Livereview: Yog - Gojira - Kruger - Ez3kiel - Camion - MOPA
13. August 2010, VNV Festival, Le Locle NE
By El Muerte
Das VNV-Festival in Le Locle konnte bis anhin noch nie grosse Massen ziehen, sich dafür aber stetig einen Namen bei Qualitätsliebhabern machen: Die Abgeschiedenheit in den Jurasser-Alpen und nahe der französischen Grenze macht es für das Wald und Wiesen-Publikum eher uninteressant, die Grösse untermalt die eher ideologische Ausrichtung noch zusätzlich. Musikalisch gab es dafür jedes Jahr sensationelle Schmankerl zu bestaunen, von Electric Wizard über Neurosis und Konsorten bis hin zu Gojira diesjahr, bietet das Festival gerne was für den gehobenen Extrem-Geschmack – Mit einem klaren Touch Polyrythmik und Dreck, versteht sich. Plus, und das muss man dem Festival wirklich lassen, die Mannschaft setzt klar auf Schweizer Werte: Am diesjährigen Metalabend waren drei der sechs auftretenden Acts auf eidgenössischem Boden beheimatet, und damit lag diese Ausgabe des Festivals sogar noch unter der selber gesetzten Durchschnittsquote…

MY OWN PRIVATE ALASKA

Den Anfang machten My Own Private Alaska aus Franggröisch, eine mehr als quere Formation, die vor allem letzthin immer wieder zu reden gab: Das Trio verzichtet gänzlich auf verzerrte Klampfen und Bässe, und untermalt den Schreigesang mit Piano und Drums - Und hat es damit bis in die vorderen Ränge geschaft: Die Band zockte sogar als Opener für Metallica. Um 19h15 in Le Locle war dabei erst mal ein kühler Wind angesagt - Die intensive Musik der Band funktioniert bei einfallendem Sonnenschein leider nur ansatzweise. Gut 200 Nasen hatten sich zwar bereits eingefunden, um MOPA andächtig zu lauschen, aber intensiv ist anders. Solide und interessante Band, falscher Zeitpunkt. Ach ja, bis zum Hintern aufgerissene Jeans sind in der französischen Screamo-Szene wohl gerade der letzte Hit… Schick.

<<< CAMION
Auf der Zeltbühne ging's dann gleich mit dem Tiefschlag des Abends weiter, Camion wollten ihren Stoner-Metal unter's Volk bringen. Freunde hatten sie scheinbar genug dabei, aber für eine überzeugende Performance wollte die Energie nicht reichen. Ich kann dabei nicht mal sagen, ob irgendwo ein präzises Problem waltete, oder die Band einfach grundsätzlich schlecht war… Aber Tatsache ist, dass nicht nur ich relativ schnell wieder das Weite suchte. 20h40 Uhr, Le Locle: Die Frisur sitzt, die Temperaturen fallen, der Burger ruft.

EZ3KIEL
Wieder die Hauptbühne, wieder Franzosen drauf – Und erneut eine musikalische Herausforderung… Wenn auch etwas greifbarer. Elektronisch angereicherter Post-Rock hiess die Devise, und das mittlerweile zu einer beachtlichten Menge angewachsenen Publikum kam zum ersten mal auf seine Kosten. Das Quartett konnte aus dem Vollen schöpfen, und lieferte nach anfänglichen Problemen mit dem Beamer die komplette Palette an Sound, Licht- und Projektions-Facetten. Was anfänglich einen ziemlich kompakten Eindruck machte, entblösste mit der Zeit dann doch einige störende Makel: Während der Tontechniker den Bass ziemlich hässlich clippen liess, kam die Performance auf der Bühne zu kalt und abwesend rüber… Da hätte ich von einer Band mit solcher Reputation mehr erwartet. Das Publikum schien diese Mängel jedoch nicht zu stören, und so wurde der Gewinner des Abends bereits verfrüht gekührt…

KRUGER
An Kruger lag es dann, die Bratgitarren zu starten, und dem Publikum den ersten Tritt in den Hintern zu versetzen - Hätte auch wunderbar geklappt, hätte der Sound unten rum mehr Wumms gehabt. An der Band lag dies gewiss nicht, auch wenn man den Genfern/Lausannern nach all den Jahren schon etwas Distanziertheit vorwerfen kann. Was sich bei Drummer Raph in ultrapräzisem Kesselverdreschen manifestiert, nimmt bei Fronter Renaud verschwommenere Züge an: Der gute scheint seine Show in einer anderen Dimension zu leben, und lässt sich von der Musik tragen - Und zwar soweit, dass er auch mal ohne Mik ins Publikum steigt, und einer Handvoll Auserwählten die Texte ins Ohr flüstert. Der gefühlte Höhepunkt des Sets war klar Joe Duplantier's (Gojira) Besuch beim Song 'The Ox', den er auch auf der aktuellen Kruger-Platte trällert. Renaud's und Joe's Stimmen harmonierten zwar nicht herausragend, aber es verschaffte dem Auftritt die nötige Portion Bodenständigkeit. Schade, dass das Pulikum das kaum realisierte.

GOJIRA
Zum letzten Mal an diesem Abend: Hauptbühne, Franzosen. Dass diese Kombination simplerweise auch einfach nur gewaltig killen kann, bewies der folgende Gig – Gojira setzen zwar bescheuerterweise zu Beginn des Sets auf versperrtes 'The Link'-Material, doch das verschaffte dem Publikum und auch dem Mischer die Zeit, die Ohren zu justieren. Nach den ersten 20 Minuten herrschte dann auch klar Götterstimmung, Gojira präsentierten sich fit wie eh und je, und bewiesen einmal mehr, dass sie Bands massenweise an die Wand spielen können (So geschehen beispielsweise auf der Tour mit In Flames Ende 2008). Man kann von der Band halten was man will, aber in Sachen Tightness, Druck und Sympathie macht ihnen aktuell kaum jemand da draussen was vor. Ich könnte schwören, dass von der Snare mehr von der Bühne runterkam, als tatsächlich über die Sound-Anlage - Mario Duplantier, das Prügelschwein schlechthin. 'Vacuity' und 'Flying Whales' brachten das nun zu einer dichten Masse angewachsene Publikum auf Betriebstemperatur, während vorne auch endlich ein netter Pit regierte. Siebzig Minuten reichten völlig aus, um die Frisuren des Publikums neu zu richten, und einen Rekord in Sachen Brillianz aufzustellen. Meine Fresse.


YOG
An meinen Neuenburger Grind-Lieblingen von YOG lag es dann, das Publikum in die Nacht zu entlassen. Man könnte jetzt argumentieren, dass die Vollbedienung von Gojira jeder weiteren Band die Luft aus den Segel genommen hätte – Aber Tatsache ist auch, dass YOG an diesem Abend selber etwas auf dem Bremspedal standen. Sei es das kaputte Bassdrum-Peal nach den ersten zwei Songs (Und die darauf folgende zehn Minütige Pause), oder die bis zur ersten Sethälfte etwas zu konzentrierte und folglich stoische Performance, da wäre mehr gegangen. Basser Alex schien über weite Strecken Sichtkontakt mit Drummer Fabien zu benötigen, um im wirren Gefrickel den Überblick behalten zu können – Dabei kann die Band bei weitem mehr: Die letzten vier Songs des Abends legten dann auch Zeugnis vom Können der Band ab, das Quartett schien plötzlich Blut geleckt zu haben. Blöderweise war das Publikum zu diesem Zeitpunkt bereits in sämtliche Winde verstreut, und bekam davon nicht mehr viel mit…