Livereview: Tyr - Hollenthon - Alestorm - Svartsot - Gwyndion
14.10.2008, Z7 Pratteln
by R.K. Wishmaster (R.K.) & Kissi (kis) – Pics by Kissi
Zitat Wikipedia: «Folk Metal ist eine Musikrichtung, in der Metal und meist nationale Folk-Elemente miteinander verschmolzen werden». Ergo: Umso verschiedener die Herkunftsländer, umso abwechslungsreicher ein Abend, der genau im Fokus dieses Genres steht. Die Ragnarök-Festivaltour hielt sich an dieses Credo und schickte eine Horde Musiker aus halb Europa quer durch Europa, u.a. eben auch ins Z7. Dabei konnte man die traditionellen Elemente zwar nicht bei allen Bands kennen, exotisch und speziell sind diese aber alle. Portugiesisch gestartet wurde mit Gwydion, Svartsot brachten dänische Klänge in die Schweiz, die Shootingstars Alestorm beriefen sich mit ihrem Scottish Pirate Metal auf eine traditionelle Seite Schottland abseits von Dudelsack-Klischees und Braveheartbildern, Hollenthon vermischten die opulente Klassik-Tradition Österreichs mit klirrendem Black Metal und die umtriebigen Týr kredenzten ihren Färöer-Folk zum ersten Mal als Headliner in der Schweiz. Trotz der Vielfalt der Herkunftsländer aber kam an diesem Abend weniger Stimmung auf, als man es von klassischen Folk- oder besser gesagt Pagan-Nächten gewohnt ist, was einerseits an dem eher episch pompösen, weniger bierseligen Sound der Bands (Alestorm machten da die Ausnahme) und andererseits an der kleineren Besucheranzahl lag. Nicht einmal 500 Leute wollten das Ragnarök nämlich mit eigenen Augen geschehen sehen. (kis)

Gwydion
Nanu was war den das, da steht auf dem Ticket Show 19:30 und trotz pünktlichem Eintreffen, griffen die portugiesischen Wikinger von Gwydion bereits mächtig in die Saiten. Der verfrühte Begin zeigte auch deutlich Spuren, so standen erst ein paar wenige Leute vor der Bühne, welche im Takte nickend die Show genossen. Sicherlich nicht das, was sich eine Band wünscht, andererseits ist die Vorstellung das Vikin/Black Metal von Portugiesen gespielt wird auch nicht gerade alltäglich. Obwohl sich die Band Mühe gab, so war der Platz des Openers gerechtfertigt, denn der Sound oder mindestens die 3 Songs welche ich noch mitbekommen habe, waren alles andere als eine Inspiration oder Offenbahrung dieses Genres. Zumindest konnte die Band schon mal etwas Stimmung erzeugen, zu mehr reichte es schlichtweg nicht. (R.K.)

Svartsot
Den Dänen von Svartsot mit der Lizenz zum Flöten bot sich dann ein komplett anderes Bild. Denn obwohl in der Werkstatt Svartsot erst ein reguläres Album geschmiedet wurde, so schien es doch, dass sich die Band schon einige Freunde in der Schweiz für sich gewinnen konnten. So stand eine wohlgeformte Traube vornehmlich jüngerer Nachwuchswikinger vor der Bühne, welche jubelnd die Band begrüsste. Ohne Worte zu verlieren, legten die sechs Herren sogleich los und servierten der Menge ihren Pagan/Folk Metal, welcher gierig aufgesogen und in Bewegung umgesetzt wurde. Es kam zum ersten Male an diesem Abend so richtig Stimmung auf, welche unter den Flötenklängen zum mitgehen, jubeln und heftiges Kopfnicken einlud. Zwar gab es nach ersten zwei Songs eine kurze Begrüssung durch Frontgrunzer Claus Gnudtzmann, jedoch war es der Band mehr ums Spielen, den ums Schwatzen zu mute und obwohl die Songtexte auf Dänisch verfasst sind, ging das Publikum bei jedem Song mit. Besonders «Spiellemandens Dase» und «Skonne Moer» wurden lauthals abgefeiert. Zur Freude der Anwesenden, wurde auch ein Brandneuer Song von der Band gespielt, dessen dänischen Titel ich mir leider nicht merken konnte. Zusammenfassend bleibt zu sagen, Svartsot haben überzeugt auch wenn keine opulent Show geboten wurde, doch sie schafften es mit ihrer Musik den Nerv der Anwesenden zu treffen und ehrlich gesagt, was will man mehr?!? (R.K.)

Alestorm
«Segel setzen!» hiess es darauf mit Alestorm. Erst vor einem halben Jahr mit ihrem Debüt «Captain Morgan's Revenge» auf der Bildfläche erschienen, konnte das Quartett um Steuermann Chris Bowes schon auf einigen Festivals überzeugen. Die Ragnarök-Tour stellte dabei ihren ersten Beutezug durch europäische Clubs überhaupt dar und dafür schlugen sich die Jungs gar nicht schlecht, bedenkt man sich dazu noch den Bierpegel, den die Jungs schon vor ihrem Auftritt sitzen hatten. Mit «Over The Seas» stürzte man sich direkt in die Riff-Fluten und bei «Huntmaster» bekannte man sich zu seinen Grave-Digger-Verehrung. Obwohl Alestorm in Europa wohl noch nicht allzu vielen ein Begriff ist, feierten doch schon ein paar dutzend Hobby-Piraten ausgiebig mit den Freibeutern und gröhlten gerade zu den zu einem Besäufnis perfekt passenden Schunkel-Rockern «Nancy The Tavern Wench» oder «Wenches And Mead» ausgiebig mit. Captain Bowes machte auf der Bühne in Piratenkutte und mit Keyboard-Gitarre (beklebt mit kleinen, bunten Plastik-Fischchen) eine mehr als souveräne Figur, genauso wie Basser Dani Evans, dessen Vorbild äusserlich wie performerisch Týr's Tieftöner Gunnar Thomsen zu sein schien. Der Novize Tim Shaw hingegen hatte zwar seine Klampfe fest im Griff, in Sachen Stageacting hat der Junge aber noch einigen Nachholfbedarf, stand er meist doch einfach steif am Bühnenrand. Etwas holprig, dafür umso energiegeladener fechteten sich Alestorm als Ganzes so durch «Set Sail And Conquer», «Terror On The High Seas» und das abschliessende «Captain Morgan's Revenge». Noch etwas mehr Bühnenerfahrung, anstatt ner vollen nur ne halbe Buddel voll Rum, dann wird jede alkoholgetränkte Meute mit Alestorm unter einer Flagge segeln. (kis)

Hollenthon
Nachdem alle Handelsschiffe geentert waren, schien es, als wären die anwesenden Freibeuter etwas ausgepowert. So wurde Hollenthon unter eher mässigem Interesse begrüsst. Ein Umstand, welcher nicht sonderlich überraschend kam, da doch Hollenthon mit ihrem Symphonic Dark Metal nicht wirklich zu dem Rest der Bands passte und neben den wenigen Hollenthon Sympathisanten wage ich zu behaupten, dass die Österreicher dem grossteil des Publikums gänzlich unbekannt waren. Nach einem kurzen Intro eröffnete Hollenthon mit «On The Wings Of A Dove» ihr Set. Die freudige Seefahrer Stimmung wich abrupt einer Post-Apokalyptischen Atmosphäre und einige Zuschauer glotzten erst mal verwundert zur Bühne. Wie erwartet kamen die Chöre ab Band, waren teilweise etwas leise untergemischt, was den Gitarren zugute kam, die dröhnten richtig fett und sorgten dafür, dass zwar im Vergleich zu Hollenthon ab Konserve der symphonische Charakter und viele Feinheiten etwas untergingen, dafür der Sound mit richtig viel Power über das Publikum hinweg rollte. Mit «Fire Upon The Blade» und «Y Draig Goch» pfefferten die Jungs nach und bewiesen eindrücklich, das sie spielerisch in einer anderen Liga agieren, als der Rest der Bands aus diesem Package. Zwischendurch gab es auch immer wieder mal ein paar witzige Ansagen von Martin Schirenc im breiten (vermute ich mal) Wiener-Dialekt, was die Stimmung etwas auflockerte, aber irgendwie nicht so bei Allen ankam, denn ein richtiger Wikinger lacht ja nicht, oder der Österreichische Dialekt war eine fremde Sprache, wie Martin selbst witzelte. Interessant war jedoch auch zu beobachten, dass im Laufe des Gigs doch Einige ermuntert waren, die Vorstellung mal aus der Nähe anzusehen und spätestens bei «To Kingdom Come» war dann auch mal was los vor der Bühne und die Nacken wurden so richtig angeheizt. Jedoch wirkliche Euphorie kam nie auf, abgesehen von den wenigen Holltenthon Fans. Dies war deutlich bemerkbar, als Martin das Publikum fragte, ob noch eine Zugabe erwünscht sei, dieses jedoch nicht so richtig wusste, was nun zu tun ist und auf die Gegenfrage von Martin: „Na dann nicht?“, waren nur lange Gesichter zu sehen. Ich gehe mal davon aus, dass die Meisten gerade damit beschäftigt waren, den Sinn des Lebens zu ergründen oder voll konzentriert auf das ein- und ausatmen waren, denn unser Gehirn muss ja mit Luft versogt werden. Damit der kollektive Denkapparat nicht zu sehr überfordert wurde, knallte die Band kurzerhand zum Abschluss noch «Once We Were Kings» und «Woe To The Defeated» in die Menge, welche dann doch ersichtlich erfreut darüber war. Trotzdem war der Umstand Hollenthon in Kombination mit den anderen Bands auf diese Tour zu nehmen sehr unglücklich und ich hoffe schwer, dass die dafür Verantwortlichen etwas daraus lernen und in Zukunft Bands zusammenwürfeln, welche besser zusammenpassen und dem jeweiligen Zielpublikum einen freudigen Abend beschert. (R.K.)

Týr
Weniger düster, aber nicht minder episch präsentierte sich darauf der Headliner. Gefühlte 10 Mal waren Týr in letzter Zeit in der Schweiz, sei es als Teil der Paganfest-Tour, an irgendwelchen anderen Pagan-Veranstaltungen oder an der sommerlichen Mittelalterwoche im Dynamo in Zürich. Das gute daran: Wenn man Týr wirklich mag, dann macht das Zuschauen und -hören dieser Truppe immer wieder Spass, duldet man das Quartett aber nur oder findet sie gar lahm, dann kann einem das schon ziemlich auf den Wecker gehen. Nicht verwunderlich also, dass sich das Z7 während des an sich doch recht gelungenen Auftritts der Färöer langsam aber stetig leerte, sodass das ausgelassene Feiern zu Songs wie «The Wild Rower» oder dem hymnischen Titeltrack der aktuellen Scheibe «Land» nur noch von etwa 100 Leuten zelebriert wurde. Dies lag sicherlich auch an einem eher verhaltenen Start, der einzig von dem grandiosen «Hail To Hammer» gerettet wurde. Denn obwohl das bauchfreie Saitentrio in Sachen Stageacting wie immer nichts anbrennen liess, kennt man die eher schleppenden, fast schon elegischen Nummern der Nordmänner nicht wirklich, so kann das, was für den Kenner Epik ist, schnell als Trägheit wahrgenommen werden. Gitarrero Terji Skibenaes jedenfalls hätte mit seinem tätowierten Oberkörper, den schwarz-violett gefärbten Haaren und den verdächtigen Posen glatt als Glamrocker durchgehen können, während auf der anderen Bühnenseite Rundling Thomsen den dauergrinsenden Kaspar machte und Mastermind Heri Joensen das willige Publikum selbstbewusst durch Nummern wie «Eric The Red» vm gleichnamigen Album, «Gattu Rima» oder «Lokka Tattur» führte. Dass dabei «Ragnarök» von 2006 nach wie vor die beste Scheibe der Insulaner ist, dies untermauerten die Songs «Hammer Of Thor» oder das phänomenale «Wings Of Heaven». Es ist schwer, mit Material, das gut und gern auch als träumerisch bezeichnet werden kann, ein Publikum so richtig mitzureissen, auch wenn, wie an diesem Abend, Sound und Band in bester Verfassung sind. Vielleicht war es das nach vier Bands doch schon recht müde Publikum oder eben halt doch der Sonng, jedenfalls endete dieser Abend in Sachen Stimmung mit einem eher flauen Beigeschmack, was einem bei den doch speziellen und innovativen Bands mehr als sonst leid tun kann. (kis)