Wenn jemand heute von Ayreon oder Arjen Lucassen spricht, wissen
viele, wer das ist, respektive kennen die Band. Etwas weniger
bekannt dürfte die Tatsache sein, dass eben dieser Mr. Lucassen mal
in einer Combo mit Namen Vengeance gezockt hat. Meine Wenigkeit
kannte von früher vor allem das 87er Album "Take It Or Leave It" und
verschmähte lange das eher unterbewertete Werk "Arabia" von 1989.
Sänger Leon Goewie, der die Frühphase geprägt hatte, klinkte sich
zwischendurch aus und eigentlich erst 2000 kam (wieder mit Lucassen
und diesmal Ian Parry als Sänger) das ganz passable (Best Of-) Album
"Wings Of An Arrow" auf den Markt. Danach wurde es aber wieder
schnell ruhig um die Holländer, ehe man 2006 mit komplett neuer
Mannschaft, inklusive dem zurück gekehrten Leon Goewie (v), das
Hammer-Album "Back In The Ring" (welch passender Titel!) ins Rennen
schickte. Zahlreiche Auftritte folgten, unter anderem im gleichen
Jahr auch beim BYH!!! in Balingen. Die jetzige Tour läuft unter dem
Banner "25th Anniversary Tour", aber das schien kaum jemanden zu
interessieren, denn es verloren sich gerade mal vier bis fünf
Dutzend Leute im ganzen Z7. Die Vorband Sins Of Forgiveness (aus
Italien) hatte zuerst gar das Vergnügen, praktisch in einer leeren
Halle aufspielen zu müssen!
Sins Of Forgiveness
Sie waren wirklich nicht zu beneiden..., die beiden Girls und
ebenfalls zwei Jungs, die sich einfach mal auf die Bühne begaben, ja
wagten, um den Konzertabend zu eröffnen. Die Zusammensetzung machte
optisch aber schon mal was her und eine Lady (Angela Panzarella mit
wallenden, langen Haaren) am Bass ist/war eh ein Hingucker. Die vier
jungen Musiker machten sich aber offensichtlich nichts daraus, will
heissen kümmerten sich keinen Deut um die ansich ziemlich
demotivierende Situation und legten mit ihrem treibenden Rock
rotzfrech los. Rock? Oder doch ein wenig Metal? Das war gar nicht
mal so einfach zu beantworten. Als Inspiration gelten Vixen, Skid
Row, Poison oder auch Mötley Crüe. Dass dabei auch der Name Iron
Maiden und Paradise Lost fällt, zeigt auf, dass Sins Of Forgiveness
ein eigenes Süppchen kochen. Teilweise drang bei der quirligen
Leadsängerin Mariangela Labiancha auch die junge Debbie Harry (Blondie)
etwas durch. Zentraler Punkt war aber eindeutig der melodieführende
Gitarrist Patrizio Izzo, der mit seiner filigranen Spielweise und
ordentlich flinken Soli das Geschehen auf der Bühne zu jeder Zeit
souverän steuerte. Bassistin Sin (respektive Angela) und Drummer Ale
sorgten derweil für das zusammenhaltende Rhythmus-Gerüst. Dass
Letzterer ausserdem auf Kiss
steht, war bei seinem straighten
Drumming nicht zu überhören. Dadurch klang das Ganze vielleicht
etwas zu simpel, aber es groovte auf jeden Fall und das war die
Hauptsache. So wie ich anhand der nach dem Konzert spontan
erhaltenen Promo-CD ausmachen konnte, wurden alle sechs sich darauf
befindenden Tracks gespielt. Dazu gehören zwei Cover-Versionen,
nämlich "Rain" von The Cult und "I Want You To Rock Me" von Vixen.
Insgesamt zeichnete sich der Auftritt durch Abwechslungsreichtum aus
und wenn man trotzdem Kritik üben muss, dann höchstens in der Form,
dass für eine breitere Soundwand auf der Bühne unbedingt ein
Rhythmus-Gitarrist gefunden werden sollte. Auch wenn der Applaus
natürlich anzahlbedingt nur spärlichst ausgefallen war, hatte die
Band sichtlich Spass an ihrem Auftritt und bedankte sich herzlich,
bevor das unterhaltsame Quartett noch am gleichen Abend wieder heim
nach Rom fuhr.
Vengeance
Es war wirklich eine trostlose Kulisse, die sich dem Headliner da
bot! Vielleicht etwa 60 rockinfizierte Seelen verloren sich
regelrecht im Z7, aber was soll man in so einer Situation als Band
machen? Diese Frage stellten sich Leon Geowie und seine Jungs aber
mit Sicherheit nicht, denn Vengeance enterten die Bühne und zündeten
mit dem Opener "Down & Out" gleich den Turbo! Nix da von wegen
hängenden Köpfen oder schlechter Stimmung! Die total eingespielte
Band zockte von Anfang an einen Hammer nach dem anderen runter.
Master Goewie legte sich dabei ganz besonders ins Zeug und war schon
bald total durchgeschwitzt. Immer zu einem Spässchen aufgelegt und
generell gut drauf, brachte er es immerhin fertig, dass die
anwesenden paar Leutchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten wenigstens
"ein bisschen Lärm" veranstalteten. Diesen in Form einer tighten
Performance liessen aber in erster Linie die Musiker von Vengeance
vom Stapel. Die Saiten-Front mit Jan Somers (g), Barend Courbois (b)
und Peter Bourbon (g) und Drummer Hans in't Zandt legten sich
dermassen ins Zeug, dass man echt eine Gänsehaut bekam. Zu Beginn
des Sets und bis weit über die Hälfte hinaus wurden ausnahmslos alte
Nummern gespielt, eine besser als die andere. Erstes persönliches
Highlight war dann natürlich das unverwüstliche "Take It Or Leave It",
ein zeitloser Kracher erster Güte. Ich hätte vor noch nicht so
langer Zeit meinen Arsch darauf verwettet, diesen Smasher und
weitere Perlen aus dem Backkatalog
der Niederländer nie mehr auf
einer Bühne sehen und hören zu können. Es ist anders gekommen und
das ist gut so! Das letzte Drittel des Konzertes wurde schliesslich
mit "Rip It Off", einem ersten Titel vom neuen Album, respektive dem
letzten Album "Back In The Ring" (2006) berücksichtigt. Der Stampfer
fügte sich nahtlos zu den älteren Nummern und unterstrich damit,
dass die Luft bei den Oranjes offenbar noch lange nicht raus ist.
Des Weiteren kasperte Sänger Leon mit insgesamt drei Showeinlagen
herum, die jedes Mal damit endeten, dass der Lockenkopf zunächst mal
ordentlich Wasser über sein edles Haupt leerte, was thematisch
perfekt zum Song "Rock'n'Roll Shower" passte. Zu guter Letzt war
noch eine Pulle Whisky an der Reihe, die mit was anderem, aber
sicher nicht Whisky gefüllt war. Anyway..., etwas weniger hätte
niemanden gestört, zumal dann auf der Bühne immer eine Sauerei
zurück blieb. Zum Schluss gab es dann mit "No Mercy" nochmals
Frischware voll auf die Zwölf, ehe das kultige "Arabia" einen leider
viel zu schwach besuchten Live-Event würdig abschloss. In dieser
bestechenden Form können Vengeance ruhig noch ein paar Jährchen dran
hängen! Also Leute: Ab dem nächsten Mal nicht mehr verpassen
Setlist: "Down & Out" -"She's The Woman" - "Dreamworld" - "May
Heaven Strike Me Down" - "Take It Or Leave It" - "Take Me To The
Limit" - "If Lovin' You Is Wrong" - "Rock'n'Roll Man" - "What The
Hell Is Going On" - "Planet Zilch" - "Rip It Off" - "Back In The
Ring" - "Rock'n'Roll Shower" -- "No Mercy" - "Arabia".
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