Diesem Anlass ging als Erstes mal ein Missverständnis voraus, das
zu einigen, ziemlich bedröppelten Gesichtern am CD-Merchstand
geführt hat! Wie das? Meine Wenigkeit war eigentlich seit der
Bekanntgabe dieses Konzertes der festen Meinung, dass es sich beim
Support um die wieder vereinigten Schweizer Hardrocker aus
Schaffhausen handelt. Nun..., früher war das natürlich korrekt, aber
in der aktuellen Formation der scharzen Engel ist nur noch Sänger
Ron Philipps übrig geblieben. Vor Ort im Volkshaus entdeckte ich
dann eben die aufgelegten CDs der Schweizer! Nach kurzer Rückfrage
war dann aber klar, dass es sich hier um eine amerikanische Band
handelt und somit einige Tonträger ziemlich schnell entfernt werden
mussten. Etwas später erinnerte nichts mehr an diesen kleinen
Ausrutscher. Besser und dauerhaft in Erinnerung blieb der wie schon
beim letzten Mal frenetisch bejubelte Auftritt des Headliners. Du
meine Fresse, war das ein Brett! Selten sah man an diesem Ort so ein
entfesseltes, zumeist junges Publikum, das Wolfmother fast von der
Bühne runter schrie..., einfach nur genial!! (rsl)
The Black Angels
Was hatte ich mich also im Vorfeld auf dieses Konzert gefreut! Es
muss irgendwann um 1983 herum gewesen sein, als ich die Black Angels
das letzte Mal live habe abrocken sehen. Der Aufmarsch von
zahlreichen, anders aussehenden Musikern liess jedoch zweifelsfrei
und bald erkennen, dass hier in der Tat eine andere Truppe mit dem
fast gleichen Namen auf die Bühne stieg. Zu ziemlich schummrigem
Licht (super zum Fotographieren!) und das während des ganzen
Auftrittes von etwa 30 Minuten zelebrierten die Amis einen ziemlich
psychedelisch anmutenden Set, der oft an die ganz alten Pink Floyd
erinnerte. Ausufernde Parts ohne grosse Höhen und Tiefen
plätscherten irgendwie seelenlos daher und es war selbst mir
verständlich, dass bereits jetzt einige Tütchen mit süsslich
riechendem Rauch die Runde machten. Zwischendurch gab es dann doch
einmal ein paar rhythmischere Sequenzen, zu denen Drummerin
Stephanie Bailey (!) ihre recht einfach gestrickten Beats
beisteuerte. Die einzelnen Musiker schienen technisch ganz
ordentlich beschlagen zu sein und wechselten sich in den Rollen als Lead-Sänger und solierende Musiker laufend ab. Insgesamt blieb der
zumeist ruhige Sound aber meist im tiefsten Retro-Zeitalter stecken
und führte bei mir fast zu einer akuten Gesichtslähmung mit nicht
endenwollendem Gähnanfall. Wer die MySpace-Seite der Band aus
Austin, Texas konsultiert, nimmt (wie ich) allerdings ziemlich
überrascht von weit über 56'000 Friends Kenntnis. So unbekannt oder
erfolglos wird die Truppe in der Heimat also nicht sein. Hierzulande
dürften sie allerdings nicht allzu viel reissen und wenn doch, dann
könnte man sich das zum Beispiel noch gut bei den Niederländern
vorstellen. Das Schweizer Publikum hielt sich derweil jedoch
ziemlich im Zaum und spendete immerhin einen ansprechenden
Höflichkeitsapplaus, was das Mindeste an Respekt ist, den man einer
Band oder einem einzelnen Musiker entgegen bringen kann. Zu viel
mehr gereichte es The Black Angels aber nicht, denn als das Licht im
Saal wieder anging, war das soeben Erlebte innert Sekunden wieder
aus dem Bewusstsein verschwunden. Was hingegen hartnäckig blieb, war
üppig mit THC versetzte Atemluft! Doch dies war noch längst nicht
alles, denn dem komplett ausverkauften Volkshaus stand noch der
Auftritt des Headliners bevor! (rsl)
Wolfmother
Über eineinhalb Jahre waren seit dem letzten und ersten Besuch der
australischen Senkrechtstarter Wolfmother vergangen, doch kurz bevor
die Aussies zum zweiten Mal Zürich in ihren Bann ziehen würden, war
die Erinnerung so frisch wie die vom Vortag. Mit einer Rockshow ohne
Schnickschnack, dafür aber mit umso mehr elektrisierender Power und
Authentizität hatte Fronter, Gitarrist und Mainman Andrew Stockdale
damals das ausverkaufte X-Tra in einen hüpfenden und schwitzenden
Hexenkessel verwandelt. Würde ihm das mit einer komplett
ausgewechselten und um einen Klampfer erweiterten Crew und dem neuen
Album «Cosmic Egg» auch im Zürcher Volkshaus gelingen? Zwei, drei
Takte im Marsch-Rhythmus von «Dimension» brauchte es nur und an der
positiven Antwort auf diese Frage bestand kein Zweifel mehr, denn
gleich von Beginn weg tobte das Publikum und lag Krauskopf Stockdale
zu Füssen, wie man es sonst nur bei Musikern sieht, die schon
Jahrzehnte im Geschäft sind - was für ein Anfang! Das verspielt
treibende «Cosmic Egg» und das vergleichsweise straighte «California
Girl» wurden nachgelegt und bewiesen deutlich, dass das neue
Material dem alten in nichts nachsteht, genauso wie das
psychedelische «New Moon Rising», zu welchem Stockdale die Meute zum
Dauerklatschen anstachelte. Und danach schon der erste Hit: «Woman»
trieb das Volkshaus zum kollektiven Orgasmus und ob es an den an
diesem Abend unverständlichen Soundverhältnissen (unten zu leise,
auf dem Balkon zu laut) lag oder an der Lautstärke der Fans,
zeitweise
schien das Mitsingen des Publikum Wolfmother gar zu
übertönen. Dabei benahmen sich die Wölfe auf der Bühne nicht minder
exzessiv, denn nicht nur Stockdale gab am linken Bühnenrand den
exzentrischen Rockstar, sondern auch Basser und Keyboarder Ian
Peres, welcher Stockdale in Sachen Haarpracht in nichts nachsteht,
wirkte zeitweise wie von Sinnen und haute wie ein Berserker in die
Saiten wie die Tasten gleichermassen. Hatten doch Einige, unter
anderem auch ich, nach der Ankündigung, einen zweiten Gitarristen in
die Band zu holen, gehofft, dass die einzige Wolfmother-Schwäche
(die nicht gerade umwerfenden Gitarrensoli Stockdales), würde nun
der Vergangenheit angehören, so wurden diese leider enttäuscht.
Aiden Nemeth fiel nämlich an diesem Abend sowohl in Sachen
Performance wie Gitarrenspiel schlicht gar nicht auf. Kaum in
Bewegung, schien er auch akustisch gar nicht da zu sein und so
trübten wiederum nur Stockdale's limitierte Fingerfertigkeiten
zusammen mit einigen, wohl von der Exzessivität und Spontaneität
herreichenden unsauberen Übergänge und Wechsel das Rock-Spektakel.
Ins Gewicht fiel das jedoch nicht weiter, denn sowohl Songs vom
selbstbetitelten Debüt wie «Colossal» oder das furiose «Apple Tree»
als auch Neues wie «10.000 Feet» und die lockere Gute-Laune-Nummer
«White Feather» versprühen einfach dermassen authentisch das Flair
der wilden 70's, dass man nichts anderes tun, als Schlaghosen
anziehen und sich 'ne Tüte anstecken möchte, was Stockdale zu «White
Unicorn» dann auch prompt tat. Auch die Lightshow trug zu dieser
Retrorock-Stimmung ihren Teil bei, denn anstatt auf Banner oder
Special Effects, setzten Wolfmother sowohl auf eine ganze Reihe
beweglicher Spotlights, die ihre Kegel vom hinteren Bühnenboden ins
Volkshaus warfen und fünf an alte Filmscheinwerfer erinnernde
Lampen, welche die Musiker ins rechte Licht rückten. Egal ob «Sundial»,
«Pilgrim» oder «Back Round», Wolfmother zockten jeden Song mit Spass
und jammten immer wieder mal was Unerwartetes dazwischen, was, wie
schon gesagt, nicht immer ganz reibungslos verlief, dabei aber
gerade das Ungestüme und Unbeschwerte der Aussies zur Schau stellte,
also das, was die Fans an ihnen schätzen. Weniger rockig, aber nicht
minder eindringlich gestaltete sich die mit Beatles-Anleihen
versehene Ballade «Far Away» genauso wie der Anfang von «In The
Castle», das nach seiner
galoppierenden Steigerung in einen
orgastischen Schlusspunkt des regulären Sets mündete und dem wohl
heiser gesungenen und verschwitzten Publikum die nötige
Verschnaufpause schenkte. Mit dem folkig beginnenden «Vagabond»
stieg man danach sachte in den Zugabenteil ein, der mit dem
bombastischen Überrocker «Joker & The Thief» und klassisch
überheblichem Gitarre-Zerschmettern (spontan war das wohl kaum!)
sein fulminantes Ende fand. Dass die Fans nach einer solchen
Rock-Show, abgehalten nach allen Regeln der Kunst, nicht müde wurden
weitere Zugaben zu verlangen, versteht sich von selbst. Und auch
wenn Andrew Stockdale ebenso in Zürich seine monarchische
Alleinherrschaft über die Band ein weiteres Mal zementierte, hin und
wieder das Zusammenspiel etwas schludrig wirkte und nach 100 Minuten
Konzert die Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Arrangements und
Rhythmen nicht von der Hand zu weisen sind: Mit einer solchen Power,
Spielfreude, Authentizität und 70er-Vibe und einfach jeder Menge
Hits konnte in den letzten Jahren kaum eine Rockband aufwarten. Und
wenn dann nach der Show alle Musiker (bis auf Stockdale natürlich)
kumpelhaft durch die rundum zufriedenen Fans schlurfen, dann gibt es
keinen Zweifel: Ein neuer Mond ist am Rockhimmel aufgegangen und
niemand heult lauter und ansteckender als die Wolfmutter selbst. Wie
laut, davon kann man sich hoffentlich auch bei uns im Mai
überzeugen, denn Wolfmother sind als Support für die gesamte
Kiss-Tournee angekündigt. (kis)
Setliste: «Dimension» - «Cosmic Egg» - «California Queen» - «New
Moon Rising» - «Woman» - «White Unicorn» - «10.000 Feet» - «Apple
Tree» - «Colossal» - «White Feather» - «Sundial» - «Pilgrim» - «Back
Round» - «Far Away» - «In The Castle» -- «Vagabond» - «Joker & The
Thief».
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