Letztes Jahr am Brienzersee Rockfestival, danach Support von
Guns n' Roses im Letzigrund Stadion und jetzt Headliner im guten
alten Metalschuppen Z7. Wer die Engländer kennt, der weiss, dass vom
charismatischen Sänger Justin Hawkins einiges an Show erwartet
werden darf und dazu haben sie noch ihr "neues" Album «Pinewood
Smile» im Gepäck, das mit Sicherheit auf sein Publikum wartet. Im
Vorfeld aber durften die Newcomer von Blackfoot Gypsies sich erstmal
ihre Sporen abverdienen und die Meute für den Abend anheizen. Der
Sound der Amerikaner ist eine Mischung aus Southern Rock, Blues und
Country, und die optische Aufmache erinnert stark an Led Zeppelin &
Co. Eine Zeitreise zurück zum Ursprung des Hard Rocks war somit
garantiert.
Blackfoot Gypsies
Das Quartett aus Nashville, Tennessee spielte dann, auch wenn mit
ziemlicher Verspätung, motiviert auf und bescherte dem Publikum
stimmigen Sound, beeinflusst von Blues, Punk Rock, Southern Rock,
Soul, Americana und Country. Sänger und Gitarrist Matthew Paige
wirbelte über die Bühne und rockte vor dem Mikroständer wie ein
Irrer. Daneben zog Bassist Dylan Whitlow unter seiner Fellmütze eine
nervöse Show ab und würgte sein Instrument aufs Übelste. Zakk Murphy
traktierte die Becken seines Drumkits mit zwei Rasseln, so gross wie
Grapefruits. Daneben wirkte Ollie Dogg, der Mann an der
Mundharmonika, wie ein Schluck Wasser, der neben seinen Bandkollegen
als Standfigur beinahe unterging. Die Verstärker röhrten
oldschoolmässig roh und die etwas nasale Stimme vom Sänger breitete
sich im Raum aus. Je mehr Songs gespielt waren, desto eher kam die
Band in Fahrt. Meins war es jedoch nicht und der Altrock des Vierers
fing mit der Zeit ganz schön an zu nerven. Nun, etlichen Fans gefiel das
Treiben, das auch perfekt zum Woodstock-Festival gepasst hätte. Doch
wie schon das Original, fand auch die Imitation irgendwann ein Ende.
The Darkness Eine halbe Stunde später
war die gesamte Bühne in Rauch gehüllt und die ersten Klänge des
englischen Vierers dröhnten aus den Lautsprechern. Es wurde auch
unter den Zuschauern schlagartig laut im Saal, als Dan Hawkins und
dessen Bruder Justin, Letzterer in gewohnt engem Outfit mit
Riesenausschnitt, die Bühne betraten. Mit ihrem Debüt «Permission To
Land» galten sie 2003 als Retter des Rock'n'Roll und 14 Jahre später
sind The Darkness noch immer die markanteste und aufregendste
Rockband Englands (zumindest meiner Ansicht nach). Dies stellten sie
auch an diesem Abend eindrucksvollunter Beweis. Viel Licht und ein sichtlich gut gelaunter Sänger nahmen das
Z7 in Beschlag. Nach dem Opener folgte bereits der Kracher «Love Is
Only A Feeling», mit dem sie das Publikum vollends in den Sack
packten, das an diesem Abend zu einem grossen Teil aus weiblichen
Fans bestand. Hawkins hatte leichtes Spiel, und die Zuschauer frassen
ihm aus der Hand. Charmant wie immer, plauderte er mit den Fans und
forderte sie dazu auf, ihm Brille, Stirnband oder T-Shirt zu leihen,
welche er nach Erhalt auch anzog und die Gegenstände dann getragen
wieder seinem Besitzer zurückgab. Die obligaten Sprünge, Pirouetten
oder auch der Kopfstand vor dem Schlagzeug gehörten an diesem Abend
fest ins Programm. À propos Schlagzeug. Der derzeitige Drummer bei
The Darkness ist kein Geringerer als Roger Taylors (Queen) Junior,
der den Sound der Engländer mit reichlich Können aus dem Hintergrund
perfektioniert.
Musikalisch war die Band gewohnt
professionell. Der Sound klar und drückte heftig ab, sodass der Raum
sich mit genialer Musik und immer mehr Personen füllte. Redefreudig
war Justin ja schon immer, aber an diesem Abend erzählte er gefühlt
mehr als sonst, was vielleicht daran lag, dass er seine Stimme
zumindest gesanglich etwas schonen musste. Am Nachmittag des
Auftritts war er nämlich noch beim Arzt wegen Stimmproblemen, was
für den Sound von The Darkness doch von erheblicher Wichtigkeit ist.
Anzumerken war ihm in dieser Hinsicht jedoch nichts. Die hohen
Passagen veredelten gewohnt jeden Song und drückten ihnen den
typischen "The Darkness-Stempel" auf. Des Weiteren war die Band
wieder einmal sehr spendabel,
was die Konzertsouvenirs anging. Reichlich locker schnippsten sie ein
Plektrum nach dem anderen in die Menge und erfreuten damit
sicherlich die vordersten hundert Leute. Peinlich für den einen aber
sehr erheiternd fürs Publikum war auch die Showeinlage eines Fans,
der in den Genuss kam, während eines Songs auf der Bühne zu
verweilen. Krampfhaft unternahm er mehrere Versuche, darunter auch
mit Hilfe von Justin Hawkins, seine Lederjacke auszuziehen, die aber
vor lauter Schweiss hartnäckig an seinen Oberarmen hängenblieb.
Unter Gelächter der Zuschauer ebnete er sich zwischen den Songs
wieder seinen Weg ins Publikum. Alles in allem ein wunderbarer
Konzertabend, der nach gut anderthalb Stunden mit «I Believe In A
Thing Called Love» sein Ende fand. Das Spektakel hätte aus meiner
Sicht gut und gerne noch eine Stunde länger dauern dürfen, aber ich
bin mir sicher – die kommen wieder!
Setliste: «Open Fire» -
«Love Is Only A Feeling» - «Southern Trains» - «Black Shuck» - «One Way
Ticket To Hell» - «Givin Up» - «All The Pretty Girls» - «Barbarian» -
«Friday Night» - «Makin Out» - «Every Inch» - «Stuck In A Rut» - «Solid
Gold» - «Get Yer Hands Off» - «Growing On Me» - «Japanese» - «I Believe In A
Thing Called Love»
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