Livereview: Unholy Alliance 2006 - Slayer - In Flames -
Children Of Bodom - Lamb Of God - Thine Eyes Bleed
23. Oktober 2006, Winterthur Eulachhalle
By Rockslave (Rsl), Wishmaster (Wsh), El Muerte (Mue), Kissi (Kis) & Phil (Phl) - All Pics by Rockslave
Als dieser Event ein paar Monate zuvor angekündigt wurde, lief vielen Metalheads gleich das Wasser im Munde zusammen. Bei genauerem Hinsehen bemerkte der geneigte Fan aber schnell, dass hier nicht nur die Freude an der Musik für dieses interessante Package den Ausschlag gab, sondern mit Sicherheit das knallharte Kalkül dahinter steckte, damit möglichst viele (zahlende) Zuschauer anzulocken. Das gelang in Winterthur gar nicht mal schlecht, obwohl das Prädikat "ausverkauft" klar nicht vergeben werden konnte. Dennoch kam eine respektable Horde Metal-Maniacs zusammen und vor allem altersmässig bunt gemischt, was natürlich, respektive wiederum auf das Billing zurück zu führen war. Während Thine Eyes Bleed, Lamb Of God und vor allem In Flames die jüngeren Fans anzogen, sorgten Children Of Bodom für das Mittelfeld, während die Altmeister Slayer insgesamt die eher älteren Semester mobilisierten. Die Mischung machts also..., und so kam es dann auch. Die Stimmung entwickelte sich von Anfang stetig und erreichte den ersten Siedepunkt bei Children Of Bodom. Zu meiner Überraschung pulverisierten In Flames diese Vorlage nachfolgend mühelos, sodass auch die kultigen Headliner da vor mittlerweile leicht gelichteten Reihen nicht mehr rankamen! Doch nun schön der Reihe nach..., die Metal Factory war zahlreich vor Ort vertreten und zeichnet diesen Abend mit unten stehenden Berichten aus verschiedenen Schreiber-Quellen für Euch nach. So let's start with the "The Unholy Alliance"! (Rsl)

Thine Eyes Bleed
Eröffnet wurde der blasphemische Musikreigen heute von den Kanadiern Thine Eyes Bleed, die in unseren Breitengraden lediglich dafür bekannt dafür sind, dass bei ihnen John Araya, der kleine Bruder von Slayer's Tom, den Viersaiter bedient. Dies dürfte dann letztlich auch der ausschlaggebende Grund dafür gewesen sein, dass das Quintett um Gründer und Ex-Tourgitarrist von Kittie (den kanadischen Thrash-Mädels), Jeff Phillips heute dabei sein darf. Denn leider können die fünf Hühnen, allesamt übrigens stark gesichtsbehaart, das Publikum mit ihrer Mischung aus aggressivem Thrash, Black Metal und Core-Einflüssen nicht wirklich mitreissen, was wohl in erster Linie an den äusserst verschachtelten Songstrukturen gelegen haben muss, denn eigentlich zeigte sich die Band, wenn auch nicht allzu bewegungsfreudig, doch versiert und dynamisch zugleich. Der breiige Sound und die überaus nervöse Lightshow taten dann noch ihr Übriges hinzu und so dürfte sich der Fünfer während seinen 25 Minuten (die ein verdächtig an Kerry King erinnernder Glatzkopf vom Bühnenrand aus mitfilmte) nicht wirklich viele neue Fans erspielt haben. Der Abend war hiermit jedoch eingeläutet und die erste Verschnaufpause vergleichsweise kurz. (Kis)

Lamb Of God
Im Vorfeld des Gigs waren nur vereinzelte Lamb Of God-Shirts im Publikum ausmachbar. Das wird wohl vor allem daran liegen, dass die Band noch nie auch nur den Fuss auf Schweizer Boden gesetzt hat, obwohl sie eigentlich letzten Sommer für ein Konzert in Vevey angekündigt waren. Nichtsdestotrotz schien das mittlerweile ordentlich angewachsene Publikum auf die Band zu warten, denn als der Thine Eyes Bleed-Fronter sie ankündete, ging eine amtliche Begeisterungswelle durch die Reihen. Lamb Of God konnten dann als erste Band des Abends die volle Produktion auffahren. Nebst einem schicken Backdrop mit dem Adler vom Cover der «Killadelphia»-DVD standen auf beiden Seiten des Drumkits jeweils eine ordentliche Wand an Gitarren- und Bassboxen. Nach einem kurzen Intro ab Band stieg die Mannschaft um Frontkläffer Randy Blythe unter starkem Applaus auf die Bühne und hämmerte gleich ein tightes «Ruin» durch die Boxen. Überhaupt muss hier bereits die unglaublich präzise Spielweise der Band hervorgehoben werden, obwohl der Mix deutlich zu wünschen übrig liess (die Gitarren sägten, während untenrum beinahe nix mehr definierbar war), hörte man sämtliche Breaks sauber raus, und die Grooves sassen perfekt. Während die Band sich hauptsächlich im Bangen übte, sprang Randy kreuz und quer über die Bühne, stachelte das Publikum an und lieferte nebenbei einer der besten Gesangsleistungen des ganzen Abends ab. Auch das Publikum liess sich die Freude über den Gig nicht nehmen, die Pommesgabeln wurden beinahe bis ans Mischpult in die Höhe gehalten, Haare kreisten links und rechts und auch einige Pits begannen bereits zu brodeln. Die Setlist war mehr oder weniger ein Querschnitt aus sämtlichen Alben, wobei interessanterweise gerade die letzte Veröffentlichung mit vier Songs ausserordentlich stark vertreten war. Von sämtlichen acht Stücken stach vor allem der Track «Redneck», die Singleauskopplung von der aktuellen Scheibe, durch einen äusserst dominanten Southern-Groove heraus, zu dem das Publikum mehrmals ambitioniert die Fäuste schwang und den Takt mitbrüllte. Als nach 40 Minuten der Song «Black Label» das Set standesgemäss beendete, war klar, dass Lamb Of God mit diesem Auftritt wohl einige Fans dazugewonnen hatten, und nicht wenige sich wahrscheinlich jetzt schon auf eine kommende Headliner-Tour freuten. (Mue)

Set-Liste: "Ruin", "Laid To Rest", "Walk With Me In Hell", "Pathetic", "Now You've Got Something To Die For", "Blacken The Cursed Sun", "Redneck", "Black Label".

Children Of Bodom
Schon zu Beginn, bevor überhaupt eine einzige Note gespielt wurde, fiel die erstaunlich hohe Dichte von Sensenmännern auf den Shirts und Kapus der (trotz Montagabend) zahlreich anwesenden Fans auf. Das sympathische Maskottchen der Finnen starrte einen in Grün, Rot, Blau und Weiss von dermassen vielen Leibchen entgegen, dass sich häretische Statements à la "heimlicher Headliner" nur schwer verkneifen liessen. Aber okay, immerhin ging's heute ja um Slayer, da ist so was ja wirklich mit blanker Häresie gleich zu setzen. Auf jeden Fall war vor der Bühne in einem Umkreis von zwanzig Metern nichts mit Bewegung, dicht gedrängt standen die Fans erwartungsvoll da, nur um bei der kleinsten Bewegung auf den Brettern in frenetischen Jubel auszubrechen. Auffallend war auch die hohe Anzahl an sehr jungen Fans, die offenbar von den Kindern Bodoms begeisterter waren, als von den Thrash-Urgesteinen Amerikas. Mit einem humorvollen, spielshowmässigen Intro ("Ladies and gentlemen, please welcome with me: The incredible childreeeen oooooof boooooodoooooooommm") stürmten die Mannen um Alexi Laiho aus dem Backstage-Bereich, um mit "Needled 24/7" einen bilderbuchreifen Start hinzulegen. Und sofort war die Hölle los, ob des entstehenden Moshpits wähnte man sich an einem Punk-, oder HC-Konzert. Zwar war das Gehüpfe und Gerempel sicher Geschmackssache, aber zumindest meiner Wenigkeit plus Begleitung vermieste es erstmal den Genuss der wie immer herausragenden Saiten- und Tastenhexerei der Band. Also erstmal zehn Meter Abstand und weitergebangt. Offenbar waren Alexi, Henkka, Hanne & Co. heute besonders guter Laune, cooles Posing, fröhliches Zuprosten und ein bei der ganzen Band vorhandenes Dauergrinsen verdreifachten die Ausstrahlung der Finnen und liessen auf einen möglichst langen Gig hoffen. Besonders lang wurde er dann zwar nicht, aber sonst: Was für eine Band! Was für Songs ("In Your Face", "Sixpounder", "Living Dead Beat" und natürlich "Hate Me!")! Was für Musiker! Im Bewusstsein, dass die Spielzeit eines Slayer-Openers stark eingeschränkt ist, wurde Vollgas gegeben und ein Best-of aus (fast, "Something Wild" fällt unter den Tisch, nicht einmal das sonst übliche "Lake Bodom" wird gespielt) allen Schaffensphasen der Band geliefert. Das einzig Negative waren die bei einem Slayer-Gig wohl zum Inventar gehörenden stramm stehenden oberbeinharten Ultrafans, die bei einer Vorband glauben, die Spassbremsen spielen zu müssen. So wurde man als beim wie immer göttlichen "Downfall" ausflippender Finne und MF-Schreiberling in Personalunion doch tatsächlich von drei angetrunkenen Mitdreissigern angequatscht (Originalzitat: "Häbet still, isch ou so scho z'warm"), was es denn da zu bangen gäbe?!! Bleibt doch einfach zu Hause, Leute. Ansonsten: Gewohnt geile Sache! (Phl)

In Flames
Nachdem die Herren Children Of Bodom der anwesenden Meute schon mal ordentlich eingeheizt hatten, wurde es Zeit für die nordländischen Nachbarn von In Flames. Um 20:50 Uhr hiess es dann Licht aus in der sich ständig aufheizenden Eulachhalle und es ertönte das "Knight Rider Theme" und ich erhoffte mir schon mit diesem Intro einen Fingerzeig auf etwaige Retro-Besinnung und Songmaterial aus alten Zeiten. So erschienen die Mannen um Anders Fridén erneut im "Boygroup-Look" , jedoch blieb die weisse Kluft im Schrank und die Jungs besannen sich auf ein dezentes Erscheinen in dunkelgrüner Montur. Mit einer an 80er Jahre erinnernden Lichtshow eröffnete "Pinball Map" das Set und sorgte sogleich für eine Bombenstimmung, obwohl..., wo war die Stimme? "Hallo Herr Mischpult, what the fuck are you doing?" Ungeirrt der miesen Soundqualität kochte mit diesem Opener die Stimmung auf den bisherigen Höhepunkt. Wie es schien, waren einige Fans der Schweden-Tod Truppe anwesend und feierten die Jungs gehörig ab. Nachdem "Leeches", "Cloud Connected" und "Trigger" zum Besten gegeben wurden, hatte ich schon die Befürchtung, nichts aus den guten alten Tagen vernehmen zu dürfen, doch mit "Behind" und "Resign" kam dann doch etwas Retro-Stimmung auf. Der Sound blieb jedoch mies, was die Fans jedoch nicht davon abhielt, die Schweden Song für Song abzufeiern und es kam so, wie es sollte..., "Only For The Weak", der Klassiker, liess die Halle erhüpfen, ein tolles Bild. Anders Fridén war ein kleines Energiebündel auf der Bühne und hielt auch gerne mal ein Schwätzchen oder liess die anwesende Meute für ihn brüllen. Obwohl auch in den hinteren Rängen immer mal wieder gerne "Slaayyerrr" gerufen wurde, verstummten diese Rufe postwendend wieder, als "Graveland" ertönte. Mit diesem alten Brecher hätte selbst ich nicht gerechnet, ein Hoch auf die alten Tage, welche dann doch wieder neueren Songs weichen mussten. Zu meinem Erstauen ertönte das balladeske "Come Clarity" und in mir kam die Befürchtung empor, dass die Stimmung jetzt wohl einbrechen würde..., von wegen! Selbst bei diesen "sanften" Tönen wurde In Flames zugejubelt. Wie es schien, konnten sie spielen was sie wollten und der Sound noch so mies sein, die Fans feierten die Band ab, als seien sie der Headliner. Etwas schief klang der Refrain von "Take This Life", aber nach der fortgeschrittenen Biervernichtung fiel dies wohl Niemandem so richtig auf. "My Sweet Shadow" beendete den Set, welcher gut 50 Minuten dauerte und leider um keine Zugabe, trotz des Flehens der anwesenden Seelen, bereichert wurde. Schade, sehr schade kann ich da nur sagen, denn ein paar Songs mehr wären zum Wohle der Fans 'ne freudige Sache gewesen. Dies war wohl der Tribut, welchen man bei solchen Packages halt zollen muss. Jedenfalls wurde jetzt die Bühne frei für..."Slaaaayyyyeeeerrrrrrrrrrrrrrrrrr"..., und die Hoffnung auf eine baldige Headliner-Tour der Flämmchen. (Wsh)

Set-Liste: "Pinball Map", "Leeches", "Cloud Connected", "Trigger", "Behind", "Resin", "Only For The Weak", "Graveland", "Come Clarity", "Quiet Place", "Take This Life" & "My Sweet Shadow".

Slayer
Der letzte Auftritt im X-Tra in Zürich (20.6.05) war mir immer noch in bester Erinnerung! Mein Gott..., das war einfach nur geil!! Klaro kann man den Thrash-Kings manchmal eine gewisse Genügsamkeit im Sinne von (zu) routiniert und/oder lustlos herunter gezockten Shows attestieren, aber wer als bekennender Metal-Fan Slayer, Metallica, Motörhead, Saxon, Iron Maiden und Judas Priest nicht wenigstens einmal in seinem Leben live gesehen hat, wird gleich in den Rock-Himmel zu Bryan Adams und Konsorten kommen, anstatt im Vorzimmer noch den Weg nach "unten" ins Metal-Paradies einschlagen zu können. Doch dieses Mal war nicht nur eine schon beinahe nostalgisch angehauchte Best-of Show zu erwarten, denn man hatte ja mit "Christ Illusion" ein neues Album mit im Gepäck! Notabene das erste seit der Rückkehr von Drum-Ikone Dave Lombardo. Nach der unglaublichen Show von in Flames mit einer noch selten so gesehenen Temperatur und Feuchtigkeit in einer Konzerthalle war die Frage berechtigt, ob Tom Araya & Co. dies mindestens aufrecht halten konnten. Gleich vorweg: Sie schafften es nicht..., schon nur deswegen nicht, weil ein spürbare Menge Fans bereits den vorzeitigen Heimweg angetreten hatte oder zumindest völlig ausgepowert draussen nach Luft schnappte. Nichtsdestotrotz war die Metal-Party des Jahres natürlich noch lange nicht vorbei und als das Intro lief, Tonnen an Trockeneis auf die Bühne wehten und die in Form von umgedrehten Kreuzen aufgehängten Marshall-Türme sichtbar wurden, war fertig mit lustig! Die Eingangs-Triplette mit "Disciple", "War Ensemble" und "Chemical Warfare" hinterliess umgehend nur noch verbrannte Erde. Du heiligs Blechle..., was da aus der PA schepperte..., einfach Wahnsinn, wennauch soundmässig eher Mittelmass, da, je nach Standort, oft nur Brei auszumachen war. Das kümmerte die US-Thrasher freilich nicht die Bohne und diese stimmten mit "Eyes Of The Insane" einen ersten Track aus dem neuen Album an, der vom Publikum ganz ordentlich aufgenommen wurde. Showmässig gab es nebst Flutlicht und Trockeneis einige zusätzliche visuelle Effekte, die von einem Beamer aus auf das monströse Backdrop übertragen wurden. Und dann eben diese aufgezäumten Amps, die ich derart "gruppiert" noch nie zuvor gesehen hatte..., ein unglaubliches Bild! Nach den obligaten ersten drei Songs, während denen Heerscharen an FotographenInnen (mich eingeschlossen) ihre Bilder schiessen konnten, war meine Arbeit dieses Abends definitiv erledigt und so überliess ich meinen Körper ganz dem "gepflegten" Headbangertum. Ohne Rücksicht auf physische Unzulänglichkeiten wurde fortan eine Sound-Keule nach der anderen über den bemitleidenswerten Nacken und das Rückgrat gejagt. "Die By The Sword" knallte ohne Ende..., für einige wohl zu heftig, denn nebst völlig abdrehenden Leibern standen nicht wenige Leute wie geplättet an Ort und Stelle, weil sie sowas vielleicht noch nie zuvor gesehen hatten. Der überwiegende Rest aller treu ergebenen Slayer-Heads gab derweil wirklich alles. Schon bald war ich völlig durchnässt und nach "Seasons In The Abyss" und dem nahtlos darauf folgenden "Hell Awaits" litt mein Bordcomputer an akuter Überhitzung. Doch noch war keine Heilung in Sicht..., nach "Cult", dem zweiten Track von "Christ Illusion" nahmen Slayer Anlauf zur finalen Schlacht, die, wie praktisch immer, mit "Angel Of Death" ihren würdigen Abschluss fand. Trotz desolatem Zustand (ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten) ging es alsbald wieder besser (dank vor allem Frischluft), sodass die anstehende Heimreise (inkl. kassiertem Radar-Blitz! Mist..., 40 Eier gingen sinnlos flöten) ohne grössere Probleme vonstatten ging. Es war wahrlich eine "Unholy Alliance", die es auch künftig in der Schweiz, mindestens einmal in diesem Rahmen, auch weiterhin geben sollte. (Rsl)

Set-Liste: "Intro", "War Ensemble", "Chemical Warfare", "Eyes Of The Insane", "Die By The Sword", "Born Of Fire", "Mandatory Suicide", "Seasons In The Abyss", "Hell Awaits", "Cult", "Dead Skin Mask", "Raining Blood", "South Of Heaven" & "Angel Of Death".