Sie waren die Rock-Sensation des Jahres 2006,
machten mit ihrem Debut-Album sogleich die ganze Musikwelt auf sich
aufmerksam und liessen den Kontinent Australien nach AC/DC, Rose
Tattoo und Jet wieder auf der Stromgitarren-Weltkarte erscheinen.
Dabei hört der weithin gefeierte Erstling, randvoll mit
hochkarätigen Retro Rock-Nummern irgendwo zwischen Led Zeppelin, The
Who, Black Sabbath und den White Stripes auf denselben Namen wie die
beschriebene Band: Wolfmother! Seit über einem Jahr befindet sich
das charismatische Trio um Wuschelkopf Andrew Stockdale nun auf
Konzertreise und liefert den euphorischen Massen einen
energiegeladenen Gig nach dem anderen. Zum ersten Mal nun beehrten
die jungen Wilden von Down Under nun auch uns Schweizer mit einem
Headliner-Auftritt, nachdem sie letztes Jahr einzig das Open Air St.
Gallen in Ekstase versetzt hatten. So pilgerten also Metaller,
Alternative-Rocker, Blumenkinder, Ska-Teenies und Party-People ins
Zürcher Palais X-Tra (wegen der immensen Nachfrage wurde der Gig vom
zuerst vorgesehenen Rohstofflager dorthin verlegt), um sich von
einer Show in Ekstase versetzten zu lassen, die nicht wenig an die
glorreichen 70er erinnerte. Den Anheizer dabei spielten die Basler
Zamarro, und auch diese profitierten von einem ausgelassen feiernden
Publikum, voller Hunger auf Rock’n’Roll.
Zamarro
Es ist zum an die Wand Gehen! Da brodelt in der Eidgenossenschaft
seit Jahren eine ultraspannende wie talentierte Rotz Rock/Stoner
Rock-Szene, haufenweise mitreissende Acts spielen sich in Klubs die
Hintern wund, und doch werden sie nur vor einer all zu kleinen Schar
E-Gitarren-Fans wahrgenommen. Eine dieser Bands nennt sich Zamarro,
kommt aus Basel, hat schon drei Alben veröffentlicht (u.a.
produziert von Sound-Legende John Endino, DEM Kultproduzenten der
90er Alternative- und Grunge-Bewegung) und Gigs sowohl in den
Staaten wie auch in Deutschland, Italien und natürlich der Schweiz
absolviert. Endlich scheinen nun auch die einheimischen Veranstalter
grosser Rock-Konzerte das Talent im eigenen Land zu entdecken, und
so kriegt man als Support-Act internationaler Kappellen vermehrt
Schweizer Bands zu sehen, was zumindest an diesem Abend im Falle
Zamarros alles andere als falsch ist. Eine gute halbe Stunde lang
gab das Nordwestschweizer Trio unbeschwert Vollgas, zockte seinen
martialischen Stoner Rock mit Alternative-Schlagseite runter.
Fronter und Gitarrist Markus Gisin schrie ins Mikro, haute ein Riff
nach dem anderen präzise in die Saiten und poste dazwischen, was das
Zeug hielt, immerfort angetrieben von der Rhythmus-Fraktion,
bestehend aus Bassist Marco Redolfi und Schlagwerker Michael
Hedinger. Nur schon durch das stetige Grinsen aller drei
Bandmitglieder sah man, wie wohl sich die Jungs auf einer solchen
Bühne fühlen und dass sie bereit wären, die Schweiz und alles Andere
im Sturm zu erobern, was sich auch an den Publikums-Reaktionen
zeigte, die für eine eher unbekannte Vorband überraschend positiv
ausfielen, was man nicht zuletzt nach der Show an nicht wenigen
Zamarro-Shirts sah, die einen neuen Besitzer gefunden zu haben
schienen.
Wolfmother
Übervoll präsentierte sich danach nach einer eher langen Umbaupause
das X-Tra, und schon bevor überhaupt ein Anzeichen bestand, dass die
australischen Jungstars gleich kommen würden, schrien und jubelten
die ersten Reihen, was das Zeug hielt. Ob es am Durchschnittsalter
des Publikums oder der Zusammensetzung (reichlich MTV-schauende
Leute waren an diesem Abend zugegen) gelegen haben mag, solch eine
Euphorie vor und später auch während und nach einem Konzert, um es
vorweg zu nehmen, habe ich schon lange nicht mehr erlebt, auf jeden
Fall nicht in einem Klub. Und so rastete der proppenvolle Schuppen
dann auch gehörig aus, als Wolfmother mit „Dimension“ ihr
energiegeladenes Set begannen. Bis hinten an die Rückwand sprang,
hüpfte, pogte und grölte der Fan im Takte der Musik, genauso wie
beim Übergroover „Pyramid“. Ich mag schon in mehreren
Liveberichten
die ‚Rock-Party’ ausgerufen haben, doch ich nehme alles zurück, denn
der Rock-Bär tanzt bei niemand so ausgiebig und freizügig wie bei
Wolfmother! Man fühlte sich in der Zeit, in die wilden, legendären
70er zurückversetzt, nicht nur wegen dem ekstatischen Publikum und
der klar aus dieser Zeit stammenden Musik, nein auch die Show des
Dreiers aus dem Känguru-Land war durch und durch auf retro getrimmt.
Von einer regenbunten Lightshow in Szene gesetzt, zappelte Andrew
Stockdale unrasiert, in unmenschlich hässliche Kleider gewandet
(schwarze Spandex-Hose, grüne und zu kurze Samtjacke, weisse
Turnschuhe) und mit doppelhalsiger Gibson SG (‚White Unicorn’) über
die bis auf Verstärker, Drumkit und Keyboard leere Bühne, während
Chris Cross ständig von Saiten zu Tasten wechselte und sich dabei in
alle erdenklichen Posen warf. In bester Led Zeppelin-Manier wurde
dabei improvisiert was das Zeug hielt, wobei Stockdale technisch
zwar bei weitem nicht an Jimmy Page herankam, seine solistischen
Defizite aber locker durch Bühnenpräsenz und Agilität wettmachte.
Dass man dabei äusserst wenig mit dem Publikum kommunizierte schien
derweilen keinen zu stören, und so wurden psychedelische,
hammond-geschwängerte Nummern wie „Love Train“ oder „Where The
Eagles Have Been“ ebenso abgefeiert wie erdigere Nummern der Sorte „Witchcraft“
(leider ohne Flöten-Intermezzo). Das darauf folgende „Pleased To
Meet You“ dürfte dagegen den Wenigsten bekannt gewesen sein, ist
dieser Track doch brandneu und ausschliesslich auf dem offziellen
Soundtrack des neuen Spiderman-Films zu finden. Dabei wirkte der
dröhnende Sound, ob gewollt oder auch nicht, irgendwie passend, und
das etwas gemütlichere, nicht minder hüpf-kompatible „Tales“ kam da
als kleine Verschnaufpause gerade recht, bevor man bei „Woman“ das
bange Gefühl nicht los wurde, das X-Tra würde nun in bälde
zusammenkrachen, denn das Volk vor der Bühne bildete nun eine
grosse, einheitliche, auf und ab hüpfende Masse, aus derer beim
sphärisch-melancholischen „Mind’s Eye“ verdächtig nach verbotenen
Substanzen riechende Rauchwolken aufstiegen, während man auf der
Bühne (vielleicht ein bisschen zu) ausgiebig à la LSD-Rausch
herumschrammte und solierte, Wuschelkopf-Stockdale seine Flying V in
der Luft herumschmiss, um danach das erste Mal von der Bühne zu
huschen. Logischerweise forderte das Publikum mehr, und in Form des
furiosen, dreiteiligen Finales, bestehend aus dem folkig hippiesken
„Vagabond“, dem doomig-kolossalen „Colossal“ (verzeiht mir das
Wortspiel, das musste einfach sein) und dem bombastischen, durch den
zweiten Jackass-Film bekannten „Joker & The Thief“, bei dem das
schon ausgelaugte Publikum noch mal aufs Ganze ging, endete dann
eine formidable, perfekt und spartanisch inszenierte Rock-Show, die
das Prädikat ‚retro’ genauso verdiente wie frisch und zeitgemäss.
Regierten in den vergangenen Jahren Bands wie The Strokes, The Hives
oder Mando Diao, die mit ihrem an die Stones angelehnten
Strassen-Rock die Gitarren-Herzen der Jugend eroberten, so kehrte
mit Wolfmother nun der episch verspielte Stadion-Rock der
beginnenden 70er zurück. Endlich!
Setlist: “Dimension” – “Pyramid” – “Apple Tree” – “White Unicorn” –
“Love Train” – “Where The Eagles Have been” – “Witchcraft” –
“Pleased To Meet You” - “Tales” – “Woman” – “Mind’s Eye”
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„Vagabond“ – „Colossal“ – „Joker & The Thief“
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