31 Grad Celcius, kein Wölkchen am Himmel und die Sonne scheint.
Städter und Touristen räkeln sich auf der Landi-Wiese oder springen
von der Brücke in die Sihl um sich Abkühlung zu verschaffen. Andere
setzen auf die innere Methode und geniessen das Wetter bei einem
kalten Bier vor dem Dynamo im Gartenrestaurant. Mal ehrlich: Wie
soll man bei einem solch perfekten Sommerabend in die richtige
Stimmung für The Devil's Blood kommen? Die Holländer, welche mit
ihrer EP „Come Reap“ und dem Ende letzten Jahres veröffentlichten
Debüt „The Time Of No Time Evermore“ in Windeseile zu einem
Geheimtipp unter Psychedelic-Fans wurden, haben mit Sommer aber auch
rein gar nichts am Hut. Bitterböse und düster, gefährlich magisch,
als wahre Jünger des Teufels gibt sich das Sextett um die
diabolische Hohepriesterin Farida und zu schwarzen Messen sollen
ihre Konzerte werden. War der erste Auftritt in der Schweiz im
Dynamo Werk 21 also schon im vornherein verloren? The Devil's Blood
setzten viel, aber nicht alles daran, dies zu verhindern.
Dafür stellten die Katakomben des Werk 21 eine passende Location
dar. Verwandelt sich der Gewölbekeller auch im tiefsten Winter in
einen Hexenkessel, herrschten an diesem Abend wirklich höllische
Temperaturen, welche von der Bühnendekoration noch weiter erhöht
wurden. Trotz Platzknappheit verpassten es The Devil's Blood nämlich
nicht, zwischen den Monitorboxen gut 100 Kerzen aufzustellen und
anzuzünden. Hätte das für ein teuflisches Klima nicht schon
gereicht, vernebelten mindestens 50 Räucherstäbchen (war es Opium
oder Patchouli?) die Luft und Sinne, sodass andere Stimulanzien zum
Abheben bzw. Wegtreten gar nicht mehr nötig gewesen wären.
Schon vor Konzertbeginn war so die fröhliche Sommer- einer
esoterisch dunklen Ritualstimmung gewichen und „Come Reap“, gefolgt
von „River of Gold“ leitete eine halb satanische, halb hippieske
Messe ein. Während der an 70er-Occult-Bands wie etwa Black Widow
angelegte, zu Beginn leider scheppernd matschige Sound und die schon
erwähnte Deko Blümchen-Vibes versprühten, sorgte das Auftreten der
Band für die bedrohlich klirrende Seite. In Lederjacken und
blutüberströmt bangt die Gitarrenfraktion mit grimmigen Gesichtern
in einer Reihe hinter Hexenmeisterin Farida, welche ätherisch
entrückt nicht weit entfernt von CD-Qualität ihre Lobeshymnen wie „The
Yonder Backons“ oder „A Waxing Moon over Babylon“ auf den Gehörnten
anstimmte.
Euphorisch wirkt das mittelgrosse Publikum (das Werk 21 ist zwar gut
gefüllt, bei weitem aber nicht ausverkauft) dabei nicht. Ob in
Ekstase, durch die Hitze ermattet oder doch aus Langeweile,
insbesondere bei den häufigen und längeren,
zwar
lupenrein gespielten, improvisierten Instrumental-Passagen scheint
sich eine gewisse Lethargie breit zu machen. Im Gegenzug werden
knackigere, eingängigere Tracks wie das grossartige „I'll be your
Ghost“ oder der flotte „The Graveyard Shuffle“ doch ordentlich
abgefeiert und während dem fulminanten „House of 1000 Voices“ wird
auch der Sound endlich den nuancenreichen Grusel-Hymnen der
Holländer gerecht. Zwischen Horrorfilm und Klamauk pendelte dabei
die Performance von Farida. Wie besessen bzw. von einem Zombie
gebissen wechselte die kurvenreiche, in Mieder und Mittelalter-Kleid
gezwängte Hekate zwischen exakt zwei Positionen und Armbewegungen.
Liess sie ihre beschwörende Stimme erschallen, steht sie mit leicht
erhobenen oder leicht gesenkten Armen Luzifer preisend in der Mitte
der Bühne. Ist die Instrumentenfraktion an der Reihe, stellt sie
sich mit dem Rücken zum Publikum in eine dunkle Ecke, bewegt sich
dabei aber genauso wenig wie am Mikro.
Ein kleiner Wermutstropfen: Keiner der Teufelsblut-Sekte bequemte
sich während der ganzen, über 90 Minuten dauernden Inszenierung auch
nur ein Wort an ihre Jünger zu richten. Natürlich gehört und passt
das zur Show, doch würde ein ehrlich gemeintes „Danke“ wirklich die
ganze blasphemische Illusion zerstören? Die hypnotische Qualität des
Übersongs „The Anti Kosmik Magik“ zusammen mit „Voodoo Dust“ und dem
abschliessenden „Christ or Cocaine“ lassen es jedenfalls bezweifeln
und auch wenn der eine oder andere nach dieser verstörenden,
Opium-Rauch geschwängerten Vorstellung seine Erwartungen nicht ganz
erfüllt sah, zeigten The Devil's Blood, dass ihr Occult Rock alles
andere als verstaubt und nicht nur ein Heimerlebnis ist und man sich
auf ein Wiederkommen der holländischen Anti-Christen in einem
hoffentlich etwas grösseren und besser gelüfteten Raum freuen darf.
Sommer und Sonne hin oder her.
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