Livereview: Wintersun - Turisas - Heidevolk - Obscurity - Frosttide

24. März 2015, Pratteln – Z7
Text & Pics by Oliver H.
 
Ein sonniger Dienstagabend und das Thermometer zeigt frühlingshafte 18 Grad in Pratteln und die Uhr schlägt gerade mal halb sechs, als sich die Parkplätze ums Konzertlokal Z7 zu füllen beginnen. Kurze Hosen, Schottenröcke und Trinkhörner geben sich ein Stelldichein und die Schlange vor dem Einlass wir immer länger. Dazwischen ich, ein wenig nervös, da ich meinem ersten Livereview inkl. Fotograben entgegenfiebere. Die Vorfreude ist enorm, da Pagan-Metal eher zu meinen Favoriten im Metalgenre zählt. Gesehen habe ich bis dato auch noch keine dieser Bands. Es kann also nur ein Abend voller neuer Erfahrungen werden. Fünf grossartige Bands in fünfeinhalb Stunden.


Frosttide

Frosttide – die ersten Finnen des Abends eröffneten bereits um 18 Uhr das Paganfest 2015. Mit ihrem Debut-Longplayer „Awakening“ sorgten die Melodic Death-Metaller bereits im Vorfeld für Furore und die treuesten Fans hatten sich schon als kleine Gruppe am Gitter vor der Bühne versammelt. Beim „Prologue“ mit synthielastigen Klängen liefen immer mehr Zuschauer ein und bei „Blood Oath“, spätestens aber bei „Awakening“ war die vordere Hälfte der Halle gefüllt. Mit „Quest for Glory“ schafften sie es zeitweise sogar, einzelne zum Mitsingen zu bewegen. Zwei Songs später, mussten die Herren um Joni Sorno die Bühne unter Beifall auch schon wieder verlassen. Nach einer äusserst kurzen Umbaupause verstummte die Saalmusik und die nächste Combo des Abends betrat die Bühne.


Obscurity
Obscurity - die Bergischen Löwen aus Nordrhein-Westfalen traten entschlossen und sehr spielfreudig auf. Die Bühne in grünes Licht und Nebel gehüllt, betrat einer nach dem andern die Z7-Bühne. Mit „Schicksal der Götter“ und „Naglfar“, hatten sie das Publikum von Anfang an auf ihrer Seite. Nicht wie vom Gitarristen erwartet, wie er mir in der Pause später mitteilte: „Ich hatte zu Beginn ein wenig Bedenken, da viele Leute in der Umbaupause abgewandert sind. Das hat sich aber schnell gelegt und nach kurzer Zeit waren viele vor der Bühne und es war ein cooler Auftritt.“ Mit heroischen Gebärden schrie Sänger Agalaz der Fangemeinde all seine Wut entgegen. Zwischen den Songs war er aber mehr als gut aufgelegt und zu einigen Spässen mit den Fans aufgelegt. Mit „Tenkterer“ und „Vintar“ gab es dann nochmals so richtig was auf die Ohren. Für die Bass-Drum zu viel. Beim nächsten Stück stoppte die Musik abrupt! „Etwas an der Bass-Drum ist defekt. So eine Scheisse kann wohl nur uns passieren!“ so der Sänger. Wegen dieses Zwischenfalls musste ein Song gestrichen werden. Bei „Nach Asgard wir reiten“ waren dafür die Fangesänge lauter als je zuvor und mit „Bergischer Hammer“ war der Abschluss perfekt. Für mich war diese Band ein Highlight des Abends und ich hätte ihnen noch länger zuhören können.


Heidevolk
Gegen viertel vor sieben betraten dann die Mannen von Heidevolk die Bühne. Im Gepäck – ihr neues Album „Velua“. Dies haben sie mit einem platzfüllenden Banner an der Rückwand und Stehwänden auf der Bühne gut in Szene gesetzt. Ich war sehr auf den Auftritt von Heidevolk gespannt, da ich die Band seit ihrem Album „Walhalla Wacht“ kenne und liebe. Bereits beim Opener tanzten im Z7 die Massen. Dies änderte sich auch während der nächsten Songs nicht. Ob „Ostara“ oder „Dondergod“, die Meute vor der Bühne nahm an, was man ihnen zum Frass hinwarf. Zwischendurch machte Rowan Roodbaert, Bassist der Band, noch eine Kostprobe des Schweizer Biers, die positiv ausfiel. Während dem Auftritt musste ich aber feststellen, dass viele Folk Bands ein ähnliches Manko haben, nämlich die teilweise schlechte Umsetzbarkeit mancher Songs, beziehungsweise der darin enthaltenen Instrumente. Dies war den Fans aber ziemlich egal. Sie hingen über dem Sicherheitsgitter und schüttelten zu „Saksenland“, „Drankgelag“ und „Urth“ ihre Mähnen. Was dem waschechten Fan sicherlich schon zu Beginn auffiel, realisierte ich erst durch die Ansage des Sängers zur Mitte des Konzerts. Die Truppe war nicht in Originalbesetzung angereist! Sänger Mark Splintervuyscht wurde durch Jacco de Wijs (Conorach) und Gitarrist Reamon Bomenbreker durch Kevin Storm (Cardamon) vertreten, da diese aus arbeitstechnischen Gründen diese Tour nicht begleiten können. Für de Wijs ist es Premiere, Storm hat bereits 2014 schon etliche Shows mit Heidevolk bestritten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es eine Freude war, sich die Truppe anzuschauen. Die Spielfreude der beiden Sänger, die wirklich sehr harmoniert haben, hat über die gesamte Länge des Konzerts standgehalten. „Winter Woede“ und ein Bier-Song zum Ende der Show, rundete den Abschluss der Niederländer gänzlich ab, welche die Bühne unter Zugabe-Rufen anschliessend verliessen.


Turisas
Um 20:45 war es Zeit für den ersten Headliner des Abends. Die Finnen von Turisas um Frontmann Mathias „Warlord“ Nygard starteten ihre Show pünktlich und energiegeladen. Nach einem pompösen Intro schallten „A Portage to the Unknown“ aus den Boxen. In traditioneller Manier, mit rot/schwarzer Kriegsbemalung im Gesicht, stürmten die sechs Musiker die Bühne. Wer jetzt wieder mal einen Blick Richtung Ausgang riskiert hat, konnte feststellen, dass sich die Halle ziemlich satt gefüllt hat. Turisas sind ja bekannt dafür, dass sie sich nicht in eine musikalische Ecke drängen lassen wollen und dass sie mit ihrem Sound nicht nur Hardcore-Viking- und Folk Metal Fans anlockten, war auch anhand der weiblichen Fans in Bühnennähe anzumerken. „As Torches Rise“, „Midnight Sunrise“ oder „Battle Metal“ waren nur einige Klassiker, der ersten Turisas Scheibe. Nach weiteren Songs nutzte Mathias Nygard die Zeit für eine überschwängliche Dankesrede an alle, die an einem herkömmlichen Dienstagabend angereist sind und sich die Zeit nehmen um gemeinsam zu feiern. Anschliessend brachten sie den Saal erneut zum Kochen. Man kann eindeutig sagen, dass das finnische Sextett die meisten Zuschauer des Abends auf ihr Konto verbuchen konnte. Nach einem ersten Abgang, kamen sie nochmals zurück auf die Bühne, um mit „It’s a Sin“, einem gelungenen Pet Shop Boys Cover, den Saal nochmals zum Brodeln zu bringen und vor allem zum Mitsingen zu bewegen. Gerade weibliche Fans, die sich eher im Barbereich und nicht im Getümmel aufhielten, gaben dazu noch richtig Gas. Mit „Stand Up and Fight“ wurde dann ein weiteres Kapitel in der Turisas-Live-Geschichte geschlossen und die Fans zu einem weiteren Bier an der Bar entlassen.



Wintersun

Die Luft, langsam aber sicher abgestanden und der Boden so klebrig, dass man Gefahr lief, bei jedem Schritt den Turnschuh zu verlieren. Wintersun Anhänger, die schon den ganzen Abend auf ihre Idole gewartet haben, pilgerten nun zum Gitter vor der Bühne. Mit etwas Verspätung betrat die Band um Jari Mäenpää die Bretter des Z7. Unter grölenden Zurufen des Publikums waren die ersten Akkorde von „When Time Fades Away“ zu hören. Ziemlich nahtlos folgten „Sons of Winter and Stars“ und „Land of Snow and Sorrow“, was mir persönlich, sage und schreibe einen 25-minütigen Aufenthalt im Fotograben ermöglichte.

Zur Halbzeit kam reichlich Bewegung in die Halle, da ein Grossteil der Metal-Fans den Heimweg antrat. Viele sind mit dem Zug angereist und waren gezwungen zu gehen. Der Spielfreude von Wintersun tat dies aber keinen Abbruch – im Gegenteil! Ich hatte von dem Zeitpunkt an das Gefühl, dass die Band von Song zu Song besser und intensiver wurde. Live – an der Gitarre ist Jari Mäenpää eine Klasse für sich. Er spielt technisch hochstehende Soli runter, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Ein echter Hörgenuss für die Ohren. Ein wenig schade war die Tatsache, dass die Orchestrierung nur vom Band kam und bei den Live-Shows kein Keyboarder eingesetzt wird. Den Fans war es egal. Zu den Schlussklängen von „Winter Madness“ gaben die Unermüdlichen nochmals Vollgas, während die Merchandise Stände langsam ihre Zelte abbrachen. Alles in allem ein gelungener Abend mit viel Melodic Death- und Folk Metal vom Feinsten.

Setliste: <<When Time Fades Away>> - <<Sons Of Winter And Stars>> - <<Land Of Snow And Sorrow>> - <<Darkness And Frost>> - <<Time>> - <<Death And The Healing>> - <<Beyond The Dark Sun>> - <<Starchild>> - <<Forest>> - <<Winter Madness>>