"Liberty or Death" oder doch eher "Bang 'till
Death"? Unter einem der beiden Titel jedenfalls tourten jüngst drei
Bands durch die Lande, die nicht nur auf Platte zu rocken wissen,
sondern auch live nichts anbraten lassen. Neben der schwedischen
Power Metal Hoffnung Sabaton, die den Abend im Z7, da machte das
energiegeladene Package in der Schweiz nämlich halt, eröffnen
durften, brachten die Teutonen-Banger Grave Digger und die
Opera-Metaller Therion auf den Brettern die die Welt bedeuten. Das
zahlreich erschienene Publikum kam somit in den Genuss zweier
Metal-Performances, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Ob
mitgrölen zum bodenständigen Metal der Jungs um Chris Boltendahl
oder eindrückliches, bedrohliches Gitarren-Theater zelebriert von
Therion, auf seine Kosten. Doch lest von Anfang an (wegen gewissen
Verständigungsschwierigkeiten leider ohne Photos):
Sabaton
Gibt es eine Truppe, die besser zu den beiden Headlinern gepasst
hätte? Wohl kaum. Denn die Schweden Sabaton füllen genau die
verbindende Lücke. Ihr Sound ist genug bodenständig und true à la
Grave Digger, besitzt mit „Attero Dominatus“ und „Primo Victoria“
aber auch Titel, die nicht nur in den Texten klassisch angehaucht
sind und damit die Brücke zu Therion schlagen. Eigentlich hätten sie
darum ideal zwischen den beiden Hauptbands spielen sollen. Das taten
sie aber nicht, sondern nutzten die knappen 30 Minuten gekonnt im
Vorprogramm. Dabei fielen vor allem die riesige Motivation und die
Spielfreude auf, die dieser Fünfer von der ersten bis zur letzten
Sekunde zeigte. Sänger Joakim Brodén mimte mit Kurzhaarschnitt und
Stahlmontur perfekt den Halford 2007. Die Jungs und ihr Sound
wirkten frisch und voller Energie, so dass der Funke schnell ins
Publikum übersprang und die ersten Reihen begeistert klatschten und
headbangten. Mit „Primo Victoria“ gab’s dann sogar einen kleinen
Hit. Davon angespornt, liessen Sabaton freudig verlauten, dass sie
diesen Mai im Rock City ihren ersten Headliner-Gig in der Schweiz
spielen werden. Zum Glück! Denn der Auftritt machte hungrig auf
mehr! Dies bestätigten auch die vielen „Sabaton“-Rufe nach „Metal
Machine“.
Setlist Sabaton: "Panzer Battalion" - "In the Name of God" - "Attero
Dominatus" - "Into the Fire" - "Primo Victoria" - "Metal Machine"
Grave Digger
Dass Grave Digger und das Wort "Überraschung" nicht wirklich Hand in
Hand zu gehen pflegen, dies hinderte das Quintett nicht daran,
sogleich eine solche abzulassen. Denn als zu donnernden Orgel-
Gewitterklängen, von Feuer und Flamme begleitet, Tastenmann
Hans-Peter Katzenburg erscheint er als Mensch, ganz und gar ohne
Kutte, wo zur Hölle ist der Reaper? Dieser Frage kann man nur kurz
hinterher sinnen, denn plötzlich brennt die Pyro und Chris
Boltendahl und der Rest seiner Metalsoldaten preschen auf die Bühne,
um sofort loszulegen mit einer rauen, bodenständigen Metalshow,
eingeleitet durch den Titeltrack der ihrer neuen Scheibe "Liberty or
Death", bis auf "Highland Tears", "Shadowland" und dem elegischen "Silent
Revolution" leider der einzige Track von diesem Hammer-Album. Doch
das nun wirklich in Feierlaune geratene Publikum interessiert dies
nicht wirklich, wird doch schon zu "Scotland United" und dem von "The
Last Supper" stammenden "Grave in the Noman's Land" mitgegrölt was
das Zeug hält, wobei der Evergreen "Excalibur" natürlich den ersten
Höhepunkt markiert. Dazu peitscht Chris die Menge vor einem
typischen Teutonen-Backdrop an, immer mit einem Grinsen im Gesicht,
flankiert von den beiden, wenn auch posenden, doch relativ
statischen Saitenschrubber Manni Schmidt und Jens Becker. Neben den
satten Pyros, Flammensäulen wieder und wieder, können Grave Digger
dazu noch mit einer einfachen doch stimmigen Lightshow glänzen, die
mal in rot ("Circle of Witches"), dann wieder auf bunt schillernd
("Morgana Le Fay") strahlen. Dass Grave Diggers Stärke nie in
faszinierenden Melodien, sondern in der eingängigen,
mitsingkompatiblen Einfachheit liegt, ist live natürlich gar kein
Makel und so müsste nicht nur der eine oder andere am
darauffolgenden Morgen nach Mitsing-Orgien zu "Valhalla" oder den
beiden grandiosen Schlusslichtern des offiziellen Sets, den
Ober-Hymnen "Knights of the Cross" und "Rebellion (The Clans are
Marching on)" mit einer heiseren Kehle, bei Boltendahl ja grauer
Alltag, zu kämpfen gehabt haben. Nach kiurzem Intro hiess es dann
"Haut rein!", denn "The Last Supper" wird auf einem dröhnenden Bass
serviert. Wäre danach der Metal-Hunger noch nicht gestillt,
kredenzte Mr. Grave Boltendahl dem gut aufgelegten Publikum die
positive Nachricht, dass die Grabschauffler schon im Sommer, nämlich
Anfang August im Rahmen der Z7 Metaldayz, uns Schweizer wieder
beehren werden. Als Dessert dann hintendrein: "Heavy Metal Breakdown",
der würdige Abschluss einer souveränen, wenn auch nicht vom Hocker
hauenden Show, die natürlich noch um ein weiteres länger hätte
dauern dürfen.
Setlist Grave Digger: "Liberty or Death" - "Scotland United" -
"Grave in the Nomads Land" - "Excalibur" - "Valhalla" - "Shadowland"
- "Lionheart" - "Heart of Darkness" - "Circle of Witches" - "The
Dark of the Sun" - "Raven" - "Highland Tears" - "Morgana Le Fay" - "Silent
Revolution" - "Knights of the Cross" - "Rebellion (The Clans are
Marching on)"
- - - - - - -
"The Last Supper" - "Heavy Metal Berakdown"
Therion
Was haben Therion und Grave Digger gemeinsam? Beide spielen Metal
gut, aber gibt es sonst noch Übereinstimmungen? Vielleicht nur noch
eine, absolute Spielfreude und mitreissende Live-Shows. Von den
Grabschaufflern wurde diese Überlappung an diesem Abend zu 90 %
erfüllt, nun waren die schwedischen Ausnahme-Metaller am Zuge, deren
Hang zum Theatralischen eine nicht nur in musikalischer Hinsicht
extravagante Show zu erwarten liess. Und nur schon die Bühnendeko
konnte dieser Hoffnung gerecht werden, denn plötzlich war das Z7
verwandelt in eine bizarre Gothic-Kirche. In Nebel getränkt ragte
das grosse Kirchenfensterbackdrop in die Höhe, davor die Schiessbude
von Drummer Petter Karlsson, welche flankiert war von glänzenden
Friedhofs-Gittern. Aktuell wird mit "Mitternachtslöwe" vom neuesten
Output der Schweden "Gothic Kabbalah", gefolgt vom "Secrets of the
Runes"-Track "Schwarzalbenheim". Vorgetragen werden diese Nummern
von Anfang an mit einem ungeheuren Enthusiasmus, sowohl von den
Masterminds Christofer Johnsson, Kristian & Johan Nieman an den
Saitenhölzern, wie der Gesangsfraktion bestehend aus dem gemischten
Doppel Mats Levén, Snowy Shaw, Katarina Lilja und Lori Lewis, die
allesamt einen formidablen Job ablieferten. Allen voran Snowy Shaw (Ex-Drummer
von Dream Evil), welcher sowohl stimmlich wie optisch alles gab. In
Cyber-Darkwave-Mönchskutte zitierte der blonde Hüne schauerhaft
Texte aus Songs wie "The Blood of Kingu" oder "An Arrow from the
Sun". Durch das Abwechseln der verschiedenen Sänger/innen entstand
so eine unglaubliche Dynamik, die jedoch das Publikum nicht wirklich
zum Abgehen bringen konnte, was angesichts der Komplexität des
Gebotenen nicht wirklich überraschte, flippt man ja auch bei einer
Oper oder einem Kinofilm nicht wirklich aus. Dennoch liest sich die
Setlist wie eine musikalische Gourmet-Karte, bestehend aus
akustischen Gerichten wie "Deggial"; "Wine of Aluqah" oder dem
aktuellen "The Perrenial Sophia". Dabei zeigt sich auch die schon
erwähnte, zum ersten Mal mit Therion zusammenarbeitende Sangesnymphe
Lori Lewis als ausgesprochen fähig, auch wenn sie des Öfteren ein
wenig statisch anmutet. Das macht sie aber um ein Mehrfaches in
einem lieblich apokalyptischen Diva-Duell gegen Katharina Lilja.
Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt, Sound, Bewegungen,
Lightshow, so dass man zeitweise in Versuchung gerät, auch dem
Dezibel-Anzeiger einen passenden Rhythmus anmerken zu wollen. Dass
da nur wenige Worte ans Publikum gerichtet werden, macht zwar Sinn,
lässt Therion dennoch ein wenig unnahbar und distanziert wirken.
Nach "Son of the Staves of Time" und "Tuna 1613", beide aktuelle
Songs, folgt eine düstere Drum-Performance, zu der munter mitgemacht
wird, bevor bei "Muspelheim" und "The Rise of Sodom and Gomorrah"
sektirische Singalongs angestimmt werden. "Gimungagap" markiert dann
das infernalische Ende des offiziellen Sets, nach welchem die Band
sich mit einem Fahnenmarsch verabschiedet um mit dem umjubelten,
hitgeladenen und dreiteiligen Finale, bestehend aus "Lemuria"; "Nightside
of Eden" und "To Mega Therion" (die letzten zwei beide vom 96er
Klassiker "Theli") noch einmal Gas zu geben. Das darauf folgende,
vom 96er Album "Growning of Atlantis" stammenden Manowar-Cover "Thor
(The Powerhead)" hätte meiner Meinung nach zwar nicht mehr sein
müssen, doch schlussendlich gilt die Regel "Lieber einer zuviel als
einer zu wenig".
Kraftvoller Metal mit Eiern gespielt von einer Band, die gerade so
gut hätte im Publikum stehen können zum Einen und bombastisches
Metal-Kino, perfekt vorgetragen von Selbstdarstellern auf der
anderen Seite, was will das Metal-Herz mehr? Ah genau: Die
Gewissheit, dass beide Bands auch bei den Metaldayz im August
aufspielen werden...
Setlist Therion: "Der Mitternachtslöwe" - "Schwarzalbenheim" - "The
Blood of Kingu" - "The Falling Stone" - "An Arrow from the Sun" - "Deggial"
- "Wine of Aluqah" - "The Perrenial Sophia" - "Son of the Sun" - "The
Son of the Staves of Time" - "Birth of Venus Illegitima" - "Tuna
1613" - Drum Solo - "Muspelheim" - "The Rise of Sodom and Gomorrah"
- "Ginnungagap"
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"Lemuria" - "Nightside of Eden" - "To Mega Therion"
- - - - - - -
"Thor (The Powerhead)"
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