Livereview: UFO - Nine Eyes Nation

16. Juni 2019, Pratteln – Z7
By Rockslave - All Pics by Tinu
Acht Tage zuvor stand die britische Rock-Legende UFO noch beim "Sweden Rock" Festival auf der Bühne. Dennoch war der wohl letzte Auftritt auf Schweizer Boden absolute Pflicht! Obwohl diese Abschiedstourneen, bei den Scorpions mittlerweile ein Running Gag und den Rolling Stones nach wie vor kein Thema, langsam aber sicher nicht mehr zu kaschieren sind, verdienen sie höchste Aufmerksamkeit. Wer diese gegenwärtige Tatsache verpennt, wird dies je länger je mehr bereuen. Selbst der erste und gleichzeitig vielleicht letztmögliche Konzertbesuch eines jungen Fans kann zu einem unbezahlbar wichtigen Lebensereignis werden. Würde diese Einstellung altermässig querbeet vorliegen, hätte das Z7 heute Abend allerdings "sold out" verkünden können, ja eigentlich müssen. Immerhin waren aber dennoch einige Hundertschaften zugegen, die sich noch einmal vor Augen und Ohren führten, welche Menge an geilen Songs UFO im Verlauf ihrer grossartigen Karriere geschrieben haben. Als Support spielten die mir zuvor völlig unbekannten Nine Eyes Nation aus Wilhelmshaven (D) auf, die mit ihrer knackigen Mucke voll überraschen wie punkten konnten.

Nine Eyes Nation

Dass die fünfköpfige Truppe bisher nicht gross auf sich aufmerksam gemacht hat, liegt wohl in erster Linie daran, dass sie erst seit rund drei Jahren in dieser Form existiert. Schaut man sich das Line-Up allerdings etwas genauer an, fallen vorab zwei Namen auf, die schon eine ganze Weile im Music-Business verbracht haben! Die Rede ist vom Axt-Duo Oliver Fuhlhage und Matthias Mineur, das zumindest mit deren ehemaliger Stamm-combo Mob Rules den eigentlich längst verdienten grösseren Erfolg trotz neun mehrheitlich überzeugenden Studioalben und dem aktuellen Live-Album «Beast Over Europe» nicht realisieren konnte. Für Nine Eyes Nation versammelten die beiden erfahrenen Recken mit Frontmann Carsten Stepanowicz sowie der Rhythm Section, bestehend aus Miles Lamberty (b) und Janneck Risse (d / backing vocals), neues Blut um sich. Das Resultat hörte sich mit jedem gespielten Song besser an! Der melodische Hard & Heavy Sound mit kernigen Gitarren klang überaus eingängig und die Band spielte tight auf den Punkt. Die sich oft wiederholenden Ansagen von Carsten wie "Habt ihr Spass?" wirkten mit der Zeit zwar etwas aufgesetzt, mutierten aber durch die agile Performance zu einem letztlich unbedeutenden Detail. Das, was Mob Rules früher schon immer auszeichnete, ist nun auch bei Nine Eyes Nation deutlich vorhanden, respektive heraus zu hören. Tonträgermässig ist bisher nur eine 2-Track Single-CD erschienen, von deren Inhalt heute Abend «Going Down» als letzter Track zu Live-Ehren kam. Die Stimmung der Fans entwickelte sich prächtig, und man hätte den Deutschen gerne noch eine Weile mehr, sprich länger zugehört. Bleibt zu hoffen, dass die Jungs bald wieder ein Aufnahme-Studio entern und ihr full lenght Debüt in Kürze einspielen werden. Das Potenzial zu geiler Mucke, die zwischendurch auch mal ein paar Hammond Organ oder dezente Snythie-Einsätze offenbart, ist auf jeden Fall vorhanden, und es wäre echt eine Schande, wenn dieser aufstrebenden Combo eines hoffentlich nahen Tages kein Erfolg beschieden würde. Darüber hinaus wäre es auch Mob Rules zu gönnen, wieder wahr genommen zu werden.

Setliste: «Intro Hurt (Johnny Cash Cover)» - «Under The Radar» - «Beautiful» - «Rainmaker» - «On The Edge» - «Move It On Over» - «In A Lifetime» - «Still Alive» - «Going Down».


UFO
Wenn von szeneprägenden Live-Alben die Rede ist, und davon gibt es bekanntlich etwa ein gutes Dutzend, dann gehört «Strangers In The Night» von 1979 ohne mit der Wimper zu zucken auch dazu. Das Konzert der 78er-Tour, das in der damaligen Hochburg Chicago vor 15'000 Fans aufgenommen wurde, wurde in der Bestbesetzung mit Phil Moog (v), Michael Schenker (g), Paul Raymond (g/keyb), Pete Way (b) und Andy Parker (d) für die Nachwelt festgehalten. Aus dieser Zeit stammen auch die grössten Hits der Briten mit dem deutschen Wunderknaben an der Gitarre. Die meisten der UFO-Klassiker stammen denn auch aus der Feder von Michael Schenker, der bei seinem Einstieg 1973 einen gewissen Bernie Marsden (Ex-Whitesnake) quasi über Nacht aus-bootete. Wer sich mit der ganzen Bandhistorie befasst, wird noch auf einen ganzen Haufen bekannter Namen stossen. Bei UFO in der Ausgabe 2019, also unglaubliche fünfzig Jahre (!) nach der Gründung, sind nach dem bedauerlichen Tod von Paul Raymond (R.I.P.) in diesem Frühling nur noch Phil Moog und Andy Parker übrig geblieben. Dieses betrübliche Ereignis konnte die "50 Years Anniversary" Tour jedoch nicht aufhalten, zumal Phil, mittlerweile auch schon 71 Jahre alt, im Vorfeld bekannt gab, dass danach definitiv Schluss sei. Gitarrist Vinnie Moore, der seit 2004 dabei ist, konnte den Geist von Schenker zwar nicht ganz weiter tragen, sorgte aber in den letzten Jahren für Kontinuität und prägte die späteren wie durchaus guten Alben nachhaltig. Nach dem persönlich miterlebten Auftakt am "Sweden Rock" war es unumgänglich, ein zweites Mal Abschied von dieser Rock-Legende zu nehmen! Für den verstorbenen Paul gereichte es nun Neil Carter (Ex-Gary Moore), der ja von 1980 bis 1983 bei UFO dabei war, zu einer unerwarteten Dernière, die dieser absolut würdig bestreitet und mit seiner kernigen Spielart gar für Härte-Akzente sorgt. Das Alter ging aber auch an ihm nicht spurlos vorüber, denn wo früher massig blonde Haare waren, ist aktuell kaum mehr was übrig davon.

Die Setliste der abschliessenden UFO-Tour enthielt Songs aus insgesamt zehn Alben, wobei der Schwerpunkt nach wie vor bei vielen Klassikern von 1974/'75 und 1977/'78 lag. «Run Boy Run» markierte dem gegenüber den "jüngsten Song" ab dem vorletzten Studioalbum «A Conspiracy Of Stars» (2015). Phil Mogg, der ja jahrelang einen Kampf mit dem "Demon Alcohol" ausfocht, hinterlässt auf der abschliessenden Tour, trotz hagerem Körper, einen erfreulich guten Eindruck. Sein Gesang war zu jeder Zeit echt klasse, und getragen durch seine Kollegen, kriegten die begeisterten Fans zahlreiche wie von anderen Bands immer wieder gecoverte Kult-Songs ein letztes Mal mit der Originalstimme zu hören. Natürlich wurde «Rock Bottom» als abschliessender Song des regulären Sets in der "Extended Version" mit dem unverzichtbaren Guitar-Solo gezockt. Vinnie Moore lieferte hierbei voll ab, und er wird sich nun nach fünfzehn Jahren bei UFO ein neues Standbein suchen müssen. Gut möglich, dass uns bald eine weitere Super-Group ins Haus steht. Allerdings muss die Musikwelt in den nächsten Jahren nicht ganz auf UFO-Songs verzichten, da einige davon zum festen Bestandteil bei "Michael Schenker Fest" geworden sind und das auch bleiben werden. Mit «Shoot Shoot» als zweite Zugabe von heute Abend und nota bene der gleiche Schlusssong wie auf der «Strangers...» schloss sich der Kreis. Unmittelbar nach dem Konzert war eine spürbare Wehmut auszumachen, und leider wird uns dieses Gefühl in den nächsten Jahren noch einige Male ereilen. Deshalb geht jeweils hin zu solchen Gigs und verpasst diese unwiederbringbaren Momente nicht! Einziger negativer Punkt war allerdings, dass Paul Raymond mit keiner Silbe erwähnt wurde. Sowas gehört sich einfach nicht, und selbst der egozentrische Mr. Schenker, in dessen Band im Januar der Verlust von Drummer Ted McKenna (Ex-The Sensational Alex Harvey Band/Ex-Rory Gallagher/Ex-MSG) beklagt werden musste, gedachte seines ehemaligen Kollegen. UFO - Goodbye and thank you for the music.

Setliste: «Mother Mary» - «We Belong To The Night» - «Run Boy Run» - «Venus» - «Lights Out» - «Baby Blue» - «Only You Can Rock Me» - «Burn Your House Down» - «Cherry» - «Love To Love» - «Makin' Moves» - «Too Hot To Handle» - «Rock Bottom» -- «Doctor Doctor» - «Shoot Shoot».