Dass ich meine Helden der Jugend erstmals live und im
Kleinen (Mini-Z7) sehen darf, sorgte doch für ordentlichen
Nervenkitzel im Vorfeld. Seit ihrem zweiten Album „Torcha!“ von
1992, sind die Experimental-Rocker von Waltari nämlich nicht mehr
von den Bühnen dieser Welt wegzudenken. Die Vielfalt der
musikalischen Elemente verpasst Waltari einen einzigartigen Sound,
genau wie die unverkennbare Stimme des Mitbegründers, Sängers und
Bassisten Kärtsy Hatakka. Die Texte der meist von ihm geschriebenen
Lieder drehen sich oft um die Brutalität und Schnelligkeit der
modernen Welt, häufig gespickt mit deftiger Ironie. Die Band feiert
nächstes Jahr ihr 30-jähriges Bestehen, was in diesem Business doch
schon einen ziemlich langen Atem braucht. Waltari haben mit fünfzehn
Albumveröffentlichungen einen vollen Rucksack, der live sicherlich
ein Garant für viel Abwechslung darstellt. Ihr neustes Werk „You Are
Waltari“, das gerade ein halbes Jahr auf dem Markt ist, wird neben
den alten Hits sicherlich auch für ein spektakuläres Live-Erlebnis
sorgen. Sie sind bekannt dafür, die Setliste Abend für Abend ein
wenig umzustellen, damit es auch den Musikern, die seit Jahren in
kaum veränderter Bandkonstellation auftreten, auf Dauer nicht
langweilig wird. Damit die Finnen aber keinen Kaltstart hinlegen
mussten, stand mit Borderline eine Westschweizer Rockband im
Vorprogramm.
Borderline Fürs Warm-Up des Abends waren die Schweizer
Borderline zuständig. Eine Alternative Rock Band, die erst 2013
gegründet wurde. Das Quartett besteht aus einem Drummer, einem
Gitarristen, einem Bassisten und einer Sängerin. Drei komplett
verschiedene Musikwelten (Funk, Blues und Rock) treffen bei
Borderline aufeinander und werden zu einem Stil vereint. Im Gepäck,
ihr Debütalbum, das seit April 2015 im Handel ist. Rockig und mit
viel Power legten sie schliesslich um 20:30 Uhr los. Die eher ältere
Zuschauerschar bewegte sich aber artig nach vorne, um ihren Support
zu bieten. Der Raum fasste zu dem Zeitpunkt an die fünfzig bis sechzig
Personen. Die Band um Frontfrau Ornella Bigler schien sich im Rahmen
der „Wohnzimmeratmosphäre“ wohl zu fühlen und spielte mit viel Elan
und Charisma auf. Ab und zu verliess die Sängerin die Bühne und
machte den Jungs Platz, währendem die ein powergeladenes
Instrumental aus den Boxen schmettern liessen. Mit „Brazen (Weep)“ und
„White Rabbit“ hatten sie zwei gelungene Coversongs von Skunk
Anansie und Jefferson Airplane im Köcher. Ersterer sorgte bei der
Liveperformance für gehörig Gänsehaut. Die klare Stimme von Ornella
Bigler passte zum Track wie die Faust aufs Auge. Auch sonst lieferte
der Vierer einen soliden Auftritt ab. Man konnte merklich spüren,
dass sie im Rahmen ihrer Mini-Tour (15 Gigs) wichtige Erfahrungen
sammeln konnten. Als beim letzten Song „War Child“ kurzzeitig noch
das Mikrofon ausfiel,
wurde
der Zwischenfall charmant weggelächelt. Sichtlich gut gelaunt
verliessen Borderline nach einer halben Stunde wieder die Bühne und
unter gedämpftem Saallicht konnte für den Hauptact umgebaut werden.
Später beim Merch hatte ich noch die Gelegenheit mit den Musikern der Band zu
sprechen und sie verrieten mir, dass der Auftritt im Z7 übrigens der
„Grösste“ der Tour sei und für Waltari eröffnen zu können, sei eine
grosse Ehre, so die Sängerin.
Setliste: «Welkome» - «Whispers» -
«Brightness» - «Infinity» - «Brazen (Weep)» - «Save Me» -
«Countdown/Illusions» - «White Rabbit» - «Borderline» - «War Child».
Waltari
Es war nahezu viertel vor zehn als die Musik verstummte und das
Saallicht ausging. Unter stampfenden Techno-Bässen betraten Waltari in
abgespeckter Formation (fünf statt sieben) die kleine Bühne des Z7.
Die finnischen Freigeist-Metaller unter Mastermind Kärtsy Hatakka
haben seit Kurzem ihr neues Album „You Are Waltari“ auf dem Markt.
Mit ihrem völlig verrückten Crossover-Material, sei dies ein
Spektakel mit klassischem Orchester oder Einflüsse aus Radiodisco
und allen Schattierungen von Progressive-Metal, nehmen sie die Hörer
geradezu auf einen musikalischen Höllenritt mit. „Welcome to a night
with no limits“! So die Begrüssung Hatakkas zu den Zuschauern, deren
Zahl doch noch auf etwa hundert angestiegen war. Die ersten beiden
Songs, zum Warmwerden, waren vom neuen Album und nur den ganz
Aufmerksamen im Publikum bekannt. Unter Applaus wurden im Anschluss
auch schon die ersten Rufe laut, die „Atmosfear“ forderten. Einmal
vom Klangkosmos von Waltari gepackt, gab es kein Entkommen mehr. Es
wurde frei getanzt und gehüpft oder in alter Metalmanier die Mähne
geschüttelt. Gerade beim Death Metal Song „Deeper Into The Mud“ ging
die Post vollends ab. Es war so perfekt arrangiert, dass es jeden
umhaute, der an diesem Abend vor Ort war. Heftigstes
Gitarrengewitter von Kimmo Korhonen und Nino Silvennoinen, gepaart
mit wildem Konserven-Orchester. Eine zumindest auf der Bühne
schweisstreibende
Angelegenheit.
Das Kontrastprogramm hätte kaum grösser sein können, denn im
Anschluss stand mit „The Stage“ Sprechgesang im Zentrum. Wären nicht
Waltari auf der Bühne gestanden, hätte es vermutlich faules Gemüse
geregnet. Auch mit den weiteren Songs wussten die Finnen zu
überzeugen und zu begeistern. Zum Festhüttengaudi wurde das Konzert
aber schliesslich beim Song „Maailma“. Ein folkiger Track, der von
Ukulele, klassischer Gitarre und Schellenring begleitet wurde. Eine
sichtlich spassig aufgelegte Band war hier mit echter Freude am
Werk. Als Zuschauer konnte man sich einfach gehen lassen ohne blöd
angeschaut zu werden, denn schliesslich waren alle Anwesenden von
Waltari infiziert. Der Abend neigte sich langsam seinem Ende
entgegen und Hits wie „Atmosfear“ oder „No Limit“ (Mix von
2Unlimited und Megadeth) festigten Waltari‘s Ruf als
unkonventionelle, experimentierfreudige und innovative Musiker. Ihre
Live-Performance hat auch klar gezeigt, dass man das Metalgenre auch
anders beleuchten kann, ohne dabei an Ernsthaftigkeit und
Glaubwürdigkeit zu verlieren. Wer die Musiker in ihrem Element
erlebt hat, weiss genau wovon ich spreche. Mit dem Abgang von der
Bühne war der Abend aber noch nicht gelaufen. Die Gruppe versammelte
sich anschliessend geschlossen am Merchandising Stand, signierte
T-Shirts, gab Autogramme, stellte sich für unzählige Fotos zur
Verfügung oder war einfach bereit, ein wenig mit den noch
Verbliebenen zu plaudern. Ihr musikalisches Können und die lockere
Art, Kontakt mit dem Publikum zu pflegen, war für mich persönlich
ein Highlight und mir wurde wieder bewusst, warum ich diese Band mit
fünfzehn Jahren dermassen vergöttert habe. Die Combo aus dem hohen
Norden hatte eindrucksvoll bewiesen, was sie live drauf hat und ja
verdammt… ich habe Waltari gesehen. Eine bunte sympathische Truppe
mit viel Spielwitz, vielleicht auch ein bisschen verrückt oder wie
Obelix es ausdrücken würde: „Die spinnen, die Finnen“.
Setliste: «12» - «Singular» - «In The Cradle» - «Deeper Into The Mud» - «The
Stage» - «Only The Truth» - «Solutions» - «Drag» - «Maailma» - «Far Away» -
«Diggin The Alien» - «Atmosfear» - «One Day» - «No Limit».
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