Am 4. Februar im Klub Sounddock 14 fand das Winterfestival statt.
Unter anderem spielten Krisiun, welche mit ihrem letzten Release
anno 2011 allen ihren Fans gezeigt hatten, was der echte, moderne
Death/Thrash-Klang bedeutet. Natürlich war es interessant
einzuschätzen, wie gut der erneute Bestand der kultischen Band Vital
Remains ist, die Blackened/Death Metal spielt, weil vom vorigen
Bandbestand nur der geistige Anreger der Band Tony Lazaro geblieben
ist. Die anderen Festivalteilnehmer waren ebenso populär. Es sei
betont, dass jede Band ihren eigenen Reiz hatte, was davon zeugt,
dass der Event ein Erfolg war! Außerdem möchte ich mich bei den
Organisatoren des Festivals Meh Suff! und bei dem ganzen
Support-Team des Klubs Sounddock 14 dafür bedanken, dass sie die
ganze organisatorische Arbeit tadellos erfüllt haben, indem sie
diesen extremen Marathon ohne jede Zeitverzögerung durchgeführt
haben, und indem sie mit der Ausrüstung so professionell gearbeitet
haben, dass der Klang schon von Anfang an gut abgestimmt war, —
schon der Auftritt der ersten Band war gut zu hören! Außerdem war es
überraschend, wie billig die CDs und das vielfältige Merchandising
waren. Zum Beispiel ein T-Shirt mit originellem LengTch'e-Design
konnte man für nur 6 Fr kaufen!
Truth Corroded
Das Festival begann mit dem Auftritt der australischen Extreme/Thrash
Metal-Band Truth Corroded. Im vorigen Jahr ließ diese Band ihr
Debutalbum „Worship The Bled“ herausgeben, das von der Presse sehr
positiv eingeschätzt wurde. Darren McLennan und Mark Lennard bilden
ein perfektes Gitarrenduo, besonders, wenn die beiden
Gitarrenpartien einander unterstützen, wodurch die gemeinsamen Solos
verstärkt werden. Während die Gitarrenspieler tüchtig arbeiteten,
wurde die Aufmerksamkeit des immer noch nicht so zahlreichen
Publikums vom
Sänger gefesselt, der mit deutlichem Growling sang und
an den zentralen „Showman“ der Band – den Bassisten, der eine
modische Schirmmütze trug und ständig vor den Kameras posierte. Wie
gesagt war der Klang tadellos abgestimmt, und die Musiker
verbrauchten keine Zeit für den Umgang mit dem Klangingenieur am
Regiepult. Die Zuschauer, die beim Festival von Anfang an anwesend
waren, drängten sich an der Bartheke zusammen, wo zwei Bier zum
Preis von einem verkauft wurden. Danke nochmals für die Happy Hour!
Karnak
Danach betrat die Bühne die Band Karnak. Es ist eine sehr
interessante Band, die aber wahrscheinlich für immer im Underground
bleiben wird. Die Musiker spielen Progressive/Technical/Death Metal.
Man kann sagen, dass sie Veteranen der italienischen Death
Metal-Bühne sind. 2010 ließen sie ihr konzeptuelles Album „Dismemberment“
herausgeben, das die ganzen 19 Kompositionen beinhaltete! In der
Musik von Karnak dominiert das Niederfrequenzgitarrenspiel und
langsames Tempo, deswegen war die Atmosphäre während des Auftrittes
trübe, ähnlich wie zum Beispiel bei Pestilence oder Nile. Allmählich
ließen uns die Musiker in eine brutale Welt eintauchen, wo der
Todeskultus im Mittelpunkt steht. So hieß auch eines der Lieder – „The
Cult Of Death“. Es sei erwähnt, dass die Musiker progressiv und
technisch perfekt spielen. In erster Linie ist es der Verdienst des
Bandgründers, des Schlagzeugers Stefano Rumich, der beim Spielen von
Blast-Beats und beim Trommelwirbel unerschütterlich blieb. Eine
große Rolle spielt auch der Solo-Gitarrenspieler, dessen Solopartien
den von Meshuggah auf der siebensaitigen Ibanez gespielten Partien
ähnlich klingen. Trotzdem wurde die größte Aufmerksamkeit der
Zuschauer vom äußerst attraktiven Sänger und Gitarrenspieler
Francesco Ponga gefesselt. Die Musik hätte das Publikum beinahe
lahmgelegt, und die meisten Zuschauer standen wie versteinert vor
dem Mischpult. Erst nachdem Francesco das Publikum mit Nachdruck
eingeladen hatte, näher an die Bühne zu treten, bewegten sie sich
nach vorne. Ich bemerkte den einzigen schwarzen Zuschauer in der
Halle, der eine schwarze Mütze anhatte und der den Auftritt der Band
mit viel Interesse sah. Es stellte sich heraus, dass das der
meisterhafte Sänger von Leng Tch'e, der „Voodoo-Beschwörer“ Serge
Kasongo, war.
Leng Tch'e
Endlich wurde an die Hinterwand des Klubs hinter die Trommelanlage
eine Leinwand mit dem Namen der Band Leng Tch'e gehängt. Dann
betraten die Musiker von Leng Tch'e die Bühne. Der schwarze Serge
legte seine schwarze Mütze ab und verwandelte sich in einen
Schamanen. Es ist recht kompliziert, den weiteren Auftritt der Band
zu beschreiben, denn Leng Tch'e sind raffinierte belgische
Experimentatoren. Es ist
auch kennzeichnend, dass sich der Name der
Band aus dem Chinesischen als „Tod durch eintausend Schnittwunden“
übersetzen lässt. Eben deswegen wurden die Ohren der Zuhörer mit
„tausend Methoden“ gequält. Der Stil von Leng Tch'e kann wie eine
Mischung aus Grindcore, Metalcore und Death Metal bezeichnet werden,
und sogar Stoner Rock beeinflusst den Körper so, als ob es ein
cooler Cocktail wäre. Und wie toll war die Arbeit von Serge mit dem
Publikum! Es war klar, dass er es sich zum Ziel gesetzt hatte, das
noch nicht ganz heitere und von der vorigen Band etwas unterdrückte
Publikum in vollen Schwung zu bringen. Und er erreichte dieses Ziel
glänzend, nicht nur dank seinem wunderbaren Gesang, sondern auch,
indem er wie ein echter Geistesbeschwörer gestikulierte und seine
Hände schüttelte. Serge beherrscht verschiedene Arten von Grindcore
tadellos und wechselt von einer zu der anderen meisterhaft: grunting,
guttural, screamo vox – alles liegt in seiner Kraft! Vor einem Lied
ließ Serge einen der Zuschauer die Bühne erklettern und teilte mit,
dass er jetzt die echte Schwarzkunst demonstrieren werde, indem der
Kerl auf der Bühne wie ein extremer Sänger singen sollte. Serge ließ
ihn sich umdrehen und mit dem Rücken zu den Zuschauern stehen, holte
das Mikrophon an den Mund des überraschten Kerls, und dieser hat
wirklich wie ein gestochenes Schwein gequiekt! Der weiße,
aschblonde, tätowierte Bassist Nicolas Malfeyt bildete einen starken
Kontrast zu Serge, was sehr extravagant aussah. Der Gitarrenspieler
Jan Hallaert, der technisch perfekt spielte, und der junge
Schlagzeuger Olivier Coppens, der sich der Band erst im vorigen Jahr
angeschlossen hatte, haben auch das höchste Lob verdient!
Vital Remains
Die Band Vital Remains erschien auf der Bühne rechtzeitig, weil das
Publikum einerseits von der vorigen Band gut aufgewärmt worden und
andererseits noch nicht erschöpft war. Ihr letztes Album ließ diese
Band im fernen Jahre 2007 herausgeben, und seit damals hat sich der
Bandbestand gründlich verändert (übrigens hatte die Band ein
schwieriges Schicksal von Anfang an: Viele verschiedene Musiker
gehörten dieser Band seit deren Gründung an, darunter auch der
bekannte Gottbekämpfer Glen Benton). 2008 schlossen sich der Band
ein neuer Sänger und ein Bassist an, und 2011 kamen dazu auch noch
ein neuer Gitarrenspieler und ein Schlagzeuger. Es schaut so aus,
als ob sich die Band es zum Ziel gesetzt hätte, nie von dem Wege
abzubiegen, der im fernen Jahre 1988 bei der Gründung der Band
bestimmt worden war, weil sich alle Anwesenden leicht in die
vergangenen Zeiten zurückversetzen und die Atmosphäre vom Ende der
1980er – Anfang der 1990er Jahre wieder empfinden würden, als die
Blütezeit von Death Metal erst begonnen hatte. Von der Bühne
zitierten die Musiker die Klassiker der ersten Black- und
Death-Welle, indem sie die Atmosphäre des Auftrittes völlig
authentisch und ohne jeden Hinweis auf die moderne Zeit erscheinen
ließen. Da diese Band für ihre antichristlichen Liedertexte bekannt
ist, wählte sich der Sänger solch ein Image, das dem Black
Metal-Genre völlig entspricht. Scott Wily trug traditionellen
stacheligen Schulterschutz auf seinen Unterarmen. Er arbeitete mit
dem Publikum recht aktiv und organisierte ein sogenanntes
Slamming-Reigen in der Mitte des Saals.
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Psycroptic
Nach einer kurzen Zwischenpause begann der zweite Teil dieses
wunderbaren Events — es erschienen auf der Bühne die Vertreter des
australischen Technical/Death Metal, die Band Psycroptic. Der Saal
wurde plötzlich voll und neue Fans traten näher an die Bühne. Alle
sehnten sich nach der Fortsetzung des Konzertes. Und der Auftritt
von Psycroptic war erstklassig. Die Musiker kontrastierten mit dem
altmodischen und fast raren Image von Vital Remains und sahen
ultramodern und sehr intelligent aus. Die Bands, die Technical Death
spielen, haben schon solch ein technisches Niveau erreicht, das die
Musik höchst mehrschichtig macht und das Publikum scheint in die
Atmosphäre von nichtlinearen, zerrissenen Strukturen einzutauchen.
Jedoch, mit dem Hintergrund dieser mehrschichtigen Atmosphäre
kontrastierte das profilierte Growling von Zdeněk „GTboy“ Šimeček,
und die Basspartien von Cameron Grant, der unglaublich expressiv
spielte, waren gut zu hören.
Origin
Ihre Auftritte in Europa haben die Musiker der Band Origin recht
ambitiös als „Occupy Europe 2012 Campaign“ bezeichnet. Origin
begannen mit dem ganz frischen Lied „Expulsion Of Fury“ aus ihrem
vorjährigen Album „Entity“. Diese Technical/Death Metal-Band will
das alte Europa äußerst schnell erobern, und sie spielen ihre
Instrumente echt gewaltig und genießen das. Der Schlagzeuger John
Longstreth schlug seine Trommeln verschiedenartig – von lokaler
Verrücktheit mit den Tschinellen bis zum globalen Schlagen der
ganzen Trommelanlage, geschweige denn die Basstrommeln, deren Klang
nie aufhörte. In dieser Hinsicht ist “The Aftermath” aus dem Album „Antithesis“
kennzeichnend. Dieses Lied erschien 2008 und wurde ein Wendepunkt
für die Band. Es erklang in der Mitte des Auftrittes. Diese
Blast-Beat-Offenbarung mit zahlreichen glänzenden
Hochfrequenzgitarrenpartien lässt einen glauben, dass der
Gitarrenspieler Paul Ryan eine elektrische Ladung zwischen seinen
Fingern hat. Der neue Sänger und Band-Frontman Jason Keyser hat sich
schon nach der Herausgabe des neuen Albums der Band angeschlossen.
Jason ist kein Anfänger auf der Bühne und hat sich als ein echter
Showman erwiesen: Er lief auf der Bühne hin und her wie verrückt und
arbeitete unaufhörlich mit dem Publikum. Bald ließ er einen der Fans
ins Mikrophon singen, bald half er den Stagedivern die Bühne
erklettern. Schließlich erklärte er, dass die Fans in Amerika
einander auf die Schultern klettern und miteinander kämpfen, als ob
sie Reiter wären. Der Vorschlag fand seine Anhänger – einige Leute
kletterten sofort auf die Schultern ihrer Freunde. Als Origin die
Bühne verließen, waren die Fans erschöpft. Es ist zweifellos, dass
eben Origin das härteste Slamming präsentiert haben.
Malevolent Creation
Danach betraten die Musiker aus Malevolent Creation die Bühne. Diese
Old School-Deathsters aus Florida besitzen ein starkes Charisma, und
die Bühne schien voller allerlei archaische Monster zu sein. Der
Sänger und Verfasser der Liedertexte Brett Hoffmann, der mehrmals
Probleme mit dem Gesetz hatte, ist eine kultische Persönlichkeit in
Fan-Kreisen geworden. Nicht nur der gigantische Wuchs des langen
Kerls, sondern auch seine starke Stimme ist zu beneiden, denn er
kann mit starkem
Growling sogar ohne Mikrophon singen. Brett
Hoffmann schrie Worte über Gewalt, Zerstörung und den
unerschütterlichen Geist deutlich und energisch aus, und sein
Enthusiasmus steckte alle an. Es sei erwähnt, dass Malevolent
Creation nicht oft nach Übersee gehen. Deswegen war es ein
Highlight, einen der bekanntesten Death Metal-Komponisten — den
Gitarrenspieler Phil Fasciana – zu sehen, der in jedem neuen Album
immer überraschendere Kombinationen von Dissonant/Death-Riffs und
Blast Beats darstellt! Der Bassist Jason Blachowicz, der sich der
Band wieder angeschlossen hat und der früher den Sänger Brett
ersetzte, hat auch nicht enttäuscht. Man kann nicht sagen, dass die
Band ausschließlich neue Lieder spielte, denn es erklangen solche
Raritäten wie „Slaughter Of Innocence“ aus dem Album „Retribution“
(1992), „Decadence Within“ und „Multiple Stab Wounds“ aus dem
Debutalbum „The Ten Commandments“ (1991). Natürlich wurde auch der
skandalöse Hit aus dem letzten und technisch perfekten Album der
Band „Invidious Dominion“, „Slaughterhouse“, gespielt, dessen
offizielle Videoversion von Youtube für viel zu brutal gehalten
wurde. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern Origin hatten die Musiker
von Malevolent Creation Stagediving nicht gern und benahmen sich wie
echte, brutale Deathsters. Phil Fasciana stieß sogar einen der
Stagediver recht grob von der Bühne herunter. Old School-Death Metal
will never die!
Krisiun
Endlich betraten die Festival-Headliner Krisiun die Bühne. Im Jahre
2011 ließ diese Band noch ein starkes und interessantes Album „The
Great Execution“ herausgeben, mit dem die Band ihre Positionen
verstärkte. Jetzt gilt sie als einer der Leader im Rahmen vom
technischen Brutal/Death Metal. Die Band gibt oft Gastrollen und
nimmt an allen möglichen Festivals teil, dabei besuchen die Musiker
oft auch die Schweiz. Eben das erwähnte der Bassist Alex Camargo,
nachdem das allseits bekannte Lied „Vengeance's Revelation“ gespielt
worden war. Alex sagte, dass es seiner Band sehr gut gefällt, in der
Schweiz zu spielen, weil die Musiker eine aufrichtige Unterstützung
des Publikums fühlten. Die Mitglieder des Trios sind Brüder –
vielleicht eben deswegen sehen sie wie ein einheitliches Ganzes aus.
Und jedes Mal, wenn Alex Camargo mit dem Publikum kommunizierte,
schien es, als ob die anderen zwei Musiker an diesem Umgang auch
teilnähmen. Nach jeder Phrase von Alex folgte geschicktes Trommeln
oder sogar ein kurzes Drum-Solo von Max Kolesne. Das musikalische
Können der Band-Teilnehmer ist unter den Fans dieses Genres schon
weit bekannt. Besonders beeindruckend waren die Solopartien von
Moyses Kolesne – jedes Solo war interessant zu hören, weil die
meisten davon außerordentlich sind. Seine Solopartien sind mal
chaotisch, mal ordentlich, schön und luftig. Es ist zweifellos, dass
der Auftritt von Krisiun ein würdiges Ende dieses unvergesslichen
Abends war.
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