Offenbar hatte es der britischen Prog Metal Institution
Threshold beim letzten Besuch in Aarau (15.11.2014) gut gefallen,
denn anlässlich der Tour zum aktuellen Top-Album «For The Journey»
gastierte das spielfreudige Sexett erneut im KiFF. Da dieses Konzert
nota bene an einem Mittwoch, genau dem dritten Mittwoch des
laufenden Monats stattfand, musste ich mich wieder einmal aus dem
Radio-Studio ausklinken. Somit moderierten Rock n Rolla und die
Metalrose in unmittelbarer Nähe von mir die zweite Rock Lounge
Sendung ohne meine Wenigkeit. Doch für den heutigen Abend musste ich
mich entscheiden und die Würfel fielen zugunsten von Damian Wilson
(v), Karl Groom (g), Pete Morten (g), Richard West (keyb), Steve
Anderson (b) und Johanne James (d). Dies nicht zuletzt auch wegen
dem Umstand, dass die komplette Performance von «For The Journey»
angekündigt wurde! Was nicht bei jeder Band gelingt, sah hier schon
nur auf dem Papier grandios aus! Mit dabei waren zudem zwei
Support-Bands, wovon ich Spheric Universe Experience vor einer Weile
schon mal im Z7 gesehen hatte, dies aber nicht mehr wusste, und bei
Damnation Angels betrat ich hingegen Neuland.
Damnation
Angels
Die Landeskollegen des Headliners hatte ich zuvor weder zu Gesicht,
noch was Soundmässiges von ihnen gehört. Daraus können vorab jeweils
durchaus interessante Momente entstehen, wo man ungezwungen einer
„frischen Band“ lauschen kann. Rein vom Bandnamen her hätte man ohne
vorheriges Wissen allerdings glatt auf eine Sleaze- oder
AC/DC-mässige Combo schliessen können. Doch die Band Damnation
Angels steht, man mag es kaum glauben, für Symphonic Metal! Dazu
kommt, dass Frontmann Ignacio Rodriguez eigentlich aus Argentinien
stammt und es noch kein ganzes Jahr her ist, seit er bei den Briten
eingestiegen ist. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass
offensichtlich kein fester Keyboarder im Line-Up steht und somit bei
Gitarrist Will Graney der Tätigkeitenzusatz mit dem geflügelten Wort
„Orchestration“ erst (s)einen Sinn erhält. Wie das live mit diesem
Stil einher geht oder eben nicht, sollte ich schon bald sehen und
hören. Die vor zehn Jahren gegründete Band hat allerdings
schon
einige Besetzungswechsel hinter sich, und da waren auch mal zwei
Tastenleute dabei, darunter eine Frau (Dawn Trigg). Dass Señior
Rodriguez nun bereits der vierte Sänger ist, vermittelt keine
Konstanz der Bandzusammensetzung und darum erstaunt es auch nicht,
dass man in unseren Breitengraden bisher kaum bis gar nichts von
dieser Truppe gehört und Metal Factory vor drei Jahren eine
CD-Review zum Debüt «Bringer Of Light» verfasst hat. Das alles hatte
ich zum Opener des Abends jedoch nicht präsent, und es dauerte nicht
lange, bis ich mir die obligate halbe Stunde als möglichst bald
abgelaufen wünschte! Viel zu eintönig und songwriterisch flach kam
das Ganze rüber und die oben weg permanent zu laute Gesangsstimme
von Ignacio wurde überdies mit teils arg ausladendem Vibrato
überstrapaziert, zumindest für meine Ohren! Das war definitiv nicht
meine Baustelle, und ich wage gleichzeitig zu behaupten, dass dieser
Gruppe in naher wie ferner Zukunft kein grösserer Erfolg beschieden
sein wird. Das Aarauer Publikum zeigte sich heute Abend auf jeden
Fall gnädig und verabschiedete den Opener mit fairem Applaus.
Spheric Universe Experience Das gerade bei
den Damnation Angels beschriebene Szenario könnte gut und gerne auch
bei den Franzosen von Spheric Universe Experience genannt werden.
Der Grund dafür findet sich in unserem Archiv, wo die Prog-Metaller
aus Nizza Ende 2009 offensichtlich mal im Z7 zu Gast waren. Am
gleichen Konzert spielten übrigens auch noch Serenity aus
Österreich, und beide Bands fungierten als Support für…, dreimal
dürft Ihr
raten…, Threshold natürlich! Da muss man sich halt die Frage
gefallen lassen, was denn in den letzten mehr als fünf Jahren
erfolgsmässig gegangen ist, wenn es aktuell nach wie vor nur zur
Anheizerrolle gereicht?! Die zumindest mal musikalische Antwort auf
diese Feststellung wurde anschliessend jedoch auf eindrückliche Art
und Weise wiedergegeben. Was da Franck Garcia (v), Vince Benaïm (g),
Fred Colombo (keyb), John Drai (b) und Romain Goulon (d) auf der
Bühne des KiFF vom Stapel liessen, war für Progverhältnisse schon
eine Ohrenweide. Mit mehr oder weniger grosser Schlagseite zu Dream
Theater oder durchaus auch Vanden Plas, frühe Ivanhoe oder zur
Schweizer Band Kirk, entfachten die Franzosen ein veritables
Genre-Feuerwerk, das mir immer besser gefiel, je länger es dauerte.
Wie es sich normalerweise gehört, weisen die Songs in diesem Genre
oft Überlänge auf und so gereichte es in den rund 45 Support-Minuten
gerade mal zu fünf Liedern. Diese stammten ab drei Alben, nämlich «
Mental Torments» (2005), «Anima» (2007) und «The New Eve» (2012).
Bei den Tracks «In This Place» und «Sceptic» gab es ordentlich
schnelle Passagen, wobei sich hier vor allem Mr. Goulon an den Drums
mit äusserst versiertem Spiel hervor tat. In der Nachlese verwundert
dies
jedoch gar nicht, denn Romain stand (oder steht immer noch?) in
Diensten der mit Abstand besten deutschen Technical Death Metal Band
Necrophagist. Wer diese im positiven Sinne durchgeknallte Truppe
jemals, und in welchem Line-Up auch immer, live irgendwo gesehen wie
gehört hat, weiss um die unfassbare Präzision dieser Combo. Davon
profitierten heute Abend auch Spheric Universe Experience, die ihren
aktuellen Schlagzeuger allerdings nur auf Tour zur Verfügung haben.
Der etatmässige (Studio-) Schlagwerker hört nämlich auf den Namen
Christophe Briand. Mit dem gut 9-minütigen Epos «Echoes Of The
Stars» untermauerte der zweite Act des Abends ohne Wenn und Aber,
dass er in der öffentlichen Wahrnehmung der relevanten Szene
eindeutig zu wenig wahr genommen wird. Vielleicht ändert sich das
ja, sobald mal ein neues Album am Start ist. Am Schluss war der
Zuspruch der Fans eindeutig und absolut verdient grösser als vorher
bei den Engeln der Verdammnis …, immerhin.
Setliste: «The New
Eve» - «In This Place» - «Sceptic» - «Echoes Of The Stars» - «The
Key».
Threshold
Und nun stand die finale Kür im KiFF an! Einige der anwesenden Leute
waren beim letzten Konzert (siehe Vorwort) bestimmt auch mit dabei
gewesen. Diese wie meine Wenigkeit konnten sich demnach gewiss sein,
dass die aktuelle Tour zum brandneuen Album «For Your Journey» der
vorherigen in Nichts nachstand. Ja mehr noch, denn im Vorfeld der
Konzertreise der britischen Kult-Progger wurde ja bekannt gegeben
(siehe auch im Vorwort), dass das ganze neue Album am Stück
durchgespielt wird! Nach dem flotten Einstieg mit der Doublette
«Freaks» und «Mission Profile» hiess es dann „let’s go for the
journey“! Wie nicht anders erwartet, spielten Threshold in der Folge
ihre mehrfachen Trümpfe aus, und wie! Es war einfach nur Genuss pur,
diesen Klangzauberern bei der „Arbeit“ zuzuschauen und zuzuhören.
Der bärtige Frontmann schwitzte schon bald wie ein benetzter Pudel,
und das zu meinem Leidwesen als einer der agierenden Fotographen vor
Ort, da der zappelige Damian mit der Linse kaum einzufangen war. Das
schmälerte die Freude am tollen Konzert allerdings nicht die Bohne,
im Gegenteil! Gemessen an der grossartigen Stimmung im ordentlich
gut gefüllten KiFF war hier echt der Bär los. Da
das
Niveau der neuen acht Songs (ohne den Digipak Bonus-Track «I Wish I
Could») anhaltend hoch ist, vermochten diese mit den älteren
Klassikern locker gleich zu ziehen. Neben der instrumentalen
Leichtigkeit der Profimusiker stand Damian stets im Fokus des
Geschehens und interagierte bestens mit dem überaus gut gelaunten
Publikum. Obwohl einige Kurzansprachen den Fluss der agilen
Performance etwas einbremsten, ging der ursprünglich erzeugte Drive
nie flöten.
Wie das vor ihm schon einige andere Musiker
bereits auch getan haben, nutzte Damian die örtlichen
Clubbegebenheiten abermals für einen spontanen Gang runter zu den
Fans. Diese bildeten sogleich eine Gasse für ihn und konnten dennoch
auf Tuchfühlung mit dem sprichwörtlich „geerdeten“ Sänger gehen.
Beim letzten Konzert sprang Damian ja vor der Bühne runter, wurde
locker aufgefangen und eine Weile überkopf auf Händen getragen.
Diese Einlage brauchte es heute gar nicht und dennoch fiel der Jubel
zum Ausflug abseits der Bühne lautstark aus. Auch im Gesicht von
Bandboss Karl Groom, dem man da Alter keinesfalls ansieht und der
immer wieder spitzbübisch grinste, sah man die Freude und Genugtuung
über das Hier und Jetzt deutlich an. Dazu kamen einige kongeniale
Gitarrenduelle mit seinem Kumpel Pete Morten. Nicht zu vergessen die
vermeintlich nie ermüdende Groove-Maschine Johanne James, der am
meisten Schweiss aller Musiker vergoss. Nach den in der gleichen
Reihenfolge wie auf dem Album angeordneten, respektive performten
Tracks folgte mit «Pilot In The Sky Of Dreams» einer der ganz
grossen Songs der unvergessenen Mac-Ära, der ohne Frage klasse
gebracht wurde. Trotzdem fehlte mir persönlich halt ein kleines
Quäntchen dessen, was den geilen Spirit der Frühphase mit Andrew
ausmachte. Unter dem Strich fand das erwartete Spektakel jedoch ohne
Manko ein weiteres Mal statt und erhielt lediglich durch das
krankheitsbedingte Ausfallen von Tastenking Richard West einen
kleinen Dämpfer in der Form, dass die vorgesehenen Zugaben «The Art
Of Reason» und «Slipstream» gekickt werden mussten. Threshold im
KiFF? Eine gute Kombination und hoffentlich bald wieder!
Setliste: «Freaks» - «Mission Profile» - «Watchtower On The Moon» -
«Unforgiven» - «The Box» - «Turned To Dust» - «Lost In Your Memory»
- «Autumn Red» - «The Mystery Show» - «Siren Sky» - «Oceanbound» -
«Pilot In The Sky Of Dreams» - «Ashes» -- «Die beiden Zugaben «The
Art Of Reason» und «Slipstream» wurden wegen akuter Krankheit von
Richard West leider ausgesetzt».
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