Livereview: Vicious Rumors - Agent Steel - After All - Sybreed
10. September 2007, Pratteln Z7
By Kissi (Kis) & Rockslave (Rsl) - All Pics by Rockslave
Was für ein Auftakt nach der Sommerpause! Zumindest auf dem Papier sah es ganz danach aus, aber die paar Dutzendschaften, die sich an diesem lauen Montag Abend im Z7 verloren, waren ein Affront gegenüber dem, was heute Abend auf der Bühne stand. Keine Ahnung, warum so ein feines Package nicht mehr Leute anzuziehen vermochte. Da könnte man doch glatt meinen, dass der gestandene Metaller und deren Metal Ladies nach dem erfahrungsgemäss konzertarmen Sommer wieder das Bedürfnis haben sollten, die eingerosteten Knochen (Ladies) und die angetrunkenen Bierkilos (Men) mittels schweisstreibendem Banging wieder in Wallung zu bringen. Dem war aber wie gesagt leider nicht so und darum erschien es dann auch etwas komisch, dass mit den Schweizern Sybreed gar eine vierte Band im Billing stand. Während diese quasi mit fast totaler Nichtbeachtung bestraft wurden, erging es After All danach etwas besser. Unerwartet gut schlugen sich nachfolgend Agent Steel, während Vicious Rumors sehr solide, aber auch schon unwiderstehlicher spielten. Für Metal Factory hatten sich Kissi und meine auf den Weg nach Pratteln gemacht, um den eigentlichen Beginn der Herbst-Konzert Saison für Euch zu dokumentieren! (Rsl)

Sybreed
Früher klagte man über das zu späte Kommen mancher Bands, heute rauft man sich die Mähne, weil sie zu früh beginnen. Zwar gehört genervtes Warten immer noch zum Kreuz jedes Konzertbesuchers, doch vermehrt ist man lieber 'ne gute halbe Stunde vor dem angekündigtem Anfang vor Ort, damit man nicht plötzlich die Vorband verpasst, denn das wäre dem geneigten Rockslave und mir beinahe an diesem Abend geschehen. Gerade noch rechtzeitig zu den ersten Gitarren-Riffs schafften wir es dann aber doch noch und was da auf der Bühne stand, war definitiv nicht das, was wir erwartet hatten. Denn anstatt dem Old School Thrash von After All dröhnten uns brachiale Death-Wände entgegen und zwar aus den Handgelänken der Schweizer Cyber-Metaller Sybreed aus Genf. Diese, allen voran Frontmann Benjamin, welcher in seinem schwarzen Kämpfer-Tenü und der gescheitelten Frisur wie eine Mischung aus Hitler und Emo-Kid wirkte (nur dem Äusseren nach, um politisch korrekt zu bleiben!), rockten zwar souverän und tight, doch der ziemlich moderne Sound passte nun wirklich nicht in diese, die guten alten Zeiten heraufbeschwörende Metal-Revue. Unzählige Computer-Einspielungen mit schrägen Industrial- und Techno-Sounds vergraulten die wenigen Leute, die sich in der Halle befanden (halbe Stunde vorgezogener Spielbeginn, Montag) eher, als dass sie sie zum Mitmachen animierten. Vor der vermehrten Idee, dass Schweizer Bands den Opener-Posten übernehmen und dabei wirklich begeistern, rate ich das nächste Mal zu einer passenderen Truppe. (Kis)


After All
OK, es lag nicht nur am vorgeschobenen Beginn, dass so wenig Leute da waren. Auch bei After All, den thrashenden Belgiern, präsentierte sich die Halle ziemlich trostlos. Wenigstens traf der an Slayer und Konsorten angelegte 80er-Hau-drauf-Sound schon eher den Geschmack der Anwesenden, die den Kopf doch vermehrt nicht mehr still halten konnten. Die Band zeigte sich derweil auch geladener denn je, trotz erheblichen Handicaps. Aus gesundheitlichen Gründen musste nämlich der etatmässige Sänger Piet Focroul die Tour genau vor diesem Gig aufgeben. Übernommen wurde sein Posten deswegen von keinem Geringeren als Peter Evrard. Wäre dies jetzt ein belgisches Magazin, würdet ihr Euren Augen nicht trauen, wie wenn hier Baschi oder Carmen Fenk stehen würde. Genau, Evrard hat bei sich zu Hause die belgische Version von Deutschland sucht den Superstar gewonnen, ist also ziemlich bekannt dort drüben. Aber wieder zurück zum Konzert: Die Band zockte fehlerlos, der temporäre Fronter war nicht zu halten und auch am Songmaterial gibts bei dieser Truppe eigentlich nichts zu meckern und doch fehlt dabei immer das gewisse Etwas. Ob dies der Grund dafür sein mag, dass es After All nach guten Alben wie "The Vermin Breed" und "XX" bis anhin nicht über den Status einer souveränen Support-Band (zum Beispiel für Candlemass 2005 oder für Metal Church 2006) hinaus gekommen sind? Spass machen die Auftritte der Kapelle auf jeden Fall immer wieder, auch wenn die Gitarren dieses Mal wirklich viel zu leise waren und das gerade bei einem solchen Klampfer wie Dries van Damme, der ein Kerry King Solo nach dem anderen aus den Saiten klopfte. (Kis)

Agent Steel
Es ist immer interessant, eine Band das erste Mal überhaupt zu sehen und zudem auch die Review zum aktuellen Album geschrieben zu haben. Den Namen Agent Steel kannte ich freilich schon, nur sagte mir der zu einseitige Speed Metal der 80er-Jahre nicht zu, Kult hin oder her. Damals war die Band stark von Sänger John Cyriis geprägt, der nebst dem schrillen Gesang auch das Thema Ausserirdische voran stellte, was sich sowohl in den Texten, als auch im Artwork bemerkbar machte. Allerdings nahm das Ganze dann neurotische bis fast krankhafte Züge an, sodass die Band daran zerbrach. Seit 1999 zocken die beiden Ur-Member Juan Garcia (g) und Bernie Versailles (g) wieder zusammen, haben das Grundthema beibehalten und gehen damit aber zum Glück viel lockerer um als damals. Mit dem neuen Sänger Bruce Hall holten sie einen Top-Mann in die Band und veröffentlichten nun mit "Alienigma" das inzwischen dritte Werk in dieser Konstellation. Davon war ich (wie schon vom Vorgänger "Order of The Illuminati") echt angetan und überrascht zugleich, da die Mucke heute viel variabler als in frühen Tagen klingt. Verstärkt durch Karlos Medina (b) und Rigo Amezcua (d) legte die Truppe mit "Rager" (von "Unstoppable Force" - 1987), gefolgt von "Bleed For The Godz" (vom Debüt "Skeptics Apokalypse" - 1985) volle Kanne los und schon bald stellte der geneigte Zuhörer fest, dass da ordentlich die Post abging! Eingebettet in eine sehr agile Performance peitschten Agent Steel einen Knaller nach dem anderen von der Bühne runter. Auch das neuere Material wie "Fashioned From Dust" oder "Hail To The Chief" passte perfekt zu den alten Speed-Granaten. Man spürte hier förmlich, was gut gespielter Heavy Metal entsprechend bewirken kann. Das bescheidene Völklein im Z7 erwachte zusehends und applaudierte immer lauter. Die leicht thrashige Grundausrichtung mit fetten Riff-Attacken und zweistimmigen Soli hörte sich immer besser an. Die Band wirkte eingespielt und durch die varierenden Tempi war für optimale Abwechslung gesorgt. Das war das überzeugendste Live Metal-Brett, das ich seit langem gesehen habe Leute, auch was vor allem die schnellen Songs angeht..., oha Slave! Wer braucht da noch die lächerliche Kasper-Truppe namens DragonForce? Mir persönlich kamen je nach Song Queensrÿche, Death Angel und zum Schluss gar Slayer in den Sinn. Man muss also nicht immer auf Teufel komm raus etwas Neues machen wollen, sondern Bewährtes überzeugend rüber bringen, das reicht völlig! Und genau das schafften Agent Steel heute Abend mit Bravour! Schade um jede(n) Einzelne(n), der (die) sich das hat entgehen lassen! (Rsl)

Setlist: "Rager" - "Bleed For The Godz" - "Illuminati Is Machine" - "Guilty As Charged" - "Ten Fists Of Nations" - "Fashioned From Dust" - "Hail To The Chief" - "Unstoppable Force" - "Know Your Master" - "Agents Of Steel" - "Mad Locust Rising".

Vicious Rumors
Jetzt war ich aber gespannt wie ein Flitzebogen, ob Vicious Rumors es schaffen würden, diesem genialen Metal-Sturm von gerade eben Paroli bieten zu können. Die Amis haben ja auch ihre Vorgeschichte und besitzen einen hervorragenden Ruf, wenn auch (leider) nur im Untergrund. Seit dem unglücklichen Unfall-Tod von Ausnahme-Sänger Carl Albert im Jahre 1995 war die Band zunächst wie gelähmt. Gitarrist Geoff Thorpe liess es aber nicht zu, dass Vicious Rumors untergingen und auch wenn bis heute eine Unmenge an Musikern (über 20!) mal in der Band spielten, scheint die Essenz kaum bis gar nicht darunter gelitten zu haben. Insgesamt betrachtet konnte man jedoch erst mit dem letzten Album "Warball" (2006) wieder an die Klasse der früheren Tage anknüpfen. "Cyberchrist" (1998) und "Sadistic Symphony" (2001) waren sicher keine schlechten Alben, liessen aber aufgrund von unterschiedlichen Sängern keine Kontinuität zu. Spätestens mit der Verpflichtung von Helstar Röhre James Rivera (u.a. Ex-Seven Witches) scheint die Truppe gefestigter denn je zu sein. Davon konnte man sich zum Beispiel auch in Balingen am diesjährigen BYH!!!-Festival überzeugen, wo Vicious Rumors nebst dem Auftritt auf der Hauptbühne auch die Club-Show, dort dann aber als Headliner, bestritten. Obwohl der neue Gitarrist Thaen Rasmussen seine Sache mehr als nur gut macht, war halt das Langhaar-Monster bis 2005 auch optisch eine Klasse für sich. Der jugendlich aussehende Bassist Stephen Goodwin, der auf Dave Starr folgte, empfahl sich derweil von Anfang an als wilde Rampensau und passt bestens zur Truppe. Mit "Abandoned" stiegen die Amis in ihren Set ein und zeigten sich von Anfang an spielfreudig, wie man es von ihnen nicht anders erwarten würde. "On the Edge" setzte den Reigen der Altklassiker fort, wobei Mastermind Geoff Thorpe zunächst mal ein technisches Problem hatte und während fast eines ganzen Songs nicht mittun konnte. Zum Glück liess sich der Mangel bald beheben, denn mit nur einer Gitarre geht es eher schlecht als recht. James Rivera war insgesamt nicht so spritzig wie auch schon, aber mit welcher Leichtigkeit er jeweils zu seinen markanten Screams ansetzte, war einfach Genuss pur. Allerspätestens beim grandiosen "Immortal" war der kleine Mann mit der grossen Stimme (für einmal ist hier nicht Ronnie James Dio gemeint) jedoch voll da und auch die Stimmung durfte in Anbetracht des eher bescheidenen Häuflleins als sehr gut bezeichnet werden. Trotzdem geht dieser Punkt an Agent Steel, die klar die beste Resonanz an diesem Abend hatten. Dieser Umstand führte dann wohl dazu, dass Vicious Rumors trotz professioneller Performance nicht bis in die Fingerspitzen motiviert waren. Als nach der hammermässigen Zugabe "March Or Die" die Hallenlichter angingen, waren bezeichnenderweise erst 70 Minuten vergangen. Dennoch wurde das Z7 wieder mit genug Metal vollgepumpt und ist ready für den Rest des Jahres! (Rsl)

Setlist: "Abandoned" - "On The Edge" - "Don't Wait" - "Down Temple" - "Sonic Rebellion" - "Mr. Miracle" - "Lady Took A Chance" - "Six Step Sisters" - "War Soldiers" - "Immortal" - "Hellrazor" - " A Ghost Within" - "March Or Die".