Was für ein Auftakt nach der Sommerpause!
Zumindest auf dem Papier sah es ganz danach aus, aber die paar
Dutzendschaften, die sich an diesem lauen Montag Abend im Z7
verloren, waren ein Affront gegenüber dem, was heute Abend auf der
Bühne stand. Keine Ahnung, warum so ein feines Package nicht mehr
Leute anzuziehen vermochte. Da könnte man doch glatt meinen, dass
der gestandene Metaller und deren Metal Ladies nach dem
erfahrungsgemäss konzertarmen Sommer wieder das Bedürfnis haben
sollten, die eingerosteten Knochen (Ladies) und die angetrunkenen
Bierkilos (Men) mittels schweisstreibendem Banging wieder in Wallung
zu bringen. Dem war aber wie gesagt leider nicht so und darum
erschien es dann auch etwas komisch, dass mit den Schweizern Sybreed
gar eine vierte Band im Billing stand. Während diese quasi mit fast
totaler Nichtbeachtung bestraft wurden, erging es After All danach
etwas besser. Unerwartet gut schlugen sich nachfolgend Agent Steel,
während Vicious Rumors sehr solide, aber auch schon
unwiderstehlicher spielten. Für Metal Factory hatten sich Kissi und
meine auf den Weg nach Pratteln gemacht, um den eigentlichen Beginn
der Herbst-Konzert Saison für Euch zu dokumentieren! (Rsl)
Sybreed
Früher klagte man über das zu späte Kommen mancher Bands, heute
rauft man sich die Mähne, weil sie zu früh beginnen. Zwar gehört
genervtes Warten immer noch zum Kreuz jedes Konzertbesuchers, doch
vermehrt ist man lieber 'ne gute halbe Stunde vor dem angekündigtem
Anfang vor Ort, damit man nicht plötzlich die Vorband verpasst, denn
das wäre dem geneigten Rockslave und mir beinahe an diesem Abend
geschehen. Gerade noch rechtzeitig zu den ersten Gitarren-Riffs
schafften wir es dann aber doch noch und was da auf der Bühne stand,
war definitiv nicht das, was wir erwartet hatten. Denn anstatt dem
Old School Thrash von After All dröhnten uns brachiale Death-Wände
entgegen und zwar aus den Handgelänken der Schweizer Cyber-Metaller
Sybreed aus Genf. Diese, allen voran Frontmann Benjamin, welcher in
seinem schwarzen Kämpfer-Tenü
und der gescheitelten Frisur wie eine Mischung aus Hitler und
Emo-Kid wirkte (nur dem Äusseren nach, um politisch korrekt zu
bleiben!), rockten zwar souverän und tight, doch der ziemlich
moderne Sound passte nun wirklich nicht in diese, die guten alten
Zeiten heraufbeschwörende Metal-Revue. Unzählige
Computer-Einspielungen mit schrägen Industrial- und Techno-Sounds
vergraulten die wenigen Leute, die sich in der Halle befanden (halbe
Stunde vorgezogener Spielbeginn, Montag) eher, als dass sie sie zum
Mitmachen animierten. Vor der vermehrten Idee, dass Schweizer Bands
den Opener-Posten übernehmen und dabei wirklich begeistern, rate ich
das nächste Mal zu einer passenderen Truppe. (Kis)
After All
OK, es lag nicht nur am vorgeschobenen Beginn, dass so wenig Leute
da waren. Auch bei After All, den thrashenden Belgiern, präsentierte
sich die Halle ziemlich trostlos. Wenigstens traf der an Slayer und
Konsorten angelegte 80er-Hau-drauf-Sound schon eher den Geschmack
der Anwesenden, die den Kopf doch vermehrt nicht mehr still halten
konnten. Die Band zeigte sich derweil auch geladener denn je, trotz
erheblichen Handicaps. Aus gesundheitlichen Gründen musste nämlich
der etatmässige Sänger Piet Focroul die Tour genau vor diesem Gig
aufgeben. Übernommen wurde sein Posten deswegen von keinem
Geringeren als Peter Evrard. Wäre dies jetzt ein belgisches Magazin,
würdet ihr Euren Augen nicht trauen, wie wenn hier Baschi oder
Carmen Fenk stehen würde. Genau, Evrard hat bei sich zu Hause die
belgische Version von Deutschland sucht den Superstar gewonnen, ist
also ziemlich bekannt dort drüben. Aber wieder zurück zum Konzert:
Die Band zockte fehlerlos, der temporäre Fronter war
nicht
zu halten und auch am Songmaterial gibts bei dieser Truppe
eigentlich nichts zu meckern und doch fehlt dabei immer das gewisse
Etwas. Ob dies der Grund dafür sein mag, dass es After All nach
guten Alben wie "The Vermin Breed" und "XX" bis anhin nicht über den
Status einer souveränen Support-Band (zum Beispiel für Candlemass
2005 oder für Metal Church 2006) hinaus gekommen sind? Spass machen
die Auftritte der Kapelle auf jeden Fall immer wieder, auch wenn die
Gitarren dieses Mal wirklich viel zu leise waren und das gerade bei
einem solchen Klampfer wie Dries van Damme, der ein Kerry King Solo
nach dem anderen aus den Saiten klopfte. (Kis)
Agent Steel
Es ist immer interessant, eine Band das erste Mal überhaupt zu sehen
und zudem auch die Review zum aktuellen Album geschrieben zu haben.
Den Namen Agent Steel kannte ich freilich schon, nur sagte mir der
zu einseitige Speed Metal der 80er-Jahre nicht zu, Kult hin oder
her. Damals war die Band stark von Sänger John Cyriis geprägt, der
nebst dem schrillen Gesang auch das Thema Ausserirdische voran
stellte, was sich sowohl in den Texten, als auch im Artwork
bemerkbar machte. Allerdings nahm das Ganze dann neurotische bis
fast krankhafte Züge an, sodass die Band daran zerbrach. Seit 1999
zocken die beiden Ur-Member Juan Garcia (g) und Bernie Versailles
(g) wieder zusammen, haben das Grundthema beibehalten und gehen
damit aber zum Glück viel lockerer um als damals. Mit dem neuen
Sänger Bruce Hall holten sie einen Top-Mann in die Band und
veröffentlichten nun mit "Alienigma" das inzwischen dritte Werk in
dieser Konstellation. Davon war ich (wie schon vom Vorgänger "Order
of The Illuminati") echt angetan und überrascht zugleich, da die
Mucke heute viel variabler als in frühen Tagen klingt. Verstärkt
durch Karlos Medina (b) und Rigo Amezcua (d) legte die Truppe mit "Rager"
(von "Unstoppable Force" - 1987), gefolgt von "Bleed For The Godz"
(vom Debüt "Skeptics Apokalypse" - 1985) volle Kanne los und schon
bald stellte der geneigte Zuhörer fest, dass da ordentlich die Post
abging! Eingebettet in eine sehr agile Performance peitschten Agent
Steel einen Knaller nach dem anderen von der Bühne runter. Auch das
neuere Material wie "Fashioned From Dust" oder "Hail To The Chief"
passte perfekt zu den alten Speed-Granaten. Man spürte hier
förmlich, was gut gespielter Heavy Metal entsprechend bewirken kann.
Das bescheidene Völklein im Z7 erwachte zusehends und applaudierte
immer lauter. Die leicht thrashige Grundausrichtung mit fetten
Riff-Attacken und zweistimmigen Soli hörte sich immer besser an. Die
Band wirkte eingespielt und durch die varierenden Tempi war für
optimale
Abwechslung gesorgt. Das war das überzeugendste Live Metal-Brett,
das ich seit langem gesehen habe Leute, auch was vor allem die
schnellen Songs angeht..., oha Slave! Wer braucht da noch die
lächerliche Kasper-Truppe namens DragonForce? Mir persönlich kamen
je nach Song Queensrÿche, Death Angel und zum Schluss gar Slayer in
den Sinn. Man muss also nicht immer auf Teufel komm raus etwas Neues
machen wollen, sondern Bewährtes überzeugend rüber bringen, das
reicht völlig! Und genau das schafften Agent Steel heute Abend mit
Bravour! Schade um jede(n) Einzelne(n), der (die) sich das hat
entgehen lassen! (Rsl)
Setlist: "Rager" - "Bleed For The Godz" - "Illuminati Is Machine" -
"Guilty As Charged" - "Ten Fists Of Nations" - "Fashioned From Dust"
- "Hail To The Chief" - "Unstoppable Force" - "Know Your Master" -
"Agents Of Steel" - "Mad Locust Rising".
Vicious Rumors
Jetzt war ich aber gespannt wie ein Flitzebogen, ob Vicious Rumors
es schaffen würden, diesem genialen Metal-Sturm von gerade eben
Paroli bieten zu können. Die Amis haben ja auch ihre Vorgeschichte
und besitzen einen hervorragenden Ruf, wenn auch (leider) nur im
Untergrund. Seit dem unglücklichen Unfall-Tod von Ausnahme-Sänger
Carl Albert im Jahre 1995 war die Band zunächst wie gelähmt.
Gitarrist Geoff Thorpe liess es aber nicht zu, dass Vicious Rumors
untergingen und auch wenn bis heute eine Unmenge an Musikern (über
20!) mal in der Band spielten, scheint die Essenz kaum bis gar nicht
darunter gelitten zu haben. Insgesamt betrachtet konnte man jedoch
erst mit dem letzten Album "Warball" (2006) wieder an die Klasse der
früheren Tage anknüpfen. "Cyberchrist" (1998) und "Sadistic
Symphony" (2001) waren sicher keine schlechten Alben, liessen aber
aufgrund von unterschiedlichen Sängern keine Kontinuität zu.
Spätestens mit der Verpflichtung von Helstar Röhre James Rivera (u.a.
Ex-Seven Witches) scheint die Truppe gefestigter denn je zu sein.
Davon konnte man sich zum Beispiel auch in Balingen am diesjährigen
BYH!!!-Festival überzeugen, wo Vicious Rumors nebst dem Auftritt auf
der Hauptbühne auch die Club-Show, dort dann aber als Headliner,
bestritten. Obwohl der neue Gitarrist Thaen Rasmussen seine Sache
mehr als nur gut macht, war halt das Langhaar-Monster bis 2005 auch
optisch eine Klasse für sich. Der jugendlich aussehende Bassist
Stephen Goodwin, der auf Dave Starr folgte, empfahl sich derweil von
Anfang an als wilde Rampensau und passt bestens zur Truppe. Mit "Abandoned"
stiegen die Amis in ihren Set ein und zeigten sich von Anfang an
spielfreudig, wie man es von ihnen nicht anders erwarten würde. "On
the Edge" setzte den Reigen der Altklassiker fort, wobei Mastermind
Geoff Thorpe zunächst mal ein technisches Problem hatte
und
während fast eines ganzen Songs nicht mittun konnte. Zum Glück liess
sich der Mangel bald beheben, denn mit nur einer Gitarre geht es
eher schlecht als recht. James Rivera war insgesamt nicht so
spritzig wie auch schon, aber mit welcher Leichtigkeit er jeweils zu
seinen markanten Screams ansetzte, war einfach Genuss pur.
Allerspätestens beim grandiosen "Immortal" war der kleine Mann mit
der grossen Stimme (für einmal ist hier nicht Ronnie James Dio
gemeint) jedoch voll da und auch die Stimmung durfte in Anbetracht
des eher bescheidenen Häuflleins als sehr gut bezeichnet werden.
Trotzdem geht dieser Punkt an Agent Steel, die klar die beste
Resonanz an diesem Abend hatten. Dieser Umstand führte dann wohl
dazu, dass Vicious Rumors trotz professioneller Performance nicht
bis in die Fingerspitzen motiviert waren. Als nach der
hammermässigen Zugabe "March Or Die" die Hallenlichter angingen,
waren bezeichnenderweise erst 70 Minuten vergangen. Dennoch wurde
das Z7 wieder mit genug Metal vollgepumpt und ist ready für den Rest
des Jahres! (Rsl)
Setlist: "Abandoned" - "On The Edge" - "Don't Wait" - "Down Temple"
- "Sonic Rebellion" - "Mr. Miracle" - "Lady Took A Chance" - "Six
Step Sisters" - "War Soldiers" - "Immortal" - "Hellrazor" - " A
Ghost Within" - "March Or Die".
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