Eigentlich wäre ja eitel Freude angesagt gewesen, wenn so ein
Szene-Juwel wie die britischen Kult-Rocker Thunder aufmarschieren.
Diesmal war es aber etwas anders, denn im Vorfeld wurde bereits
vermeldet, dass Sänger Danny Bowes und seine Jungs nach dieser Tour
getrennte Wege gehen werden. Somit war klar, dass man diesen
Schweizer Auftritt als gestandener Hardrock-Fan keinesfalls links
liegen lassen durfte. Natürlich gibt es die "never say never"
Devise, doch es kann plötzlich definitiv zu spät sein und dann hilft
alles jammern nichts mehr. Warum sich Thunder abermals trennen, ist
nicht eindeutig belegt, aber es gibt genug Gründe, warum man es halt
dann eines Tages doch tut. Darum war jeder Fan gut beraten, wenn er
heute Abend im Z7 anwesend war, um seine Helden nochmals (ein
letztes Mal?) livehaftig geniessen zu können. Ein wahrer Genuss
sollten auch Heaven's Basement als Support sein, doch das war im
Voraus nicht zwingend zu erahnen und darum geriet die Überraschung
dann umso grösser.
Heaven's Basement
Die nächste Rock'n'Roll-Generation ist da! Und zwar nicht nur in
Form von Airbourne und den legitimen Led Zeppelin-Nachfolgern The
Answer (bist du dir da ganz sicher Roger? Hör dir mal The Parlor Mob
an! rsl), sondern nun auch in den jungen Briten Heaven's Basement.
Musikalisch ordnen sich diese etwa zwischen den beiden eingangs
erwähnten Bands ein und zocken einen dreckigen RocknRoll-Heavy
Metal, der mich dezent an Mötley Crüe erinnert. Und was die fünf
Jungs mit Namen Richie Hevanz (v), Sid Glover (lg), Jonny Rocker (rg),
Chris Rivers (d) und Rob Randell (b) da im Vorprogramm von Thunder
vom Stapel liessen, hätte eigentlich zu ehrfürchtigem Geniessen
führen sollen, endete aber schliesslich in wildem Mitfeiern. Bereits
vom ersten Song weg waren Heaven's Basement "brandgefährlich",
headbangten wie verrückt und stachelten das Publikum zum Klatschen
und Mitsingen an. Dieses nahm diese Aufforderung gerne an und
feierte von Beginn weg heftig mit. Selten habe ich eine Vorband
dermassen willig gesehen, einfach Vollgas zu geben. Aber nicht nur
optisch überzeugten die Insulaner, sondern auch musikalisch. Songs
wie «Can't Let Go», «Reign
On My Parade» oder das ruhige «Such Is
Life» verfügten über das gewisse Etwas, ohne wie die Kopie einer
Kopie zu wirken. Ein Teil des vorgetragenen Materials ist auf einem
debütmässigen 6-Tracker oder besser Appetizer verewigt, den man sich
nach dem Konzert günstig am Merch-Stand krallen konnte. So war es
dann auch kein Wunder, dass Heavens Basement nach rund 35 viel zu
schnell vergangenen Minuten unter tobendem Applaus von der Bühne
gingen. Die Briten hatten ihre Mission definitiv erfüllt und einen
bleibenden Eindruck hinterlassen! Bleibt schwer zu hoffen, dass man
diese Hammer-Band bald wieder zu Gesicht bekommen wird! (rog)
Thunder
Irgendwie fühlte sich dieser Moment etwa gleich beschissen an wie im
Dezember 2007, als sich Michael Sadler mit letzten Konzerten bei
Saga vom Acker machte. Nur mit dem Unterschied, dass die Kanadier
mit einem neuen Sänger (Rob Moratti) weiter machen und Thunder aber
ernsthaft gedenken, die Flinte nach dem ersten Split von 1999 (nun
definitiv?) ins Korn zu werfen. Das ist in mehrfacher Hinsicht
schade, denn altgediente Profibands aus der Hardrock Ecke wie
Magnum, Y&T, Great White oder Tesla erfreuen sich immer noch grosser
Beliebtheit. Gross heisst dabei nicht in der Dimension von
Fussballstadien, sondern eher Locations wie dem Z7, wo bei
ausverkauftem Haus 1'500 Fans auch für ordentlichen Lärm sorgen
können. Sold out war es heute (leider) zwar längst nicht, aber
einige Hundertschaften sorgten dennoch mindestens für das Gefühl,
dass gebührend Abschied gefeiert werden kann. Mein persönlicher
Berührungspunkt mit den Briten war eigentlich viele Jahre lang nur
das zweite Album «Laughing On Judgement Day» von 1992. Erst später
kamen einzelne weitere Scheiben dazu, darunter auch ein heute
gesuchter wie legendärer CD-Bootleg mit dem Titel «Shelter From The
Storm», der auf der «Laughing...-Tour» (wahrscheinlich in Donington)
mitgeschnitten wurde. Wer da drauf den Anfang von «Backstreet
Symphony» hört und keine Gänsehaut kriegt, ist emotional lebloser
als ein vermoderter
Fisch. Nebst den stets voll bratenden Gitarren
von Luke Morley und Ben Matthews ist es vor allem die Hammer-Stimme
von Danny Bowes, die den Sound von Thunder massgeblich geprägt hat.
Und dieser Mister Bowes, der sich altersmässig auch im Bereich von
etwa 50 herum bewegen muss, machte einen total fitten Eindruck.
Gleich wie auf der CD, machte heute Abend (nach «Thunderstruck» von
AC/DC als eine Art Intro) natürlich wiederum «Backstreet Symphony»
den Anfang, und was für einen! Vor der ersten Sekunde an loderte das
Feuer im Gebälk und hinterliess nichts als verbrannte Erde. Mit «On
The Radio» und «Miracle Man» (kein Ozzy-Cover!) folgten dann zwei
Songs des neuen Albums «Bang!», das bereits letztes Jahr erschienen
ist und vorläufig den Status als bislang letztes Studio-Album trägt.
«Low Life In High Places» als eine der besten Szene Halbballaden
überhaupt, markierte nur einen der unzähligen Höhepunkte an diesem
wunderbaren Konzert-Abend. Die Band spielte tight wie Sau und Danny
Bowes sang einfach göttlich! Was wollte man da noch mehr? So freuten
sich die mittlerweile doch gut 500 Leute über einen musikalischen
Streifzug der Extraklasse durch die grandiose Karriere von Thunder.
Da trennte sich wieder einmal die Spreu vom Weizen und liess wohl
manchen der im Saal anwesenden Musiker in Ehrfurcht erstarren. Man
merkt einfach sofort, wenn die ganze Chose auf den Punkt gespielt
wird und sich die Musiker untereinander blind verständigen können.
Es wäre noch interessant gewesen zu wissen, welche Gedanken (wenn
überhaupt) in den Köpfen rumschwirrten, wenn man sieht, wie das
Publikum praktisch jeden Song abfeiert. Dazu brauchten die Briten
nur ihre Instrumente plus den Gesang "sprechen" zu lassen und
verzichteten dabei auf jeglichen Firlefanz auf der Bühne. Kurz vor
Schluss gab es den Zusammenschluss beider Bands des Abends auf der
Bühne. Gemeinsam wurde (anstatt «Higher Ground») der Spencer Davis
Group Hit «Gimme Some Lovin'» runter gezockt. Wenn es das nach
knappen zwei Stunden Spielzeit nun also gewesen sein sollte, dann
bleibt am Schluss (nebst der Hoffnung, die bekanntlich zuletzt
stirbt!) nur der Dank für das musikalische Vermächtnis, das uns
Thunder hinterlassen haben.
Setlist (Original): «Backstreet Symphony» - «On The Radio» - «Miracle
Man» - «Low Life In High Places» - «The Devil Made Me Do It» - «Empty»
- «Dirty Dream» - «Love Walked In» - «Stormwater» - «Can't Keep A
Good Man Down» - «Don't Wait For Me» - «I Love You More Than
Rock'n'Roll» -- «River Of Pain» - «Higher Ground»* - «Dirty Love».
*«Gimme Some Lovin'» wurde anstelle von «Higher Ground» gespielt.
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