Livereview: Tygers Of Pan Tang - Headless

28. April 2017, Baden – Provisorium / LWB
By Rockslave
Man (n) mag es kaum glauben, aber nächstes Jahr können Tygers Of Pan Tang oder zumindest Gitarrist und Gründungsmitglied Robb Weir auf das vierzigste Bandjubiläum (!) anstossen. Gemessen am insgesamt eher bescheidenen Erfolg in der Zeit, grenzt es eigentlich an ein Wunder, dass diese Truppe immer noch unterwegs ist. Nimmt man jedoch das aktuelle selbstbetitelte Album als Massstab, dann hat die NWOBHM-Ikone kaum je besser geklungen! Seit dem konzertmässigen Relaunch in Wacken 1999 und der eigentlichen Wiederbelebung der Band 2001, hat der Tiger wieder Blut geleckt. Wer die Geschichte der Briten kennt, weiss natürlich, dass zu Beginn in den frühen 80ern John Sykes mit dabei war, der jedoch erst später mit Thin Lizzy, Whitesnake und Blue Murder für Furore sorgte. Heuer ist also nur noch Robb Weir übrig geblieben, der sich inzwischen eine neue Band zusammengestellt hat. Jüngster Zugang seit etwa vier Jahren ist Gitarrist Micky Crystal an der zweiten Klampfe, und seit 2004, also auch schon eine Weile, sorgt Frontmann Jacopo Meille für Konstanz. Nach Balingen (BYH!!!-Festival) 2011 und 2015 sah ich die Band somit erst zum dritten Mal!

Headless

Eine lokale Supportband wäre an dieser Stelle keine Überraschung gewesen, doch mit Headless hatte der Headliner eine feste Truppe dabei und andererseits gab es ein Wiedersehen mit dem Ex-Yngwie Malmsteen Shouter Göran Edman! Unvergessen ist dabei das Killer-Album «Eclipse» von 1990 und die Tour dazu, die damals auch im Zürcher Volkshaus Halt machte. Nach «Fire & Ice» (1992) war die Ära bei Ying Yang aber bereits wieder vorbei. Danach schloss sich Göran bis heute zahlreichen Combos an, darunter Brazen Abott (1995 – 1997). Bei den Italienern von Headless stieg er vor rund vier Jahren dazu und sang bisher mit «Growing Apart» (2013) und «Melt The Ice Away» (2016) zwei Alben ein. Dieser Kelch ging bisher jedoch ohne jegliche Wirkung an mir vorbei, und dass ich eigentlich erst zu Hause wirklich schnallte, dass dies Mr. Edman war, braucht keine weiteren Erklärungen. Nichtsdestotrotz spielten die Italos einen soweit beherzten Set, der insgesamt jedoch noch etwas mehr Schmackes hätte vertragen können. Verantwortlich für diese Einschätzung war im Wesentlichen der gute Göran, der zwar sauber sang, aber eine viel zu brave Attitüde auf die Bretter legte. Da war nichts mehr von der früheren Agilität zu sehen, und darum konnten seine sichtlich bemühten Kollegen den Karren nicht aus dem Dreck heraus ziehen. So sah ich mich nach dem Konzert nicht dazu veranlasst, am Merchstand einen Tonträger zu erstehen. Zu Hause stach mich der Hafer jedoch trotzdem, und so führte ich mir zumindest mal den letztjährigen Studio-Output an die Lauschklappen. Was ich da dann zu hören kriegte, gefiel mir weitaus besser als die Performance im Badener Löschwasserbecken (LWB) oder mit der neueren Lokalbezeichnung Provisorium. Dem bereits gut gelaunten Publikum war mein persönliches Befinden in Zusammenhang mit der Band allerdings völlig schnuppe, und so erhielten Headless mehr als nur fairen Applaus. Eine letzte Möglichkeit, auf den in der Ansage zum alten Gassenhauer «Making Love» (Opener vom Album «Eclipse») zu bemerken, wer da vor einem steht, liess ich tatsächlich ungenutzt! Sachen gibts…, die gibts gar nicht…, muss wohl das Alter sein.


Tygers Of Pan Tang
Die Nachricht war zunächst fast zu schön, um wahr zu sein: Tygers Of Pan Tang kommen in die Schweiz und das nach jahrzehntelanger Abstinenz. Wann genau die Band in den 80ern in der Schweiz aufspielte (wenn überhaupt!), lässt sich so einfach nicht verifizieren. Diese Frage wurde von Tinu im Interview mit Robb Weir nicht gestellt, doch letztlich ist das völlig egal. Die vergangenen Zeiten sind vorbei und lassen sich nicht mehr reaktivieren, vom einher gehenden Zeitgeist ganz zu schweigen. Das Augenmerk gilt somit der Gegenwart, respektive der näheren Zukunft, und diese sieht in Sachen Live-Auftritte erfreulich aus. Zum einen geht es um den exklusiven CH-Auftritt von heute Abend in Baden, und zum anderen werden die Tygers am nächstjährigen „ICE ROCK“-Festival im Emmental aufmarschieren und alles in Schutt und Asche legen. Zu schlagen gilt es Threshold (mit Damian Wilson) und Morgana Lefay. Wenn man sich das aktuelle selbstbetitelte Album anhört, so steht uns ein echter Live-Leckerbissen bevor, den das heutige Publikum bereits vorkosten durfte. Kaum hatte die Band angefangen zu spielen, trat der Unterschied zur Support-Truppe umgehend hervor. Die Mucke der Briten schob gewaltig und versetzte die Konzertbesucher ziemlich schnell in Jubelstimmung. Davon liess sich der Headliner noch so gerne inspirieren und lieferte amtlich ab. Interessant war auch zu sehen, dass es nicht nur angejahrte Fans hatte, sondern auch etliche jüngere BesucherInnen den Weg ins Provisorium 8 auf sich genommen haben und sich voll ins Zeug legten. Sowas lässt grundsätzlich Freude aufkommen.

Schade war lediglich, dass der Sound über die Gesamtdistanz nicht zu überzeugen vermochte. Vor allem die massiven Lautstärke-Schwankungen bei Gitarrist Micky fielen einem mehrmals unangenehm auf. Die Soli waren stets zu laut und die Riffs gingen immer wieder mal im allgemeinen Soundgebräu unter. Der anwesenden Fanschar konnten diese technischen Ungereimtheiten nichts anhaben, im Gegenteil! Die Party ging steil ab, was bei den knackigen neuen Songs, vermischt mit zahlreichen alten Perlen der 80er, auch kein Wunder war. Mainman Robb strahlte wie ein Honigkuchenpferd und genoss den Moment der Aufmerksamkeit sichtlich. Das galt auch für Drummer Craig Ellis, der mächtig Dampf freisetzte. Der Löwenanteil der Frische, die die Band ausstrahlt, geht jedoch auf das Konto von Frontmann Jacopo Meille. Nebst der brillanten wie kräftigen Gesangsstimme kommt er auch als Typ voll sympathisch rüber. Da war nichts von affektiertem Gehabe auf der Bühne zu sehen und zu hören, sondern nur purer Spass auszumachen! Somit muss man sich den Termin im nächsten Januar ziemlich fett im Kalender anstreichen, und ich wage zu behaupten, dass Tygers Of Pan Tang eine absolute Killer-Show auf die Bretter legen werden. Da die Anreise nach Baden staubedingt verzögert wurde und die NWOBHM-Ikonen somit später als geplant eintrafen, könnte dies der Grund sein, warum auf der Setliste zwei Songs, nämlich «Blood Red Sky» und «Rock Candy», leider gestrichen wurden. Der Rest liess sich jedoch keinesfalls lumpen, und man darf dabei getrost erwähnen, dass der Tiger wieder kräftig faucht!

Setliste: «Only The Brave» - «Love Don't Stay» - «Gangland» - «Do It Good / Euthanasia» - «Glad Rags» - «Take It» - «Never Give In» - «Keeping Me Alive» - «Don't Stop By» - «Raised On Rock» - «Devil You Know» - «Rock 'N' Roll Man» - «Hellbound» - «Suzie Smiled» -- «Tush (Cover ZZ Top)» - «Love Potion No. 9 (Cover The Clovers).