Wirklich damit gerechnet hat wohl nicht jeder Fan der weissen
Schlange, dass uns Master Coverdale nach dem mehr als ordentlichen
Auftritt beim diesjährigen «Sonisphere Festival» in Basel nochmals
als Headliner beehren würde. Die Ankündigung mit The Answer und
Sinner im Schlepptau liess dann aber schnell mal Freude aufkommen,
denn die Schmach vom Albisgüetli-Auftritt 2008 scheint definitiv
abgehakt zu sein. Zudem durfte man ein inzwischen eingespieltes und
gefühltes "Lineup Nr. 27" erwarten, will heissen die neue
Rhythm-Section mit Brian Tichy (dr) und Michael Devin (b) zeigte dem
Schweizer Publikum bereits im Sommer, was es drauf hat. Mit dem 12.
Studioalbum «Forevermore» zeigten Whitesnake wie schon beim
Vorgänger «Good To Be Bad» (2008), dass sie als Band immer noch was
zu sagen und zu bieten haben. Das war auch heute Abend in Bülach so
und die Frage war nun, wie die Setliste aussehen würde. Im
Vorprogramm standen Sinner und The Answer. Erstere sah ich dank
Autobahnstau nicht von Beginn an und Letztere legten sich mächtigst
ins Zeug! (rsl)
Sinner
Der umtriebige Bassist, Produzent und Namensgeber, der nebst seiner
eigenen Combo auch noch Aktivitäten bei Primal Fear und zuletzt bei
«Rock Meets Classic» aufweisen kann, ist nach einer auskurierten
Verletzung glücklicherweise wieder fit. Anlass wieder selber auf
Tour zu gehen ist das neue, 15. Studioalbum (!) «One Bullet Left»,
das abermals in der altbekannter Tradition daher kommt. Will heissen
Heavy Metal "Made in Germany", veredelt durch die Gitarrenarbeit von
Kollege und Freund Alex Beyrodt (Voodoo Circle) sowie Christof Leim
und Alex Scholpp. Gewisse Paralle-len zu Primal Fear
sind auch auszu-machen, aber gesanglich liegen zwischen Ralf Scheepers
und Mat Sinner Berge, um nicht zu sagen Welten! Dazu trägt die Band
Sinner mehr hardrockige Vibes zur Schau. Wie gesagt konnte ich
verkehrs-bedingt nicht rechtzeitig zur Halle gelangen und war
schliesslich mitten im Set in der Halle. Das was ich aus der Ferne
in Form von drei bis vier Songs noch zu hören bekam, hinterliess
dann bei mir aber nicht so viel Eindruck und das Publikum verhielt
sich ziemlich zurück-haltend. Das Ganze klang irgendwie druck- wie
belanglos. Selbst die Backing Vocals von Gast David Readman
(Pink Cream 69), der sich nachher locker unter die Leute mischte,
änderten nichts daran, dass Sinner heute Abend kaum was reissen
konnten. Die bei Mat & Co. etablierte Cover-Version von Billy Idol's
Hit «Rebel Yell» erreichte zwar am meisten Aufmerksamkeit und
Zuspruch, doch dieser Umstand zeigte unmissverständlich auf, dass
dem wohl nicht wirklich so sein sollte. (rsl)
The Answer
Wer war die druckvollste und leidenschaftlichste Band des Abends?
Die Antwort hiess klar The Answer! Für Kenner war dies allerdings
keine Überraschung, glänzten die Nordiren doch bereits im
Vorprogramm der gesamten (!) Black Ice-Tour von AC/DC. Wer die
neulich erschienene Live-DVD geschaut hatte, der wusste bereits, was
auf ihn zukommen würde: Druckvoller, blues geschwängerter Hard Rock
vom Feinsten. Sänger Cormac Neesen mimte mit seinen Schlaghosen, dem
Getänzel, den langen Haaren und dem Bart den perfekten Frontmann. Er
keuchte, krei-schte und sang sich in die Herzen des Publikums. Ein
faszinierendes Kerlchen, dass die Show aber nicht alleine machte.
Gitarrist Paul Mahon, Bassist Micky Mars und Schlagzeuger James
Heatley zockten mit solcher Inbrunst, dass es eine wahre Freude war.
So muss eine Vorband rocken, die nach oben will! The Answer sorgten
mit einer guten Durchmischung der Songs, dass sich die 45 Minuten zu
einem wahren Fest entwickelten. Dabei packte Cormac immer wieder die
Mund-harmonika aus. Einzig die ruhige Version des Rockers «Nowhere
Freeway» wollte mir nicht so recht gefallen. Ansonsten war aber
alles schlicht perfekt. Schön auch, dass The Answer im Vergleich zur
Weissen Schlange auf jegliches Sologewichse verzichtet haben. Es war
somit der erwartete Headliner-würdige Auftritt. Einzig die Tatsache,
dass Whitesnake wohl noch ein paar zwingendere Hits in der
Hinterhand hatten, relativierte die Stellung der Nordiren im
Nachhinein ein wenig. Freuen wir uns aber dennoch auf das Konzert
der vier Jungs im Zürucher Mascotte Club im Januar 2012. (rog)
Setliste: «Intro» - «Vida» - «Under The Sky» - «Evil Moment (incl.
Solo)» - «Too Far Gone» - «Nowhere Freeway» - «Trouble» - «Waste
Your Tears».
Whitesnake
Als Fan der nicht gerade ersten, aber zumindest frühen Stunde von
Deep Purple sind weitere aus diesem Umfeld entstandene Bands wie
Whitesnake, Gillan und Rainbow Pflicht und darum war es für mich
eigentlich keine Frage, dass ich den Weg nach Bülach unter die Räder
nahm. Das Verkehrschaos, ausgelöst durch einen Auffahr-Unfall bei
Neuenhof mit etwa sechs daran beteiligten Fahrzeugen, brachte nur
meinen
persönlichen Zeitplan etwas durcheinander. Der Headliner
stieg pünktlich um 21.30 Uhr auf die Bühne und legte nach dem Intro
gleich mit dem fetzigen «Bad Boys» los, das dann vom an dieser
Stelle zu schnulzig wirkenden «Give Me All Your Love» abgelöst
wurde. David Coverdale wirkte soweit frisch und markierte gleich
Präsenz. Der mittlerweile 60-jährige Frontmann besitzt trotz ein
paar vergangenen Botox-Sessions immer noch massig
Ausstrahlungskraft. Etwas, was heutzutage vielen Bands fehlt. Das
Publikum erwachte spätestens zum Smasher «Love Ain't No Stranger»,
den ich aber auch schon besser gehört habe. In Basel beim «Sonisphere
Festival» wurden auch schon neue Songs von «Forevermore»
präsentiert. Der Album-Opener «Steal Your Heart Away» kam heute
Abend als erster "Neu-Song" dran und kam gut rüber. Der bluesige
Style auf der CD klang live noch einen Zacken härter, was mir gut
gefiel. Darauf folgte mit dem Titeltrack ein weiterer Song mit
Ausgabedatum 2011, der der nur halb gefüllten Halle aber unter
Hinzunahme der von Herrn Aldrich gespielten Akustik-Gitarre
mindestens zu Beginn die ersten, balladesken Töne bescherte, ehe das
schleppende Zep-Riff Fahrt aufnahm. Dieses wurde dann aber jäh
eingebremst, als Reb Beach und Doug Aldrich zu ihren Solo-Eskapaden
aufbrachen, die unter dem Strich immerhin teilweise
Unterhaltungswert hatten, insgesamt mit fast 20 Minuten aber viel zu
lange ausfielen und leider mehrere Songs kosteten.
Dazu gehörten zum Beispiel «Easier Said Than Done» oder «Don't Break
My Heart Again». Wer nun dachte, dass es das in Sachen
Selbstdarstellung war, wurde nach dem überzeugenden «Love Will Set
You Free» durch ein total überzogenes Drum-Solo von Meister Tichy
wieder auf den harten Boden der Realität zurück geholt. Selbst
Obertrommler Mike Terrana (Ex-Rage, Axel Rudi Pell, Tarja Turunen)
wäre in der Zwischenzeit einen Kaffee trinken gegangen. Natürlich
hatte es der neue Schlagzeuger drauf, aber Soli à la Tommy Aldrigde
inklusive die Felle mit den blossen Händen zu bearbeiten sind nicht
wirklich innovativ. Ganz zu schweigen davon, dass wiederum wertvolle
Spielzeit flöten ging, die unter anderem gegen den Schluss hin mit «Ain't
No Love In The Heart Of The City» oder bei-spielsweise dem frischen,
geilen Rocker «I Need You (Shine A Light)» hätte aufgepeppt werden
können. Als Coverdale dann nach «Is This Love» die Bühne verliess,
war ich richtig sauer. Sollte es das nun mehr mehr weniger schon
gewesen sein? Natürlich würde «Still Of The Night» das Konzert wie
immer beenden, aber der Blick zur Uhr verhiess zunächst nichts
Gutes, denn in der Halle machte zuerst die Runde, dass man um Punkt
23.00 Uhr mit den Bands, sprich dem Abend durch zu sein habe. Die
töfte Triplette mit «Fool For Your Lovin'», «Here I Go Again» und «Burn»
zog den Karren dann zum Glück noch aus dem Dreck und liess die
Bewertung gleich wieder deutlich besser aussehen. Dennoch gab es
vereinzelte Stimmen, die wiederum Playback-Gerüchte rund um David's
Vocals schürten, die meiner Wahrnehmung nach jedoch, wenn überhaupt,
nicht offensichtlich waren. Allerdings wendete sich der Altmeister
bei spitzen Schreien regelmässig vom Publikum ab. Wie dem auch sei,
nach knapp zwei Stunden fiel mein Fazit bis auf das unnötig
ausgedehnte Solo-Gedöns klar positiv aus. Bei der Setliste besteht
allerdings Handlungsbedarf, respektive das geht eigentlich noch
deutlich besser! (rsl)
Setliste: «Intro» - «Bad Boys» - «Give Me All Your Love» - «Love
Ain't No Stranger» - «Deeper The Love» - «Steal Your Heart Away» - «Forevermore»
- «Guitar Duel (Snakedance) Reb Beach & Doug Aldrich» - «Can You
Hear The Wind Blow» - «Rock Me Baby» - «Love Will Set You Free» - «The
Badger (Drum Solo Brian Tichy)» - «Is This Love» -- «Fool For Your
Lovin'» - «Here I Go Again» - «Burn» --- «Soldier Of Fortune» -
«Still Of The Night».
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