Livereview: Symphony X - Nevermore - Psychotic Waltz
                      Mercenary - Thaurorod
06. März 2011, Pratteln - Z7
By Liane P. (lia) & Rockslave (rsl) -
All Pics By Liane P. (Symphony X & Psychotic Waltz) & Rockslave (Nevermore, Mercenary & Thaurogod)
Vor Jahren waren fette Packages wie dieses, das unter dem Banner "Power Of Metal" läuft, eher seltener, da die einzelnen Bands in der Regel genug Zuschauer anzogen. Ganz grosse Festivals sind bei dieser Betrachtung ausgenommen, obwohl es davon aktuell mehr im Angebot hat, als je zuvor. Dennoch und zwar bedingt durch die mittlerweile enorme Menge an aktiven Gruppen aus dem Hard & Heavy Bereich, gräbt man sich zunehmend gegenseitig die Leute ab. Jüngstes Beispiel dafür bei uns waren Ex-Ozzy Klampfer Zakk Wylde (Black Label Society) und TSO (Trans-Siberian Orchestra), die am gleichen Abend in Zürich aufspielten. Vor allem Ersterer hätte sonst mehr Leute als die natürlich immer noch gut 1'000 Fans im Volkshaus anziehen können. Die diesjährige "Power Of Metal"-Tour wartete mit einem angenehmen Stilmix und im Falle der wieder vereinigten Psychotic Waltz einer echten Überraschung auf und das kam gar einer Sensation gleich. Nach unendlich langen 14 Jahren der Funkstille kehrten die Kultprogger im Original-Lineup der frühen 90er zurück und werden bald neue Songs (!) für ihre Fans am Start haben. Headliner waren jedoch Sympony X und mit Nevermore stand mindestens noch ein Schwergewicht im Lineup des Festivals. (rsl)

Thaurogod

Pünktlich um 18.30 Uhr stiegen erst mal die finnischen Epic und Symphonic Power Metaller auf die Bühne und nicht weniger als sechs Musiker behändigten sich kurz darauf ihrer Instrumente. Die Mucke hörte sich in der Folge ganz ordentlich an und das technische Können blitzte alsbald auf. Vor allem die beiden Gitarristen Emil Pohjalainen (Lead) und Lasse Nyman (Rhythm) liessen es ganz schön krachen. Sänger Michele Luppi (der aber wohl eher kein Finne ist) performte stilsicher und Keyboarder Emmi Taipale agierte stets songdienlich und übertrieb es nicht. Bei der ersten von insgesamt fünf Bands des heutigen Abends war es schon im Voraus abzusehen, dass der Auftritt nicht länger als gut eine halbe Stunde dauern würde. So war es denn auch und darum konnten sich Thaurogod kaum sehr variabel in Szene setzen. Insgesamt bewegte sich alles mehr oder weniger im grünen Bereich und wurde mit viel Herzblut dargeboten. Das Publikum reagierte aber bis auf jeweils höflichen Schlussapplaus eher lethargisch, was so natürlich keine Stimmung aufkommen liess. Die Finnen (und ihr wohl italienischer) Sänger liessen sich davon aber nicht beirren und zogen ihr Ding straight durch. Etwas, was man von Profis erwarten kann. Mit Sicherheit haben sie auf der laufenden Tour schon bessere Reaktionen erhalten, aber hier und heute Abend war da nicht viel zu holen. Immerhin spielten sie ausnahmslos eigene Songs, aber letztlich fehlte wohl noch das berühmte Quäntchen im Sinne eines packenden Songwritings. Das Debüt «Upon Haunted Battlefields» kenne ich allerdings nicht und wer wissen will, was ihn an gleicher Stelle beim «Metal Fest 2011» erwartet, kann sich das Ganze ja mal anhören. Solider Auftakt, der die Leute aber leider kaum bis gar nicht aus der Reserve locken konnte. (rsl)

Mercenary
Obwohl es Leute gibt, die wie T. B. aus O. seit Jahren völlig auf die Dänen abfahren, habe ich den Sound dieser Truppe nie wirklich gemocht noch als bahnbrechend empfunden. Vor ein paar Jahren, also zur Blütezeit des Melodic Death Metals, konnte man durchaus mit der Szenenspitze mithalten und feierte ein paar Achtungserfolge. Dazu gehören mittlerweile auch zwei Auftritte beim «Prog Power Festival» in den U.S.A. Vor allem das dritte Album «11 Dreams» von 2004 bedeutete einen spürbaren Schritt vorwärts und brachte damals den Deal bei Century Media ein. Nach diversen Support-Slots, unter anderem für Nevermore, Death Angel oder Megadeth waren Mercenary im Jahre 2007 als Headliner unterwegs. Zu diesem Zeitpunkt war der langjährige Sänger und Bassist Henrik "Kral" Andersen schon nicht mehr mit an Bord und wurde durch René Pedersen ersetzt. Ende 2009 gab es weiteren Aderlass, bei dem der Weggang von nicht weniger als drei Kollegen hingenommen musste. Mittlerweile sind diese Lücken wieder geschlossen und mit «Metamorphis» steht gar ein brandneues Langeisen in den Regalen. Die grundsätzliche Ausrichtung ist geblieben, also meist recht vorwärts treibende Songs, die mit Metalcore artigem Gesang ausgestattet sind. Dies war und ist der entscheidende Punkt, der mich mit Mercenary irgendwie nie richtig warm werden liess und seit Ende 2009 die zweite, cleane Stimme von Mikkel Sandager und die Sounds von Keyboarder Morten Sandager als leibhaftiger Musiker fehlen (kam heute Abend alles ab Band), ist der Aderlass deutlich spürbar und lässt das Ganze nun zu gleichförmig zurück. Die besten Momente waren bezeichnenderweise immer dann auszumachen, wenn tempomässig einige Gänge zurück geschaltet wurde und cleane Vocals die Chose abwechslungsreicher gestalteten. Da nun rund 45 Minuten zu Buche schlugen, ebbte mein Interesse jedoch bald einmal stark ab, obwohl der Sound grundsätzlich ganz ok war. Ob es jemals wieder zu einem Headliner gereicht, wage ich an dieser Stelle zu bezeifeln. (rsl)

Setliste: «Intro» - «World Hate Center» - «Endless Fall» - «Through The Eyes» - «River Of Madness» - «In Bloodred Shades» - «The Follower» - «Firesoul».

Psychotic Waltz
Ungefähr satte 14 Jahre ist es jetzt her, seit sich die Band 1997 (nach ihrer Gründung im Jahre 1988) aufgelöst hatte. Für viele Fans ist es daher ein absoluter Leckerbissen, dass man sich nun wieder im alten Lineup zusammen fand und die Reunion auf der «Power Of Metal»-Tour feiern konnte. Die recht abgedrehte Art der Performance von Buddy Lackey, der sich nun Devon Graves nennt, zog sofort die Blicke auf sich. Ich war wie hypnotisiert durch den charismatischen, grosswüchsigen Sänger mit der Glatze, der mit seiner Gestik und Mimik Figuren im Stile von inneren Kampfkünsten (Tai Chi) einbaute, um die Songs lebendig(er) zu gestalten. Das ganze Programm sowie das Zusammenspiel zwischen dem Stageacting und den psychedelischen Klängen liessen einen laufend glauben, man sei auf einem anderen Planeten. Brian McAlpin zeigte derweil eine bemerkenswerte physische wie musikalische Leistung und spielte seine Gitarre auf dem Rollstuhl sitzend (!), da er sich mal durch einen Autounfall den Rücken gebrochen und sich dabei eine Querschnittslähmung zugezogen hatte. Ich sage nicht, dass mir die Performance von Psychotic Waltz besser gefallen hat, als alles andere was am besagtem Tag im Z7 geboten wurde, aber hervorgehoben haben sie sich allemal optisch wie auch musikalisch. Hätte ich das Ganze noch 20 Minuten länger hören und sehen dürfen, wäre ich wohl in Trance gefallen. (lia)

Setliste: «Ashes» - «Spiral Tower» - «Into the Everflow» - «Cold» - «Morbid» - «Halo Of Thorns» - «Nothing» - «I Of The Storm».

Nevermore
Warrel Dane und seine Jungs hatten noch eine gewaltig grosse Rechnung bei mir und all den Fans offen, die letztes Jahr Zeuge des Debakels von Balingen beim «BYH!!!-Festival» geworden waren. Das war nämlich ein Trauerspiel sondergleichen, da der sonst so charismatische Frontmann gesundheitlich stark angeschlagen und nur noch ein lauer Schatten dessen war, was man sonst von ihm gewohnt ist. Im Vorfeld der aktuellen Tour drang allerdings wiederum keine gute Kunde durch, denn bereits mitte Februar musste sich Bassist Jim Sheppard einer Gehirntumor-Operation unterziehen und war auf die «Power Of Metal»-Tour hin noch nicht wieder fit. So spielt(e) an seiner Stelle zur Überraschung vieler Fans ein ziemlich flottes Mädel auf, das auf den Namen Dagna Barrera hört und bereits auf Warrels genialer Solo-Scheibe «Praises To The War Machine» (2008) Spuren hinterlassen hat. Die optische Aufwertung wäre allerdings nicht nötig gewesen, denn kaum angefangen, konnte man unschwer feststellen, dass das heute Abend ganz anders abgehen würde. Zur Tour-Unterstützung von Jeff Loomis (g) wurde wiederum der Ungare Attila Voros verpflichtet, der, wie Miss Barrera, auch schon mit Warrel zusammen gearbeitet hat und bereits live mit Nevermore aufgetreten ist. Mr. Dane bewegte sich stimmlich weitgehend und deshalb erfreulich auf dem benötigten Niveau und hinterliess auch stimmungsmässig einen grundsätzlich guten Eindruck. Nach den Intro kam mit «Inside Four Walls» ein überaus starker Opener zum Zug, der auf «Dead Heart, In A Dead World» (2000), einem der besten Alben im Backkatalog zu finden ist. Vom aktuellen Longplayer folgten danach gleich die ersten drei Songs am Stück, wenn auch in anderer Reihenfolge und liessen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass Nevermore nach wie vor zu den absoluten Top-Acts in dieser Stilecke gehören. Unzählige, fliegende Langhaarmatten und zuckende Körper huldigten ihren Göttern. Obwohl der Sound grundsätzlich nicht von schlechten Eltern war, fehlte mir aber irgendwie der letzte Kick, der einen im Normalfall und auch schon im Z7 aus den Latschen kippen lässt/liess. Dieses Manko wurde mindestens ein Stück weit durch die sexy aussehende und immer wieder mal bangende Bassistin ausgeglichen, die sich technisch ziemlich cool durch die mächtige Soundwand ihrer Kollegen hindurch behaupten konnte. Von «This Godless Endeavor» (2005), dem (vorläufig?) letzten von Andy Sneap produzierten Langeisen («The Obsidian Conspiracy» von 2010 stammt erstmals von Peter Wichers, der Mix und das Mastering aber nach wie vor von Sneap) fanden mit «Born» und dem Titeltrack noch zwei Vertreter den Einzug in die Setliste des gut stündigen Auftrittes, der mit dem brachialen «Enemies Of Reality» als Zugabe viel zu früh um war. Der Schandfleck von Balingen wurde aber auf jeden Fall überzeugend beseitigt! (rsl)

Setliste: «Intro» - «Inside Four Walls»» - «Moonrise (Through Mirrors Of Death)» - «The Termination Proclamation» - «Your Poison Throne» - «Born» - «The Heart Collector» - «The River Dragon Has Come» - «Emptiness Unobstructed» - «This Godless Endeavor» -- «Enemies Of Reality».

Symphony X
Die Erwartungshaltung meinerseits an die Band, welche den gelungenen Abend abschliessen sollte, war recht hoch. Das Album «Paradise Lost» hat in den letzten Wochen einfach nicht den Ausweg aus meinem Player finden können und so spielte ich die Scheibe, bis sie brannte. Die Vorfreude auf das Konzert war daher immens. Mit dem Opener «Of Sins And Shadows» aus «The Divine Wings Of Tragedy» haben sie mich schon mal glücklich gemacht. Als Michael LePond dann bereits beim 2. Titel in die Mitte der Bühne stürmte, um mit seinem fetten Bass-Intro «Domination» einzuleiten, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Der Titel gehört absolut zu meinen Top 10 Lieblingssongs «of all time»! Zu den weiteren Highlights des Auftrittes zählten selbstverständlich die zwei neuen Songs «End Of Innocence» und «Dehumanized». Seit gut einem Jahr warten die Symphony X Anhänger nun auf die nächste Scheibe. Zumindest kennt man jetzt den Titel des heiss ersehnten, nächsten Studio Albums, welches «Iconoclast» heissen wird. Die Songs passen wunderbar in die Songlandschaft und hören sich live schon mal vielversprechend an. Das Zusammenspiel der Musiker war erstklassig und die raue, aggressive Stimme von Russell Allen verdiente einen extra Applaus, obwohl ich der Meinung bin, dass es ihn sichtlich ab und an sehr viel Kraft gekostet haben musste, alle Töne und Stimmlagen einhalten zu können. In Sachen ausdrucksstarker Bühnenpräsenz machte Sir Russell Allen in jedem Fall eine gute Figur. Und mit «Paradise Lost» bewies er eindrücklich, dass er einfach ein gnadenlos guter Sänger ist. Zum Schluss feierte man noch ganz offiziell den Geburtstag der, neben Russell Allen, nächsten wichtigen Person in der Band: Michael Romeo (g) wurde 43 Jahre alt und bekam dafür von Russell eine Flasche Whiskey in den Hals geschoben. Das Publikum ehrte ihn mit einem Geburtstagsständchen. Ein fulminanter Ausklang eines abwechslungsreichen, langen Abends und danke für eine perfekte Songauswahl! Die nächste Headliner-Tour kommt bestimmt. (lia)

Setliste: «Of Sins And Shadows» - «Domination» - «Serpent's Kiss» - «End Of Innocence» - «Paradise Lost» - «Inferno (Unleash The Fire)» - «Smoke And Mirrors» - «Dehumanized» - «Set The World On Fire (The Lie Of Lies)» - - «Eve Of Seduction».