Wenn man es nicht genau weiss und deshalb nachschauen geht,
zum Beispiel auf der Site metal-archives.com, steht es schwarz auf
weiss da, nämlich Status: "active" und Formed in: 1979! Somit hält
Geoff Thorpe seine Combo als noch einzig übrig gebliebenes
Gründungsmitglied von Vicious Rumors seit vierzig Jahren am Leben!
Für eine Metal-Band, die nicht Iron Maiden, Judas Priest oder Saxon
heisst, eine mehr als beachtliche Leistung! Seit immerhin bald 35
Jahren (mit ein paar als Auszeit davon) ist auch Drummer Larry Howe
eine tragende Stütze der amerikanischen Power Metal Institution.
Die Liste der ehemaligen Musiker, vorab an den
Saiten-Istrumenten und dem Gesang ist lang, ellenlang sogar! Auf
letzterem Posten stand ja Ex-Ruffians Shouter Carl Albert (R.I.P.)
im Line-Up, der ab dem zweiten Album «Digitial Dictator» (1988) noch
drei weitere Meilensteine des Metals einsang, ehe ein tragischer
Autounfall alles veränderte. Doch Geoff überlebte alle Widrigkeiten
des Music-Business und zeigte in den Jahren danach, was noch alles
in ihm steckt, und das war eine ganze Menge. Als Support glänzten
Air Raid mit jugendlicher Frische, und Magistarium? Siehe unten!
Magistarium
Die Symphonic Power Metaller stammen aus Deutschland, genauer aus
Hannover und wurden 2005 gegründet. Bis heute entstanden drei full
lenght Alben ohne Major Deal, und das dritte mit dem Titel «War For
All And All For Won» wurde heuer, kein Witz, am 01. April 2019
veröffentlicht. Auch kein Witz ist der Umstand, dass ich bisher noch
keinerlei Notiz von dieser Truppe genommen habe und heute Abend
somit eine Premiere anstand. Dass der Frontmann dabei Oleg Rudych
heisst und somit höchstens in Hannover wohnen könnte, wusste ich zu
Beginn natürlich nicht. Schon bald stand er jedoch im Zentrum des
Geschehens und dies wegen seiner eigentümlichen Gesangsstimme, die
ich persönlich irgendwo zwischen Attila Dorn (Powerwolf) und, wegen
einzelnen Screams, Achtung…, fast bei Montserrat Caballé (!!)
einordnen musste. Die Mucke erinnerte in weiten Teilen an rau
performte Nightwish und enthielt eigentlich alles, was die Stilecke
Symphonic Metal hergeben muss. Da bei diesem Sound eigentlich
zwingend Keyboards und Synthies verbunden sind, machte sich hierzu
ein Musiker in Fleisch und Blut in der Person von Volker Brandes
mehr als nur gut auf der Bühne. Interssanterweise wurden vom
Vorgänger-Album «5'55'' Till The End Of Days» (2015) mehr Songs,
nämlich deren drei im Gegensatz zu nur zwei von der neuen
Scheibe
gespielt, respektive präsentiert. Und obwohl die generell ganz
ordentlich entfachte Stimmung in der Met-Bar dies mittrug, hätte es
das Helloween Cover «I Want Out» nicht gebraucht, denn das war der
schlechteste Song, den Magistarium vortrugen. Unter dem Strich
sicherlich engagiert und technisch beschlagen, aber mit dem Gesang
von Oleg werde ich definitiv nicht klarkommen, und gut, dass in
diesem Zusammenhang der neue Track «Hora Longa Vita Brevis (Symphony
of Addiction)» nicht performt wurde, denn das Gejodel der mir
unbekannten Gastsängerin lässt einem glatt das Blut in den Adern
gefrieren! Cool hingegen war der Show-Gimmick von Drummer Sebastian
Busch, dessen Effekt mit der Mundleuchte meine Wenigkeit
fototechnisch ziemlich auf Trab hielt. Da Sänger Oleg überdies aus
der Ukraine stammt, gibt es das aktuelle Album auch mit russischen
Texten, und wenn ich mich nicht verhört hatte, so war mindestens ein
Song von heute Abend nicht mit englischen Texten performt worden.
Setliste: «Rising From The Ashes» - «Break This Chain» - «Fear
Of Death» - «5'55'' Till The End Of Days» - «One Against The World»
- «I Want Out (Helloween Cover)».
Air Raid
Die schwedischen Heavy Metaller aus Göteborg sind schon eine ganze
Dekade im Geschäft und haben bis anhin, respektive zwischen 2012 und
2017, drei Alben raus gehauen. Trotzdem vermochte die Truppe in der
Zeit meine Aufmerksamkeit nicht zu erwecken, warum auch immer. Das
lag wohl vielleicht auch daran, dass auf allen Scheiben jeweils ein
anderer Frontmann (!) seine Gesangskünste zum Besten gab. Zudem hört
die einzige Konstante auf den Namen Andreas Johansson und bekleidet
die Funktion des Axeman in der Band. Dieser
dürfte auch der Hauptsongwriter sein, denn die Mucke klingt seit je
her etwa gleich, sprich versprüht massig viele Vibes der NWOBHM zu
ihrer Blütezeit. Gross was reissen konnte bisher allerdings keines
der Line-Ups. Für die dritte Scheibe «Across The Line» stellte
Mainman Andreas eine komplett neue Mannschaft zusammen, die aber
aktuell schon wieder Geschichte ist. Zum harten Kern gehören
offenbar nur der zweite Gitarrist Magnus Mild und Sänger Fredrik
Werner. An den Drums sitzt derweil sowie erst seit diesem Jahr
Anders Persson und ein neuer Bassist als dauerhafter Bandmember ist
offenbar nicht in Sicht. So wie es aussieht, habe ich heute Abend
Robin Utbult (b) gleichzeitig das erste und auch gleich das letzte
Mal zusammen mit Air Raid erleben dürfen. Anyway…, die Truppe legte
sich auf jeden Fall voll ins Zeug und besass einen ordentlichen
Drive. Das wurde unter anderem dadurch möglich, weil die Schweden
einen beeindruckenden Sound gemischt kriegten und ihre Musik so
optimal umsetzen konnten. Nebst der catchy Instrumentierung war es
dann aber vor allem Fronter Fredrik, der dem Ganzen seinen Stempel
aufdrückte.
Diese
positive Energie übertrug sich rasch auf das Publikum, das artig
antizipierte und für eine gute Stimmung in Lenzburg sorgte. Im
Gegensatz zu früher, wo der Stil puristischer daher kam, hörte man
mehr als einmal Elemente von Landsmann Yngwie J. Malmsteen heraus,
und so war dann die Überraschung nicht übermässig gross, als mit
«Rising Force» ein Frühwerk des bekannten Flitzfingers in einer sehr
respektablen Version vorgetragen wurde. Dennoch frage ich mich immer
wieder, warum man jeweils nicht mehr Vertrauen ins eigene Material
hat. Immerhin wurde überwiegend Liedgut von «Across The Line»
geboten, was sich natürlich mit der Situation der Sänger leicht
erklären lässt. Klares Highlight waren der Midtempo-Stampfer «Line
Of Danger» und der Rausschmeisser «Midnight Burner» als rasende
Reminiszenz der 2012-er EP «Danger Ahead», wo sich das spürbar
harmonierende Axt-Duo Johansson/Mild für heute Abend ein letztes Mal
als kongeniales Gespann für weitere Auftritte empfahl. Damit einher
gehend, sollte aber bald einmal eine neue Scheibe am Start sein, um
nachlegen zu können.
Setliste: «Aiming For The Sky» - «Line
Of Danger» - «Demon's Eye» - «Hell And Back» - «Rising Force (Rising
Force Cover)» - «Hold The Flame» - «Black Dawn» - «Midnight Burner».
Vicious Rumors
Die amerikanischen Power und Heavy Metaller stehen und fallen mit
einem Namen: Geoff Thorpe! Der dauerfreundliche und abseits der
Bühne jeweils völlig entspannte Gitarrist ist noch der einzige
Musiker, der seit der Band-Gründung vor unglaublichen vierzig Jahren
(!) noch übrig geblieben ist. Wer mit der Bandgeschichte der Amis
vertraut ist, weiss um die tragische Geschichte des zweiten Sängers
Carl Albert (R.I.P.), der 1995 bei einem tragischen Autounfall sein
Leben verlor. Die insgesamt vier eingesungenen Alben «Digital
Dictator» (1988), «Vicious Rumors» (1990), «Welcome To The Ball»
(1991) und «Word Of Mouth» (1994) bilden hierbei ein überschaubares,
aber für die Szene ungemein wertvolles Vermächtnis dieser Ära von
Vicious Rumors. Wer sich das ziemlich umfangreiche Musikerkarussell
über all die Jahre ansieht, wird einige Namen wie James Rivera (v),
Ira Black (g), Brad Gillis (g), Thaen Ramussen (g), Steve Smyth (g)
oder Brian Allen (v). Letzteren sah ich damals noch im Rock-City in
Uster (2012) und 2017 beim BYH!!!-Festival in Balingen (D). Ein
Hammer-Sänger, dessen Lebenswandel aber offensichtlich dazu führte,
dass Bandleader Geoff die Reissleine ein zweites Mal ziehen musste.
Sein Nachfolger, Shouter Nummer 10 (in Worten: zehn!!!) heisst Nick
Courtney und auf den war ich mächtig gespannt. Das Rahmenprogramm
für den heutigen Headliner-Abend stand ganz im Zeichen des Albums
«Digital Dictator», das seit dem vergangenen Jahr auch schon
unfassbare drei Dekaden auf dem Buckel trägt!
Ein
kurzer Blick auf die untenstehende Setliste lässt schnell erkennen,
dass zu Beginn des ersten Teils gleich das ganze Werk in der
originalen Abfolge, also wie auf dem Tonträger, runter gezockt
wurde. Ein wahrlich erhebender Moment, den ich aber in Ermangelung
der Präsenz dieser Scheibe in meinem Gedächtnis nicht so geniessen
konnte, wie man es eigentlich hätte tun sollen, ja müssen! Dazu kam,
dass der Gitarrensound, vor allem der von Master Thorpe, zu Beginn
erschreckend wie völlig unverständlich viel zu leise und ohne
jeglichen Druck aufgefahren wurde! Zuvor bei Air Raid knallte das
noch ganz anders. Mit der Zeit verbesserte sich dieses Manko etwas,
aber unter dem Strich war das weit weg von dem, wie man es sich
sonst von dieser Truppe gewöhnt ist. Die deutlich verjüngte
Saitenmannschaft mit Gunnar DüGrey (g/v) und Cody Green (b/v)
erhielt dafür von Altmeister Larry Howe (57) das volle Brett ins
Kreuz geschmettert! Der Langzeit-Begleiter von Geoff, der langsam
auf 60 Lenze zugeht, powerte mit unbändiger Energie, dass man schon
fast versucht war ihn zu bremsen, bevor er auf der Bühne noch einen
Herzkasper erleidet. Wenn beide Gitarren in gleicher Manier wie das
Drum gebratzt hätten, wäre das ganz anders heraus gekommen.
Nichtsdestotrotz dominierte die Spielfreude der ganzen Band, der
neue Frontmann Nick Courtney liess derweil nichts anbrennen und
bereitete nicht nur dem Publikum entsprechend Freude. Trotz dem
letztlich ungenügenden Sound war der Zuspruch der Fans mehr als nur
ansprechend, doch die Sieger des heutigen Konzertabends hiessen
glasklar Air Raid!
Setliste: «Replicant (Intro)» - «Digital
Dictator» - «Minute To Kill» - «Towns On Fire» - «Lady Took A
Chance» - «Worlds And Machines» - «The Crest» - «R.L.H. » -
«Condemned» - «Out Of The Shadows» -- «World Church» - «On The Edge»
- «Ship Of Fools» - «Soldiers Of The Night» - «Don't Wait For Me»
--- «Down To The Temple» - «Hellraiser».
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