Mit dem neuen Album «Golgotha» im Gepäck ging Mastermind
Blackie Lawless wieder auf grosse Konzertreise. Es ist dabei immer
das Gleiche. Kommt der Gesang nun vom Band oder doch nicht? Ganz
ehrlich, es ist mir scheissegal. So lange Truppen wie Rhapsody
oder Powerwolf ihre Musik mit Konservensounds unterstützen und dabei
kein Hahn danach kräht, speziell beim fehlenden Bassisten der Wölfe,
kann Blackie in meinen Augen tun und lassen, was er will! Das sah
auch ein extrem gut gefülltes Z7 so. Die Stimmung war gigantisch und
W.A.S.P. boten eine musikalische und optische (drei Videoscreens) Show
der Sonderklasse. UND! Anstelle von knapp siebzig Minuten stand der
Vierer dieses Mal knappe neunzig Minuten auf der Bühne.
Lucky Bastardz
Bevor W.A.S.P. aber auf die Stage stiegen, standen zuerst noch die
Italiener von Lucky Bastardz auf der Bühne. Was als Support von Joe
Lynn Turner noch klappte, ging an diesem Abend bei W.A.S.P. völlig
in die Hosen. Die Italiener hatten sich nachträglich auf diese Tour
rein geschmuggelt (es war der erste Abend für sie) und genau so
spielten sie auch. Völlig überfordert auf der grossen Bühne, so als
ob sie lieber zu Hause bei Mama Spaghetti essen würden. Kein Song
blieb in Erinnerung, die Performance sah eher wie ein
Proberaumauftritt aus, und der Applaus am Schluss verhallte kaum
hörbar im Z7. Wie kann eine aufstrebende Band einen solch desolaten
Eindruck hinterlassen? Hier hätten die Herren die Möglichkeit gehabt,
nochmals beste Werbung in eigener Sache zu machen, aber die gute
Erinnerung an den JLT-Gig, als Lucky Bastardz mit ihrem Skid
Row-liken Sound cool abrockten, wurde mit diesem Auftritt begraben.
Schade, da hätte ich mir lieber Chase The Ace gewünscht, die wissen,
wie man bodenständigen Rock zelebriert und diesen huldigt.
Rebellious Spirit Auch die Jungspunde von Rebellious
Spirit hatten einen sehr schweren Stand. Die Truppe um Jannik sah
ich zum ersten Mal am «Bang Your Head!!!»-Festival, morgens um 10.00 Uhr.
Damals war ich echt begeistert von den Jungs, weil einfach alles
passte. Was folgte war eine Support-Tour für Axel
Rudi
Pell und eine starke Ernüchterung meinerseits, weil sich der Vierer
zu stark in den Sounds verzettelte. Man wollte zwar oldschool sein,
aber zugleich auch modern, und hier biss sich die Katze in den
eigenen Schwanz. Auch an diesem Abend war dies das grosse Problem
von Rebellious Spirit. Verfolgt man nun die 80er-Jahre oder
will man doch eher mit modernen Sounds das junge Publikum
begeistern? So richtig blieb auch kein Song hängen und hier kommt
das zweite Manko der Truppe. Die Songs sind zwar alle ganz okay,
verschwinden aber in der Flut an neuen Scheiben. Schade, denn auf
der Bühne rocken die Jungs richtig geil los. Speziell Jannik hat
stark an seinen Entertainerqualitäten gearbeitet und kann schon fast
als kleiner Tobias Sammet angesehen werden. Das Posen mit seiner
giftgrünen Gitarre beherrscht der Junge sehr gut, wie auch das
Animieren des Publikums. «Wollt ihr eine Metalparty?» Irgendwie
schon, aber dazu fehlten leider die Hits. Das musste Jannik auch
beim missglückten Mitsingpart feststellen. Es wird sich weisen,
wohin der Weg von Rebellious Spirit geht. Grundsätzlich weist der
Vierer gute Tendenzen auf, aber an nicht ganz unwichtigen Dingen muss
noch gefeilt werden! Kleiner Tipp, rockt frisch von der Leber weg,
dann habt ihr die Leute ganz schnell auf eurer Seite. Alle könnt ihr
sowieso nicht glücklich machen und für euch gewinnen.
W.A.S.P. Was danach folgte, war eine Show, die
an Professionalität nicht zu überbieten war. Auf drei grossen
Videoscreens wurden immer wieder alte W.A.S.P.-Videos eingespielt,
die teils synchron mit dem Gesang von Blackie abliefen. Ob dies dann
Hits wie «The Real Me», «L.O.V.E. Machine», «I Don't Need No
Doctor», oder «Wild Child» waren, es verlieh der Show einen
zusätzlichen Reiz. Interessant war dabei auch anzusehen, wie die
Band sich in den letzten dreissig Jahren verändert hat. Es steht kein
Chris Holmes mehr auf der Bühne, bei dem man nie wusste, ob er
gleich ins
Publikum springt und einen Auserwählten angreift. Seit 2006 post
Doug Blair wie ein Gott auf der Bühne und verzaubert mit seinem
gefühlvollen Spiel die Massen. Speziell bei den eher langsamen Parts
(«Miss You») weiss der Gitarrist zu gefallen und hinterlässt offene
Kauleisten. Der Sound war fett und druckvoll. Das Licht passend zu
den einzelnen Songs. Mit Bassist Mike Duda steht seit 1996 ein nach
wie vor wilder und bewegungsfreudiger Bassist auf der Bühne. Einer,
der bei «Hellion» auch für ein paar Strophen den Leadgesang übernimmt
und mit seiner ungezügelten Art zum festen Bestandteil der Band
gehört. Neu in der Truppe ist Randy Black, der ehemalige Primal
Fear- und Annihilator-Trommler, der einen ultrafetten Rhythmus
vorgab und schon fast zum Dauergrinser mutierte. Auch wenn Randy
eher die technisch versierte Powermaschine ist, verlieh er den
groovigen Songs von W.A.S.P. ein fantastisches Flair und einen
bodenständigen Groove. Vor ihm stand der Meister persönlich. Blackie
Lawless, Mister W.A.S.P., der mit seiner ureigenen Stimme und seinem
erhabenen Charisma durch die Show leitete. Trotz seiner Coolness
rannten er und Mike immer wieder von links nach rechts, wenn Doug
seine Solos spielte. Aber wenn Blackie sang, stand er in der Mitte
der Bühne. Er kündete viele Klassiker, aber auch drei neue Songs
(«Last Runaway», «Miss You» sowie «Golgotha») an und hatte mit dem Track
«Crazy» aus der vorletzten Studioscheibe «Babylon» einen zukünftigen
Live-Klassiker im Programm. Die Verbindung zwischen dem Refrain «You
gotta be crazy to say you love me» und den Videoeinspielungen von
Elvis und Michael Jackson hatten schon was Autobiographisches. Das
war ganz grosses Kino!
Es folgte Hit auf Hit, auch wenn der in den letzten Jahren obligate
Rausschmeisser «Blind In Texas» nicht gespielt wurde, und es gab keinen
Moment, in dem die Stimmung abflachte. «Miss You» ging dabei ebenso
unter die Haut, wie das monumentale Titelstück der letzten
Studioscheibe «Golgotha» mit seinen dramatischen Chören. Davor waren
es die alten Hits der Frühphase, wie das Eröffnungsmedley, bestehend
aus «On Your Knees», «Inside The Electric Circus» und «The Real Me»,
«Arena Of Pleasure» (mit erneut fantastischen Videobildern) und der
Doublette «Hellion» und dem aus allen Kehlen mitgesungenen «I Don't
Need No Doctor». Nach «Golgotha» verabschiedete sich Blackie mit
einem knappen «Good night» und verschwand hinter der Bühne. Die
Songs wurden ohne grosse Pausen gespielt. Es war wie ein Düsenjet,
der übers Z7 donnerte. Kurz, gewaltig, spannend, mit einer
imposanten Lichtshow und einem nachhaltigen Unterhaltungseffekt.
Aber, das Konzert war ja noch nicht fertig. Die Kettensäge erklang
und versetzte das Z7 in einen wahren Begeisterungssturm. «Chainsaw
Charlie (Murders In The Rue Morgue)» wurde gespielt und mit dem
mitgelieferten Film jagte dieses Lied jedem Zuschauer einen
kalten Schauer über den Rücken. Spätestens hier hatte Blackie alle Besucher auf
seiner Seite und keiner dachte an mögliche Playbacks. Wieder ging
die Band von der Bühne und liess die Meute länger auf die letzten
zwei Tracks warten. Das ist wahrlich der einzige Kritikpunkt, dass
sich W.A.S.P. zwischen diesen Zugabeblöcken lang Zeit liessen, um
wieder auf die Bühne zu kommen.
So stand Mister Lawless als Erster wieder auf der Stage und spielte
das Eröffnungsriff von «Wild Child» an. Seien wir ehrlich, welche
Band kann von sich behaupten, mit ein paar Tönen eine Halle völlig
zum Ausrasten zu bringen? W.A.S.P. haben genau diese Tracks
geschrieben und mit dem Opener («Wild Child») des zweiten Albums «The
Last Command» ging es in den letzten Zugabeblock. «I'm a wild child,
come and love me, I want you» wurde von jedem in Z7 mitgeschrien und
das kollektive Durchdrehen kannte kein Halten mehr. Was sollte noch
folgen? Genau, «I Wanna Be Somebody»! Es folgte ein Finale, das an Intensität
nicht zu toppen war. W.A.S.P. spielten eine Show, die es in sich
hatte und durch die unzähligen Hits keine Langeweile aufkommen
liess. In dieser Form sind Blackie, Mike, Doug und Patrick kaum zu
toppen, und man darf sich schon auf den nächsten Gig freuen, der
garantiert ausverkauft sein wird!
Setliste: «On Your
Knees/Inside The Electric Circus/The Real Me» - «L.O.V.E. Machine» -
«Last Runaway» - «Crazy» - «The Titanic Overture (Intro)» - «Arena Of
Pleasure» - «Miss You» - «Thunderhead (Intro)» - «Hellion/I Don't Need
No Doctor» - «Golgotha» - «Chainsaw Charlie (Murders In The Rue Morgue)» --
«Wild Child» - «I Wanna Be Somebody».
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