Man mag es glauben oder nicht, aber seit dem meine Wenigkeit den
heutigen Headliner im Ur-Lineup das letzte Mal, notabene auch in
Zürich, gesehen hat, sind nicht weniger als neun ganze Jahre ins
Land gezogen! Damals als Support im legendären „Röschti“
(Rohstofflager) spielten zufälligerweise auch The Wildhearts auf,
wovon Bandleader Ginger heuer und unter seinem eigenen Namen
spielend noch übrig geblieben ist. Meine Erinnerung an 2004 und
dieses Konzert im Speziellen, ist nur noch vage. Doch schon damals
lagen die beiden Bands qualitativ weit auseinander und das sollte
auch heute Abend nicht anders sein. Der Headliner liess es damals
aber gewaltigst krachen und das proppenvolle Rohstofflager war total
aus dem Häuschen. The Darkness waren danach noch eine gute Weile in
aller Munde und medial omnipräsent. Dazu gehörte zum Beispiel auch
ein Auftritt bei „Wetten Dass“, wo Zappelphilipp Justin Hawkins
einmal mehr mitten ins Publikum rein lief. Der Stern der Engländer
sank dann aber drogenbedingt sehr rasch und das führte letztlich zum
Split. Längere Zeit hörte man nix mehr, bis Justin 2009 mit der
eigenen Band Hot Leg am Start war und eine Reunion nicht mal im
Ansatz ein Thema war.
Ginger Wildheart
Verkehrsbedingt war ich leider erst auf die letzten paar Klänge der
Support-Band anwesend und so musste ich mich hierzu bei einigen Fans
durchfragen. Die Meinungen waren weitgehend einhellig und eindeutig,
will sagen unter dem Strich waren Ginger Wildheart als Band eher
langweilig und mitunter soll das Ensemble von nicht weniger als
sechs Musikern (inklusive Victoria Liedtke) gar arrogant gewirkt
haben. Musikalisch ist das Ganze überwiegend metallisch gefärbt,
typisch britisch eigentlich und die Mucke mit unter anderem drei
Gitarristen stets mit omnipräsenten Backing-Vocals versehen.
Zwischendurch rappelt es wie bei System Of A Down und auch
Keyboard-Sounds sind auszumachen. Als Metallica meets The Beatles
wurde der Sound von The Wildhearts damals betitelt und davon ist
auch in der aktuellen Formation einiges raus zu hören. Ginger ist in
seiner Heimat Grossbritannien an sich sehr bekannt und das schon
ziemlich lange. Nichtsdestotrotz ist seine Musik nicht so einfach im
Zugang, manchmal rockig, dann wieder ultra brachial. Der Auftritt in
Zürich hat zumindest dem Hörensagen nach nicht grossen Anklang
gefunden und wenn ich mir so ein paar aktuellere Videos auf Youtube
anschaue, kann ich diese Meinung absolut nachvollziehen. Deshalb
habe ich offenbar wenig bis gar nichts verpasst und wurde dafür im
Anschluss mit der Hammer-Show von The Darkness mehr als nur
entschädigt!
The Darkness
Nach den heftigen Drogen- und Alkoholeskapaden des exzentri-schen
Frontmannes und der definitiven Auflösung der Band im Jahre 2006
dachten viele Fans, dass es das auf immer und ewig gewesen sei. Zwei
Jahre zuvor räumten die Jungs bei den „Brit Awards“ noch voll ab
(beste britische Band, beste britische Rock-Band und bestes Album),
aber schon das zweite Werk «One Way Ticket To Hell ...And Back» war
nicht mehr in der Spur des sehr erfolgreichen Vorgän-gers. Das war
schliesslich schon der Anfang vom zwischenzeit-lichen Ende. Bevor nun
2011 die eigentlich wirklich unerwartete Reunion im Original- Lineup
Tatsache wurde, hatte Justin (wie sein Bruder Dan mit The Stone Gods
ebenso) zwei Jahre davor mit Hot Leg eine eigene Hammer-Band am
Start, die mit dem grandiosen Album «Red Light Fever» mehr nach The
Darkness als The Darkness selber klang. Leider wurde diese
wunderbare Platte viel zu wenig gewürdigt, doch mit «Hot Cakes»
bewies die alte Truppe im vergangenen Jahr dann eindrücklich, dass
das letzte Wort doch noch nicht ausgesprochen war. Das liess meine
Vorfreude merklich ansteigen und ich, sowie alle rund 600 Besucher
des Komplex 457, sollte(n) nicht enttäuscht werden! Nach den Intro
mit Thin
Lizzy’s Alltime-Classic «The Boys Are Back In Town» kam die
ganze Band um 21.15 Uhr auf die Bühne und als Erstes stellten sich
alle vier Musiker nebeneinander und sich gegenseitig die Hände
haltend mal eine Weile einfach stumm hin. Ein Bild für die Götter!
Derweil machte das nun bereits bestens gelaunte Publikum gleich
ordentlich Radau, und als sich Dan Hawkins (g), Frankie Poullain
(b), Ed Graham (g) und Justin Hawkins (v/g) schliesslich ihrer
Instrumente behändigten und die entsprechenden Plätze einnahmen, war
der Zapfen gleich vollends ab! Mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke
legte der UK-Kultvierer los und zelebrierte sich selber wie in den
besten Tagen.
Obwohl bärtig, bewegte sich Justin Hawkins überaus agil und wirkte
mit seinen grossflächigen Tattoos und doppeltem Brust-warzenpiercing
wie ein abgefuckter Outlaw. Nebst dem ureigenen Gesang (den man mag
oder hasst, was dazwischen gibt es nicht!) liess er, zusammen mit
seinem Bruder sein Können an der Klampfe mehrfach aufblitzen. Dazu
kam zwischendurch mal ein gewagter Spreizsprung vom Drum-Riser
runter, den ein gewisser David Lee Roth (Van Halen) in den 80ern
nicht besser hinbekam. Unterstützt mit Flutlicht und viel Trockeneis
wähnte man sich in einer Zeitmaschine. Das galt auch für die
Setliste, die überwiegend am Debüt-Bestseller klebte. Zum Schluss
hin wurden drei (offenbar weit gereiste) Jungs auf die Bühne geholt,
die mit nackten Oberkörpern etwas rum hampelten und für Heiterkeit
sorgten. Als der eine vermeintlich den blanken Hintern zeigen
wollte, liess er es jedoch zum Glück bei der Unterhose bleiben, aber
weil da in grossen Lettern The Darkness hinten drauf zu lesen war,
kam das Echo
postwendend zurück…, das heisst der Saal kochte! Darüber hinaus unternahm der solierende Justin auf den Schultern
eines Roadies ein Bad in der Menge, wie das Angus Young und Bon
Scott, respektive Brian Johnson (AC/DC) früher vormachten. Als die
schweiss-treibende Show nach gut 95 Minuten gefühlt viel zu früh zu
Ende war, fiel das Verdikt klar und eindeutig aus: Killer-Show!!
Natürlich fehlte ein Quäntchen dessen, was den seinerzeit ersten
CH-Auftritt im Rohstoff-Lager zu etwas ganz Besonderem machte, aber
das Komplex 457 wurde gerockt…,und wie! Sollte die Ankündigung, man
sehe sich in einem Jahr bereits wieder, wirklich stimmen, steht das
erste Konzert-Highlight von 2014 schon frühzeitig fest…, hammer!!
Setliste: « Every Inch Of You» - «Black Shuck» - «Growing On Me» - «She’s
Just A Girl» - «Eddie, One Way Ticket» - «Nothin's Gonna Stop Us» -
«Get Your Hands Off My Woman» - «Love Is Only A Feeling» - «Friday
Night» - «Concrete» - «How Dare You Call This Love? » - «Givin' Up,
Stuck In A Rut» - «I Believe In A Thing Called Love» -- «The Best Of
Me» - «Street Spirit (Fade Out) » - «Love On The Rocks With No Ice».
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