Sie waren die grossen Gewinner der Brit-Awards 2003, wo sie von
vier Nominationen gleich deren drei als Gewinner-Preis ("Best Album", "Best
Rock Act" und "Best British Group") abräumten und seit letztem Juli,
alleine in England, 1,2 Millionen ihres Debüt-Albums "Permission to land"
absetzen konnten! Die Presse ist inzwischen auch längst auf den Erfolgs-Schnellzug
aufgesprungen und hat ebenso ihren Anteil daran, dass The Darkness derzeit so angesagt
sind. Erst anfangs dieses Jahres kam ich eigentlich bei einem Kollegen erstmals in Kontakt
mit dem Bandnamen und wusste deshalb, dass sie für ein Konzert auch nach Zürich kommen
werden. Nachdem ich den Song "I believe in a thing called love" das erste Mal
(und am 18.02.04 bei TV-Total live das zweite Mal) gehört hatte, musste ich mich echt
fragen, ob einen dieser Gesang nicht bald auf den Senkel gehen wird. In der Tat hört sich
Sänger Justin Hawkins, dessen Bruder Dan die zweite Gitarre bedient, wie eine
durchgeknallte Version von Freddie Mercury (R.I.P.) an. Daneben schmeisst er sich in
hautenge Spandex-Hosen, respektive Anzüge rein, wie sie früher David Lee Roth (Van
Halen) zur Schau trug.
Auch für den heutigen Abend durfte man eine entsprechende Garderobe erwarten. Vorher im
Abart angesagt, mussten die Veranstalter dieses Konzert aufgrund des grossen Interesses
ins grössere Rohstoff-Lager verlegen. Mit etwa 900 verkauften Tickets hiess dann aber
auch vor dieser Türe: "Sold out!" - Bevor ich dieses Schild jedoch überhaupt
zu Gesicht bekam, musste ich die Location erst noch finden. Von aussen kaum erkennbar,
wurde das Rohstoff-Lager in einem der ehemaligen Lager der Firma Toni (Milch)
eingerichtet. Nach dem Eintreten befindet man sich zuerst in einem grosszügigen Vorraum,
in dem in der Mitte ausreichend Sitzgelegenheiten bestehen. Natürlich hat es dort auch
eine Bar, sowie einen Offenausschank. Die offizielle Merchandise wurde ebenfalls in diesem
Raum feil geboten. Durch einen in der Seitenwand vorhandenen Durchgang gelangt man in den
Konzertraum, der sogleich eine coole Club-Atmosphäre vermittelte. Die Bühne
präsentierte sich nicht übermässig gross, aber mehr brauchte es gar nicht.
The Wildhearts
Als Opener fungierten The Wildhearts, die es schon eine Weile gibt und aus auch England
stammen. Wenn ich mich nicht täusche, dann spielten diese 1996 mal im Vorprogramm von
AC/DC, aber das ist inzwischen etwas länger her. Das heutige Line-Up besteht neben
Sänger Ginger (unter anderem ex-Quireboys) noch aus CJ (g, v), Danny (b, v) und Stidi
(d), die alle bereits in diversen Bands zockten. Dieses Gebilde, das optisch ziemlich
zusammengewürfelt aussah, übertrug sich nicht unerwartet auch auf die Musik. Zu keiner
Zeit konnten The Wildhearts den bereits gut gefüllten Saal wirklich in Wallung bringen.
Der rohe Rock'n'Roll mit teileweise modernen Anstrichen wollte nie recht zünden und
teilweise spielte die Band gleich zwei Stücke durch, da es ohnehin nur verhaltenen
Applaus der Fans gab. Obwohl sich der Sound oft nach The Almighty anhörte, erreichte er
nie dessen Level in Sachen Songwriting. So plätscherte der Gig eher farblos am Publikum
vorbei und hinterliess kaum einen bleibenden Eindruck.
The Darkness
Gut eine halbe Stunde später war es soweit: Der erste Auftritt von The Darkness auf
Schweizer Boden stand unmittelbar bevor! Während ich im separaten, erhöhten Bereich für
die Presse und Gäste beste Sicht auf die Bühne hatte, nahm das Gedränge unter mir
merklich zu. Das Publikum war altersmässig ziemlich gemischt, auch wenn es offensichtlich
mehr jüngere Fans vor Ort hatte. Die etwas älteren Semester, also ab knapp Dreissig
aufwärts, trugen auffallend entsprechende Shirts von AC/DC, Kiss, Twisted Sister, Thin
Lizzy, Living Colour, G3 (Joe Satriani) oder Mötley Crüe. Auf der Bühne war ein weisser
Vorhang aufgehängt, der alles abdeckte, auch die zuvor gesehene, grosse Licht-Traverse
mit fetten, weissen Scheinwerfern drin, die knapp über dem Kopf des Schlagzeugers
angebracht wurde. Mit lautem Klatschten und den ersten Sprech-Chören signalisierte das
Publikum des Rohstoff-Lagers, dass es bereit für die Show war. Als dann um 21.50 Uhr das
Intro (genial: "Arrival" von ABBA, in der Version von Mike Oldfield) ertönte,
ging ein lauter Aufschrei durch die Menge. Man spürte die Spannung, die förmlich in der
Luft lag, weil das Intro, respektive das erwähnte Instrumental, in voller Länger
gespielt wurde. Dann..., plötzlich sah man die Umrisse von Justin Hawkins hinter
dem Laken, der ein kurzes Schattenspiel zum Besten gab und kurz darauf fiel der Vorhang.
Es war wirklich kaum zu glauben, welche Reaktionen schon nur das hervor gerufen hatte. Der
erste Song ("Bareback") war dann zur Überraschung der meisten im Saal gleich
ein Instrumental. Rockiger Sound mit hauptsächlich AC/DC-Schlagseite aus altem Tagen
peitschte aus den Amps und Monitoren. Justin Hawkins trug natürlich wieder so einen
bauchfreien Fummel, aber Bassist Frankie Poullain schoss den Vogel in Sachen Outfit dann
vollends ab! Das lange Stirnband sowie der Rest der Klamotten sahen ziemlich abgefahren
aus und auch die schlaksigen Bewegungen trugen zur kollektiven Erheiterung bei. Derweil
holzte Justin's Bruder Dan an der zweiten Klampfe rein wie Malcom Young (AC/DC), während
Drummer Ed Graham's Spiel und Aussehen an Keith Moon (R.I.P. - The Who) erinnerte. Alle
zusammen, lieferten die Briten aber eine kompakte Sound-Wand ab, die von den Fans
begeistert aufgenommen wurde. Schon nach kurzer Zeit befanden sich einzelne Crowd-Surfer
(dazu gehörten auch zwei unentwegte Girls!) über den Köpfen der ersten paar Reihen.
Justin Hawkins zog in der Folge eine megageile Show vom Leder, die seinen zwiespältigen
und durchschnittlichen Gesang beinahe vergessen liess. Mit Leichtigkeit dirigierte er das
Publikum und animierte es immer wieder zu stimmlichen Katz- und
Mausspielchen. Die Performance wirkte sehr locker und unverkrampft, was sich zum Beispiel
daran zeigte, dass der Frontmann zu Beginn eines Tracks einfach mal ein paar Riffs vor
sich hin dudelte, bevor der eigentliche Song begann. Die bei so einem Sound (AC/DC meets
Aerosmith meets Queen meets Status Quo) nicht unbedingt nachvollziehbaren, ständigen
Gitarren-Wechsel blieben nicht das Einzige, denn Justin verschwand plötzlich für kurze
Zeit von der Bühne und trug kurz darauf einen oberscharfen Glitzerfummel (wieder mit
betont offener Bauchpartie!), der im weissen Scheinwerferlicht vortrefflich reflektiert
wurde. Wenn das nur der gute, alte Gary Glitter hätte sehen können. Die Stimmung war
konstant gut und nach dem umjubelten und lauthals mitgesungenen "I believe in a thing
called love" war nach einer guten Stunde der Hauptteil des Konzertes vorbei. Klar
kamen The Darkness nochmals auf die Bühne und logo hatte Justin Hawkins wieder einen
neuen Stoff-Fetzen an. Überdies hängte er sich zum wiederholten Mal eine andere Gitarre
um den Hals. "Givin' up" und vor allem "Love on the rocks with no ice"
als letzte Zugabe überzeugten mit ihrer frischen Attitüde. Nach (viel zu) kurzen 75
Minuten war der Spass leider schon wieder vorbei, aber wenn man nur ein (ganzes) Album und
sonst ein paar Songs am Start hat, ist das Ende der Fahnenstange ohne Cover-Versionen
schnell einmal erreicht. Unter dem Strich bleibt die Frage offen, ob The Darkness es
schaffen werden, auf diesem Niveau weiter machen zu können und erfolgreich zu bleiben.
Ist der Hype erst einmal weg, dann folgt die richtige Bewährungsprobe. Den ehemaligen
Status und die Grösse von Guns'n Roses werden sie wohl nicht erreichen, aber man soll nie
die Hoffnung aufgeben. Ich lasse mich gerne überraschen!
Set-Liste: "Bareback (Instrumental)", "Black shuck", "Growing on
me", "Best of me", "Makin' out", "Love is only a
feeling", "Physical sex", "Get your hands off", "Stuckin' in
a rut", "Friday night", "I believe in a thing called love",
"Givin' up", "Love on the rocks with no ice".
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