Vor etwas mehr als einem Jahr standen die kultigen Amis auch
schon auf der Bühne des Rock-City in Uster und lieferten bekanntlich
eine hammergeile Mörder-Show ab. Das war eigentlich schon Grund
genug, den neuerlichen Besuch in der Schweiz wiederum zu würdigen.
Im Wissen darum, dass Vicious Rumors gerade in solchen kleinen
Locations am besten zur Geltung kommen, liess mich also am Morgen
bereits mit dem Auto nach Baden, meinen Arbeitsort, einrücken. Damit
konnte die Anfahrt am Abend in zeitlich vernünftigem Rahmen gehalten
werden und danach wieder heim fahren ist auszuhalten. Ein weiterer
Aufhänger war die Schweizer Support-Band 23rd Grade Of Evil, wo
einerseits Buddy Tom Höpfner an den tiefen Saiten rum reisst und mir
andererseits das aktuelle Album «Bad Men Do What Good Men Dream»
bekanntlich sehr gut gefallen hat. Somit hiess es nichts wie hin, wo
sich dann überraschenderweise ergab, dass die Vorgruppe am heutigen
Anlass mit Roman Wettstein (Hellvetica und Shadow's Far) einen neuen
Sänger vorstellte, da sein Vorgänger Zeno Pfister aus privaten
Gründen seinen Abschied nahm.
23rd Grade Of Evil
Nachdem im Frühsommer die geile Thrash-Abrissbirne «Bad Men Do What
Good Men Dream» veröffentlicht wurde, standen die Zeichen bei 23rd
Grade Of Evil auf Sturm. Nach dem überzeugenden Debüt «What Will
Remain When We Are Gone» wurde die Saat gelegt, die man gerade
gedenkte weiter zu pflegen und zur Blüte zu bringen. Wenn sich nun
zu so einem wichtigen Zeitpunkt der Frontmann plötzlich vom Acker
macht, dann ist das mit einem Rückschlag verbunden, den es zuerst
wieder zu verdauen gilt. Da das Szene-Credo aber eigentlich stets "the
show must go on" heisst, suchten die verbliebenen Members nach einer
(Übergangs-) Lösung und die konnte nun in der Person von Roman
Wettstein gefunden werden, der just heute Abend seinen Einstand gab
und 23rd Grade Of Evil bis Ende Jahr unter die Arme greifen wird. In
Anbetracht dieser Tatsache waren alle guten Mutes und machten
einfach das Beste daraus. Nach dem Intro
«Not
Guilty» folgte mit «Blinded By Confidence» gleich mal der Opener des
neuen Albums, gefolgt vom aktuellen Titeltrack. Roman machte dabei
von Anfang an Dampf und versuchte die Leute gleich zu animieren. Das
gelang in der Folge eher schlecht als recht, was aber die
Performance als solche nicht beeinträchtigte. Was mir aber von
Anfang an fehlte, war die unbändige Power, die von der neuen Scheibe
ausgeht. Das war aber als Support von heute Abend halt leider nicht
zu haben, doch Hägar als Herr der Mischpultknöpfe verpasste dem
Ganzen dennoch einen amtlichen Sound, was an dieser Stelle,
respektive da unten im Rock-City immer wieder verblüfft. 23rd Grade
Of Evil mühten sich dann redlich ab und machten ihre Sache unter dem
Strich gut, auch Herr Wettstein soweit, doch man merkte schon, dass
dieser seine temporäre Rolle erst noch finden muss. Vermutlich wird
dann im Dezember wieder die gleiche unangenehme Situation
geschaffen, sollte bis dahin noch kein valabler Ersatz gefunden
worden sein. Es wäre allerdings schwer zu wünschen, dass die Gruppe
für 2013 ordentlich Schwung aufnehmen und wieder gestärkt nach vorne
blicken kann. Das Songmaterial weist auf jeden Fall die nötige
Qualität auf und darauf sollte man bauen. Trotz der engen
Platzverhältnisse gaben die Innerschweizer alles im Rock-City und
die knapp 50 Fans honorierten dies mit ordentlichem wie verdientem
Applaus.
Setliste: «Intro (Not Guilty)» - «Blinded By Confidence» - «Bad Man
Do What Good Men Dream» - «Swallow» - «You Don't Know» - «What Will
Remain When We Are Gone» - «Take My Life» - «Something Will (Get You
In The End)» - «23» - «Outro».
Vicious Rumors
Eigentlich hatte ich sogleich ein déja-vu, als mir Mainman Geoff
Thorpe das erste Mal an diesem Abend entgegen kam und sich während
des Auftrittes von 23rd Grade Of Evil vornehmlich am Merchstand
aufhielt. Die letztjährige Sause war ja sowas von unfassbar geil
gewesen, dass sich das mit Bestimmtheit nicht wiederholen liess.
Trotzdem freuten sich alle angereisten Fans, darunter ein Die-Hard
Metal Päärchen aus Frankreich (!), das ich schon an vielen Orten
gesehen habe, wo jeweils auch meine Wenigkeit zugegen war. Bevor der
Headliner gegen 21.45 Uhr auf die Bühne kam, wurde mir zugetragen,
dass Sänger Brian Allen eigentlich ziemlich angeschlagen sei, ja
sogar Fieber habe, das Konzert jedoch dennoch durchziehen wolle.
Letztes Jahr kam das Killer-Album «Razorback Killers» heraus, das
als eines der besten der ganzen Karriere in die Band-Geschichte eingehen
wird. Darum wurde zur vergangenen Album-Tour heuer eine Festival-Tour
angehängt, ergänzt um ein paar weitere Daten. Das bescherte der
Schweiz deshalb einen weiteren Auftritt der kultigen Amis. Im
gleichen Lineup wie auf der CD, und das heisst bei Vicious Rumors
wahrlich etwas, spielte das Quintett motiviert auf und legte von
der ersten Sekunde an voll los. Als Auftakt kam mit «Murderball»
gleich mal der Opener des aktuellen Albums, gefolgt von «The Crest»,
«Digital Dictator» und «Minute To Kill», die allesamt auf der
Kultscheibe
(«Digital Dictator») von 1987 zu finden sind. Das Beste in diesem
Zusammenhang war aber, dass Geoff von diesem frühen Kult-Release
noch ein paar nagelneue eingeschweisste 87er LPs von Shrapnel
Records mit dabei hatte, Wahnsinn! Die seien bei ihm noch rumgelegen,
sagte er mir nach dem Konzert auf Anfrage.
Bevor ich dieses Glück realisierte, gab es noch einige Songs mehr
auf die Lauscher geknallt, die der angeschlagene Brian Allen
scheinbar ohne Mühe hinbekam. Die spitzen Schreie kamen praktisch
immer mit voller Power und dass Hägar auf Geheiss hin die Stimme
vereinzelt etwas nachhallen liess, merkte ziemlich sicher niemand.
Dennoch lief der Frontmann sichtlich auf der letzten Rille und ging
immer wieder kurz von der Bühne runter, um sich im Backstage-Bereich
was "für den Hals" zu genehmigen. Die Medizin stellte sich dann aber
als Jägermeister heraus, der vor allem nach dem Konzert seine
entsprechende Wirkung entfaltete. Für die Zeit des Auftrittes ging
vordergründig alles glatt und die ganze Band zeigte sich einmal mehr
in blendender Spiellaune. Bassist Stephen Goodwin spielte dabei
barfuss (!) und lieferte eh ein Hammer-Posing ab, das man bei so
wenig Platz wie im Rock-City zuerst einmal hinlegen muss. Wegen dem
lädierten Zustand von Brian wurde «Ship Of Fools» leider aus dem Set
gestrichen. Der Rest war dann aber immerhin für fette und powervolle
75 Minuten gut, die den Fans vor Ort optimal mundeten. Wie üblich
war die Band nach dem
Konzert für seine Anhänger verfügbar, um Unterschriften zu geben und
gemeinsame Fotos zu machen. Kurz nachdem sich die meisten Leute dann auf
den Heimweg gemacht hatten, torkelte der bemitleidenswerte Brian
durch die Räumlich-keiten und da in den folgenden zwei Tagen noch
zwei Konzerte in Italien zu bestreiten waren, fragte ich mich schon,
ob das dann so noch klappen würde. Scheinbar ja, wenn man das eine
Foto vom Folgetag (Larry, Geoff und Brian zusammen auf einem Bild)
im Facebook betrachtete. Man stelle sich das nur mal so hypothetisch
vor, wie es gewesen wäre, wenn Herr Allen topfit hätte antreten
können. Nichtsdestotrotz fuhr ich in dieser Nacht, bestückt mit LP,
Setliste und Plektrum beschwingt und gut gelaunt nach Hause. Cya
next time guys und Geoff soll seinen Keller nochmals auf den Kopf
stellen!
Setliste: «Murderball» - «The Crest» - «Digital Dictator» - «Minute
To Kill» - «War/Soldiers Of The Night» - «Razorback Blade» - «Black»
- «Bloodstained Sunday» - «Ship Of Fools (nicht gespielt!)» - « Lady
Took A Chance» - «Abandoned» - «Let The Garden Burn» - «Don't Wait
For Me» - «Down To The Temple». (Hinweis: Die Reihenfolge gemäss
Setliste wurde gegen den Schluss hin nicht mehr eingehalten!)
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