Livereview: Symphony X - Circus Maximus - Dreamscape
22.02.2008 , Pratteln Z7
By Roger W.
“Mein Name ist Prog-Metal!“ Unter diesem Motto stand die Symphony X-Europa-Tour, welche am 22. Februar im Z7 Halt machte. Und dieser Überbegriff zog die Fans in Scharen an, so dass bereits im Vorverkauf um die 750 Tickets über den Ladentisch gereicht werden konnten. Mit all den Abendkassen-Besuchern war schliesslich unser Schweizer Metaltempel angenehm gefüllt und man konnte ohne weiteres behaupten, dass die Schweiz ein Prog-Metal-Land ist. Dies ist umso schöner wenn man bedenkt, dass in Deutschland im Schnitt gerade mal 150 Personen diese Tour besuchten. Der Schweizer Besucheransturm lag aber sicher auch daran, dass viele im Herbst Symphony X als Vorband von Dream Theater verpasst hatten, da aufgrund eines Autounfalls kein rechtzeitiges Ankommen mehr möglich war. Zudem berichteten Ohrenzeugen des besagten vorwinterlichen Auftritts, dass die Soundeinstellungen bei den heutigen Headlinern extrem mies waren. Symphony X hatten zwar keine Schuld an diesen Umständen, bemühten sich aber redlich, die Schweizer Fans jetzt nicht nochmals zu enttäuschen. Und es gelang: Denn neben amtlichen Vorbands waren auch die Soundeinstellungen bei sämtlichen Bands mehr als akzeptabel.

Dreamscape
„Line-Up wechsle dich“ hiess es vor einiger Zeit bei den Münchnern Dreamscape. Der einzige welcher geblieben ist, ist Gitarrist Wolfgang Kerinnis. Um ihn herum hat sich nun als prominentestes Mitglied Ivanhoe-Sänger Mischa Mang geschart. Und genau dieser sorgte dann mit seiner unglaublichen Energie dafür, dass die Zuschauer nicht nur was fürs Ohr geboten bekamen. Unentwegt tigerte er über die gesamte Bühne, streichelte das Bassdrum oder seinen Monitor am Bühnenrand, schlug in einem emotionalen Moment die Snares an und sang dabei noch göttlich. Seine Mitstreiter, Keyboarder David Bertok, Basser Ralf Schwager, Schlagzeuger Micheal Schwager und Gitarrist Wolfang Kerinnis hielten sich dagegen eher im Hintergrund und zeigten auch sonst nur wenig Emotionen. Sie konzentrierten sich voll darauf, die oft an Dream Theater erinnernden Kompositionen so gut wie möglich zu spielen. Dreamscape als DT-Kopie abzuwerten wäre aber falsch, denn Songs wie „When Shadows Are Gone“ und „Breathing Spaces“ waren durchaus eigenständig genug. Die verschiedenen Stimmungen kamen sauber und nachvollziehbar rüber, so dass die Band bereits nach dem dritten Song unerzwungenen Applaus ernten konnte. Und als beim letzten Song Sänger Mischa das Publikum zum Klatschen animierte, machte dieses auch gerne mit. Dreamscape sind auf dem richtigen Weg. Um in die Oberliga aufzusteigen muss aber live noch mehr Bewegung und Publikumsanimation kommen. Wie man’s richtig macht, demonstrierte zwei Bands später Symphony X eindrücklich.

Circus Maximus
Die Norweger Circus Maximus sorgten im Line-Up für die nötige Abwechslung, in dem sie am wenigsten metallisch und in den Songstrukturen am geradlinigsten vorgingen. Dafür waren ruhigere Abschnitte in den Songs auch am seltensten zu finden. Und mit dem sechssaitigen Bass von Glen Mollen entstanden selbst bei Gitarrensolo-Teilen keine Soundlücken. Die Stimme von Michael Erikson schien das Publikum am meisten zu polarisieren. Die einen fanden sie schlecht, die anderen okay bis gut. Sicher ist, dass sie mitunter die besten Backing-Vocals des Abends stellten. Besonders Gitarrist Mats Haugen sang bei Songs wie „Sin“ oder „Wither“ immer wieder kurze Momente alleine und dabei den Sänger fast an die Wand. Gegenüber Dreamscape animierten Circus Maximus das Publikum deutlich mehr und konnten damit Pluspunkte sammeln.

Symphony X
Den Amerikanern konnte an diesem Abend niemand das Wasser reichen. Sie boten eine Lernstunde in Sachen intensiver Live-Performance und machten damit deutlich, woran die beiden beileibe nicht schlechten Vorbands noch zu arbeiten haben. Zudem waren ihre Songs noch ein Stück eingängiger und nachvollziehbarer. Sie bewiesen, dass man mit der nötigen Übung auch bei Prog-Metal nicht nur rumstehen muss. Das Zentrum des Geschehens bildete wiederum der Sänger, diesmal Russel Allen. Wirkte der Rest der Band eher nobel, spielte Allen den rohen, energiegeladenen Metal-Shouter, welcher mit grossen Gesten die Songs unterstrich. Er stellte sich zudem als prima Unterhalter vor, der das Publikum auch mit seinen Ansagen begeistern und zum Lachen bringen konnte. Mit einem Dreifachschlag des aktuellen Albums Paradise Lost stiegen Symphony X imposant ins Programm ein, wobei „Serpent’s Kiss“ die meisten Reaktionen von Seiten des Publikums ernten konnte. „Masquerade“ führte anschliessend in die musikalische Vergangenheit der Band, während einem „Paradise Lost“ wieder ins Hier und Jetzt zurückbeamte. Live klang der Song sogar noch eindrücklicher und intensiver als auf Platte. Das Z7 sang gegen Schluss sogar lautstark den Refrain mit und setzte zu einer Welle an. Dies verhinderte aber Sänger Russel Allen und zögerte den Moment der Auslösung mit einem spitzbübischen Grinsen lange heraus. Mit dem sehr langen “Through The Loocking Glass (Part I, II; III)” setzten Symphony X danach eine Show fort, die mit göttlichen Melodien und einer motivierten Band glänzte. Dabei verzeiht man Russel Allen gerne, dass er die hohen Töne nicht traf oder die Songs extra tiefer sang. Die Innbrunst, mit der er sein Organ erklingen liess, machte dieses Manko wieder mehr als wett. Und als Allen vor dem Zugabenteil zugab, dass das Z7 einer ihrer Lieblingsorte auf dieser Europa-Tour sei, glaubte man ihm gerne (siehe auch das aktuelle Interview auf dieser Homepage). Apropos Zugabe: Die Halle verlangte lautstark nach dem 25-minütigen Mammutwerk „The Odyssey“, was bei einer Prog-Band im Bereich des Möglichen läge, uns an diesem Abend aber verwehrt blieb. Trotzdem unterstrichen die beiden letzten Songs nochmals eindrücklich, welche Qualität Symphony X anno 2008 innehaben. Und dies nicht nur bezogen auf den optischen Kraftakt, mit welchem Allen zum Schluss seinem T-Shirt den Schweiss ausdrückte.