Livereview: Y&T - Charing Cross
21. Oktober 2009, Pratteln Z7
By Rockslave
Die neben Tesla und Great White wohl beste, amerikanische Hardrock Band mit Wurzeln in den 80ern, ja eigentlich auch 70ern, hat sich in den letzten Jahren in Europa wieder öfters gezeigt. Das ist höchst erfreulich, denn eine Zeit lang sah es nicht wirklich danach aus, dass diese unbestrittenen Hammer-Songs je wieder live zu sehen und hören sind. Nach dem guten Album «Ten» von 1990 und einem letzten Live-Auftritt zu Silvester am Ende des Jahres war der Ofen erstmal aus und der Grunge stand bereits in den Startlöchern. Nach dessen Hochphase kamen 1995 («Musically Incorrect») und 1997 («Endangered Species») zwei weitere Alben heraus, die aber kaum beachtet wurden. Erst als Y&T aufgrund der grossen Nachfrage ihrer Fans bisher unveröffentlichte Songs mit «UnEarthed Vol. 1 und 2» zwischen 2003 und 2005 rausbrachten und mit den darauf folgenden Re-Releases ihrer ersten vier Kult-Alben ergänzten, begann der Motor wieder zu laufen. Auf Festival-Auftritte folgten kleinere Tourneen und da zeigten Dave Meniketti und seine Jungs, dass sie es immer noch faustdick drauf haben. Dabei liessen die immer wieder gespielten, alten Songs erkennen, wie hoch deren Stellenwert gegenwärtig noch ist. Als Vorband glänzten die Schweizer von Charing Cross.

Charing Cross

Es sind seit 1993 schon ein paar Jahre ins Land gezogen, als sich die Band erstmals richtig formierte und den steinigen Weg der Karriere antrat. Einige Besetzungswechsel und ebenso viele Erfahrungen später, präsentierte sich das Quintett 2003, nach ein paar Demos, mit einer feinen EP namens «Back For The Attack». Es folgten diverse Auftritte, wo die Innerschweizer immer wieder überzeugen konnten. Dies ist auch der Verdienst von Sänger Peter Hochuli, der genau über das richtige Organ für diesen Sound verfügt. Ich mag mich noch gut an einen frühen Auftritt im Badener Club «Löschwasserbecken» erinnern, wo der damalige Sänger klar das schwächste Glied der Band war. In-zwischen hat sich nun mit dem neusten Member, nämlich Drummer Riodi Halter, eine homogene Truppe zusammen gefun-den, die erst vor drei Tagen, nämlich als Support von Ex-Accept Recke Herman Frank (g) am gleichen Ort auf der Bühne stand. Im Gepäck hatten die Schweizer ihren ersten Longplayer «We Are... Charing Cross», dessen Opener «Final Day» den Abend optimal eröffnete. Dabei kam, wie bei Mr. Big, eine Akku-Bohrmaschine zum Einsatz, die aber nicht mechanisch, sondern elektrotechnisch genutzt wurde. Diesen Effekt erzeugten zum Beispiel auch Van Halen bei «Poundcake», wozu Eddie van Halen ein identisches Hilfsmittel zum Einsatz brachte. Deutlich flotter kam danach «Rumble» um's Eck, wo man den einprägsamen Refrain sogleich mitsingen konnte. Das Gitarristen-Duo Dormann/Zwyssig überzeugte nebst fettem Riffing mit ebenso beindruckenden Solo-Fertigkeiten, die dem Kracher «Broken» gut zu Gesicht standen. Eine weitere Stärke von Charing Cross offenbarten die töften Backing Vocals und die Tatsache, dass hier kein Keyboarder mit dabei ist. So lag das Gewicht stets bei gitarrenlastigem Sound und das wirkte. Die Fans, vorab in den ersten paar Reihen, liessen sich mitreissen und man sah einige, fliegende Langhaar-Matten. Genau für das waren die Jungs aus dem Kt. Luzern ja angereist und hinterliessen insgesamt einen sehr soliden Eindruck. Vor allem die beiden 6-String Klampfen wurden sehr gekonnt in Szene gesetzt, während Bassist Markus Flury eher noch etwas mehr aus sich hätte heraus gehen können. Nichtsdestotrotz wurde ich angenehm überrascht und hoffe nun, dass Charing Cross weiterhin dran bleiben und nicht eines schönen Tages so enden wie Crystal Ball.

Setliste: «Final Day» - «Rumble» - «Broken» - «Ain't Got No Time» - «Voices» - «Shadow» - «Palace Of Fate» - «Burn The Sun» - «Kick Ass Rock n' Roll» - «Wild Honey» -- «Back For Attack» - «Shadow (2)».

Y&T
Die Amerikaner brachten zwar (noch) kein neues Album mit, dafür natürlich eine ganze Latte an unsterblich geilen Songs, welche auch heute Abend wiederum mit unbändiger Leidenschaft vorgetragen wurden. Der Opener hiess passend «Open Fire» und dieser zündete in der Tat ein weiteres Sound-Feuerwerk der Extraklasse auf Schweizer Boden. Dave Meniketti (g/v), Phil Kennemore (b/v), John Nymann (g) und Mike Vanderhule (d) liessen es echt krachen! «Don't Wanna Loose» und «Hang 'Em High» folgten auf den Fusse und es war einfach nichts als geil. Dave besitzt ja die Gabe, dass sich sein Gesang und das Gitarrespielen überhaupt nicht in die Quere kommen. Das bedeutet in erster Linie, dass er kaum bis gar nie auf's Griffbrett seines Arbeitsgerätes schauen muss, um zu wisssen, wo sich seine Finger gerade befinden. Deshalb ist es ein Leichtes ihn, besonders beim Solieren am Bühnenrand, die volle Leidenschaft einzubringen. Da merkte man einfach, dass das Songmaterial erstens weltklassemässig daher kommt, und zweitens, obwohl schon hundertfach gespielt, dennoch nie lustlos klingt. Das ist auch kaum möglich, wenn solche Perlen wie «Dirty Girl», «Hurricane» oder «Black Tiger» auf der Setliste stehen. Wiederum sehr üppig fiel natürlich «I Believe In You» aus, wo Master Meniketti sich einmal mehr in andere Sphären begab und wie von einem anderen Stern solierte. Die Kunst dabei ist ja eben, keine lustlose Routine an den Tag (oder besser die Nacht) zu legen. Doch davon waren Y&T heute Abend meilenweit entfernt und die etwa 300 Fans dankten es mit entsprechend lautem Applaus. Gar zu einem so zu sagen nach-gereichten Geburtstags-Ständchen für Bassist Phil gereichte es, als Dave erzählte, dass dieser den am Vortag feiern konnte. Nichts-destotrotz wurde auch in Pratteln schnell der «Happy Birthday» Vers im Kollektiv zelebriert, worüber sich Herr Kennemore offensichtlich freute. Das Publikum lauschte derweil weiteren gekonnten, zweistimmigen Soli der Marke Meniketti/Nymann. Überhaupt konnte man ob dem blinden Verständnis dieser vier gestandenen Profimusiker nur den Hut ziehen. Der Auftritt war wie aus einem Guss und erzeugte eine tolle Stimmung im Z7. Die steigerte sich kurzzeitig gar noch mehr, als Dave zu 35 Jahren Y&T eine kurze Ansprache hielt. Nachdem Phil eine schnellere Nummer selber sang und ein kurzes Bass-Solo hinlegte, war die Reihe an Drummer Mike. Im Sommer in Balingen noch mit einem Arm im Gips, konnte sich der Hüne hinter den Kesseln wieder so entfalten, wie es sich gehört. Den anderen dauerte diese Darbietung offen-sichtlich zu lange und so schnappten sich Dave und Phil je einen Wischer und fegten demonstrativ die Bühne! Das erzeugte natürlich nicht wenige Lacher im Publikum. Herr Kennemore nutzte die Gunst der Stunde sogleich und zettelte den berühmten "wer-ist-lauter-als-das-z7-dbmeter?" Sing-a-long an. Mit «Forever You", wo die ganze Band Backing Vocals beisteuerte, ging der offizielle Teil des Konzertes zu Ende. Die Fans hatten aber selbst nach 110 edlen Minuten noch nicht genug und deshalb liessen Y&T für die Zugabe («Rescue Me») nicht lange auf sich warten. Nach den letzten Klängen waren ziemlich genau zwei Stunden seit Beginn der Headliner-Show vorbei und Dave vermochte immer noch aus voller Kehle zu singen. Besser geht's nimmer und zu guter Letzt gab es mit der Ankündigung eines neuen Albums für Mai/Juni 2010 noch das i-Tüpfelchen oben drauf. Wenn das keine guten Nachrichten sind?!!

Setlist: «Open Fire» - «Don't Wanna Loose» - «Hang 'Em High» - «Don't Be Afraid Of The Dark» - «Mean Streak» - «Dirty Girl» - «Hurricane» - «Strick Down (nur kurz angespielt)» - «Black Tiger» - «I Believe In You» - «Eyes Of The Stranger» - «Midnight In Tokyo» - «Contagious» - «Summertime Girls» - «Improvisation/Solo Dave» - «Looks Like Trouble» - «??? (Vocals Phil Kennemore)» - «Bass/Drum-Solo» - «Forever» -- «Rescue Me».