Livereview: Whitesnake - The Answer - Sinner
02. Dezember 2011, Bülach (ZH) - Stadthalle
By Roger W. (rog) & Rockslave (rsl) - All Pics by Rockslave

Wirklich damit gerechnet hat wohl nicht jeder Fan der weissen Schlange, dass uns Master Coverdale nach dem mehr als ordentlichen Auftritt beim diesjährigen «Sonisphere Festival» in Basel nochmals als Headliner beehren würde. Die Ankündigung mit The Answer und Sinner im Schlepptau liess dann aber schnell mal Freude aufkommen, denn die Schmach vom Albisgüetli-Auftritt 2008 scheint definitiv abgehakt zu sein. Zudem durfte man ein inzwischen eingespieltes und gefühltes "Lineup Nr. 27" erwarten, will heissen die neue Rhythm-Section mit Brian Tichy (dr) und Michael Devin (b) zeigte dem Schweizer Publikum bereits im Sommer, was es drauf hat. Mit dem 12. Studioalbum «Forevermore» zeigten Whitesnake wie schon beim Vorgänger «Good To Be Bad» (2008), dass sie als Band immer noch was zu sagen und zu bieten haben. Das war auch heute Abend in Bülach so und die Frage war nun, wie die Setliste aussehen würde. Im Vorprogramm standen Sinner und The Answer. Erstere sah ich dank Autobahnstau nicht von Beginn an und Letztere legten sich mächtigst ins Zeug! (rsl)

Sinner

Der umtriebige Bassist, Produzent und Namensgeber, der nebst seiner eigenen Combo auch noch Aktivitäten bei Primal Fear und zuletzt bei «Rock Meets Classic» aufweisen kann, ist nach einer auskurierten Verletzung glücklicherweise wieder fit. Anlass wieder selber auf Tour zu gehen ist das neue, 15. Studioalbum (!) «One Bullet Left», das abermals in der altbekannter Tradition daher kommt. Will heissen Heavy Metal "Made in Germany", veredelt durch die Gitarrenarbeit von Kollege und Freund Alex Beyrodt (Voodoo Circle) sowie Christof Leim und Alex Scholpp. Gewisse Paralle-len zu Primal Fear sind auch auszu-machen, aber gesanglich liegen zwischen Ralf Scheepers und Mat Sinner Berge, um nicht zu sagen Welten! Dazu trägt die Band Sinner mehr hardrockige Vibes zur Schau. Wie gesagt konnte ich verkehrs-bedingt nicht rechtzeitig zur Halle gelangen und war schliesslich mitten im Set in der Halle. Das was ich aus der Ferne in Form von drei bis vier Songs noch zu hören bekam, hinterliess dann bei mir aber nicht so viel Eindruck und das Publikum verhielt sich ziemlich zurück-haltend. Das Ganze klang irgendwie druck- wie belanglos. Selbst die Backing Vocals von Gast David Readman (Pink Cream 69), der sich nachher locker unter die Leute mischte, änderten nichts daran, dass Sinner heute Abend kaum was reissen konnten. Die bei Mat & Co. etablierte Cover-Version von Billy Idol's Hit «Rebel Yell» erreichte zwar am meisten Aufmerksamkeit und Zuspruch, doch dieser Umstand zeigte unmissverständlich auf, dass dem wohl nicht wirklich so sein sollte. (rsl)

The Answer
Wer war die druckvollste und leidenschaftlichste Band des Abends? Die Antwort hiess klar The Answer! Für Kenner war dies allerdings keine Überraschung, glänzten die Nordiren doch bereits im Vorprogramm der gesamten (!) Black Ice-Tour von AC/DC. Wer die neulich erschienene Live-DVD geschaut hatte, der wusste bereits, was auf ihn zukommen würde: Druckvoller, blues geschwängerter Hard Rock vom Feinsten. Sänger Cormac Neesen mimte mit seinen Schlaghosen, dem Getänzel, den langen Haaren und dem Bart den perfekten Frontmann. Er keuchte, krei-schte und sang sich in die Herzen des Publikums. Ein faszinierendes Kerlchen, dass die Show aber nicht alleine machte. Gitarrist Paul Mahon, Bassist Micky Mars und Schlagzeuger James Heatley zockten mit solcher Inbrunst, dass es eine wahre Freude war. So muss eine Vorband rocken, die nach oben will! The Answer sorgten mit einer guten Durchmischung der Songs, dass sich die 45 Minuten zu einem wahren Fest entwickelten. Dabei packte Cormac immer wieder die Mund-harmonika aus. Einzig die ruhige Version des Rockers «Nowhere Freeway» wollte mir nicht so recht gefallen. Ansonsten war aber alles schlicht perfekt. Schön auch, dass The Answer im Vergleich zur Weissen Schlange auf jegliches Sologewichse verzichtet haben. Es war somit der erwartete Headliner-würdige Auftritt. Einzig die Tatsache, dass Whitesnake wohl noch ein paar zwingendere Hits in der Hinterhand hatten, relativierte die Stellung der Nordiren im Nachhinein ein wenig. Freuen wir uns aber dennoch auf das Konzert der vier Jungs im Zürucher Mascotte Club im Januar 2012. (rog)

Setliste: «Intro» - «Vida» - «Under The Sky» - «Evil Moment (incl. Solo)» - «Too Far Gone» - «Nowhere Freeway» - «Trouble» - «Waste Your Tears».

Whitesnake
Als Fan der nicht gerade ersten, aber zumindest frühen Stunde von Deep Purple sind weitere aus diesem Umfeld entstandene Bands wie Whitesnake, Gillan und Rainbow Pflicht und darum war es für mich eigentlich keine Frage, dass ich den Weg nach Bülach unter die Räder nahm. Das Verkehrschaos, ausgelöst durch einen Auffahr-Unfall bei Neuenhof mit etwa sechs daran beteiligten Fahrzeugen, brachte nur meinen persönlichen Zeitplan etwas durcheinander. Der Headliner stieg pünktlich um 21.30 Uhr auf die Bühne und legte nach dem Intro gleich mit dem fetzigen «Bad Boys» los, das dann vom an dieser Stelle zu schnulzig wirkenden «Give Me All Your Love» abgelöst wurde. David Coverdale wirkte soweit frisch und markierte gleich Präsenz. Der mittlerweile 60-jährige Frontmann besitzt trotz ein paar vergangenen Botox-Sessions immer noch massig Ausstrahlungskraft. Etwas, was heutzutage vielen Bands fehlt. Das Publikum erwachte spätestens zum Smasher «Love Ain't No Stranger», den ich aber auch schon besser gehört habe. In Basel beim «Sonisphere Festival» wurden auch schon neue Songs von «Forevermore» präsentiert. Der Album-Opener «Steal Your Heart Away» kam heute Abend als erster "Neu-Song" dran und kam gut rüber. Der bluesige Style auf der CD klang live noch einen Zacken härter, was mir gut gefiel. Darauf folgte mit dem Titeltrack ein weiterer Song mit Ausgabedatum 2011, der der nur halb gefüllten Halle aber unter Hinzunahme der von Herrn Aldrich gespielten Akustik-Gitarre mindestens zu Beginn die ersten, balladesken Töne bescherte, ehe das schleppende Zep-Riff Fahrt aufnahm. Dieses wurde dann aber jäh eingebremst, als Reb Beach und Doug Aldrich zu ihren Solo-Eskapaden aufbrachen, die unter dem Strich immerhin teilweise Unterhaltungswert hatten, insgesamt mit fast 20 Minuten aber viel zu lange ausfielen und leider mehrere Songs kosteten.

Dazu gehörten zum Beispiel «Easier Said Than Done» oder «Don't Break My Heart Again». Wer nun dachte, dass es das in Sachen Selbstdarstellung war, wurde nach dem überzeugenden «Love Will Set You Free» durch ein total überzogenes Drum-Solo von Meister Tichy wieder auf den harten Boden der Realität zurück geholt. Selbst Obertrommler Mike Terrana (Ex-Rage, Axel Rudi Pell, Tarja Turunen) wäre in der Zwischenzeit einen Kaffee trinken gegangen. Natürlich hatte es der neue Schlagzeuger drauf, aber Soli à la Tommy Aldrigde inklusive die Felle mit den blossen Händen zu bearbeiten sind nicht wirklich innovativ. Ganz zu schweigen davon, dass wiederum wertvolle Spielzeit flöten ging, die unter anderem gegen den Schluss hin mit «Ain't No Love In The Heart Of The City» oder bei-spielsweise dem frischen, geilen Rocker «I Need You (Shine A Light)» hätte aufgepeppt werden können. Als Coverdale dann nach «Is This Love» die Bühne verliess, war ich richtig sauer. Sollte es das nun mehr mehr weniger schon gewesen sein? Natürlich würde «Still Of The Night» das Konzert wie immer beenden, aber der Blick zur Uhr verhiess zunächst nichts Gutes, denn in der Halle machte zuerst die Runde, dass man um Punkt 23.00 Uhr mit den Bands, sprich dem Abend durch zu sein habe. Die töfte Triplette mit «Fool For Your Lovin'», «Here I Go Again» und «Burn» zog den Karren dann zum Glück noch aus dem Dreck und liess die Bewertung gleich wieder deutlich besser aussehen. Dennoch gab es vereinzelte Stimmen, die wiederum Playback-Gerüchte rund um David's Vocals schürten, die meiner Wahrnehmung nach jedoch, wenn überhaupt, nicht offensichtlich waren. Allerdings wendete sich der Altmeister bei spitzen Schreien regelmässig vom Publikum ab. Wie dem auch sei, nach knapp zwei Stunden fiel mein Fazit bis auf das unnötig ausgedehnte Solo-Gedöns klar positiv aus. Bei der Setliste besteht allerdings Handlungsbedarf, respektive das geht eigentlich noch deutlich besser! (rsl)

Setliste: «Intro» - «Bad Boys» - «Give Me All Your Love» - «Love Ain't No Stranger» - «Deeper The Love» - «Steal Your Heart Away» - «Forevermore» - «Guitar Duel (Snakedance) Reb Beach & Doug Aldrich» - «Can You Hear The Wind Blow» - «Rock Me Baby» - «Love Will Set You Free» - «The Badger (Drum Solo Brian Tichy)» - «Is This Love» -- «Fool For Your Lovin'» - «Here I Go Again» - «Burn» --- «Soldier Of Fortune» - «Still Of The Night».