Livereview: Wolfmother - The Black Angels
28. Januar 2010, Zürich Volkshaus
By Kissi (kis) & Rockslave (rsl) - All Pics by Rockslave
Diesem Anlass ging als Erstes mal ein Missverständnis voraus, das zu einigen, ziemlich bedröppelten Gesichtern am CD-Merchstand geführt hat! Wie das? Meine Wenigkeit war eigentlich seit der Bekanntgabe dieses Konzertes der festen Meinung, dass es sich beim Support um die wieder vereinigten Schweizer Hardrocker aus Schaffhausen handelt. Nun..., früher war das natürlich korrekt, aber in der aktuellen Formation der scharzen Engel ist nur noch Sänger Ron Philipps übrig geblieben. Vor Ort im Volkshaus entdeckte ich dann eben die aufgelegten CDs der Schweizer! Nach kurzer Rückfrage war dann aber klar, dass es sich hier um eine amerikanische Band handelt und somit einige Tonträger ziemlich schnell entfernt werden mussten. Etwas später erinnerte nichts mehr an diesen kleinen Ausrutscher. Besser und dauerhaft in Erinnerung blieb der wie schon beim letzten Mal frenetisch bejubelte Auftritt des Headliners. Du meine Fresse, war das ein Brett! Selten sah man an diesem Ort so ein entfesseltes, zumeist junges Publikum, das Wolfmother fast von der Bühne runter schrie..., einfach nur genial!! (rsl)

The Black Angels
Was hatte ich mich also im Vorfeld auf dieses Konzert gefreut! Es muss irgendwann um 1983 herum gewesen sein, als ich die Black Angels das letzte Mal live habe abrocken sehen. Der Aufmarsch von zahlreichen, anders aussehenden Musikern liess jedoch zweifelsfrei und bald erkennen, dass hier in der Tat eine andere Truppe mit dem fast gleichen Namen auf die Bühne stieg. Zu ziemlich schummrigem Licht (super zum Fotographieren!) und das während des ganzen Auftrittes von etwa 30 Minuten zelebrierten die Amis einen ziemlich psychedelisch anmutenden Set, der oft an die ganz alten Pink Floyd erinnerte. Ausufernde Parts ohne grosse Höhen und Tiefen plätscherten irgendwie seelenlos daher und es war selbst mir verständlich, dass bereits jetzt einige Tütchen mit süsslich riechendem Rauch die Runde machten. Zwischendurch gab es dann doch einmal ein paar rhythmischere Sequenzen, zu denen Drummerin Stephanie Bailey (!) ihre recht einfach gestrickten Beats beisteuerte. Die einzelnen Musiker schienen technisch ganz ordentlich beschlagen zu sein und wechselten sich in den Rollen als Lead-Sänger und solierende Musiker laufend ab. Insgesamt blieb der zumeist ruhige Sound aber meist im tiefsten Retro-Zeitalter stecken und führte bei mir fast zu einer akuten Gesichtslähmung mit nicht endenwollendem Gähnanfall. Wer die MySpace-Seite der Band aus Austin, Texas konsultiert, nimmt (wie ich) allerdings ziemlich überrascht von weit über 56'000 Friends Kenntnis. So unbekannt oder erfolglos wird die Truppe in der Heimat also nicht sein. Hierzulande dürften sie allerdings nicht allzu viel reissen und wenn doch, dann könnte man sich das zum Beispiel noch gut bei den Niederländern vorstellen. Das Schweizer Publikum hielt sich derweil jedoch ziemlich im Zaum und spendete immerhin einen ansprechenden Höflichkeitsapplaus, was das Mindeste an Respekt ist, den man einer Band oder einem einzelnen Musiker entgegen bringen kann. Zu viel mehr gereichte es The Black Angels aber nicht, denn als das Licht im Saal wieder anging, war das soeben Erlebte innert Sekunden wieder aus dem Bewusstsein verschwunden. Was hingegen hartnäckig blieb, war üppig mit THC versetzte Atemluft! Doch dies war noch längst nicht alles, denn dem komplett ausverkauften Volkshaus stand noch der Auftritt des Headliners bevor! (rsl)

Wolfmother
Über eineinhalb Jahre waren seit dem letzten und ersten Besuch der australischen Senkrechtstarter Wolfmother vergangen, doch kurz bevor die Aussies zum zweiten Mal Zürich in ihren Bann ziehen würden, war die Erinnerung so frisch wie die vom Vortag. Mit einer Rockshow ohne Schnickschnack, dafür aber mit umso mehr elektrisierender Power und Authentizität hatte Fronter, Gitarrist und Mainman Andrew Stockdale damals das ausverkaufte X-Tra in einen hüpfenden und schwitzenden Hexenkessel verwandelt. Würde ihm das mit einer komplett ausgewechselten und um einen Klampfer erweiterten Crew und dem neuen Album «Cosmic Egg» auch im Zürcher Volkshaus gelingen? Zwei, drei Takte im Marsch-Rhythmus von «Dimension» brauchte es nur und an der positiven Antwort auf diese Frage bestand kein Zweifel mehr, denn gleich von Beginn weg tobte das Publikum und lag Krauskopf Stockdale zu Füssen, wie man es sonst nur bei Musikern sieht, die schon Jahrzehnte im Geschäft sind - was für ein Anfang! Das verspielt treibende «Cosmic Egg» und das vergleichsweise straighte «California Girl» wurden nachgelegt und bewiesen deutlich, dass das neue Material dem alten in nichts nachsteht, genauso wie das psychedelische «New Moon Rising», zu welchem Stockdale die Meute zum Dauerklatschen anstachelte. Und danach schon der erste Hit: «Woman» trieb das Volkshaus zum kollektiven Orgasmus und ob es an den an diesem Abend unverständlichen Soundverhältnissen (unten zu leise, auf dem Balkon zu laut) lag oder an der Lautstärke der Fans, zeitweise schien das Mitsingen des Publikum Wolfmother gar zu übertönen. Dabei benahmen sich die Wölfe auf der Bühne nicht minder exzessiv, denn nicht nur Stockdale gab am linken Bühnenrand den exzentrischen Rockstar, sondern auch Basser und Keyboarder Ian Peres, welcher Stockdale in Sachen Haarpracht in nichts nachsteht, wirkte zeitweise wie von Sinnen und haute wie ein Berserker in die Saiten wie die Tasten gleichermassen. Hatten doch Einige, unter anderem auch ich, nach der Ankündigung, einen zweiten Gitarristen in die Band zu holen, gehofft, dass die einzige Wolfmother-Schwäche (die nicht gerade umwerfenden Gitarrensoli Stockdales), würde nun der Vergangenheit angehören, so wurden diese leider enttäuscht. Aiden Nemeth fiel nämlich an diesem Abend sowohl in Sachen Performance wie Gitarrenspiel schlicht gar nicht auf. Kaum in Bewegung, schien er auch akustisch gar nicht da zu sein und so trübten wiederum nur Stockdale's limitierte Fingerfertigkeiten zusammen mit einigen, wohl von der Exzessivität und Spontaneität herreichenden unsauberen Übergänge und Wechsel das Rock-Spektakel.

Ins Gewicht fiel das jedoch nicht weiter, denn sowohl Songs vom selbstbetitelten Debüt wie «Colossal» oder das furiose «Apple Tree» als auch Neues wie «10.000 Feet» und die lockere Gute-Laune-Nummer «White Feather» versprühen einfach dermassen authentisch das Flair der wilden 70's, dass man nichts anderes tun, als Schlaghosen anziehen und sich 'ne Tüte anstecken möchte, was Stockdale zu «White Unicorn» dann auch prompt tat. Auch die Lightshow trug zu dieser Retrorock-Stimmung ihren Teil bei, denn anstatt auf Banner oder Special Effects, setzten Wolfmother sowohl auf eine ganze Reihe beweglicher Spotlights, die ihre Kegel vom hinteren Bühnenboden ins Volkshaus warfen und fünf an alte Filmscheinwerfer erinnernde Lampen, welche die Musiker ins rechte Licht rückten. Egal ob «Sundial», «Pilgrim» oder «Back Round», Wolfmother zockten jeden Song mit Spass und jammten immer wieder mal was Unerwartetes dazwischen, was, wie schon gesagt, nicht immer ganz reibungslos verlief, dabei aber gerade das Ungestüme und Unbeschwerte der Aussies zur Schau stellte, also das, was die Fans an ihnen schätzen. Weniger rockig, aber nicht minder eindringlich gestaltete sich die mit Beatles-Anleihen versehene Ballade «Far Away» genauso wie der Anfang von «In The Castle», das nach seiner galoppierenden Steigerung in einen orgastischen Schlusspunkt des regulären Sets mündete und dem wohl heiser gesungenen und verschwitzten Publikum die nötige Verschnaufpause schenkte. Mit dem folkig beginnenden «Vagabond» stieg man danach sachte in den Zugabenteil ein, der mit dem bombastischen Überrocker «Joker & The Thief» und klassisch überheblichem Gitarre-Zerschmettern (spontan war das wohl kaum!) sein fulminantes Ende fand. Dass die Fans nach einer solchen Rock-Show, abgehalten nach allen Regeln der Kunst, nicht müde wurden weitere Zugaben zu verlangen, versteht sich von selbst. Und auch wenn Andrew Stockdale ebenso in Zürich seine monarchische Alleinherrschaft über die Band ein weiteres Mal zementierte, hin und wieder das Zusammenspiel etwas schludrig wirkte und nach 100 Minuten Konzert die Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Arrangements und Rhythmen nicht von der Hand zu weisen sind: Mit einer solchen Power, Spielfreude, Authentizität und 70er-Vibe und einfach jeder Menge Hits konnte in den letzten Jahren kaum eine Rockband aufwarten. Und wenn dann nach der Show alle Musiker (bis auf Stockdale natürlich) kumpelhaft durch die rundum zufriedenen Fans schlurfen, dann gibt es keinen Zweifel: Ein neuer Mond ist am Rockhimmel aufgegangen und niemand heult lauter und ansteckender als die Wolfmutter selbst. Wie laut, davon kann man sich hoffentlich auch bei uns im Mai überzeugen, denn Wolfmother sind als Support für die gesamte Kiss-Tournee angekündigt. (kis)

Setliste: «Dimension» - «Cosmic Egg» - «California Queen» - «New Moon Rising» - «Woman» - «White Unicorn» - «10.000 Feet» - «Apple Tree» - «Colossal» - «White Feather» - «Sundial» - «Pilgrim» - «Back Round» - «Far Away» - «In The Castle» -- «Vagabond» - «Joker & The Thief».