“Mein Name ist Prog-Metal!“ Unter diesem Motto stand die Symphony
X-Europa-Tour, welche am 22. Februar im Z7 Halt machte. Und dieser
Überbegriff zog die Fans in Scharen an, so dass bereits im
Vorverkauf um die 750 Tickets über den Ladentisch gereicht werden
konnten. Mit all den Abendkassen-Besuchern war schliesslich unser
Schweizer Metaltempel angenehm gefüllt und man konnte ohne weiteres
behaupten, dass die Schweiz ein Prog-Metal-Land ist. Dies ist umso
schöner wenn man bedenkt, dass in Deutschland im Schnitt gerade mal
150 Personen diese Tour besuchten. Der Schweizer Besucheransturm lag
aber sicher auch daran, dass viele im Herbst Symphony X als Vorband
von Dream Theater verpasst hatten, da aufgrund eines Autounfalls
kein rechtzeitiges Ankommen mehr möglich war. Zudem berichteten
Ohrenzeugen des besagten vorwinterlichen Auftritts, dass die
Soundeinstellungen bei den heutigen Headlinern extrem mies waren.
Symphony X hatten zwar keine Schuld an diesen Umständen, bemühten
sich aber redlich, die Schweizer Fans jetzt nicht nochmals zu
enttäuschen. Und es gelang: Denn neben amtlichen Vorbands waren auch
die Soundeinstellungen bei sämtlichen Bands mehr als akzeptabel.
Dreamscape
„Line-Up wechsle dich“ hiess es vor einiger Zeit bei den Münchnern
Dreamscape. Der einzige welcher geblieben ist, ist Gitarrist
Wolfgang Kerinnis. Um ihn herum hat sich nun als prominentestes
Mitglied Ivanhoe-Sänger Mischa Mang geschart. Und genau dieser
sorgte dann mit seiner unglaublichen Energie dafür, dass die
Zuschauer nicht nur was fürs Ohr geboten bekamen. Unentwegt tigerte
er über
die
gesamte Bühne, streichelte das Bassdrum oder seinen Monitor am
Bühnenrand, schlug in einem emotionalen Moment die Snares an und
sang dabei noch göttlich. Seine Mitstreiter, Keyboarder David Bertok,
Basser Ralf Schwager, Schlagzeuger Micheal Schwager und Gitarrist
Wolfang Kerinnis hielten sich dagegen eher im Hintergrund und
zeigten auch sonst nur wenig Emotionen. Sie konzentrierten sich voll
darauf, die oft an Dream Theater erinnernden Kompositionen so gut
wie möglich zu spielen. Dreamscape als DT-Kopie abzuwerten wäre aber
falsch, denn Songs wie „When Shadows Are Gone“ und „Breathing Spaces“
waren durchaus eigenständig genug. Die verschiedenen Stimmungen
kamen sauber und nachvollziehbar rüber, so dass die Band bereits
nach dem dritten Song unerzwungenen Applaus ernten konnte. Und als
beim letzten Song Sänger Mischa das Publikum zum Klatschen
animierte, machte dieses auch gerne mit. Dreamscape sind auf dem
richtigen Weg. Um in die Oberliga aufzusteigen muss aber live noch
mehr Bewegung und Publikumsanimation kommen. Wie man’s richtig
macht, demonstrierte zwei Bands später Symphony X eindrücklich.
Circus Maximus
Die Norweger Circus Maximus sorgten im Line-Up für die nötige
Abwechslung, in dem sie am wenigsten metallisch und in den
Songstrukturen am geradlinigsten vorgingen. Dafür waren ruhigere
Abschnitte in den Songs auch am seltensten zu finden. Und mit dem
sechssaitigen Bass von Glen Mollen entstanden selbst bei
Gitarrensolo-Teilen keine Soundlücken. Die Stimme von Michael
Erikson schien das Publikum am meisten zu polarisieren. Die einen
fanden sie schlecht, die anderen okay bis gut. Sicher ist, dass sie
mitunter die besten Backing-Vocals des Abends stellten. Besonders
Gitarrist Mats Haugen sang bei Songs wie „Sin“ oder „Wither“ immer
wieder kurze Momente alleine und dabei den Sänger fast an die Wand.
Gegenüber Dreamscape animierten Circus Maximus das Publikum deutlich
mehr und konnten damit Pluspunkte sammeln.
Symphony X
Den Amerikanern konnte an diesem Abend niemand das Wasser reichen.
Sie boten eine Lernstunde in Sachen intensiver Live-Performance und
machten damit deutlich, woran die beiden beileibe nicht schlechten
Vorbands noch zu arbeiten haben. Zudem waren ihre Songs noch ein
Stück eingängiger und nachvollziehbarer. Sie bewiesen, dass man mit
der nötigen Übung auch bei Prog-Metal nicht nur rumstehen muss. Das
Zentrum des Geschehens bildete wiederum der Sänger, diesmal Russel
Allen. Wirkte der Rest der Band eher nobel, spielte Allen den rohen,
energiegeladenen Metal-Shouter,
welcher mit grossen Gesten die Songs unterstrich. Er stellte sich
zudem als prima Unterhalter vor, der das Publikum auch mit seinen
Ansagen begeistern und zum Lachen bringen konnte. Mit einem
Dreifachschlag des aktuellen Albums Paradise Lost stiegen Symphony X
imposant ins Programm ein, wobei „Serpent’s Kiss“ die meisten
Reaktionen von Seiten des Publikums ernten konnte. „Masquerade“
führte anschliessend in die musikalische Vergangenheit der Band,
während einem „Paradise Lost“ wieder ins Hier und Jetzt
zurückbeamte. Live klang der Song sogar noch eindrücklicher und
intensiver als auf Platte. Das Z7 sang gegen Schluss sogar lautstark
den Refrain mit und setzte zu einer Welle an. Dies verhinderte aber
Sänger Russel Allen und zögerte den Moment der Auslösung mit einem
spitzbübischen Grinsen lange heraus. Mit dem sehr langen “Through
The Loocking Glass (Part I, II; III)” setzten Symphony X danach eine
Show fort, die mit göttlichen Melodien und einer motivierten Band
glänzte. Dabei verzeiht man Russel Allen gerne, dass er die hohen
Töne nicht traf oder die Songs extra tiefer sang. Die Innbrunst, mit
der er sein Organ erklingen liess, machte dieses Manko wieder mehr
als wett. Und als Allen vor dem Zugabenteil zugab, dass das Z7 einer
ihrer Lieblingsorte auf dieser Europa-Tour sei, glaubte man ihm
gerne (siehe auch das aktuelle Interview auf dieser Homepage).
Apropos Zugabe: Die Halle verlangte lautstark nach dem 25-minütigen
Mammutwerk „The Odyssey“, was bei einer Prog-Band im Bereich des
Möglichen läge, uns an diesem Abend aber verwehrt blieb. Trotzdem
unterstrichen die beiden letzten Songs nochmals eindrücklich, welche
Qualität Symphony X anno 2008 innehaben. Und dies nicht nur bezogen
auf den optischen Kraftakt, mit welchem Allen zum Schluss seinem
T-Shirt den Schweiss ausdrückte.
|
|