Ab nächstem Jahr werden es auch bei Uriah Heep unglaubliche
fünfzig Jahre seit der Gründung der Band her sein! Damit gehören die
britischen Kultrocker dann definitiv auch zum erlesenen Kreis der
Währung Scorpions (1965), Deep Purple (1968) oder Led Zeppelin
(1968)! Während Letztere seit dem einen Reunion-Konzert von 2007
nicht mehr gemeinsam musiziert haben, stehen die „Jungs“ um
Mastermind Mick Box (g/v) nach wie vor voll im Saft! Nebst
unablässigen Live-Aktivitäten seit Jahrzehnten, fielen auch einige
gute bis sehr gute Alben in diese Zeit. Der Glanz der legendären
Werke aus den 70ern wird natürlich nach wie vor hoch gehalten, aber
mit dem aktuellen Meisterwerk «Living The Dream», nota bene dem 25.
Studioalbum (!), hat sich die Band quasi neu definiert, respektive
gleich selbst übertroffen! Jeder der zehn neuen Songs ist ein Juwel
für sich, und es war zum Voraus schon keine Frage, dass dieses
begeisternde Material auch auf der Bühne zünden wird. Die Auswahl
davon gestaltete sich für Uriah Heep neben unabdingbaren Klassikern
wohl alles andere als leicht. Im Vorprogramm überraschten die
Solothurner Retro-Rocker von Basement Saints mit einem geilen
Auftritt.
Basement Saints
Es ist in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten noch oft vorgekommen,
dass namhafte Headliner beim Auftritt im Zürcher Volkshaus, wenn
keine über die ganze Tour gebuchte Support-Band am Start war, eine
lokale, sprich Schweizer Vorband auflaufen liessen. So geschehen
auch heute Abend, wo die Solothurner Bluesrocker Basement Saints zum
Handkuss kamen. Leadsänger Anton Delen meinte noch, dass sie zuletzt
vor bloss 20 Leuten aufgetreten seien und sie deshalb sehr erfreut
wären, nun vor deutlich mehr Publikum spielen zu dürfen. Wenn man
allerdings bedenkt, dass Uriah Heep nur 48 Stunden zuvor in Budapest
einen „sold out“ Gig runter reissen konnten, war der heutige
Fanaufmarsch von bloss ein paar Hundertschaften vergleichsweise
ziemlich mager. Für das bluesrockende Trio aus Grenchen freilich
nicht, denn dieses legte von Anfang an beherzt los und überfuhr sein
eher angejahrtes Publikum regelrecht mit unbändiger Spielfreude. Je
länger die Jungs performten, desto mehr Kiefer sackten erstaunt nach
unten und lauter wurde der Applaus. Obwohl ja seit Anfang an, sprich
2012, kein Bassist im Lineup steht, verstehen es Tobias Arn (Lead &
Slide Guitar, Mandolin & Harmonica, Anton Delen (Vocals/Rythm
Guitar) und Samuel Jaussi (Drums & Percussion) vorzüglich, einen
ordentlich fetten Bühnensound auf zu fahren.
Dennoch
würde es mich brennend interessieren, wie sich ein knarzigbollernd
abgemischter Bass im Gesamtsound, wie zum Beispiel bei den alten ZZ
Top, anhören würde. Die Verzerrung der Gitarren geht dabei nicht
selten in die Richtung von Motörhead, wenn Lemmy den Regler seines
legendären „Murder One“-Amps auf die 11 drehte! Nichtsdestotrotz
zelebrieren die Solothurner auf jeden Fall ihren „Signature Sound“,
der immer wieder auch durch psychedelische Zwischen-parts
charakterisiert wird und mich überhaupt an die grossartigen The
Vintage Caravan erinnern lässt. Ein hierfür typischer solcher Track
ist zum Beispiel «Red Wine», der vor allem auf der brandneuen
Scheibe der Isländer («Gateways») stehen könnte, während
«Revolution» mitunter Creedence Clearwater Revival zitiert.
Spätestens nach diesem Auftritt muss ich meinen Kantons-Brüdern
eindeutig mehr Respekt als bisher zollen, das heisst mich definitiv
mit den beiden Longplayern «Get Ready» (2016) und «Bohemian Boogie»
(2017) auseinander setzen. Diese noch vorhandene Tonträger-Lücke
hätte nach dem Konzert locker behoben werden können, aber der Monat
Oktober war in Sachen Vinyleinkäufe zu desaströs, sodass ich
temporär passen musste!
Setliste: «Get Ready» - «Red Wine» -
«Shyness Highness» - «That Kind O’Lover» - «Valhalla» - «Jeans» -
«Rainbow Nation» - «Bohemian Boogie» - «Revolution».
Uriah Heep
Nach der sehr überzeugenden Vorstellung von Basement Saints war
zumindest das anwesende Publikum (geschätzt circa 500 Leute) ready
für die britische Rock-Legende Uriah Heep. Bei der mailmässigen
Akkreditierungs-Bestätigung durch den Veranstalter stachen mir
sogleich zwei Worte ins Auge, die für die Zunft der Fotographen
nicht erwünscht sind: „no barricades“! Das heisst auf Deutsch, dass
das Publikum, wie überwiegend zum Beispiel auch im Solothurner
Kofmehl, ohne Absperrung jeweils bis an den Bühnenrand gelangen
kann. Sowas gab es, respektive gibt es im Zürcher Volkhaus eher
selten zu sehen und dürfte wohl auf ausdrücklichen Wunsch der Band
so gehandhabt worden sein. Dem wurde letztlich auch deshalb
entsprochen, weil bei Uriah Heep weder hormongetriebene Mädels noch
stage-divende Maniacs auf der Bühne zu erwarten waren. Eine total
„gesittete Veranstaltung“ war es dann letztlich dennoch nicht, da
man sich von der Lautstärke her, trotz der Schweizer Dezibel-Limite,
ja schliesslich an einem Rock- und keinem Kammer-Konzert für Cello
und Violine befand. Dass dem wirklich so ist, bewies bereits der
Hammer-Opener «Grazed By Heaven» als eines der zehn Meisterwerke auf
der neuen Langrille «Living The Dream»! Was die Briten da im Herbst,
ja schon fast Winter ihrer Karriere rausgehauen haben, ist schlicht
grandios und reihte sich bestens an die auf dieser Tour gespielten
70er-Klassiker wie «Return To Fantasy», «Rainbow Demon» oder «July
Morning». Frontmann Bernie Shaw, inzwischen auch mit sichtbarem
Bauchansatz (wie der Rezensent, mua ha ha) unterwegs, liess
stimmlich rein gar nichts anbrennen, bewegte sich überaus aktiv auf
der Bühne und war deshalb bald schweissgebadet unterwegs.
Derweil
zelebrierte Altmeister Mick Box sein filigranes wie gestenreiches
Spiel an der Sechssaitigen und erhielt dabei kräftige Unterstützung
durch Drum-Monster Russell Gilbrook, Bassist Davey Rimmer und
Tastenmann Phil Lanzon. Es war die pure Freude, dieser Kult-Band
beim „Arbeiten“ zuzuhören. «Lady In Black» tauchte dabei unerwartet
früh im Set auf, was der entsprechend guten Stimmung jedoch
keinerlei Abbruch tat! Dass hier die Mitsing-Lautstärke klar am
höchsten war, muss nicht weiter erläutert werden. Herrlich auch das
ausufernde Guitar-Solo bei «Take Away My Soul», wo sich Mick
regelrecht austoben konnte und bewies, wie viel Freude des
Musizierens noch in ihm steckt. Keyboarder Phil konnte sich hierbei
mit dem urtypischen Heep Hammond Sound ebenso einbringen, während
Bernie eine der schönsten neuen Melody-Lines mit Inbrunst sang. Und
wenn wir schon dabei sind, ein Hohelied auf das jetzige Lineup
anzustimmen, dann muss ich mittlerweile wiederholt Bassist Davey
erwähnen, der untrüglich ganz in der Rolle als Nachfolger von Trevor
Bolder (R.I.P.) aufgeht und den bestmöglichen Ersatz mit praktisch
gleich bollerndem Sound markiert. Die aktuelle Ausgabe von Uriah
Heep gehört besetzungsmässig mitunter zum Besten, was diese Stilecke
her gibt, und wenn man dabei mit derart starkem Neumaterial
auftrumpfen kann, bleibt schwer zu hoffen, dass vor allem die
Gesundheit von Mick Box (71) weiterhin mitspielt und es uns Fans
somit vergönnt ist, diesen legendären Rock-Dinosaurier noch
möglichst lange in dieser bestechenden Qualität erleben zu dürfen.
Bezeichnend für die Güte von «Living The Dream» war die zweite und
letzte Zugabe «Knocking At My Door», womit sich der Kreis hin zum
Opener würdig schloss.
Setliste: «Grazed By Heaven» - «Return
To Fantasy» - «Living The Dream» - «Too Scared To Run» - «Take Away
My Soul» - «Rainbow Demon» - «Waters Flowin'» - «Lady In Black» -
«Rocks In The Road» - «Gypsy» - «Look At Yourself» - «July Morning»
- «Easy Livin'» -- «Sunrise» - «Knocking At My Door».
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