Livereview: Tarja - Markize
16. November 2010, Zürich - Albisgüetli
By Liane
Dass an diesem Abend eine gesangliche Darbietung auf höchstem Niveau präsentiert wird, war eine sichere Sache. Die Sopranistin und Songwriterin Tarja Turunen, welche 1996 als Mitgründerin eine der erfolgreichsten Metal Bands Finnlands ins Leben gerufen hatte, stellte dem Schweizer Publikum ihr aktuelles Solo Album „What Lies Beneath“ vor. Neben Nightwish und der Solo-Karriere hat sie auch an unzähligen Projekten gearbeitet und sich gesanglich wie musikalisch weitergebildet und weiterentwickelt. So trat sie zum Beispiel bei den Savonlinna Opernfestspielen als Solistin auf. Das in Finnland sehr bekannte Open Air präsentiert sich im Hof der mittelalterlichen Burg Olvalinlinna, die inmitten eines Sees liegt. Durch ihre Ehe mit dem Argentinier Marcelo Carbuli bekam sie einen engeren Bezug zu Süd Amerika, tourte mit befreundeten Musikern durch den Kontinent und brachte dem Publikum dort deutsche und skandinavische Komponisten wie Strauss oder Sibelius näher. Tarjas Art von Musik – die Verschmelzung zwischen Klassik und Metal - hat viele Bands und Sängerinnen beeinflusst und geprägt. So war auch die Frontfrau der Vorband „Markize“ unglaublich stolz darauf, für Tarja den Abend eröffnen zu dürfen. Sicher war ihr auch bewusst, dass es ausserordentlich schwierig werden würde, das von Tarjas Stimme verwöhnte Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Markize

Markize die im Jahre 2003 gegründet wurden und in Frankreich zu Hause sind, offerierten dem Publikum eine Auswahl aus ihrem bisher einzigen Album „Transparence“. Die Scheibe wurde zuerst 2007 veröffentlicht und danach nochmals, mit neuen Songs, 2009 auf den Markt gebracht. Am besagten Abend überzeugte die charismatische Sängerin Alina Dunaevskaya und ihre Gothic Metal Band Markize leider nur durch das aufwändige Bühnenoutfit und durch Songs, die in 3 verschiedenen Sprachen vorgetragen wurden: Französisch, Englisch und Russisch. Speziell durch die französische Sprache verleiht jedoch die aus Russland stammende Alina den Liedern eine edle Note. Das überaus originelle Erscheinungsbild und die sympathische Ausstrahlung der Frontfrau lassen einem nicht länger über die eigentliche musikalische Aufführung nachdenken, die, wie ich finde, eigentlich nur durch-schnittlich gewesen ist. Falls ich grundsätzlich in der Musik etwas nicht verstanden haben sollte, bitte ich um Korrektur. Aber den Lady Gaga Hit „Bad Romance“ zu covern, war für meinen Geschmack völlig überflüssig. Lady Gaga finde ich sehr anstrengend, aufdringlich und über das Mass hinaus übertrieben exzentrisch, musikalisch für mich unerträglich. Auch hierfür gibt es von mir einen kräftigen Punkteabzug. Mit neuem Material der Band kann man wohl zu Beginn des neuen Jahres rechnen. Lassen wir uns überraschen, schliesslich kann eine Band wachsen und neu überzeugen.


Tarja Turunen
Wenn ich ehrlich bin, hat mir die Zusammenarbeit mit Nightwish am besten gefallen, aber grundsätzlich habe ich sehr grossen Respekt vor Tarjas Arbeit, ihrer Stimme und den unterschiedlichen Projekten, denen
sie sich bisher gewidmet hat. Es war für mich das erste Solo Konzert, daher war ich gespannt aber auch sicher, dass dieser Abend ganz gross werden würde. Der Auftritt wird mit „Dark Star“ vom aktuellen Album eröffnet und das Publikum kann sich beim Anblick von Tarja kaum zurückhalten, die Begeisterung ist gewaltig. Sie hat eine Ausstrahlung und Präsenz auf der Bühne, die einem vor Ehrfurcht in die Knie zwingt und spätestens beim Einsatz der Stimme übersät sich der ganze Körper mit Gänsehaut, beeindruckend! Dass Tarja den wichtigsten Part auf der Schützenhaus Bühne einnahm, ist selbsterklärend. Trotzdem liess sie ihren Begleit-musikern viel Spielraum. Mike Terrana, der seit 2007 in Zusammenarbeit mit Tarja die Schlag-stöcke schwingt und bereits einen hohen Bekanntheitsgrad durch Rage, Axel Rudi Pell und Masterplan erzielte, wäre nicht Mike Terrana, wenn er nicht sein selbsternanntes "Rhythm Beast Performance" – Solo bringen würde. Auf das aufgepimpte, goldene Schlagzeug wurde gefühlte 30 Minuten gekonnt eingedroschen und Mike zelebrierte sich, in dem er mehrmals aufstand und den Applaus der tobenden Leute immer wieder aufs Neue heraus forderte. Nach dem Nightwish Song «End Of All Hope» versammeln sich die Musiker zu einer Unlugged Session und gaben die Songs «Lappi», «Damned And Divine», «Our Great Divide» und «The Archive Of Lost Dreams» zum besten. Was mir am Ende dann doch noch kleine Stirnfaltern ins Gesicht zeichnete, war das eingebaute Medley, welches aus Songs von Nightwish, Belinda Carlisle und Bon Jovi bestand. Hätte ich so nicht zwingend gebraucht. Das Konzert war für mich aber eine gelungene Vorstellung und über die ganze Spieldauer hinweg sehr abwechslungsreich. Auch mich hatte Tarja schwer inspiriert, Metal Musik in Kombination mit klassischem Gesang lieben zu lernen, was mich wiederum dazu bewegt hatte, auch andere Bands in diese Richtung „auszuprobieren“. Schöne Sache! Danke dafür!


Setliste: «Dark Star» - «My Little Phoenix» - «I Feel Immortal» - «Naiad» - «Falling Awake» - «I Walk Alone» - «Little Lies» - «Underneath» - «End Of All Hope (Nightwish)» - «Lappi» - «Damned And Divine» - «Our Great Divide» - «The Archive Of Lost Dreams» - «Ciaran's Well» - «In For A Kill» -- «Where Where You Last Night/Heaven Is A Place On Earth/Living On A Prayer (Medley)» - «Die Alive» - «Until My Last Breath».