Livereview: ZZ Top
15. Oktober 2010, Zürich - Hallenstadion
By Rockslave
In deren Heimat U.S.A hätten The Doobie Brothers mit ihrer 40-jährigen Bandgeschichte wohl locker als Headliner auftreten können. Bei uns in Europa sind sie aber längst nicht so angesagt. Dies im Gegensatz zu Texas' Finest Rockband ZZ Top, die ebenfalls vor über vier Jahrzehnten gegründet wurde. Der Spruch weniger ist mehr (und hier gemünzt auf das Lineup) trifft dabei nur auf das kultige Trio zu, denn ihre Tourkollegen, respektive deren Band hat indes viele Wechsel mitgemacht. Wie das nun aktuell klingt, blieb mir leider verwehrt, da ich auf die explizite Nachfrage zur Fotoerlaubnis (nachdem ich das OK für ZZ Top bereits hatte!) erstaunlicherweise eine Absage für den Support erhielt! Die Details lassen wir aussen vor wie jetzt natürlich auch die Berichterstattung dazu, denn so verschob sich entsprechend auch meine Anreise nach Zürich. Kaum vor Ort, folgte dann die nächste Überraschung: Anstatt der üblicherweise ersten drei Songs durfte man nur den sechsten und siebten Track knipsen! Das fiel letztlich jedoch nicht ins Gewicht und knapp 9'000 Fans feierten ihre Helden lautstark ab.

ZZ Top

Als ich dann also am heutigen Abend den ersten Ton im Hallenstadion zu Gehör bekam, zeigte die Stadion-Uhr exakt 21.20 Uhr an. Der Bühnenaufbau wirkte eher mager (es standen nur gerade die Amps auf der Bühne) und dieser Eindruck wurde mit der ebenfalls nicht gerade üppig ausgestatteten Lichttraverse bestätigt. Überhaupt waren Dusty Hill (g), Billy Gibbons (b) und Frank Beard (d) mehr oder weniger "einfach so" unterwegs, denn die Promo-Tour für Live-DVD/CD «Live From Texas» war ja eigentlich bereits vor zwei Jahren. Dazu kommt, dass der heutige Auftritt schon der zweite in diesem Jahr bei uns war, denn die Herren aus Übersee spielten ja bereits im Sommer im Tessin, genauer am 10. Juli in Locarno am "Moon And Stars" Openair. Meine Wenigkeit befand sich an diesem Abend bekanntlich auch an einem Openair, nämlich in Huttwil (BE) und wie konnte ich (man) da wissen, dass ich dort Steve Lee (R.I.P.) das letzte Mal auf einer Bühne zusammen mit Gotthard sehen sollte?!! Doch "the show must go on..." (hat schon Freddie Mercury - R.I.P. gesagt) und das passierte zum Auftakt des Headliners nun mit «Under Pressure» vom 83er Millionenseller «Eliminator». Die zwei Langbärte und ihr wortkarger Drummer hatten zuvor zwar schon einige, respektive genug Kohle auf der Seite, aber gegen Mitte der 80er trafen sie den Nerv der Zeit genau und schufen unter anderem mit ihren legendären Videos unsterbliches Weltkulturgut. Der berühmte, rote "Ford-T" mit dem auffälligen ZZ Top-Schriftzug auf den Seiten war überdies auch in Zürich! Ein Aargauer durfte (s)eine schöne Replica nämlich direkt auf den Platz beim hinteren Haupteingang hinstellen! Gut gelaunt intonierte das legendäre Trio nach dem bereits lautstark beklatschten Opener mit «Waitin' For The Bus» sogleich den nächsten Oldie. Es gibt wohl kaum eine andere Band auf diesem Planeten, die solche, auf das Wesentliche reduzierte Musik derart locker rüber bringt! Der Sound war überdies ganz ok, wenn auch nicht übermässig laut.


Dass die grossen Momente von ZZ Top aber schon einige Zeit her sind, zeigte sich im Verlauf des Konzertes immer mehr. Die jüngste Nummer war zum Beipspiel «Pincushsion» vom Album «Antenna», das doch schon immerhin 16 Jahre auf dem Buckel hat. Weiter erstaunte es nicht, dass der Verkaufshit «Eliminator» gleich mit fünf Songs aufwartete. Die musikalische Zeitreise ging derweil bei «Brown Sugar» gar zurück bis zum Debüt von 1971. Somit werden die Texaner nächstes Jahr ihre vierte Release-Dekade feiern können. Warum man aber auf nicht weniger als drei Cover-Versionen zurück griff, verstehe ich ich allerdings nicht. Ich meine «Hey Joe» (bekanntlich nicht von Jimi Hendrix geschrieben, aber durch ihn bekannt geworden) gehört meiner Meinung nach wirklich nicht in eine ZZ Top Setliste und die zwei gecasteten Girls, die kurz über die Bühne stöckeln und Dusty den "Blues-Hut" bei «Future Blues» (notabene einem Willie Brown Cover) überreichen durften, hätte es auch nicht wirklich gebraucht. Ohnehin stand ja die Musik im Vordergrund und davon gab es eigentlich genug. Vor allem gegen Schluss, wo ein Hit dem anderen folgte, bewies das Zürcher Publikum echte Partylaune und verwandelte das Hallenstadion in ein richtiges Tollhaus. Unterstützt durch die bereits erwähnten Videos ging das Ganze ab wie Zäpfchen. Nach dem Smasher «Legs» verliessen die beiden Bartträger und ihr permanent müde wirkender Drummer (Frank spielte praktisch durchwegs mit geschlossen Augen!) die Bühne. Wie bei Deep Purple «Smoke On The Water» unmöglich fehlen darf, müssen die Amis natürlich jeweils noch «La Grange» spielen und der von ungezählten Bands nachgespielte Classic «Tush» gehört da ebenfalls dazu. Dass nachher nach exakten 90 Minuten das Hallenlicht wieder anging, war dann wohl nicht nur für mich mindestens eine kleine Enttäuschung. Vor allem wenn drei fremde Tracks dem ohne Zweifel weitaus besseren, eigenen Material vorgezogen werden. Mir persönlich fehlte der Uralt-Groover «I Thank You», dafür hatte ich den ruhigen und genialen Song «I Need You Tonight» nicht wirklich erwartet. Nichtsdestotrotz hat das Konzert ordentlich gerockt und unmissverständlich aufgezeigt, dass der Altherren-Club sehr wohl noch dazu in der Lage ist, ordentlichen wie gepflegten "Lärm" von sich geben zu können. Da die drei Musiker altersmässig ihre "verdiente Rente" langsam aber sicher ansteuern, ist der geneigte Fan gut damit beraten, solche Gelegenheiten wie heute Abend in Zürich wahr zu nehmen!

Setliste: «Got Me Under Pressure» - «Waitin' For The Bus» - «Jesus Just Left Chicago» - «Pincushion» - «I'm Bad, I'm Nationwide» - «Future Blues» - «Rock Me Baby» - «Cheap Sunglasses» - «My Head's In Mississippi/I Need You Tonight» - «Hey Joe» - «Brown Sugar» - «Party On The Patio» - «Just Got Paid» - «Gimme All Your Lovin'» - «Sharp Dressed Man» - «Legs» -- «La Grange» - «Tush».