Livereview: Threshold - Spheric Universe Experience - Damnation Angels

20. Januar 2016, Aarau – KiFF
By Rockslave
Offenbar hatte es der britischen Prog Metal Institution Threshold beim letzten Besuch in Aarau (15.11.2014) gut gefallen, denn anlässlich der Tour zum aktuellen Top-Album «For The Journey» gastierte das spielfreudige Sexett erneut im KiFF. Da dieses Konzert nota bene an einem Mittwoch, genau dem dritten Mittwoch des laufenden Monats stattfand, musste ich mich wieder einmal aus dem Radio-Studio ausklinken. Somit moderierten Rock n Rolla und die Metalrose in unmittelbarer Nähe von mir die zweite Rock Lounge Sendung ohne meine Wenigkeit. Doch für den heutigen Abend musste ich mich entscheiden und die Würfel fielen zugunsten von Damian Wilson (v), Karl Groom (g), Pete Morten (g), Richard West (keyb), Steve Anderson (b) und Johanne James (d). Dies nicht zuletzt auch wegen dem Umstand, dass die komplette Performance von «For The Journey» angekündigt wurde! Was nicht bei jeder Band gelingt, sah hier schon nur auf dem Papier grandios aus! Mit dabei waren zudem zwei Support-Bands, wovon ich Spheric Universe Experience vor einer Weile schon mal im Z7 gesehen hatte, dies aber nicht mehr wusste, und bei Damnation Angels betrat ich hingegen Neuland.

Damnation Angels

Die Landeskollegen des Headliners hatte ich zuvor weder zu Gesicht, noch was Soundmässiges von ihnen gehört. Daraus können vorab jeweils durchaus interessante Momente entstehen, wo man ungezwungen einer „frischen Band“ lauschen kann. Rein vom Bandnamen her hätte man ohne vorheriges Wissen allerdings glatt auf eine Sleaze- oder AC/DC-mässige Combo schliessen können. Doch die Band Damnation Angels steht, man mag es kaum glauben, für Symphonic Metal! Dazu kommt, dass Frontmann Ignacio Rodriguez eigentlich aus Argentinien stammt und es noch kein ganzes Jahr her ist, seit er bei den Briten eingestiegen ist. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass offensichtlich kein fester Keyboarder im Line-Up steht und somit bei Gitarrist Will Graney der Tätigkeitenzusatz mit dem geflügelten Wort „Orchestration“ erst (s)einen Sinn erhält. Wie das live mit diesem Stil einher geht oder eben nicht, sollte ich schon bald sehen und hören. Die vor zehn Jahren gegründete Band hat allerdings schon einige Besetzungswechsel hinter sich, und da waren auch mal zwei Tastenleute dabei, darunter eine Frau (Dawn Trigg). Dass Señior Rodriguez nun bereits der vierte Sänger ist, vermittelt keine Konstanz der Bandzusammensetzung und darum erstaunt es auch nicht, dass man in unseren Breitengraden bisher kaum bis gar nichts von dieser Truppe gehört und Metal Factory vor drei Jahren eine CD-Review zum Debüt «Bringer Of Light» verfasst hat. Das alles hatte ich zum Opener des Abends jedoch nicht präsent, und es dauerte nicht lange, bis ich mir die obligate halbe Stunde als möglichst bald abgelaufen wünschte! Viel zu eintönig und songwriterisch flach kam das Ganze rüber und die oben weg permanent zu laute Gesangsstimme von Ignacio wurde überdies mit teils arg ausladendem Vibrato überstrapaziert, zumindest für meine Ohren! Das war definitiv nicht meine Baustelle, und ich wage gleichzeitig zu behaupten, dass dieser Gruppe in naher wie ferner Zukunft kein grösserer Erfolg beschieden sein wird. Das Aarauer Publikum zeigte sich heute Abend auf jeden Fall gnädig und verabschiedete den Opener mit fairem Applaus.

Spheric Universe Experience
Das gerade bei den Damnation Angels beschriebene Szenario könnte gut und gerne auch bei den Franzosen von Spheric Universe Experience genannt werden. Der Grund dafür findet sich in unserem Archiv, wo die Prog-Metaller aus Nizza Ende 2009 offensichtlich mal im Z7 zu Gast waren. Am gleichen Konzert spielten übrigens auch noch Serenity aus Österreich, und beide Bands fungierten als Support für…, dreimal dürft Ihr raten…, Threshold natürlich! Da muss man sich halt die Frage gefallen lassen, was denn in den letzten mehr als fünf Jahren erfolgsmässig gegangen ist, wenn es aktuell nach wie vor nur zur Anheizerrolle gereicht?! Die zumindest mal musikalische Antwort auf diese Feststellung wurde anschliessend jedoch auf eindrückliche Art und Weise wiedergegeben. Was da Franck Garcia (v), Vince Benaïm (g), Fred Colombo (keyb), John Drai (b) und Romain Goulon (d) auf der Bühne des KiFF vom Stapel liessen, war für Progverhältnisse schon eine Ohrenweide. Mit mehr oder weniger grosser Schlagseite zu Dream Theater oder durchaus auch Vanden Plas, frühe Ivanhoe oder zur Schweizer Band Kirk, entfachten die Franzosen ein veritables Genre-Feuerwerk, das mir immer besser gefiel, je länger es dauerte. Wie es sich normalerweise gehört, weisen die Songs in diesem Genre oft Überlänge auf und so gereichte es in den rund 45 Support-Minuten gerade mal zu fünf Liedern. Diese stammten ab drei Alben, nämlich « Mental Torments» (2005), «Anima» (2007) und «The New Eve» (2012). Bei den Tracks «In This Place» und «Sceptic» gab es ordentlich schnelle Passagen, wobei sich hier vor allem Mr. Goulon an den Drums mit äusserst versiertem Spiel hervor tat. In der Nachlese verwundert dies jedoch gar nicht, denn Romain stand (oder steht immer noch?) in Diensten der mit Abstand besten deutschen Technical Death Metal Band Necrophagist. Wer diese im positiven Sinne durchgeknallte Truppe jemals, und in welchem Line-Up auch immer, live irgendwo gesehen wie gehört hat, weiss um die unfassbare Präzision dieser Combo. Davon profitierten heute Abend auch Spheric Universe Experience, die ihren aktuellen Schlagzeuger allerdings nur auf Tour zur Verfügung haben. Der etatmässige (Studio-) Schlagwerker hört nämlich auf den Namen Christophe Briand. Mit dem gut 9-minütigen Epos «Echoes Of The Stars» untermauerte der zweite Act des Abends ohne Wenn und Aber, dass er in der öffentlichen Wahrnehmung der relevanten Szene eindeutig zu wenig wahr genommen wird. Vielleicht ändert sich das ja, sobald mal ein neues Album am Start ist. Am Schluss war der Zuspruch der Fans eindeutig und absolut verdient grösser als vorher bei den Engeln der Verdammnis …, immerhin.

Setliste: «The New Eve» - «In This Place» - «Sceptic» - «Echoes Of The Stars» - «The Key».

Threshold
Und nun stand die finale Kür im KiFF an! Einige der anwesenden Leute waren beim letzten Konzert (siehe Vorwort) bestimmt auch mit dabei gewesen. Diese wie meine Wenigkeit konnten sich demnach gewiss sein, dass die aktuelle Tour zum brandneuen Album «For Your Journey» der vorherigen in Nichts nachstand. Ja mehr noch, denn im Vorfeld der Konzertreise der britischen Kult-Progger wurde ja bekannt gegeben (siehe auch im Vorwort), dass das ganze neue Album am Stück durchgespielt wird! Nach dem flotten Einstieg mit der Doublette «Freaks» und «Mission Profile» hiess es dann „let’s go for the journey“! Wie nicht anders erwartet, spielten Threshold in der Folge ihre mehrfachen Trümpfe aus, und wie! Es war einfach nur Genuss pur, diesen Klangzauberern bei der „Arbeit“ zuzuschauen und zuzuhören. Der bärtige Frontmann schwitzte schon bald wie ein benetzter Pudel, und das zu meinem Leidwesen als einer der agierenden Fotographen vor Ort, da der zappelige Damian mit der Linse kaum einzufangen war. Das schmälerte die Freude am tollen Konzert allerdings nicht die Bohne, im Gegenteil! Gemessen an der grossartigen Stimmung im ordentlich gut gefüllten KiFF war hier echt der Bär los. Da das Niveau der neuen acht Songs (ohne den Digipak Bonus-Track «I Wish I Could») anhaltend hoch ist, vermochten diese mit den älteren Klassikern locker gleich zu ziehen. Neben der instrumentalen Leichtigkeit der Profimusiker stand Damian stets im Fokus des Geschehens und interagierte bestens mit dem überaus gut gelaunten Publikum. Obwohl einige Kurzansprachen den Fluss der agilen Performance etwas einbremsten, ging der ursprünglich erzeugte Drive nie flöten.

Wie das vor ihm schon einige andere Musiker bereits auch getan haben, nutzte Damian die örtlichen Clubbegebenheiten abermals für einen spontanen Gang runter zu den Fans. Diese bildeten sogleich eine Gasse für ihn und konnten dennoch auf Tuchfühlung mit dem sprichwörtlich „geerdeten“ Sänger gehen. Beim letzten Konzert sprang Damian ja vor der Bühne runter, wurde locker aufgefangen und eine Weile überkopf auf Händen getragen. Diese Einlage brauchte es heute gar nicht und dennoch fiel der Jubel zum Ausflug abseits der Bühne lautstark aus. Auch im Gesicht von Bandboss Karl Groom, dem man da Alter keinesfalls ansieht und der immer wieder spitzbübisch grinste, sah man die Freude und Genugtuung über das Hier und Jetzt deutlich an. Dazu kamen einige kongeniale Gitarrenduelle mit seinem Kumpel Pete Morten. Nicht zu vergessen die vermeintlich nie ermüdende Groove-Maschine Johanne James, der am meisten Schweiss aller Musiker vergoss. Nach den in der gleichen Reihenfolge wie auf dem Album angeordneten, respektive performten Tracks folgte mit «Pilot In The Sky Of Dreams» einer der ganz grossen Songs der unvergessenen Mac-Ära, der ohne Frage klasse gebracht wurde. Trotzdem fehlte mir persönlich halt ein kleines Quäntchen dessen, was den geilen Spirit der Frühphase mit Andrew ausmachte. Unter dem Strich fand das erwartete Spektakel jedoch ohne Manko ein weiteres Mal statt und erhielt lediglich durch das krankheitsbedingte Ausfallen von Tastenking Richard West einen kleinen Dämpfer in der Form, dass die vorgesehenen Zugaben «The Art Of Reason» und «Slipstream» gekickt werden mussten. Threshold im KiFF? Eine gute Kombination und hoffentlich bald wieder!

Setliste: «Freaks» - «Mission Profile» - «Watchtower On The Moon» - «Unforgiven» - «The Box» - «Turned To Dust» - «Lost In Your Memory» - «Autumn Red» - «The Mystery Show» - «Siren Sky» - «Oceanbound» - «Pilot In The Sky Of Dreams» - «Ashes» -- «Die beiden Zugaben «The Art Of Reason» und «Slipstream» wurden wegen akuter Krankheit von Richard West leider ausgesetzt».