Obwohl die Rock-Dinos Nazareth und Uriah Heep ihren Fans weitere,
gar gemeinsame Auftritte in der Schweiz boten, zog ich es vor, die
beiden Kult-Bands einzeln und im Abstand von gerade mal 48 Stunden
anzuschauen. Dies natürlich, weil das Kofmehl in Solothurn der
jeweilige Austragungsort war und mir daher, das heisst wohnbedingt,
sehr gelegen kam. Mick Box und seine Jungs sind ja in der letzten
Zeit ziemlich fleissig unterwegs gewesen und haben neben diversen
Live-Veröffentlichungen im letzten Frühling mit «Into The Wild» eine
wirklich tolle, neue Platte gemacht. Dieser Umstand, gepaart mit
einer unbändigen Spielfreude, lässt eigentlich jeden Auftritt zu
einem Muss werden. Obwohl sich erfreulicherweise immer mehr junge
Leute im Publikum bemerkbar machen, sind es (etwas) die älteren
Semester zwischen 40 und 60 Jahren, die einen besonderen Bezug zu
den Briten haben. Wer, wie ich, schon in den frühen 80ern (für die
70er reichte es leider nicht mehr) mit dem genialen Sound als
Pendant zu Deep Purple in Berührung kam, geniesst diese Konzerte
mehr als die meisten.
Uriah Heep
Der Zuspruch für dieses Konzert war in der Tat bemerkenswert, denn
dieser Abend bekam das Etikett "sold out" verpasst und dem Vernehmen
nach sollen draussen noch eine ganze Menge mehr Leute um Einlass
nachgesucht haben. Eine Vorgruppe gab es zu meinem Erstaunen nicht
und normalerweise würde sich spontan eigentlich immer eine
(allenfalls auch regionale) Combo finden, die vor so einer Kulisse
sehr gerne auch nur 30 Minuten lang zeigen würde, was sie drauf hat.
Da der Ticketpreis deswegen wohl moderat gewesen sein muss, gab es
hierzu keine kritischen Stimmen zu hören. So musste man halt brav
der Dinge harren und besuchte dafür umso fleissiger die Bar. Kurz
nach 20.00 Uhr war es dann aber soweit und die Show konnte beginnen.
Als Opener folgte mit «Against The Odds» wieder mal ein anderer Song
als auf der «Wake The Sleeper» und der «Into The Wild»-Tour.
Überhaupt wartete die Setliste mit einigen Wechseln/Neuheiten auf,
zu denen zum Beispiel nebst «Between Two Worlds» von «Sonic Origami»
(1998) das zuvor wohl kaum bis nie gespielte «Come Away Melinda» von
der allerersten Scheibe «...Very 'Eavy..., Very 'Umble» (1970) zu
Live-Ehren kam! Die ganze Chose wurde natürlich wieder fett wie
druckvoll vorgetragen und Frontmann Bernie Shaw befand sich in
Topform, denn zwischendurch liess dieser ein paar ziemlich kräftige
Screams vom Stapel. Bandboss Mick Box, inzwischen sichtlich ergraut,
wirkte bei seinem prägnanten Spiel jedoch agil
wie eh und je. Dazu
gehörten natürlich die mittlerweile bekannten Gesten während den
Soli. Bassist Trevor Bolder legte derweil zusammen mit Drum-Monster
Russell Gilbrook einen satten Rhythmus-Teppich und war, wenn auch
nicht so genial wie in Aarburg (08.12.10), trotzdem gut zu hören.
Obwohl man als Altfan seit je her lieber Ken Hensley an den Tasten
sehen würde, verrichtet Phil Lanzon schon über 25 Jahre beste Arbeit
an seinem Instrument.
All diese positiven Aspekte wirkten deshalb rasch auf das
ausverkaufte Kofmehl ein, das sich in ausgelassener Dauer-Stimmung
präsentierte. Von der aktuellen CD «Into The Wild» wurden insgesamt
drei Songs gespielt und beim Rest muss man eigentlich erwähnen,
welche Alben nicht berücksichtigt wurden. Dazu gehörte leider einmal
mehr «Firefly» (1977), das zum 25-jährigen Jubiläum eigentlich doch
glatt mal durchgespielt werden könnte! Wie wärs die Herren?
Nichtsdestotrotz holte vor allem das unsterbliche «July Morning»
wieder einige Kohlen aus dem Feuer und unterstrich damit, dass Uriah
Heep immer noch eine hart rockende Band sind. Der lange Zeit
obligate Absacker «Lady In Black» markiert(e) heuer nicht den
jeweiligen Schluss der Show, was einem als regelmässiger
Konzertbesucher schon fast etwas gewöhnungsdürftig vorkam. Zur
ersten Zugabe «Free 'n' Easy» wähnte man sich schliesslich
augenreibend bei Steel Panther, da unvermittelt einige junge Mädels
auf die Bühne gerufen wurden, um zusammen mit der Band möglichst
wild headbangend abzurocken. Das hatte ich bei Uriah Heep zwar schon
mal gesehen, aber irgendwie passt das deutlich besser zu den Amis
als zu den Briten. Immerhin wurde so deutlich sichtbar, dass sich
das Publikum offenbar laufend verjüngt, was für den Fortbestand der
Band nicht unerheblich ist. Die Zeit verflog leider wie im Fluge und
schon intonierte man mit dem Alltime-Classic «Easy Livin'» den
letzten Song des Abends. Nach etwas mehr als 90 Minuten war
definitiv "aus die Maus" und die Uhr zeigte noch nicht mal 21.45 Uhr
an! Ein paar Tage später im Zürcher Spirgarten (mit Nazareth
zusammen) wurden mit «Tales» und «Angels Walk With You» noch zwei
Songs mehr gespielt und was alles sonst noch hätte kommen
sollen/dürfen/müssen überlassen wir der Beurteilung der alten Garde,
die optisch klar überwog. In dieser Form werden Uriah Heep noch
locker ein paar Jährchen dran hängen können. Hoffen wir's!
Setliste: «Against The Odds» - «Overload» - «Traveller In Time» - «Sunrise»
- «All My Life» - «I'm Ready» - «Between Two Worlds» - «Come Away
Melinda (Harry Belafonte Cover)» - «Too Scared To Run» - «Nail On
The Head» - «Into The Wild» - «Gypsy» - «July Morning» - «Lady In
Black» -- «Free 'n' Easy» - «Easy Livin'».
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