Fünf Bands gemeinsam auf Tour und folglich alle an einem
Abend? Das gibt es, kleinere Festivals mal ausgenommen, eigentlich
eher selten. Der Hauptunterschied zu den eben erwähnten Events liegt
mitunter aber darin, dass die Support-Bands nicht nur eine halbe
Stunde auf der Bühne kriegen, denn das hat sich bei Dreier-Packages
als ärgerliche Unsitte längst eingebürgert. Des Weiteren bringen es
solche Konzerte mit sich, dass sie ordentlich früh beginnen (in
diesem Fall bereits um 18:00 Uhr), damit es hinten raus nicht zu
spät wird. Ist ja schliesslich ein Dienstag heute und nicht Freitag
oder ein Wochenende! Nichtsdestotrotz fand sich letztlich eine
ordentliche, wenn auch überschaubare Anzahl an Metalheads im Z7 ein.
Die Mischung aus Newcomern wie Dust Bolt und Iron Reagan (was für
ein behämmerter Bandname!), einem Comeback namens Sacred Reich und
zwei Szenegrössen der Marke Death Angel sowie Testament wäre an sich
Grund genug gewesen, in Scharen aufzumarschieren. Wäre, da insgesamt
tiefere Konzertbesucherzahlen schon länger dem klaren Überangebot
geschuldet sind, ausser man heisst Iron Maiden, Rammstein oder
Sabaton. (rsl)
Dust Bolt Die deutschen Thrasher
aus Bayern machen die Welt seit 2007 unsicher und haben in der Zeit
immerhin vier full lenght Alben veröffentlicht. Die Metal Battle
Winner durften mitunter schon 2011 in Wacken aufspielen. Heuer stand
das Quartett zum ersten Mal am BYH!!!-Festival in Balingen auf der
Bühne, was mich eigentlich noch gewundert hat. Doch das nächste
grosse Szene-Ding sind sie bislang nicht geworden, obwohl vor allem
das diesjährig erschienene neue Werk «Trapped In Chaos» etwas mehr
Staub als das ältere Material aufgewirbelt hat. Das versuchte die
Truppe auch heute Abend und bereits der heftige Beginn liess
erahnen, was da noch kommen mag. Dust Bolt legten sprichwörtlich los
wie die Feuerwehr! Frontmann und Gitarrist Lenny B. legte sich dabei
besonders ins Zeug, sodass sich seine langen Haare bald einmal am
Gitarrenhals verhedderten und kurz darauf, wie gleichzeitig gut
sichtbar, ein ganzes Haarbüschel daran hing. Davon liess er sich
aber nicht beirren und legte, zusammen mit seinen Bandmates, einen
ziemlichen Kraftakt auf die Bühne. Diese unbändig freigesetzte
Energie verpuffte jedoch relativ rasch, verlor sich in etwas
uninspiriertem Einerlei, und nach der erwähnten halben Stunde fand
ich eigentlich nur Drummer Nico R. effektiv herausragend. Was der
Kerl da ablieferte, verdiente das Prädikat "weltklasse". Insgesamt
fiel der Auftritt von Dust Bolt als Opener jedoch ordentlich aus,
sprich ich habe schon deutlich schlechtere Combos an dieser Stelle
erlebt. (rsl)
Setliste: «The Fourth Strike» - «Mind The Gap»
- «Dead Inside» - «Killing Time» - «Sick X Brain» - «Rhythm To My
Madness».
Iron Reagan Eine Band mit
diesem doch eher seltsam anmutenden Namen kann ja nur aus den
Staaten kommen, zumindest wenn das Allgemeinwissen noch her gibt,
wer ein gewisser und hier wohl namensgebender Mann namens Ronald
Reagan (R.I.P.) war. Der Fünfer aus Richmond, sprich Virginia, hat
sich stilistisch einem Stil verschrieben, der an anderer Stelle mit
"Crossover
Hardcore Punk" bezeichnet wird. Und genau so hörte sich
die Chose an, die überaus rumplig rüber kam und die Mucke teils noch
schneller als zuvor bei Dust Bolt gezockt wurde. Dennoch wirkten die
Songs zum saumässig bollernden Basssound von Rob Skotis variabler
als zuvor, da es mehr Breaks und Midtempo-Parts gab. Zudem wurden
die Lieder ziemlich kurz gehalten und dauerten oftmals nicht mal
zwei Minuten! Kein Wunder kommt bei achtzehn Songs (!) auf dem
letzten Studioalbum «Crossover Ministry» nicht mal eine halbe Stunde
zusammen!! Dies erzeugte einen überaus kompakten Eindruck und war
letztlich eine typische Reminiszenz an den Punk. Erst 2012 wurde die
Combo aus der Taufe gehoben und hat inzwischen insgesamt drei
Langeisen am Start. Aktuell wurde eine Split-Single, zusammen mit
Sacred Reich, veröffentlicht, was nun erklärt, warum diese beiden
Bands mitunter im Billing stehen. Die Stimmung unter der
mittlerweile gestiegenen Anzahl Fans vor der Bühne gedieh prächtig,
und so wurde bereits der erste Moshpit des Abends angezettelt. Iron
Reagan fanden dies ebenso cool, und der Refrain des Songs «Fuck The
Neighbors» eignete sich prächtig zum Mitsingen. Da auch hier nur
dreissig Minuten veranschlagt waren, ging der energetisch beseelte
Gig der Amis abrupt zu Ende, aber das Beste kam ja erst noch. (rsl)
Setliste: «Eat Shit And Live» - «Insanity Please» - «Bleed The
Fifth» - «Conditioned Evolution» - «Tyranny Of Will» - «I Won't Go»
- «Rock Block» - «They Scream» - «Instrumental» - «Cycle Of
Violence» - «Paycheck» - «Fuck The Neighbours» - «Eyeball Gore» -
«Miserable Failure» - «Exit The Game» - «Your Kid's An Asshole /
Mini Lights».
Sacred Reich Die Truppe um
Knuddelbär Phil Rind ist in meinen Augen immer ein Geheimtipp
geblieben, die, wie viele andere talentierte Truppen, kaum den
Erfolg erhielt, den sie eigentlich verdiente. Zwischen 2000 und 2006
löste sich die Band zwecks Erfolgslosigkeit auf, um dann wieder auf
der Bühne Vollgas zu geben. Dabei konnte der Vierer immer von seiner
musikalischen Vergangenheit zehren und spielte die Fans mit seinen
Hits schwindlig. Nun stand das neue Werk «The Awakening» in den
Startlöchern. Mit diesem zu diesem Zeitpunkt noch nicht
veröffentlichten Album im Gepäck und den alten Krachern wie «The
American Way», «Death Squad», «Who’s The Blame» oder «Independent»
trumpften Phil und seine Jung gross auf und liessen mit «Awakening»,
«Divide & Conquer» sowie «Manifest Reality» gleich drei neue Lieder
in das Set einfliessen. Speziell der zurückgekehrte Sohn Dave
McClain (ehemals Machine Head) sorgte für einen ordentlichen Druck,
auf dem sich die beiden Gitarristen Wiley Arnett und Neuzugang Joey
Radziwill austoben konnten. Genau gleich wie bei Death Angel, war es
der Mix aus fetten Thrash-Attacken und auch tollen Metal-Parts,
welche die Arizona-Jungs nach wie vor perfekt beherrschen. Wenn ich
ehrlich bin, waren Sacred Reich für mich der grosse Gewinner, da
Death Angel viel zu kurz auf der Bühne standen und Testament einmal
mehr unter einem schlechten Sound litten. Phil grinste sich den Wolf
in die Backen, sprach viel, mit noch mehr Humor zum Publikum. Es war
eine Meisterleistung der Herren, die trotz neuer Besetzung tight im
Sekundentakt Arschtritte versetzten und beste Werbung in eigener
Sache machten. (tin)
Setliste: «The American Way» - «Death
Squad» - «Awakening» - «Love… Hate» - «Divide & Conquer» - «Who's
The Blame» - «Independent» - «Manifest Reality» - «Surf Nicaragua».
Death Angel Wie Kollege Tinu untenstehend
richtig erwähnt, wären Testament als Headliner schon fähig gewesen,
den qualitativ eh schon hochstehenden Abend zum vollständigen
Triumpf werden zu lassen, wurden aber einmal mehr durch das schon
mehrfach erlebte Problem ausgebremst. Nach der gewaltigen
Steilvorlage von Sacred Reich waren Death Angel zuvor natürlich die
einzig richtige Antwort. Die Thrash-Icons aus Kalifornien sind
längstens bekannt für ihre schweisstreibenden Live-Shows, und seit
sich den beiden Ur-Members Rob Cavestany (g) und Mark Osegueda (v)
mit Ted Aguilar (g), Damien Sisson (b) sowie Will Carroll (d)
verstärkt haben (letztere drei spielten ja mal alle zusammen bei
Scarecrow und letztere zwei gehören jetzt auch schon eine Dekade zu
Death Angel), ist eine unschlagbare Einheit zusammen gewachsen, die
in dieser Besetzung schon vier full lenght Alben eingespielt hat.
Heuer kam mit «Humanicide» das neunte Studioalbum heraus, das
mehrheitlich für gute Resonanzen sorgte und Unsereiner im Frühsommer
schon am "Sweden Rock" Festival geniessen konnte. Auch heute Abend
brauchten die Amis und ihre Fans nicht lange, um auf
Betriebstemperatur zu kommen. Dabei bewies Frontmann Mark einmal
mehr, dass er einer der charismatischsten Sänger seiner Zunft ist
und nebst
seinen gnadenlosen Vocals mit den teils fast mahnenden
Ansprachen stets das gleiche Ziel verfolgt, nämlich eine lupenreine
Ode an den Heavy Metal. Mittel dazu waren mitunter ein neuer Song
(«Humanicide») und «Voracious Souls» vom legendären Debüt «The
Ultra-Violence». Aufgrund der (viel zu) kurzen Spielzeit von gerade
mal vierzig Minuten fehlte leider eine ganze Latte an Klassikern,
und ohne «Seemingly Endless Time» lässt man die Todesengel
eigentlich fast bis gar nie von der Bühne runter. Nichtsdestotrotz
mundeten die sechs gespielten Songs (jeder einzelne von einem
anderen Album) wie ein exquisiter Hauptgang. Death Angel
hinterliessen am Vorabend des Auftrittes am "Summer Breeze Festival»
die grosse Erwartung, dass sie an dieser Stelle baldmöglichst wieder
selbst als Headliner auflaufen. (rsl)
Setliste: «Thrown To
The Wolves» - «Claws In So Deep» - «Voracious Souls» - «The Moth» -
«The Dream Calls For Blood» - «Humanicide».
Testament
Die heutigen Headliner hätten der grosse Gewinner werden können,
scheiterten aber einmal mehr an einem eher undifferenzierten Sound.
Das Negative vorweg, der Rest war wie immer erste Sahne. Die Jungs
um Frontmann Chuck Billy sind für mich in drei Phasen einzuordnen.
Die Frühphase im Original-Line-up, dann die Zeit ohne Alex Skolnick
und die Wiedervereinigung mit Alex. Testament ohne Alex waren für
mich immer wie Iron Maiden ohne Eddie. Das geht einfach nicht, denn
der Virtuose an den sechs Saiten zaubert einerseits harte Riffs und
andererseits filigrane Melodien wie kein Zweiter. Hört man sich die
Solos bei «Over The Wall», «Practice What You Preach» oder «Electric
Crown» an, weiss man, dass Testament ohne ihn unmöglich sind. Die
Doublebass Drum von Gene Hoglan donnerte und trat mächtig Arsch,
während Eric Peterson seine Riffs mit viel Druck aus seinem
Instrument hämmerte. Dank Steve DiGiorgio wurde der Groove mit den
vier Saiten stetig aufrecht gehalten und in der Mitte stand wie
immer der Zeremonienmeister Chuck Billy. Seine beachtliche Statur
und seine Stimme reissen jedes Publikum mit, und die Crowdsurfer
flogen fast im Minutentakt über die Köpfe der vordersten Reihen.
Musikalisch bot der Fünfer alles, was das Metalherz begehrt!
Vom neusten Werk «Brotherhood Of The Snake» bis zum Debütalbum «The
Legacy» war vieles vertreten und trotzdem fehlten einige Hits. Zum
Beispiel auch «Rise Up» oder die Ultra-Hits «Apocalyptic City»,
«First Strike Is Deadly» und «Trial By Fire». Trotzdem verging die
Zeit wie im Fluge, und die Stimmung im Z7 wurde grösser und grösser.
Die Jungs hatten ihren Spass auf der Bühne und überliessen nichts
dem Zufall. Mit den schon erwähnten «Electric Crown» (das
Riffmonster!) und «Over The Wall» (die Thrash-Abreissbrine!!) hatte
die Show ihre Höhepunkte und bei «Disciple Of The Watch» kannte der
Applaus wie der Jubel im Publikum keine Grenzen mehr. Testament sind
noch immer eine Macht, auch wenn gewisse Leute die Band als
Headliner-Unwürdig ansahen und einen Shitstorm im Internet
initiierten. Jungs, dann bleibt doch zu Hause, es ist nun mal so,
dass Testament verkaufstechnisch besser dastehen als Sacred Reich
oder Death Angel. Ob das nun dem persönlichen Geschmack einspricht
oder nicht. Aber so langsam finde ich es echt erbärmlich, dass jeder
seinen unnötigen Senf zu allem abgeben muss. Fazit: Wenn es
Testament jeweils hinbekommen, einen für sie differenzierteren Sound
hin zu zaubern, dann sind sie kaum zu schlagen und können sich sogar
mit der Brachialität, trotz Virtuosität, von Overkill messen. (tin)
Setliste: «Brotherhood Of The Snake» - «The Pale King» - «More
Than Meets The Eye» - «D.N.R. (Do Not Resuscitate) » - «Eyes Of
Wrath» - «Legions Of The Dead» - «Low» - «The Preacher» - «Into The
Pit» - «Electric Crown» - «Over The Wall» - «Disciple Of The Watch»
- «Practice What You Preach» - «The New Order» - «The Formation Of
Damnation».
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