Das Europe/Black Star Riders Konzert war noch immer in
bester Erinnerung, als schon der nächste Knaller folgen sollte. Die
Thrash-Keule schlechthin mit den beiden Ami-Bands Testament und
Death Angel sowie den Kanadiern von Annihilator. Endlich wurden die
Egos in den Hintergrund gestellt und anstatt dass jeder als Headliner
tourte und vor halbvollen Rängen spielen würde, schlossen sich diese
drei Götter-Truppen zusammen, um dem gleichzeitig stattfindenden In
Flames/Five Finger Death Punch Gig Paroli zu bieten. Im einem guten
gefüllten Z7 jubelten Jung wie Alt und feierten die drei Bands ab.
Death Angel
Frei nach dem Motto "In der Kürze liegt die Würze" schossen Sänger
Mark Osegueda, die beiden Gitarristen Rob Cavestany und Ted Aguilar
sowie Bassist Damien Sisson und Trommler Will Carroll aus allen
Rohren. "Are you fucking alive?", wollte der Shouter wissen und
zelebrierte die Metal-Community nach allen Regeln der Kunst. Es war viel
Bewegung auf der Bühne und die Jungs genossen sichtlich den grossen
Applaus des Publikums. Anders ist das Dauergrinsen von Damien nicht
zu erklären. Flink spielten sich Rob und Ted die Riffs zu und
dazwischen schrie sich Mark auf unglaubliche Art und Weise durch das
Set. Alleine der alles durchdringende Scream bei «Thrown The Wolves»
suchte Seinesgleichen und ging den Anwesenden durch Mark und Bein.
Seine Performance erinnerte an einen hungrigen Panther, der immer
wieder auf die Monitorboxen stieg und fast ins Publikum zu springen
schien. Mit «The Dream Calls For Blood» und dem kurz angespielten
«The Ultra-Violence» rissen Death Angel alle Dämme ein und zeigten
erneut mit erhobenem Haupt, dass sie zu den versiertesten Bands
dieses Planeten gehören. Als Mark «The Moth» als letzten Song
angekündete, wurde dies von lauten "Buh"-Rufen begleitet. Viele
wollten noch mehr von den Bay Area-Helden sehen, aber der Zeitplan
liess es nicht zu, und so konnten sich die Jungs frenetisch vom
Publikum feiern lassen, nachdem der letzte Ton verklungen war.
Setliste: «Father Of Lies» - «The Dream Calls For
Blood» - «Claws In So Deep» - «The Ultra-Violence/Thrown To The
Wolves» - «Mistress Of Pain» - «The Moth»
Annihilator
Konnten da Annihilator noch einen drauflegen? In meinen Augen schien
dies unmöglich, aber Bandleader Jeff Waters machte das einzig
Richtige und animierte die Fans mit einer unglaublichen Spielfreude
und Witz in seinen Ansagen, dass kein Auge trocken blieb. Ein
grosser Anteil dieses Siegeszuges ging natürlich auch auf das Konto seiner
Begleitband. Bassist Rich Hinks und Gitarrist Aaron Homma wechselten
ständig die Seiten, hatten den Angus Young Gedenk-Entenlauf ebenso
drauf wie ihr Bandleader, und speziell Aaron spielte sich locker und
sicher durch die technisch versierten Songs, dass man vermuten
konnte, er sei ein Gründungsmitglied der Band. Die Vier- und
Sechssaiter Front war viel in Bewegung, stellte sich mit den beiden
Sidedrops aber selber Stolpersteine in den Weg. Mit den bekannten
und bewährten Riffs von «King Of The Kill» und «Set The World On
Fire» konnte nichts anbrennen, und dank der tighten Performance von
Schlagzeuger Fabio Alessandrini bekamen die Tracks noch mal eine
zusätzliche Portion Power verliehen. Allerdings konnte Jeff bei «Set
The World On Fire» seine gesanglichen Qualitäten nicht ganz
ausspielen. In meinen Augen ist Jeff sicher eine Lösung, aber ob es
die Beste ist, muss jeder für sich selber entscheiden. Dem Publikum
schien dies aber völlig egal zu sein, und als sich
Destruction-Frontmann Schmier zu Annihilator auf die Bühne gesellte,
um den Uralt-Hit «Alison Hell» zu krächzen, kannte die Freude im Z7
keine Grenzen mehr. "I think you having a good time?" Jawohl Herr
Waters, das hatten die Besucher und die Reaktionen waren sogar noch
grösser, als jene bei Death Angel. Somit hatte der Vierer alles
richtig gemacht und überzeugte einmal mehr auf der ganzen Linie, als
"we're the canadian band in the sandwich of the Bay Area Thrash
bands".
Setliste: «Crystal Ann» - «One To Kill» -
«King Of The Kill» - «No Way Out» - «Set The World On Fire» -
«W.T.Y.D.» - «Twisted Lobotomy» - «Alison Hell» - «Phantasmagoria»
Testament Was anschliessend folgte, war der
endgültige Siegeszug an diesem Abend. Mit einer grossen Bühnendeko
und Laufstegen seitlich des Schlagzeugs hatte der Headliner viel
Platz auf der Bühne. Dieser wurde von Sänger Chuck Billy, Bassist
Steve DiGiorgio und den beiden Gitarristen Eric Peterson und Alex
Skolnick vollumfänglich genützt. Testament hatten an diesem Abend
ein Luxusproblem. Anhand der vielen Althits und neuen Klassiker
konnte sich der Fünfer getrost auf eine siegessichere Setliste
verlassen, die mit neuerem Material eröffnet wurde. Es war nicht nur
die tolle Performance von Chuck, der nicht nur gut sang, sondern
speziell die Leistung von Alex Skolnick, der einmal mehr bewies, dass
er ein begnadeter Gitarrist ist. Auch wenn die Solos von Alex, Eric,
Steve und Gene Hoglan (Schlagzeug) besser durch andere Tracks
ersetzt worden wären. Was Mister Skolnick bei seinem Solo
präsentierte, besass schon Malmsteen-Level. Neben Klassik-Momenten und
jazzigen Parts intonierte der grinsende Derwisch auch kurz Kiss,
AC/DC und Savatage. Im Vergleich zu den anderen Truppen quatschte
Chuck aber bedeutend weniger und taute erst am Schluss ein bisschen
auf.
Mit «Electric Crown» bewies der Ami-Tross, dass dieser
auch Midtempo-Tracks spielen kann und dabei meisterlich zu Werke
geht. Alleine dieser Song unterstrich die spielerische Qualität,
welche später mit dem Instrumental «Urotsukioji» noch manifestiert
wurde. Eigentlich sind es noch immer die alten Tracks, wie «Into The
Pit», «First Strike Is Deadly» (was für ein Gitarrensolo!!!) und der
abschliessende Vierer mit «Souls Of Black», «The New Order»,
«Practice What You Preach» sowie «Over The Wall», die eindrücklich
zeigen, wieso Testament zu den prägendsten Bands des US-Thrash Metal
gehören. Im gleichen Atemzug müssen man aber auch Lieder wie
«Brotherhood Of The Snake», «The Pale King», «More Than Meets The
Eye», «Centuries Of Suffering» oder «Stronghold» genannt werden,
die sich nicht hinter den alten Juwelen verstecken müssen. Leider
blieben «Trial By Fire», «Disciple Of The Watch» oder «Apocalytic
City» im Schrank liegen und wurden nicht gespielt. Ein Fehler, den
sich anderen Truppen nicht leisten könnten, bei Testament an diesem
Abend aber verschmerzbar war.
Die Truppe war ebenso viel in
Bewegung, nutzte ihre Bühnenfreiheiten und liess es sich nicht
nehmen, gross aufzutrumpfen. Dass Chuck dabei nach wie vor wie ein Lama spuckt,
weiss man ja nicht erst seit der 1987-Tour. Ich habe die Truppe noch
nie zuvor mit einer so starken Leistung gesehen. Auch soundtechnisch
war dies der bis anhin beste Gig. Etwas, das früher ein grosses
Manko bei den Amis war. Testament boten eine hervorragende Show,
zeigten mit den vielen neueren Songs, dass sie völlig von deren
Qualität überzeugt sind, liessen sich nicht lumpen und gingen als
klare Sieger vom Platz. Dies nach den hervorragenden Shows von Death
Angel und Annihilator. Das muss Testament zuerst jemand vormachen.
Kompliment an die Jungs, mit welcher Lockerheit und Sicherheit sie
sich durch die Tracks spielten und prügelten. Wenn beim nächsten Mal
die Soloparts noch gekürzt oder auf Alex reduziert werden, gibt es
tatsächlich nichts mehr zu meckern…
Setliste: «Intro» -
«Brotherhood Of The Snake» - «Rise Up» - «The Pale King» -
«More Than Meets The Eye» - «Centuries Of Suffering» - «Guitar Solo
Alex Skolnick» - «Electric Crown» - «Into The Pit» - «Low» -
«Stronghold» - «Throne Of Thorns» - «Guitar Solo Eric Peterson» -
«Eyes Of Wrath» - «Drum Solo Gene Hoglan» - «First Strike Is Deadly» -
«Bass Solo Steve DiGiorgio» - «Urotsukioji» - «Souls Of Black» -
«The New Order» - «Practice What You Preach» - «Over The Wall»
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