Wenn eine Rockband 23 Jahre nach der Gründung ganze vier
Studioalben, davon immerhin drei mit dem gleichen Sänger, heraus
gebracht hat, spricht das nicht gerade für überbordende Kreativität.
Dennoch gelang den Amis 1991 mit ihrem Debüt «Don't Come Easy» ein
Genre-Highlight, das die Zeit überdauert hat und 2008, mit der so zu
sagen dritten Reunion, quasi wieder zu neuem Leben erweckt worden
ist. Sänger Danny Vaughn, der Mitte der 80er mal kurz bei Waysted
ein Gastspiel gab, ist die zentrale wie prägante Figur bei Tyketto.
«Shine», die dritte Langrille von 1995, wurde von Ex-Journey
Frontmann Steve Augeri eingesungen und ist schon lange aus der
Wahrnehmung verschwunden. 17 Jahre danach raufte sich das
Ur-Quintett wieder in einem Aufnahmestudio zusammen und liess mit «Dig
In Deep» eine brandneue Scheibe vom Stapel. Diese erhielt dann von
zahlreichen Rezensenten jedoch eine eher durchschnittliche Wertung.
Fakt ist aber, dass die Band, wie ihre Buddies Tesla oder Mr. Big,
immer noch voll im Saft ist. Dies gilt auch für die hochkarätigen
Anheizer von Bonfire, die sich als langjährig versierte Recken keine
Blösse gaben und die Hütte ebenfalls rockten.
Bonfire
Es mag ja den einen oder anderen Fan geben, der Claus Lessmann (v)
und seine Jungs nicht so toll findet, wobei das kaum nachvollziehbar
ist. Die Deutschen weisen, inklusive der ersten Phase mit Cacumen
(1972 bis 1985) eine über 40-jährige Bandkarriere auf! Das macht
ihnen in der Heimat, ausser den Scorpions, sonst keiner nach. 2011
kam mit «Branded» das bislang letzte Studiowerk, notabene dreizehnte
Album, heraus. Dies kann sich (im Gegensatz zum Headliner) echt
sehen lassen und somit erledigt sich auch gleichzeitig die Frage, ob
das was gebracht hat, trotz einiger Lineup-Wechsel. Der ganz grosse
Erfolg wie Durchbruch lässt allerdings immer noch auch sich warten.
Nichtsdestotrotz wissen Bonfire bestens, wie man eine zünftige
Hardrock-Party vom Zaun reisst. Dies geschah heute Abend im Z7
ebenso, wie an anderer Stelle. Leadsänger Clauss Lessmann, Ur-Member
Hans Ziller (g), Chris Limburg (g), Uwe Köhler (b) und Neuzugang
Harry
Reischmann (d) liessen es nach dem Intro mit dem Opener «Under
Blue Skies», gefolgt von «But We Still Rock», schon mal ordentlich
krachen. Die ganze Chose kam sauber auf den Punkt gespielt rüber und
entwickelte sich laufend immer besser. Diese offensichtliche
Spielfreude übertrug sich langsam aber sicher auf das Publikum, das
der aktiv agierenden Truppe den verdienten Respekt zollte. Für eine
besondere Einlage war dann noch Schlagzeuger Harry besorgt, der
neben einem töften Solo noch das Element "Feuer" in seine Darbietung
packte. Die Feuerspuckerei und das Spielen mit brennenden
Drum-Sticks bescherte mir als Fotograph einige gute Schnappschüsse.
Nach guten 80 Minuten ging eine sehr unterhaltsame Co-Headliner-Show
zu Ende und nährte die Gewissheit, dass noch lange mit Bonfire zu
rechnen ist.
Setliste: «Intro» - «Under Blue Skies» - «But We Still Rock» - «Never
Mind» - «Hot To Rock/Don't Touch» - «The Light» - «Cry For Help» - «Fanstasy»
- «Just Follow The Rainbow» - «You Make Me Feel» - «Drum-Solo» - «Sword
& Stone» - «Sweet Obsession» - «Ready 4 Reaction/Champion» - «SDI» -
«Sweet Home Alabama».
Tyketto
Nach einer verhältnismässig kurzen Umbaupause war es dann gegen
22.15 Uhr soweit, was viele Melodic Rockfans vor einigen Jahren kaum
noch zu träumen wagten: Tyketto are back on stage! Auffälligste
Person auf der Bühne war Sänger Danny Vaughn, der sehr frisch und
fit wirkte und als Einziger noch richtig lange Haare trug. Nebst dem
Quartett, das auch das Cover von «Don't Come Easy» ziert, war noch
Keyboarder Darrel Treece-Birch von Ten als Gast mit dabei. Zusammen
entführten uns die New Yorker in die gute alte Zeit anfangs der
90er, wo die Dichte an guten Hardrock-Bands noch ziemlich hoch war
und eine Band namens Nirvana kurz vor ihrem Durchbruch stand. Der
Fokus der Setliste lag deshalb klar bei den ersten beiden Scheiben,
wovon «Strength In Numbers» als Zweitling von 1994 für den damaligen
Plattenriesen Geffen durchfiel, heute aber, mit genug Abstand,
deutlich besser wegkommt. Danny spielte zu einigen Liedern,
begleitend, auf einer akustischen Gitarre und das verlieh dem Sound
eine
besondere Note. Die zuvor von Bonfire gut auf Temperatur
gebrachten Fans waren erfreulich aktiv geworden und feierten den
Headliner immer lautstärker ab. Wie zuvor schon, lieferte auch die
Hauptband eine äusserst solide Mannschaftsleistung ab, was den
vermeintlich angestaubten Songs ungemein gut tat. Des Weiteren
konnte man sich als Fan kaum am Original-Lineup satt sehen und
erlebte hiermit eine von ja Dutzenden von Reunions, die aber in
diesem Fall absolut legitim ist. Selbst wenn das aktuelle Album
nicht an die früheren Glanztaten anschliessen kann, blitzte zu jedem
Moment die Geschlossenheit der Band auf. Da war nichts Gekünsteltes
auszumachen und wenn gar Danny Vaughn selbst sagt, dass er das
eigentlich kaum glauben könne, was da auf dieser Tour gerade
geschehe, so nimmt man ihm das zu 100% ab. Nach dem sackstarken und
etwa gleich langen Auftritt wie Bonfire mischte sich die ganze
Gruppe beim Merchandise-Stand und dem Backstage-Eingang noch locker
unter die Leute und genoss offensichtlich das Interesse, das ihr
entgegen gebracht wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass man diesen
betörenden Live-Sound bald wieder bei uns geniessen kann. Die
Nachfrage bei einigen der anwesenden Fans zeigte auf jeden Fall ein
einheitliches und erfreulich positives Bild. Ein Zustand also, der
unweigerlich Lust auf Nachschlag auslöst.
Setliste (vom 19.10.12 at Firefest, keine Gewähr für Pratteln): «Strength
In Numbers» - «Faithless» - «Burning Down Inside» - «Lay Your Body
Down» - «Here's Hoping It Hurts» - «Catch My Fall» - «Sail Away» -
«Standing Alone» - «Rescue Me» - «Meet Me In The Night» - «The Fight
Left In Me» - «Wings» -- «Forever Young».
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