graveyard erstens auf einer
kleineren Bühne und zweitens später spielen lassen. Denn auch
wenn die Truppe zurecht als Anführer der ganzen Retro-Welle
der letzten Jahre gilt: Ihr bluesy Vintage Sound gehört
nicht auf eine Monster-Bühne bei gleissender Sonne. Umso
erstaunlicher, dass die gerade erst wieder reformierten
Schlaghosen-Rocker sowohl die Energie von Uptempo-Krachern
wie «Please Don't» oder «An Industry Of Murder» genauso
rüberbrachten wie die Intimitäten von Balladeskem wie «Too
Much Is not Enough».
Da hatten es
Turbonegro schon
leichter. Das Aufgebot an trotz Hitze stolz getragener
Jeans-Jacken verriet schon früh am Tag, auf welches
Party-Level man sich bei den Norwegern einstellen durfte. Kann
man mit so leidenschaftlichen Fans überhaupt keine gute Show
spielen? Schon zu den ersten, notabene brandneuen Nummern,
flogen jedenfalls die ersten Bierflaschen und Menschen über
die Köpfe des Publikums. Derweil führte Fronter Tony Silvester
mit einer einwandfrei tight rockenden Band im Rücken
selbstgefällig seinen Bierbauch spazieren. Und das verdammt
nochmal zurecht.
Ob danach Heavy Load ebenso so stolz
auf ihren Auftritt sein durften, darüber kann man sich
streiten. Zugegeben: die Band ist Kult und Alben wie «Death Or
Glory» oder «Stronger Than Evil» dürfen in keiner 80's
Metal-Sammlung fehlen. Doch war die Show, welche die sichtlich
(und auch klanglich hin und wieder) spürbar gealterten Herren
unterstützt von Light-Show und Pyros da ablieferten, wirklich
gut oder halt eben nur kultig? Abschliessend sagen kann ich es
nicht. Herzerwärmend waren die strahlenden Gesichter dieser
Veteranen, die für Jahrzehnte kaum bis gar nie auf der Bühne
standen, aber auf jeden Fall.
Keinen Platz für Zweifel
liess hingegen der Absacker: Mit Meshuggah kann man was
anfangen oder nicht und ist Ersteres der Fall, dann tut einem
am nächsten Tag der Nacken weh. Denn irgendwie hat eine Show
der abgedrehten Schweden was von einem kollektiven
epileptischen Anfall. Zu Blitzlicht zuckten, bangten und
moshten dann auch an diesem Abend eine Schar Wahnsinniger
halbdebil über den Platz vor der Bühne und kriegten sich erst
wieder ein, als das letzte erbarmungslos groovende Killer-Riff
verklungen war – der Autor dieser Zeilen inklusive. (kis)
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Festival Stage
Mit dem zum Glück wiedergenesenen Sänger Ronnie Atkins
zerlegten die dänischen Pretty Maids förmlich die grosse
Bühne. Wer schon beim dritten Song «Back To Back» und danach
gleich «Red, Hot And Heavy» raus donnert, der ist sich seines
Status bewusst und geniesst als Truppe ganz einfach den
Auftritt. Ronnie war stetig in Bewegung, animierte ohne Ende
und hinterliess eine völlig begeisterte Fangemeinschaft.
Unterstützt durch einen fetten Sound, einem immer grinsenden
Ken Hammer an der Gitarre und der extrem warmen Schwedensonne
waren die Maids, neben den nachfolgenden The Darkness, die
beste Truppe an diesem Tag. So prügelte der Fünfer am Schluss
«Little Drops Of Heaven», «Future World» und «Love Games» in
die Meute, verneigte sich vor der Selbigen und konnte die
Bühne mit sehr gutem Gewissen verlassen.
Freundlich
und super sympathisch beehrten die englischen
The Darkness als
nächste Künstler die Festivalstage. Mit seinen "spacigen"
Klamotten war der singende Gitarrist Justin Hawkins einmal
mehr nicht nur der Hingucker, sondern auch der beste
Zeremonienmeister an diesen vier Tagen. Mit
den gigantischen
Riffs zu «Solid Gold», «One Way Ticket», «Givin' Up», «Open
Fire» und dem unkaputtbaren «I Believe In A Thing Called Love»
glänzte der Vierer auf der ganzen Linie. Im Mittelpunkt stand
natürlich Sänger Justin, der mit tollen Ansagen glänzte,
tanzend über die Bühne schwebte oder durch seine David Lee
Roth Gedenk-Sprünge vom Drumriser auf sich aufmerksam machte.
Ja, man kann von einer Hippieband sprechen, aber hier
zelebrierten vier Jungs einfach ihre Liebe zum Rock'n'Roll.
Auf einer grossen Festivalbühne findet das Charisma von Justin
("Tusend Tak") gerade noch genügend Platz, um sich entfalten
zu können. Für mich die beste Band des Tages.
Stone
Sour - Na ja, so richtig hatte ich die Band um den
Slipknot-Sänger Corey Taylor nie auf dem Schirm. Doch an
diesem Tag öffnete sich für mich eine neue Truppe, die
dermassen sympathisch rüber kam, dass man sie einfach mögen
musste. Der alternative Sound der Jungs liess mich nicht
fremdschämen, sondern verzauberte mich. Selbst eine Oma sang
textsicher im Publikum mit und hatte Freudentränen in den
Augen. Corey war ein sehr nahbarer und sympathischer
Frontmann, der von einer sehr tight aufspielenden Begleitband
unterstützt wurde. Der Sänger konnte aber auch mit aggressiver
Stageaction über die Bretter wirbeln und liess nach bester
KISS-Manier Papierschnitzel ins Publikum feuern. Singt Mister
Taylor, darf man ihm eine sehr gute Stimme zugestehen und
darum mein Lieber, besinn dich auf deine Stärken. Stone Sour
spielten zu Recht auf der grossen Bühne, auch wenn der
modernere Sound vielleicht nicht auf die grosse Bandbreite des
Publikums zugeschnitten war. Für mich die grösste Überraschung
des Festivals und eine, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Ozzy kam auf die Bühne und suchte zuerst mal sein
Mikrofon, an welchem er zuerst schnurstracks vorbei lief. Er ist und
bleibt tapsig, der ehemalige Black Sabbath Shouter und lebt
von seinem Legendenstatus. Die Fans lieben ihn, und ich glaube
der Engländer könnte machen was er will, alle würden ihm
zujubeln. So langsam wird es aber Zeit, sich von der Bühne zu
verabschieden. Wie "genial" der Schachzug war, Zakk Wylde
wieder in die Band zu holen, muss auch diskutiert werden. Mit
Gus G hatte Ozzy einen Gitarristen im Line-Up, welcher Randy
Rhoads und Jake E. Lee ersetzen konnte. Einen, der mit viel
Gefühl und Hingabe spielte. Mit Zakk ist der grobe,
ungehobelte Saitenzerstörer in die Truppe zurück gekehrt.
Einer, der seinen Platz beansprucht und einer, bei dem man
fast sagen musste, dass er die Show zu einer Wylde-Soloshow
umwandelte. Das lag nicht nur an seinem langen Solo, in
welchem er viele Ozzy-Hits anspielte («Miracle Man», «Crazy
Babies», «Desire», «Perry Mason»), sondern auch daran, dass er
seine Präsenz vehement einforderte. Lieder wie «Mr. Crowley»
oder «I Don't Know» spielten Jake, Gus und Randy bedeutend
filigraner und songdienlicher. Zakk hobelte das Riff und das
Solo wie ein Holzfäller runter. Die grösste Enttäuschung dabei
war «Shot In The Dark», ein Lied, welches von der Melodie und
der Feinheit lebt. Da sind Lieder wie «War Pigs» oder
«Paranoid» eher auf den bärtigen Wylde zugeschnitten.
Trotzdem, die Fans liessen sich nicht beirren, feierten Zakk
wie auch Ozzy ab und genossen den Auftritt, wahrscheinlich
einen der letzten des Kult-Sängers. (tin)
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Rockklassiker Stage
Jedes Jahr dieselbe Prozedur: Schon kurz nach dem Mittag ist
das Zelt der Rockklassiker Stage
gerammelt voll. Und warum?
Weil auf der Bühne ein paar bekannte Musiker, unter anderem
von Europe und HammerFall, Hard Rock- und Metal-Klassiker zum
Besten geben. So wenig ich Cover-Bands verstehe, so wenig
verstehe ich dieses Ritual. Da konnte ich die Begeisterung der
Schweden für den danach auftretenden
Bernie Tormé schon eher
nachvollziehen. Dass der irische Saitenmann hierzulande
mittlerweile fast vergessen ist, obwohl er massgeblich an den
Gillan-Scheiben «Mr. Universe» und «Glory Ride» beteiligt war,
ist eine der unzähligen Ungerechtigkeiten in der
R'n'R-History, dass ein, zwei Songperlen mitverantwortet zu
haben dann aber doch nicht reichen, um eine ganze Show zu
füllen und Tormés Gig so doch auch einige Längen aufwies die
harte Realität. Noch härter, aber im guten Sinne liessen es
Pestilence (Foto links) danach krachen. Ungehobelt und dissonant wie eh und
je zerlegten die holländischen Death-Veteranen, sodass der an
sich druckvolle und spielfreudige 70's Rock-Jam von
Lugnet
überraschend unbedarft anfühlte. Kein dankbarer Slot für eine
an sich souveräne Truppe. (kis)
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Samstag, 09.06.2018 (Vierter Tag)
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4Sound Stage
Eine Portion gut gelaunter Hard Rock mit
Südstaaten-Einflüssen, das klingt eigentlich nach dem
perfekten Sweden Rock Frühstück, doch auch wenn es
The New Roses aus dem deutschen
Wiesbaden redlich versuchten – so
richtig überspringen wollte der Funke nicht. Zu generisch der
Sound, zu durchschnittlich das Songwriting. Umso mehr stiessen
dagegen The 69 Eyes auf offene Ohren. So fehl am Platz die
bleichen, in schwarzes Leder gehüllten Goth Glamer in der
Mittagssonne auch wirken mochten, die mal an Billy Idol, dann
wieder an Danzig erinnernden Nummern funktionierten, liessen
das Publikum feiern und mich zugeben, dass ich die Band in der
Vergangenheit doch etwas allzu schnell als Gruselkitsch für
Teenie-Mädchen abgeschrieben hatte. Keine Mädchen, sondern
gestandene Rock-Kriegerinnen standen danach auf der Bühne:
«We're a fucking punk band» konstatierten
Girlschool gleich
selber und traten von Beginn weg das Gaspedal durch,
verzichteten wie gewohnt auf jedweden Schnickschnack und
lieferten eine gleichermassen sympathische wie souveräne
Performance, gespickt mit unverwüstlichen Hits wie «Hit and
Run», «C'mon Let's Go» oder «Emergency» ab. Hätte sich danach
der Himmel etwas verdunkelt, ich wäre vermutlich
Primordial
von Anfang an schauen gegangen. Beschwingt vom Sonnenschein
muss ich aber zugeben, länger als geplant bei YES hängen
geblieben zu sein, sodass ich nur noch das Ende der irischen
Doom/Black-Institution
miterleben konnte. Ein Umstand, denn
ich aufrichtig bereue, denn kaum vor der Bühne, wurde ich von
ihrem martialisch-epischen Sound übermannt und schwor mir bei
allen keltischen Göttern, das Verpasste bei der nächsten
Gelegenheit nachzuholen. Und auch mit
Misery Loves Co. muss
ich mich in Zukunft näher beschäftigen. In der Schweiz kaum
bekannt, gab es in Skandinavien in den 90ern scheinbar einen
kleinen Hype um die Truppe, die sich 2016 wiedervereinigte.
Eine wahrscheinlich richtige Entscheidung, denn die Jungs
zeigten zumindest mir an diesem Abend, dass Modern Metal
durchaus heavy, intensiv und klug daherkommen kann, was in
diesem Genre leider allzu selten der Fall ist. (kis)
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Rock Stage Auf der zweitgrössten Bühne des Festivals begannen die
Konzerte mit erdigem Southern-Rock der 1980 gegründeten Band
Doc Hollyday. Die Jungs aus Georgia um Leadsänger und
Gitarrist Bruce Brookshire verbreiteten eine überaus positive
Stimmung und die nach wie vor strahlende Mittagssonne trug
auch ihren Teil bei. Songmässig wurde mehrheitlich Material
der 80er gespielt, und dabei durften «Southern Man» und
«Lonesome Guitar» nicht fehlen. Dann war die Zeit schon bald
reif für Multitalent Peter Tägtgren, den gewieften Producer
vieler Metal-Alben und Kopf von Bands wie Hypocrisy oder Pain.
Heute gab sich Peter mit seiner Industrial-Metal Band
Pain die
Ehre. Man merkte den Reaktionen des Publikums bald an, dass
diese Truppe in Schweden mitunter zu den
Grössten gehört. Die
Stimmung war von Anfang an ausgelassen, und der Sound
peitschte die Fans mit voller Wucht an. Etwas musikalischer
liessen es danach Lacuna Coil angehen. Der Wechselgesang
zwischen Cristina Scabbia und Andrea Ferro hinterliess eine
coole Wirkung. Cristina versuchte dabei mit ihrem kurzem Kleid
und den sichtbaren Strapsen wohl von irgendetwas abzulenken.
An mangelnder Qualität ihres Gesangs kann es nicht gelegen haben.
Wohl eher daran, dass die Gute offensichtlich ein paar Pfunde
mehr als auch schon mit sich herumträgt. Doch das war
letztlich völlig egal, denn die Dark Metal-Rocker aus Mailand
machten ihre Sache ohne Zweifel gut. Nach der Frontsirene aus
Italien ging es dann fliessend weiter zur einer nicht minder
bekannten Amazone aus Finnland. Tarja Turunen und ihre Band
kamen erwartungsgemäss mächtig gut an. Die immer noch
stimmgewaltige Sängerin war stets aktiv und bewegte sich agil
über die Bühne. Es gab, was vorneweg anzunehmen war, einen
munteren Querschnitt aus eigenen Songs der Solo-Phase wie auch
Klassikern aus ihrer Nightwish Ära zu hören. Madame Turunen
präsentierte sich als absolut würdiger Headliner für die Rock
Stage. (rxx)
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Sweden Stage
Eine ganz grosse Enttäuschung waren für mich
Crashdïet. Mit
dem neuen Sänger Gabriel Keyes
stand zwar ein guter Shouter
auf der Bühne, dem man aber anmerkte, dass er noch nicht lange
bei den Sleazern mitturnt. Die restlichen drei Mucker, Martin
Sweet (Gitarre), Peter London (Bass) und Eric Young
(Schlagzeug) konnten keine grosse Akzente setzen. Das lag auch
an der eher mässigen Setliste. Wenn dabei nicht einmal
«Chemical» zum Einsatz kommt, dann kann man nur verlieren.
Schade, denn das Publikum war bereit für die Truppe, aber das
Ganze wirkte zu unausgereift und hatte mit einer coolen
Rock-Performance nur ganz wenig zu tun. Da änderten die
Sebastian Bach Screams von Gabriel auch nichts und im direkten
Vergleich zu The New Roses zogen die Schweden klar den
Kürzeren.
Slade waren eine Band mit alten Muckern, die
versuchten am Legendenstatus festzuhalten, um nicht zu sagen,
sich festzukrallen. Dave Hill erinnert sich an die alten
Zeiten, als man mit den Hits «Gudbuy T' Jane», «Mama Weer All
Crazee Now», «Run Runaway» oder «Far Far Away» die grossen
Bühnen rockte. Je länger der Gig dauerte, desto mehr fragte
ich mich jedoch, ob es nicht an der Zeit wäre, die Gitarre so
langsam an den Nagel zu hängen. Der Glitzereffekt von früher
ist weg, der Glamrock klebt noch ein bisschen am Rock, aber im
Vergleich zu Glenn Hughes war dies hier eine bescheidene
Vorstellung. Da ist die Geige bei «Coz I Luv You» sicher eine
interessante Abwechslung, aber auch nicht mehr. Und dass Dave
Hill sicher noch mit seinem Grinsen Spielfreude auf die Bühne
brachte, reichte heute leider auch nicht aus, um die grosse
Show zu reissen.
Auch Stratovarius haben ihre grossen
Tage definitiv gesehen. Keyboarder Jens Johansson und Sänger
Timo Kotipelto alleine können heute die Show nicht mehr retten
und mit Matias Kupiainen (Gitarre), Lauri Porra (Bass) und
Rolf Pilve (Drums) stehen
sicherlich tolle Musiker auf der
Bühne, aber sie tragen zu wenig zu einer tollen Show bei. Der
Einstieg mit «Forever Free» gelang noch, aber dann sprang der Funke
nicht mehr über. Das Publikum schaute zu, spendete höflichen
Applaus und die Band schien sich damit zufrieden zu geben.
Eine Truppe wie Stratovarius mit einem dermassen grossen
Backkatalog an Hits hätte an diesem Nachmittag zum grossen
Sieger werden können, aber dann müssen auch die richtigen
Songs gespielt werden. Da reichen «Black Diamond» und «Hunting
High And Low» am Schluss des Sets leider nicht mehr aus!
Ebenso wenig die sympathische Art von Timo, der immer
wieder versuchte, das Publikum auf seine Seite zu ziehen.
Destruction zerstörten dann das Sweden Rock mit ihren
Thrash-Granaten. Ein ganz grosser Gewinn dabei ist der
ehemalige Annihilator und Primal Fear Trommler Randy Black.
Im Hier und Jetzt klingen die Drums um einiges erdiger und
nicht mehr so klinisch steril wie beim Vorgänger. Das
versetzte den Liedern einen deutlich besseren Gesamtsound, der
viel natürlicher klingt und ein Schritt zurück zu den Wurzeln
ist. Zudem gefallen die drehenden Sticks in den Händen von
Randy und boten zusätzlich was fürs Auge. Schmier wechselte
wie immer zwischen den drei Mikrofonen ab, bangte sich die
Rübe vom Hals und kreischte sich in seiner unnachahmlichen Art
und Weise den Weg in die Herzen der Besucher. Mike drosch
seine Riffs und Solos in den abendlichen Himmel und war hinter
seiner Lockenpracht kaum zu sehen. «Curse The Gods» eröffnete
das Gewitter und liess den Moshpit schon mal warm glühen. Die
Deutschen boten eine tolle Show und hatten mit «Mad Butcher»
einen kleinen Hit im Ärmel. Es bleibt abzuwarten, wohin die
Reise geht, aber zusammen mit Randy hat man eine grossen
Schritt in die richtige Richtung getätigt.
Nach Judas
Priest hatten es die Backyard Babies sehr schwer. Die meisten
traten nach vier Tagen Musik, Sonne, Staub und Durst schon den
Weg in Richtung Zelt, Hotel oder Campingwagen an. Trotzdem
versuchte der Vierer nochmals die letzten Reserven der
Besucher zu mobilisieren und spielte sich engagiert in die
Herzen der Standfesten. Dabei erklang sogar ein neuer Tracks
namens «Shovin' Rocks». Daneben gab es viel Bekanntes und
Bewährtes, das von den Babies routiniert gespielt wurde.
Sicherlich kein leichtes Unterfangen, denn Priest räumten das
Feld ab. Nicke Borg und Dregen feuerten ihre Riffs, die
geprägt sind vom siebziger Hardrock aber auch dem Punk,
unentwegt in die nächtliche Stimmung. Die Gebliebenen liessen
ihre Helden feiern und machten nochmals Party. Trotzdem hatte
der Auftritt etwas von "Perlen vor die Säue werfen", da die
Herren ein grösseres Publikum verdient gehabt hätten. So ging
der letzte Tag des diesjährigen Sweden Rock Festivals zu Ende.
Eines, das in meinen Augen im letzten Jahr allerdings die
besseren Bands aufgeboten hatte. Heuer gab es dennoch einige
Highlights, für die es sich auf jeden Fall gelohnt hat, sie
erlebt haben zu dürfen. (tin)
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Festival Stage Obwohl leider
auch schon von Live Nation "gefressen", zeichnet sich das
Sweden Rock Festival nach wie vor dadurch aus, dass viele
einheimische Acts auftreten können, von denen ausser den
Landsleuten so gut wie keiner zuvor je was gehört hat. Das
dürfte im Fall von Wilmer X ebenso gewesen sein. Die fröhliche
Truppe, die bezüglich der älteren Musiker das 40-jährige
Jubiläum feierte, begeisterte mit flottem Rock'n'Roll und
Texten auf Schwedisch. Ohne Backdrop oder anderen
Bühnenfirlefanz wurde einfach abgerockt, oft auch ergänzt um
eine Mundharmonika. Obwohl die Sonne mitten im Nachmittag
ordentlich Kraft bewies, fand sich ein erstaunlich grosse
Anzahl Leute, viele in ihren mitgebrachten Camping-Stühlen,
vor der Festival Stage ein, um Wilmer X entsprechend geniessen
zu können.
Mit Steelheart, also der Band um Frontmann
Mike "Mili" Matijevic, konnte nun endlich eine weitere
persönliche Pendenz oder besser Vakanz beendet werden. Das
heisst somit, dass ich erneut zu einer Premiere gelangen
durfte. Als die Amis anfangs der 90er mit ihren beiden Alben
«Steelheart» (1990) und «Tangled In Reins» (1992) einen an
sich guten Grundstein zu ihrer Karriere legten, ging dies
erstens total an mir vorbei, und als die Band zweitens wegen
einer schwerwiegenden Verletzung ihres Frontmannes (Unfall mit
umstürzender Lichttraverse) zu Beginn der Grunge-Zeit aufgab,
dachte niemand daran, die Truppe jemals wieder live zu sehen.
Es kam zum Glück anders, und weil mir die Debüt-CD mal als
billiger cut-out in die Hände fiel, realisierte dann auch
meine Wenigkeit, dass hier einige ganz gute Songs abgeliefert
wurden. Obwohl Mike sich insgesamt zu penetrant als Superstar
gebärdete, entschädigten die guten Songs mehrheitlich dafür
und liessen schmerzlich erkennen, was früher noch möglich
gewesen wäre. Ich fand den Auftritt echt stark und es bleibt
zu hoffen, dass sich die Amis bald wieder einmal in Europa
blicken lassen werden.
Als die Rockveteranen von
Yes
featuring ARW zum 50-Jahre Jubiläum (!) für das Sweden Rock
Festival bestätigt wurden, und dann mitunter erst noch mit
angekündigten Songs der Ära «90125» (1983), war die Freude
sehr gross, da ich die Tour zu diesem grandiosen Platin-Album
der 80er verpasst hatte. Vom Line-Up (ARW) her, nicht zu
verwechseln mit den Kollegen unter dem Banner der "originalen"
Yes, also Jon Davison (v), Steve Howe (g/v), Geoff Downes
(keyb), Billy Sherwood (b/v) und Alan White (d), waren Jon
Anderson (v), Trevor Rabin (g/v) und Rick Wakeman (keyb)
geschlagene 28 Jahre nicht mehr miteinander unterwegs. Grund
genug, diesem
Auftritt, verstärkt durch die Rhythm-Section mit
Lee Pomeroy (b) und Louis Molino III (d), gespannt entgegen zu
fiebern. Zuerst durfte ich im Fotopit noch eine Reihe guter
Fotos machen, ehe ich mich dem Ganzen in Ruhe widmen konnte.
Der Anfang mit dem Opener «Cinema» und «Hold On» gleich daran
anschliessend war schon Kult hoch drei! Dass ich das noch
eines Tages erleben würde, hätte ich nicht gedacht. Allerdings
hatte ich den Eindruck, dass Trevor Rabin zumindest zu Beginn
ziemlich wackelig, sprich mit deutlich hörbaren Fehlern
unterwegs war, was mich bei so einem Profi dann schon ziemlich
wunderte. So zu sagen warm gespielt, wurde es dann besser und
die Songs laufend noch besser! «Changes» markierte den dritten
Song von «90125» und auch bei «Rhythm Of Love» verspürte ich
ein Kribbeln unter der Haut. Jon Anderson wirkte derweil vom
Auftreten her etwas zerbrechlich, aber seine eigentümliche
Stimme zeigte keine Schwächen. Und dann kam er, der
Monster-Hit: «Owner Of A Lonely Heart¬» live! Ich war nahe der
Erleuchtung, aber die Gourmets warteten auf die Zugabe
schlechthin bei Yes: «Roundabout»! Fazit: Sicherlich kultig,
aber, da bereits um 19:00 Uhr auf der Bühne, leider zu
unspektakulär.
Erste Aufnahmen und Videos liessen
bereits im Vorfeld erahnen, dass die 2018er Tour wieder
Massstäbe setzen würde. Nach dem fulminanten Auftritt von Iron
Maiden am Donnerstag allerdings kein Zuckerschlecken, aber
Judas
Priest nahmen die Herausforderung an und liessen keinerlei
Zweifel offen, das Feld ohne Gegenwehr wieder zu verlassen.
Während Tinu noch im Fotograben weilte, gesellte ich mich zu
Cheffe Roxx im obersten Rang der einzigen auf dem ganzen
Gelände aufgebauten Zuschauer-Tribüne, wo das gemeine Volk
keinen Zutritt hatte. Von dort hatte man einen tollen Ausblick
auf den total gefüllten Bereich vor der Festival Stage, wo der
Headliner des vierten und letzten Festivaltages nach dem Intro
(inklusive Black Sabbath's «Warpigs») mit dem Titeltrack des
neuen Albums loslegte, und wie! Gefolgt vom ersten Oldie
«Grinder» stand der nicht weniger kultige Klassiker «Sinner»
an, und was Rob Halford hierzu schon ablieferte, liess einem
das Blut in den Adern gefrieren! Keine Ahnung, wie er das auf
diese Tour hin schaffte, nein, bereits auf dem Album von der
Leine lassen konnte. Angeführt von Richie Faulkner (g), der
nun von den Instrumentalisten klar zur Nummer eins
aufgestiegen ist, glänzte die alte britische Metal-Maschine im
hellsten Licht. Das aktuelle Tour-Set bestand aus Songs von
nicht weniger als zehn Alben und enthielt zum Beispiel mit
«Bloodstone» und «Saints In Hell» rarere Live-Tracks. Doch
selbst beim livehaftigen Dauergast «Painkiller» gab sich der
Metal God keine Blösse! Ur-Gitarrist Glenn Tipton, bereits von
Parkinson gezeichnet, trat unter aufbrandendem Applaus auf die
Bühne und zockte die letzten drei Songs mit. Aushilfe Andy
Sneap hielt sich derweil dezent im Hintergrund, nachdem er
zuvor zusammen mit Richie das volle Brett ablieferte. In
dieser Form, auch ohne Tipton/Downing, geht es hoffentlich
weiter! (rsl)
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Rockklassiker Stage
Prog Metal-Fans wurden
am diesjährigen Sweden Rock eher spärlich bedient. Umso
euphorischer feierten die Frickel-Nerds
Circus Maximus ab. Die
technisch natürlich über jeden Zweifel erhabenen Norweger
wurden vom proppenvollen Zelt nicht nur für jeden ihrer Songs,
sondern auch für jede Solo-Einlage, sei es nun Gitarren-,
Synthie- oder Drum-Solo, frenetisch bejubelt. Darauf wirkten
Torch noch ein Stück kauziger und ungeschliffener, als die
norwegischen 80's Metaller sonst schon gewirkt hätten. Doch
die schwedischen Veteranen machten ihre Sache gut, vor allem
Fronter Dan Dark im orangen Sträflingsoutfit überzeugte mit
seiner rauen, auch schon mal an Udo Dirkschneider erinnernden
Stimme, und zwangsweise fragte man sich, ob mit Heavy Load
vielleicht nicht den falschen 80's Helden die grosse Bühne
zugestanden worden war. Mit Buckets Rebel Heart wurde es
danach wieder gemächlicher und auch wenn Dave "Bucket" Colwell
früher seine Klampfe bei grossen Namen wie Humble Pie und Bad
Company umgeschnallt hat, kam man nach der vierten
Springsteen-mässigen Gute-Laune-Rock-Nummer nicht drumrum sich
zu fragen, wie notwendig solche Acts heute noch sind. Und auch
Pist.On wirkten zu guter Letzt irgendwie aus der Zeit
gefallen, wenn auch auf ganz andere Weise. Klebte die Band in
den 90ern mit ihrem düsterem Alternative Metal kurzzeitig an
den Versen von Bands wie Type O Negative oder Alice In Chains,
schafften es die New Yorker nicht übers Jahrtausend hinaus.
Bedauern tun das heute wohl die wenigsten, Band und
Hardcore-Fans, von denen es auch am Sweden Rock eine handvoll
zu geben schien, mal abgesehen. (kis)
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Fazit Die Ausgabe 2018 des Sweden Rock
Festivals glänzte heuer in erster Linie mit dem dauerschönen
und eigentlich ungewohnt heissen Wetter in dieser Region. Dazu
kam der bisher coolste Platz für den Metal Factory Camper
direkt am Strand (!) und in Sichtweite des Häuschens, das
unsere Schweizer FreundeInnen jedes Jahr mieten. Wir hatten
sogar Strom und auch die sanitären Anlagen waren den Umständen
entsprechend echt in Ordnung. Das Billing war insgesamt toll
und die 5'000 zusätzlich zugelassenen Fans, somit total
40'000, traten sich zwar nicht gerade auf den Füssen herum,
aber man merkte den Unterschied zum Vorjahr schon. Die
vermeintlich kritische wie natürlich völlig ungewollte Lage
mit dem temporären "Sans-Papiers" Kissi zeigte sich letztlich
unerwartet entspannt, und bei etwas mehr Geduld wie Vertrauen
hätte es in Kopenhagen bei der Rückreise gar zum totalen Happy
End dieser abenteuerlichen Ausgangslage gereicht. Letztlich
sind wir dann aber alle "irgendwann" wieder heil zu Hause
angekommen. Und wie heisst es jeweils am Ende dieser
wunderbaren Woche im hohen Norden?! Es war einmal mehr voll
geil, und wir sehen uns alle wieder im nächsten Jahr! (rsl)
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