Die wirklich guten Zeiten von W.A.S.P. sind eigentlich in
der Tat schon so lange vorbei, wie sie aktuell als Aufhänger für die
laufende Tour dienen, nämlich satte 25 Jahre! Bereits vor gut einer
Dekade feierte man das 15-jährige Jubiläum des Kult-Albums «The
Crimson Idol» mit der entsprechenden Live-Zelebration des ganzen
Werkes. Die Vorfreude darauf wich damals jedoch schnell der
Ernüchterung, da (zu) viel wie offensichtlich ab Band eingespielt
wurde und so den Konzertgenuss spürbar trübte. Was folgte, waren
Häme wie Schelte zugleich und dies zurecht! Deshalb gab es im
Vorfeld einige kritische Stimmen, die deshalb keine Lust mehr auf
Blackie & Co. verspürten. Das galt heuer auch für Beast In Black als
Support-Band, denn nach der Show in Madrid am 3. November wurde
entschieden, nicht länger Teil der "Re-Idolized"-Tour mit W.A.S.P.
sein zu wollen. Begründet wurde dies mit nicht eingehaltenen
vertraglichen Abmachungen. Als Ersatz wurden für den Rest der Tour
letztlich die italienischen Heavy Metaller von Rain verpflichtet,
die meiner Meinung nach mit ihren weit über dreissig Jahren
Bühnenerfahrung eindeutig besser in dieses Billing gepasst haben!
Rain
Wer im Publikum, aus welchem Grund auch immer, noch nicht
mitbekommen hatte und sich fragte, wo denn Beast In Black abbleiben
oder allenfalls nach Rain folgen, musste sich mit den Italienern
zufrieden geben. Was auf den ersten Blick bezüglich des Bandnamens
noch als Status Quo Tribute Band hätte durchgehen können, entpuppte
sich jedoch bald als ziemlich töfter Verein, der es ordentlich
krachen liess. Bereits 1980 gegründet (!) konnte die ursprünglich
aus Bologna stammende Horde in den vergangenen Jahrzehnten jedoch
kaum mehr als regionale Erfolge verbuchen. Zumindest war mir die
Truppe bis zum heutigen Abend nicht bekannt. Schaut man das aktuelle
Line-Up mit Maurizio "Evil Mala" Malaguti (v), Alessio "Amos"
Amorati (v/g), Freddy "V" Veratti (v/g), Gabriele "King" Ravaglia
(b) und Andrew Gunner (d) an, ist von der Besetzung des Debüts «Ten
Years After» (1991) kein einziger Musiker mehr dabei, und insgesamt
sechs full lenght Alben muten für diesen Zeitraum eher etwas mager
an. Der Grossteil der heute Abend gespielten Songs stammte
von
der letztjährigen „neuen“ Langrille «Spacepirates», und dieses
Material war beileibe nicht mal so schlecht. Dass es dabei immer
wieder mal Reminiszenzen hin zum Headliner gab, störte dabei nicht
wirklich. Vielmehr hatte der Sound ordentlich Drive und vermochte
mich nach dem Auftritt so zu überzeugen, dass ich den Jungs glatt
noch eine überteuerte LP für vierzig Flocken (!) abgekauft habe. Da
die Pressung jedoch absolut top ist und die Ausgabe als „Red Vinyl“
mit gutem Klang glänzt, verzog sich mein leichter Unmut darob
ziemlich schnell. Besonders «Kite’n’Roll», «Hellfire», der
Album-Titeltrack und «Black Ford Rising» liessen die Schwarte auf
der Bühne vom Feinsten krachen! Nach ein paar Wortwechseln am
Merchstand wirkten Rain nach dem Gig insgesamt ziemlich zufrieden
mit sich selber, und ihnen dürfte das unerwartete Tour-Ausscheiden
von Beast In Black ziemlich gelegen gekommen sein.
Setliste:
«Love In The Back» - «Kite’n’Roll» - «Hellfire» - «Bang Bus» -
«Intro / Spacepirates» - «We Don't Call The Cops (W.D.C.T.C.)» -
«Black Ford Rising» - «The Gate / Outro».
W.A.S.P.
Nun wurde es spannend, denn jetzt würde sich bald zeigen, ob sich
die Farce von 2007 wiederholt oder ob der Auftritt wieder einem
Live-Event auf diesem Niveau würdig ist. Der Hauptteil des Konzertes
war mit der Aufführung der kompletten «The Crimson Idol» Scheibe in
der Reihenfolge des Studioalbums gesetzt. Untermalt durch die
originalen Video-Einspieler liess das bekannte Intro die Erwartungen
rasch in die Höhe schnellen. Am Tag zuvor spielte der Tross ja in
Lausanne (Les Docks), und auch heute Abend gab es das Gleiche zu
vermelden, was in der letzten Zeit leider immer weniger vorkommt:
„Sold out“! Schon nur deswegen war die Hoffnung gross, dass die
anstehende Show auch wirklich zu einer wurde. Rein vom Line-Up her,
also Blackie Lawless (v/g), Doug Blair (g), Mike Duda (b/bv) und
Aquiles Priester (d) war alles im Lot, auch wenn ich als
Rhythm-Section lieber die Herren Rod/Howland gesehen und gehört
hätte. Doch das gehört längst in die Kategorie Nostalgie, ganz zu
schweigen von einem gewissen Chris Holmes. Was allerdings Doug Blair
seit 2006 abliefert, gehört klar in die Kategorie Weltklasse und das
zeigte er abermals eindrücklich. Spätestens bei «Arena Of Pleasure»
war die Band auf Betriebstemperatur, und neben der überzeugenden
Instrumentierung war vor allem der Gesang von Blackie erfreulich
kräftig wie präsent auszumachen. Zudem schien es so, dass diesmal
ausser den unabdingbar nötigen Keyboard-Parts so wenig ab Band
beigesteuert wurde wie schon lange nicht mehr.
Diese
Tatsache verwandelte das Z7 zwar nicht in eine ekstatisch
austickende Konzerthalle, aber die Stimmung entwickelte sich
ausgesprochen gut und der laufend lauter aufbrandende Applaus war
die logische Konsequenz davon. So zockte sich das Quartett im
Hauptteil durch «The Crimson Idol» hindurch, wovon vor allem «I Am
One», «The Idol» und das phänomenale «The Misconceptions Of Me»,
inklusive ausufernden Guitar-Soli von Doug Blair, deutlich heller
als das sehr bescheidene Licht glänzten. War die audiovisuelle
Freude wirklich gross, so ärgerte ich mich als Fotograph natürlich
tierisch darüber, dass ich vor allem von Blackie nicht ein wirklich
gutes Foto schiessen konnte. Das war an gleicher Stelle bei älteren
Konzerten auch schon anders, aber wenn dies allenfalls, respektive
so angeordnet wird, kann man halt nichts machen. Nach dem
«Crimson»-Part gab es dann eine leider zu lange Pause, ehe der
„Zugabenteil“ folgte. Beim Blick auf die untenstehende Setliste
erübrigt sich allerdings der Kommentar, da man hierzu nur den Zusatz
„ziemlich mager“ anführen kann. Nichtsdestotrotz war es unter dem
Strich, trotz dem Ausbleiben von einigen weiteren Klassikern, eine
der besten W.A.S.P.-Shows, die man seit Langem geniessen konnte.
Dennoch wäre der eine oder andere Kracher von «The Headless
Children» («The Real Me» wurde, obwohl aufgeführt, ausgelassen) halt
noch das Sahnehäubchen gewesen, aber selbst das vom Management
leider abgelehnte Interview mit Mr. Lawless war nach diesem Top-Gig
kaum dessen Erwähnung wert.
Setliste: «The Crimson Idol /
Intro» - «The Titanic Overture» - «The Invisible Boy» - «Arena Of
Pleasure» - «Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)» - «The
Gypsy Meets The BoyDoctor Rockter» - «I Am One» - «The Idol» - «Hold
On To My Heart» - «The Great Misconceptions Of Me» -- «L.O.V.E.
Machine» - «Wild Child» - «Golgotha» - «I Wanna Be Somebody».
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