Livereview: W.A.S.P. - Rain

11. November 2017, Pratteln – Z7
By Rockslave
Die wirklich guten Zeiten von W.A.S.P. sind eigentlich in der Tat schon so lange vorbei, wie sie aktuell als Aufhänger für die laufende Tour dienen, nämlich satte 25 Jahre! Bereits vor gut einer Dekade feierte man das 15-jährige Jubiläum des Kult-Albums «The Crimson Idol» mit der entsprechenden Live-Zelebration des ganzen Werkes. Die Vorfreude darauf wich damals jedoch schnell der Ernüchterung, da (zu) viel wie offensichtlich ab Band eingespielt wurde und so den Konzertgenuss spürbar trübte. Was folgte, waren Häme wie Schelte zugleich und dies zurecht! Deshalb gab es im Vorfeld einige kritische Stimmen, die deshalb keine Lust mehr auf Blackie & Co. verspürten. Das galt heuer auch für Beast In Black als Support-Band, denn nach der Show in Madrid am 3. November wurde entschieden, nicht länger Teil der "Re-Idolized"-Tour mit W.A.S.P. sein zu wollen. Begründet wurde dies mit nicht eingehaltenen vertraglichen Abmachungen. Als Ersatz wurden für den Rest der Tour letztlich die italienischen Heavy Metaller von Rain verpflichtet, die meiner Meinung nach mit ihren weit über dreissig Jahren Bühnenerfahrung eindeutig besser in dieses Billing gepasst haben!

Rain

Wer im Publikum, aus welchem Grund auch immer, noch nicht mitbekommen hatte und sich fragte, wo denn Beast In Black abbleiben oder allenfalls nach Rain folgen, musste sich mit den Italienern zufrieden geben. Was auf den ersten Blick bezüglich des Bandnamens noch als Status Quo Tribute Band hätte durchgehen können, entpuppte sich jedoch bald als ziemlich töfter Verein, der es ordentlich krachen liess. Bereits 1980 gegründet (!) konnte die ursprünglich aus Bologna stammende Horde in den vergangenen Jahrzehnten jedoch kaum mehr als regionale Erfolge verbuchen. Zumindest war mir die Truppe bis zum heutigen Abend nicht bekannt. Schaut man das aktuelle Line-Up mit Maurizio "Evil Mala" Malaguti (v), Alessio "Amos" Amorati (v/g), Freddy "V" Veratti (v/g), Gabriele "King" Ravaglia (b) und Andrew Gunner (d) an, ist von der Besetzung des Debüts «Ten Years After» (1991) kein einziger Musiker mehr dabei, und insgesamt sechs full lenght Alben muten für diesen Zeitraum eher etwas mager an. Der Grossteil der heute Abend gespielten Songs stammte von der letztjährigen „neuen“ Langrille «Spacepirates», und dieses Material war beileibe nicht mal so schlecht. Dass es dabei immer wieder mal Reminiszenzen hin zum Headliner gab, störte dabei nicht wirklich. Vielmehr hatte der Sound ordentlich Drive und vermochte mich nach dem Auftritt so zu überzeugen, dass ich den Jungs glatt noch eine überteuerte LP für vierzig Flocken (!) abgekauft habe. Da die Pressung jedoch absolut top ist und die Ausgabe als „Red Vinyl“ mit gutem Klang glänzt, verzog sich mein leichter Unmut darob ziemlich schnell. Besonders «Kite’n’Roll», «Hellfire», der Album-Titeltrack und «Black Ford Rising» liessen die Schwarte auf der Bühne vom Feinsten krachen! Nach ein paar Wortwechseln am Merchstand wirkten Rain nach dem Gig insgesamt ziemlich zufrieden mit sich selber, und ihnen dürfte das unerwartete Tour-Ausscheiden von Beast In Black ziemlich gelegen gekommen sein.

Setliste: «Love In The Back» - «Kite’n’Roll» - «Hellfire» - «Bang Bus» - «Intro / Spacepirates» - «We Don't Call The Cops (W.D.C.T.C.)» - «Black Ford Rising» - «The Gate / Outro».

W.A.S.P.
Nun wurde es spannend, denn jetzt würde sich bald zeigen, ob sich die Farce von 2007 wiederholt oder ob der Auftritt wieder einem Live-Event auf diesem Niveau würdig ist. Der Hauptteil des Konzertes war mit der Aufführung der kompletten «The Crimson Idol» Scheibe in der Reihenfolge des Studioalbums gesetzt. Untermalt durch die originalen Video-Einspieler liess das bekannte Intro die Erwartungen rasch in die Höhe schnellen. Am Tag zuvor spielte der Tross ja in Lausanne (Les Docks), und auch heute Abend gab es das Gleiche zu vermelden, was in der letzten Zeit leider immer weniger vorkommt: „Sold out“! Schon nur deswegen war die Hoffnung gross, dass die anstehende Show auch wirklich zu einer wurde. Rein vom Line-Up her, also Blackie Lawless (v/g), Doug Blair (g), Mike Duda (b/bv) und Aquiles Priester (d) war alles im Lot, auch wenn ich als Rhythm-Section lieber die Herren Rod/Howland gesehen und gehört hätte. Doch das gehört längst in die Kategorie Nostalgie, ganz zu schweigen von einem gewissen Chris Holmes. Was allerdings Doug Blair seit 2006 abliefert, gehört klar in die Kategorie Weltklasse und das zeigte er abermals eindrücklich. Spätestens bei «Arena Of Pleasure» war die Band auf Betriebstemperatur, und neben der überzeugenden Instrumentierung war vor allem der Gesang von Blackie erfreulich kräftig wie präsent auszumachen. Zudem schien es so, dass diesmal ausser den unabdingbar nötigen Keyboard-Parts so wenig ab Band beigesteuert wurde wie schon lange nicht mehr.

Diese Tatsache verwandelte das Z7 zwar nicht in eine ekstatisch austickende Konzerthalle, aber die Stimmung entwickelte sich ausgesprochen gut und der laufend lauter aufbrandende Applaus war die logische Konsequenz davon. So zockte sich das Quartett im Hauptteil durch «The Crimson Idol» hindurch, wovon vor allem «I Am One», «The Idol» und das phänomenale «The Misconceptions Of Me», inklusive ausufernden Guitar-Soli von Doug Blair, deutlich heller als das sehr bescheidene Licht glänzten. War die audiovisuelle Freude wirklich gross, so ärgerte ich mich als Fotograph natürlich tierisch darüber, dass ich vor allem von Blackie nicht ein wirklich gutes Foto schiessen konnte. Das war an gleicher Stelle bei älteren Konzerten auch schon anders, aber wenn dies allenfalls, respektive so angeordnet wird, kann man halt nichts machen. Nach dem «Crimson»-Part gab es dann eine leider zu lange Pause, ehe der „Zugabenteil“ folgte. Beim Blick auf die untenstehende Setliste erübrigt sich allerdings der Kommentar, da man hierzu nur den Zusatz „ziemlich mager“ anführen kann. Nichtsdestotrotz war es unter dem Strich, trotz dem Ausbleiben von einigen weiteren Klassikern, eine der besten W.A.S.P.-Shows, die man seit Langem geniessen konnte. Dennoch wäre der eine oder andere Kracher von «The Headless Children» («The Real Me» wurde, obwohl aufgeführt, ausgelassen) halt noch das Sahnehäubchen gewesen, aber selbst das vom Management leider abgelehnte Interview mit Mr. Lawless war nach diesem Top-Gig kaum dessen Erwähnung wert.

Setliste: «The Crimson Idol / Intro» - «The Titanic Overture» - «The Invisible Boy» - «Arena Of Pleasure» - «Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)» - «The Gypsy Meets The BoyDoctor Rockter» - «I Am One» - «The Idol» - «Hold On To My Heart» - «The Great Misconceptions Of Me» -- «L.O.V.E. Machine» - «Wild Child» - «Golgotha» - «I Wanna Be Somebody».