Ich mag mich nicht erinnern, für den Monat Juli jemals sechs
Konzerttermine (inklusive das BYH!!!-Festival in Balingen) auf
meiner persönlichen Liste notiert zu haben! Soweit so gut, aber ich
sah mich letztlich darin bestätigt, dass die Flut an Gigs nicht
abebbt, im Gegenteil. Das mag ja für die einen stimmen, aber Fakt
ist auch, dass es immer weniger Anlässe gibt, die „sold out“
vermelden können. Das war auch heute Abend bei The Cult so, aber
immerhin fanden doch ein paar Hundertschaften den Weg ins Z7. Diese
wussten sicher, dass sich die Amis nicht so oft in der Schweiz
zeigen, respektive auf Tour waren. Meine letzte Begegnung mit Ian
Astbury & Co. geht auf das Jahr 2011 zurück, und somit war es keine
Frage, den werten Arsch nach Pratteln zu schwingen. The Cult haben
mit «Hidden City» (2016), «Choice Of Weapen» (2012) und «Born Into
This» (2007) den Faden eigentlich wieder gefunden, der nach «Beyond
Good And Evil» (2001) gerissen war. Das schon eine ganze Weile nur
noch Ian Astbury (v) und Billy Duffy (g/v) von der Urbesetzung übrig
sind, hat der Band bis heute nicht geschadet. Im Vorprogramm standen
zudem die Schweizer Pure-Rocker Basement Saints aus…, Grenchen!
Basement Saints
Als die junge Gruppe in der Szene auftauchte, umgab sie von Anfang
ein gewisser Hype oder sollte ich besser Kult dazu sagen?! Basement
Saints erfanden das Rad des Rock sicher nicht neu, aber wenn man
sich eine Band anschaut, die zu dritt musiziert, sind da
normalerweise die Instrumente Gitarre, Bass und Schlagzeug
vertreten, und theoretisch kann jeder dieser Musiker auch der
Leadsänger sein. Bei Jungrockern aus dem Kanton Solothurn (what
else?!), genauer gesagt aus der Uhrenstadt Grenchen, sieht das etwas
anders aus. Hier liest sich das Ganze folgendermassen: Tobias Arn -
Lead & Slide Guitar / Mandolin/Harmonica, Anton Delen -
Vocals/Rhythm Guitar, Samuel Jaussi – Drums & Percussion. Somit
fehlt hier der Bass und dieser Umstand bereitete mir eigentlich von
Anfang an Kopfzerbrechen. Wenn man sich allerdings das Duo von Royal
Blood anschaut (Mike Kerr, Gesang/Bass und Ben Thatcher, Drums),
wird es noch krasser, aber es funktioniert! Dass dem wirklich so
ist, sah ich jetzt heute Abend zum ersten Mal auch bei Basement
Saints und musste meine Vorurteile wie Bedenken bald darauf in die
Tonne klopfen. Ihr Blues Rock mit teils einem Schuss Country
überzeugt nicht
nur
auf Tonträger, sondern auch live und wie! Klar kann man den
fehlenden Bass grundsätzlich feststellen, aber der Drive der
Rhythmus-Gitarre gleicht dieses Manko zumindest etwas aus. Was
jedoch, zusammen mit der prägnanten Gesangsstimme von Anton, den
entscheidenden Unterschied ausmacht, ist die Locker- und
Leichtigkeit, mit der das Trio seinen Sound zelebriert. Während zum
Beispiel ein beliebter Song wie «Brother» durch den Einsatz der
Mandoline einen lieblichen Touch erhält, holzt «Rainbow Nation»
dafür alles mit Getöse runter und entwickelt im Refrain beste
Mitsingmomente. Gleiches gilt für «Get Ready» vom aktuellen
Longplayer «Get Ready» (2016) und «Red Wine», das sich wie eine
Mischung aus The Doors (weniger) und The Vintage Caravan (mehr)
anhört. Und dass bei «Revolution» noch ein guter Schuss Creedence
Clearwater Revival zu erkennen ist, wirkt hier zu keiner Zeit
aufgesetzt. Dazu kommen ziemlich filigrane Guitar-Soli von Tobias
Arn. Tja Rockslave…, da haste den Start dieser talentierten
Schweizer Combo auf jeden Fall voll verschlafen, und es wird höchste
Zeit, dass das Vinyl bald auch den Weg in deine Sammlung finden
wird! Das Publikum liess sich ebenso mitreissen und hätte bestimmte
gerne noch mehr von den Jungs hören und sehen wollen.
Setliste: «Wild Fire» - «Apple Tree» - «Valhalla» - «Revolution» -
«Red Wine» - «Jeans» - «Get Ready».
The Cult
Es hat eine Weile gedauert, bis The Cult die Schweiz wieder einmal
mit einem Konzert beehren. Eigentlich müsste die Band um die beiden
verbliebenen Ur-Members Ian Astbury (v) und Billy Duffy viel grösser
und erfolgreicher sein, als sie es heute sind. Mitte der 80er
klangen The Cult wie eine rockige Version von U2 und Ian Astbury,
der früher viel introvertierter und divenhafter rüber kam, hatte die
gleiche exzentrische Ausstrahlungskraft wie Michael Hutchence
(R.I.P.) von INXS. So hätten die Briten von der Basis her ebenso das
Zeug gehabt, um fortan jede noch
so grosse Arena voll zu kriegen. Mit der genialen Alben-Triplette
«Electric» (1987), «Sonic Temple» (1989) und «Ceremony» (1991) schuf
man zudem Werke für die Ewigkeit, die, vor allem was die ersten zwei
genannten Scheiben angeht, alles zu Boden rockten, was es zu der
Zeit gab. Was mit dem aktuell immer noch gespielten Klassiker «She
Sells Sanctuary» vom «Love»-Album 1985 vorweg genommen wurde,
erstrahlte danach vor allem bei «Electric» mit genial verarbeiteten
Vibes von AC/DC, ohne diese auch nur ansatzweise zu kopieren.
Weitere Bands wie Zodiac Mindwarp (And The Love Reaction) oder
Circus Of Power wandelten auf ähnlichen Pfaden, ohne aber den
gleichen Erfolg einzuheimsen. Warum es letztlich bei The Cult mit
der ganz grossen Karriere nicht geklappt hat, wissen nur die Götter
des Musicbusiness. Geblieben sind jedoch haufenweise geile Songs,
die es einfach wert sind, dass sie nicht in Vergessenheit geraten.
Zudem waren die späteren Alben (siehe in der Einleitung) alles
andere als schlecht, und zum Glück hat das Duo Astbury/Duffy die
beiden Unterbrechungen von 1995 und 2002 so zu sagen überlebt. Seit
2006 sind The Cult wieder aktiv, aber die Konzerte waren in unseren
Breitengraden rar gesät. Die diesjährige Tour begann anfangs Mai in
den Staaten und gegen Ende Juni hin
war
Europa dran. So übte die Ankündigung dieses Auftrittes bei uns, und
dann erst noch im Z7, eine unbändige Vorfreude beim Rezensenten und
einigen weiteren Hundertschaften aus, die heute Abend den Weg nach
Pratteln gefunden hatten. Im Prinzip war das die «Hidden City»-Tour
zum aktuellen Album, das letztes Jahr erschienen ist. Darüber hinaus
konnte man allerdings echt darauf gespannt sein, welche der
zahlreichen Klassiker heuer den Weg auf die Setliste gefunden haben.
Der Opener «Wild Flower» (gleichzeitig auch der Opener auf
«Electric») haute schon mal voll rein, und es erstaunt letztlich
nicht, dass insgesamt fünf Songs aus dieser Kult-Scheibe noch folgen
sollten. Ian Astbury sah vergleichsweise „normal“ aus, will heissen,
dass er nicht (wie früher) mit allerlei Firlefanz behangen war,
mitunter auch Federn, sondern zu Beginn lediglich eine Sonnenbrille
trug, sonst einen ziemlich abgeklärten, nicht mehr so wilden
Eindruck hinterliess und top bei Stimme war! Sein Sidekick Billy
Duffy, der natürlich meistens auf einer seiner voluminösen Gretsch
White Falcons spielte, liess nichts anbrennen und fiel sonst vor
allem durch seine stark ausgeprägten Augenränder auf, die als
Ausdruck vergangener (?) Exzesse zu deuten waren. Die Rhythm-Section
besteht aus Grant Fitzpatrick und John Tempesta, und auch diese
beiden Klasse-Musiker verrichteten einen Top-Job. Derweil öffnete
sich Astbury immer mehr und kommunizierte auf
einmal locker mit dem Publikum. Somit konnte der ehemalige
Exzentriker vom Dienst einige nachhaltige wie neue Sympathiepunkte
generieren. Muss wohl das Alter sein! Dass vom «Love»-Album nicht
weniger als vier Songs, darunter natürlich «Rain», «The Phoenix»
oder «She Sells Sanctuary» gespielt wurden, zeigte, dass sich The
Cult sehr wohl noch mit ihrer New Wave Vergangenheit verbunden
fühlen. Der Zeitsprung hin zum neuen Material von «Hidden City»
gestaltete sich indes fliessend und enthielt massig Band-DNA der
erfolgreichen End-80er Phase. Das Publikum zeigte sich sichtlich
erfreut darüber und quittierte jeden Song mit zunehmendem Applaus.
«Deeply Ordered Chaos» wich vom rockigen Grundschema etwas ab und
hätte zum Beispiel auch David Bowie (R.I.P.) gut zu Gesicht
gestanden. Dafür nahm «G O A T» (bereits im Zugabeteil) die gewohnte
Fährte wieder auf. «Fire Woman» als letzter Song des regulären Sets
war jedoch hitträchtiger und versprühte opulent die Essenz von The
Cult. Astburys Stimme hielt über die gesamte Konzertdistanz locker
mit, und so brillierte Neues wie der göttlich besetzte Backkatalog
der Briten in seiner ganzen Pracht. Daraus fehlte zum Schluss noch
ein umungängliches Highlight, das nicht fehlen durfte: «Love Removal
Machine»! Der geile Smasher mobilisierte die begeisterten Fans ein
letztes Mal, und es verblieb die Hoffnung, dies bald wieder erleben
zu dürfen.
Setliste: «Wild Flower» - «Rain» - «Dark Energy» -
«Peace Dog» - «Honey From A Knife» - «Sweet Soul Sister» - «Nirvana»
- «Deeply Ordered Chaos» - «The Phoenix» - «Lil' Devil» - «She Sells
Sanctuary» - «Fire Woman» -- «King Contrary Man» - «G O A T» - «Love
Removal Machine».
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