Livereview: Testament - Annihilator - Death Angel

28. November 2017, Pratteln – Z7
By Tinu
Das Europe/Black Star Riders Konzert war noch immer in bester Erinnerung, als schon der nächste Knaller folgen sollte. Die Thrash-Keule schlechthin mit den beiden Ami-Bands Testament und Death Angel sowie den Kanadiern von Annihilator. Endlich wurden die Egos in den Hintergrund gestellt und anstatt dass jeder als Headliner tourte und vor halbvollen Rängen spielen würde, schlossen sich diese drei Götter-Truppen zusammen, um dem gleichzeitig stattfindenden In Flames/Five Finger Death Punch Gig Paroli zu bieten. Im einem guten gefüllten Z7 jubelten Jung wie Alt und feierten die drei Bands ab.

Death Angel
Frei nach dem Motto "In der Kürze liegt die Würze" schossen Sänger Mark Osegueda, die beiden Gitarristen Rob Cavestany und Ted Aguilar sowie Bassist Damien Sisson und Trommler Will Carroll aus allen Rohren. "Are you fucking alive?", wollte der Shouter wissen und zelebrierte die Metal-Community nach allen Regeln der Kunst. Es war viel Bewegung auf der Bühne und die Jungs genossen sichtlich den grossen Applaus des Publikums. Anders ist das Dauergrinsen von Damien nicht zu erklären. Flink spielten sich Rob und Ted die Riffs zu und dazwischen schrie sich Mark auf unglaubliche Art und Weise durch das Set. Alleine der alles durchdringende Scream bei «Thrown The Wolves» suchte Seinesgleichen und ging den Anwesenden durch Mark und Bein. Seine Performance erinnerte an einen hungrigen Panther, der immer wieder auf die Monitorboxen stieg und fast ins Publikum zu springen schien. Mit «The Dream Calls For Blood» und dem kurz angespielten «The Ultra-Violence» rissen Death Angel alle Dämme ein und zeigten erneut mit erhobenem Haupt, dass sie zu den versiertesten Bands dieses Planeten gehören. Als Mark «The Moth» als letzten Song angekündete, wurde dies von lauten "Buh"-Rufen begleitet. Viele wollten noch mehr von den Bay Area-Helden sehen, aber der Zeitplan liess es nicht zu, und so konnten sich die Jungs frenetisch vom Publikum feiern lassen, nachdem der letzte Ton verklungen war.

Setliste: «Father Of Lies» - «The Dream Calls For Blood» - «Claws In So Deep» - «The Ultra-Violence/Thrown To The Wolves» - «Mistress Of Pain» - «The Moth»


Annihilator
Konnten da Annihilator noch einen drauflegen? In meinen Augen schien dies unmöglich, aber Bandleader Jeff Waters machte das einzig Richtige und animierte die Fans mit einer unglaublichen Spielfreude und Witz in seinen Ansagen, dass kein Auge trocken blieb. Ein grosser Anteil dieses Siegeszuges ging natürlich auch auf das Konto seiner Begleitband. Bassist Rich Hinks und Gitarrist Aaron Homma wechselten ständig die Seiten, hatten den Angus Young Gedenk-Entenlauf ebenso drauf wie ihr Bandleader, und speziell Aaron spielte sich locker und sicher durch die technisch versierten Songs, dass man vermuten konnte, er sei ein Gründungsmitglied der Band. Die Vier- und Sechssaiter Front war viel in Bewegung, stellte sich mit den beiden Sidedrops aber selber Stolpersteine in den Weg. Mit den bekannten und bewährten Riffs von «King Of The Kill» und «Set The World On Fire» konnte nichts anbrennen, und dank der tighten Performance von Schlagzeuger Fabio Alessandrini bekamen die Tracks noch mal eine zusätzliche Portion Power verliehen. Allerdings konnte Jeff bei «Set The World On Fire» seine gesanglichen Qualitäten nicht ganz ausspielen. In meinen Augen ist Jeff sicher eine Lösung, aber ob es die Beste ist, muss jeder für sich selber entscheiden. Dem Publikum schien dies aber völlig egal zu sein, und als sich Destruction-Frontmann Schmier zu Annihilator auf die Bühne gesellte, um den Uralt-Hit «Alison Hell» zu krächzen, kannte die Freude im Z7 keine Grenzen mehr. "I think you having a good time?" Jawohl Herr Waters, das hatten die Besucher und die Reaktionen waren sogar noch grösser, als jene bei Death Angel. Somit hatte der Vierer alles richtig gemacht und überzeugte einmal mehr auf der ganzen Linie, als "we're the canadian band in the sandwich of the Bay Area Thrash bands".

Setliste: «Crystal Ann» - «One To Kill» - «King Of The Kill» - «No Way Out» - «Set The World On Fire» - «W.T.Y.D.» - «Twisted Lobotomy» - «Alison Hell» - «Phantasmagoria»


Testament
Was anschliessend folgte, war der endgültige Siegeszug an diesem Abend. Mit einer grossen Bühnendeko und Laufstegen seitlich des Schlagzeugs hatte der Headliner viel Platz auf der Bühne. Dieser wurde von Sänger Chuck Billy, Bassist Steve DiGiorgio und den beiden Gitarristen Eric Peterson und Alex Skolnick vollumfänglich genützt. Testament hatten an diesem Abend ein Luxusproblem. Anhand der vielen Althits und neuen Klassiker konnte sich der Fünfer getrost auf eine siegessichere Setliste verlassen, die mit neuerem Material eröffnet wurde. Es war nicht nur die tolle Performance von Chuck, der nicht nur gut sang, sondern speziell die Leistung von Alex Skolnick, der einmal mehr bewies, dass er ein begnadeter Gitarrist ist. Auch wenn die Solos von Alex, Eric, Steve und Gene Hoglan (Schlagzeug) besser durch andere Tracks ersetzt worden wären. Was Mister Skolnick bei seinem Solo präsentierte, besass schon Malmsteen-Level. Neben Klassik-Momenten und jazzigen Parts intonierte der grinsende Derwisch auch kurz Kiss, AC/DC und Savatage. Im Vergleich zu den anderen Truppen quatschte Chuck aber bedeutend weniger und taute erst am Schluss ein bisschen auf.

Mit «Electric Crown» bewies der Ami-Tross, dass dieser auch Midtempo-Tracks spielen kann und dabei meisterlich zu Werke geht. Alleine dieser Song unterstrich die spielerische Qualität, welche später mit dem Instrumental «Urotsukioji» noch manifestiert wurde. Eigentlich sind es noch immer die alten Tracks, wie «Into The Pit», «First Strike Is Deadly» (was für ein Gitarrensolo!!!) und der abschliessende Vierer mit «Souls Of Black», «The New Order», «Practice What You Preach» sowie «Over The Wall», die eindrücklich zeigen, wieso Testament zu den prägendsten Bands des US-Thrash Metal gehören. Im gleichen Atemzug müssen man aber auch Lieder wie «Brotherhood Of The Snake», «The Pale King», «More Than Meets The Eye», «Centuries Of Suffering» oder «Stronghold» genannt werden, die sich nicht hinter den alten Juwelen verstecken müssen. Leider blieben «Trial By Fire», «Disciple Of The Watch» oder «Apocalytic City» im Schrank liegen und wurden nicht gespielt. Ein Fehler, den sich anderen Truppen nicht leisten könnten, bei Testament an diesem Abend aber verschmerzbar war.

Die Truppe war ebenso viel in Bewegung, nutzte ihre Bühnenfreiheiten und liess es sich nicht nehmen, gross aufzutrumpfen. Dass Chuck dabei nach wie vor wie ein Lama spuckt, weiss man ja nicht erst seit der 1987-Tour. Ich habe die Truppe noch nie zuvor mit einer so starken Leistung gesehen. Auch soundtechnisch war dies der bis anhin beste Gig. Etwas, das früher ein grosses Manko bei den Amis war. Testament boten eine hervorragende Show, zeigten mit den vielen neueren Songs, dass sie völlig von deren Qualität überzeugt sind, liessen sich nicht lumpen und gingen als klare Sieger vom Platz. Dies nach den hervorragenden Shows von Death Angel und Annihilator. Das muss Testament zuerst jemand vormachen. Kompliment an die Jungs, mit welcher Lockerheit und Sicherheit sie sich durch die Tracks spielten und prügelten. Wenn beim nächsten Mal die Soloparts noch gekürzt oder auf Alex reduziert werden, gibt es tatsächlich nichts mehr zu meckern…

Setliste: «Intro» - «Brotherhood Of The Snake» - «Rise Up» - «The Pale King» - «More Than Meets The Eye» - «Centuries Of Suffering» - «Guitar Solo Alex Skolnick» - «Electric Crown» - «Into The Pit» - «Low» - «Stronghold» - «Throne Of Thorns» - «Guitar Solo Eric Peterson» - «Eyes Of Wrath» - «Drum Solo Gene Hoglan» - «First Strike Is Deadly» - «Bass Solo Steve DiGiorgio» - «Urotsukioji» - «Souls Of Black» - «The New Order» - «Practice What You Preach» - «Over The Wall»