Bang Your Head !!! - Festival 2019
Donnerstag, 11. Juli 2019 (Erster Tag) / Balingen (D) - Messegelände
Tinu (tin), Oli (oli) & Rockslave (rsl) - Pics by Rockslave & Tinu
Stormwarrior
Wenn man als Band beim BYH!!! mehr als einmal auf den Brettern stand, sollte die Richtung im Billing grundsätzlich nach oben zeigen. Bei den Hanseaten von Stormwarrior ist das allerdings gleich anders rum, denn beim Debüt im Jahre 2011 durfte die Truppe am ersten Festivaltag als vierte Combo auf die Bühne. Sechs Jahre später gereichte es in der Halle als noch Warm-up Opener und heuer stand man als Tages-Opener immerhin wieder auf der Hauptbühne. Geboten wird nach wie vor Power Metal mit teils speediger Attitüde. Angeführt wird das Quartett durch Gitarrist wie Frontmann Lars Ramcke, der als Profi keine Mühe hatte, den Karren standesgemäss in Bewegung zu bringen. Am Bass steht nach zweijährigem Unterbruch wiederum Yenz Leonhardt, der mit mittlerweile 58 Jahren über genügend Palmares als Musiker verfügt und live mitunter bei Kingdom Come und Saxon (!) ausgeholfen hat. Ob mit Stormwarrior die Erfolgsleiter in Aussicht steht, darf allerdings bezweifelt werden. Obwohl die Mucke vom technischen Aspekt her keinen Grund zum Rummosern bietet, verloren sich die Songs bald einmal im bedeutungslosen Einerlei und boten unter dem Strich einfach zu wenig. Die Resonanz der ersten paar anwesenden Hundertschaften Fans war dennoch fair wie anerkennend zugleich. Ein neues Album soll in der Mache sein und ist nach «Thunder & Steele» von 2014 auch längst fällig. (rsl)
 
Sorcerer
Die schwedischen Epic Doom Metaller waren dieses Jahr ja bereits zu Gast beim "ICE ROCK"-Festival, was angesichts der Bandgeschichte einer Sensation gleich kommt. Obwohl schon vor über drei Dekaden gegründet, tauchte man bisher und mit bloss zwei Alben in der Hinterhand («In The Shadow Of The Inverted Cross», 2015 und «The Crowning Of The Fire King», 2017) sehr spartanisch in der Szene auf. Angesichts der hammermässigen Songs, dessen Stil die Landsleute von Candlemass längst in klingende Münze umwandeln konnten, ein schon fast tragischer Umstand. Dass der Prophet im eigenen Land nichts zählt, beweist die Tatsache, dass es beim "Sweden Rock", dem wichtigsten und grössten Festival bisher noch zu keinem einzigem Auftritt gereichte. Dafür konnten die Besucher des BYH!!! frohlocken und ich kam gar im gleichen Jahr zum zweiten Handkuss: Sorcerer live on stage! Dazu fiel einem nichts anderes ein als "Perlen, die vor die Säue geworfen wurden!". Diese geile Band an der fast schon unwürdigen Stelle im Billing war vom musikalischen Aspekt her der blanke Hohn! Doch was will man machen, wenn der Bekanntheitsgrad halt entsprechend niedrig ist?! Nichtsdestotrotz liessen sich Frontmann Anders Engberg und seine Mannen darob die gute Laune nicht verderben und boten zumindest für meine Begriffe eine grandiose Show, die klar andeutete, was alles eigentlich noch möglich wäre! (rsl)
 


Audrey Horne
Angesichts der längst bekannten Live-Qualitäten der Norweger überraschte auch hier die eigentlich unhaltbare Stellung im Billing. Der aktuelle Longplayer «Blackout» (2018) wurde von Deutschlands grössten Metal-Mags jeweils zum Album des Monats gekürt und die anderen fünf Alben liegen, wenn auch nicht alle gleich, klar über dem Durchschnitt. Sänger Torkjell „Toschie“ Rød ist einer der ausdruckstärksten Sänger in seiner Liga und das Sixstringer-Duo Arve Isdahl und Thomas Tofthagen ist eh über jeden Zweifel erhaben. Allerdings liess der diesjährige Auftritt etwas Schmiss vermissen, der sonst uneingeschränkt von Audrey Horne ausgeht. Doch auch so konnte die agile Truppe immer noch genug Punkte sammeln, da Toschie einfach die geborene Rampensau ist und die Fans rasch abholen wie unterhalten konnte. Mit den neuen Hammer-Songs wie dem Opener «This Is War», «Audrevolution» und dem Titeltrack «Blackout» als bärenstarke Starttriplette war das letztlich auch ein leichtes Unterfangen. Bei den nach Plan angesetzten 55 Minuten blieben allerdings einige der zahlreich vorhandenen Kracher aussen vor! Im Falle von «Blaze Of Ashes» wog das natürlich schwer, denn ohne diesen Smasher fehlt bei Audrey Horne definitiv etwas. Was jedoch kaum mehr bis nie ausgelassen wird, ist natürlich das obligate Selfie, zusammen mit Bassist Espen Lien. (rsl)


Brainstorm
In weissen Hemden traten anschliessend Brainstorm auf die Bühne. Balingen war für die Schwaben ein kleines Heimspiel, und das genossen Sänger Andy B. Franck und seine Mannschaft mit viel Herz und augenscheinlicher Leidenschaft. Der Fünfer überzeugte mit Melodie, Härte und einem Dirigenten, der das Publikum, wie zuvor Toschie von Audrey Horne schon, rasch ganz fest im Griff hatte und sich den Lachern mit seinen Ansagen immer wieder sicher sein konnte. Er, das heisst Andy, war, ist und wird immer eine Bank als Frontmann sein, auf den man sich verlassen kann. "Hallo Balingen! Habt ihr Spass? Fuck the rainbow", war nur ein Beispiel. Ansonsten überzeugten Brainstorm mit ein paar von ihren Hits («All Those Words» wurde zum Beispiel einmal mehr lauthals mitgesungen) und den neuen Tracks, die sich kein bisschen hinter den älteren Songs verstecken mussten. "Scheisswetter, fucking good music. Wir sind Brainstorm, und ihr seid schweinegeil!" war eine klare Ansage, welche die Jungs locker umsetzten und man sich am Ende der knappen Stunde Spielzeit echt fragen musste, warum die Truppe so früh auf die Bühne musste?! Unter dem Strich lieferte das liveerprobte Quintett dennoch eine tadellose Vorstellung ab, die von den Fans trotz des Regens mit lautstarkem Beifall belohnt wurde. (tin)


The Night Flight Orchestra
Was Ende 2017 in unseren Breitengraden noch ein Geheimtipp war, hat sich mittlerweile längst freigeschwommen und innerhalb der Szene festgesetzt. Die stilistische wie alternative Spielwiese der Melo-Deather Björn Strid (Soilwork) und Sharlee D'Angelo (Arch Enemy) hat sich mit inzwischen vier Studioalben eine optimale Ausgangslage für Headliner-Gigs geschaffen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die achtköpfige Truppe mit einer kleinen Bühne begnügen muss wie beim ersten CH-Konzert in Zürich oder am heimischen "Sweden" Rock im zweiten Anlauf die Ehre auf der Sweden Stage erfahren durfte. Hier und heute in Balingen bestand die Herausforderung darin, mit dem ausgeprägten Rocksound der 80er auch vor überwiegend beinharten Metalheads bestehen zu können. Das gelang erfreulicherweise mit einem beherzten und knackigen Auftritt, der wiederum von den beiden "Stewardessen" Anna-Mia Bonde und Anna Brygård stimmlich aufgewertet wurde. Als Opener wurde mit «Sometimes The World Ain't Enough» gleich der Titeltrack des aktuellen Albums gespielt und auch das nachfolgende «Turn To Miami» findet sich auf dem neuen Studiowerk. Etwas älteres Material wie «Midnight Flyer» oder «Gemini» krallte sich derweil mit einprägsamen Melodien in den Gehörgängen fest. Zudem war Mr. Strid gut bei Stimme, und so verging der leider bloss stündige Auftritt wie im Fluge! (rsl)


Dream Evil (anstelle von Hardcore Superstar)
Hardcore Superstar zogen leider die Arschkarte. Ihr Equipment blieb stecken, und so musste der Vierer den Platz auf der Outdoor-Bühne räumen, zeitlich später spielen, in der Hoffnung dass sie doch noch über das gewohnte Material spielen konnten. Anstelle von ihnen "erbten" Dream Evil den Platz auf der grossen Bühne. Diese Möglichkeit nutzte die Truppe und legte einen sehr interessanten Gig aufs Parkett. Der melodische Metal schwedischer Prägung erntete beim Publikum viel Applaus und bewies, dass sich die Band trotz seltener Bühnenpräsenz in den letzten Jahren einen sehr guten Ruf erspielen konnte. Die Jungs um Jocke spielten knapp zwei Stunden später in der Halle. Ich sah noch nie ein so energisches Set von Hardcore Superstar. Man merkte es den Jungs an, dass sie grinsend versuchten, den aufgestauten Ärger zu verstecken. Aber Jocke, endlich hat er den Schnauz abrasiert, war dermassen geladen, dass er schon bei zweiten Track den Weg in den Fotograben antrat, um ganz nahe bei seinen Fans zu sein. Ob er da schon wusste, dass nach vier Liedern alles beendet werden musste? Glück im Unglück hatten die Schweden, weil sie gleich für das kommende BYH!!! 2020 verpflichtet wurden und zumindest so Wiedergutmachung betreiben können. (tin)



Soulfly
Die Südamerikaner gehören für mich zu den positiven Überraschungs-Gigs des Festivals. Schliesslich kredenzen Max Cavalera und Co. nicht gerade jene Klänge, die der BYH!!!-Festivalbesucher üblicherweise zu hören bekommt. Mit Verführungskünsten des brasilianischen Haudegens hatte man sicher nicht gerechnet, doch dem gelang es recht schnell, die Neugierde des Publikums zu wecken. Während der ersten Tracks war es zwar noch verhältnismässig ruhig in der Menge, doch offensichtlich hat der Sound etwas an sich, sodass es dem Vierer binnen kurzer Zeit gelang, die im vordersten Bereich positionierten Zuschauer zum Mitmachen zu bewegen. Dabei gab es auch etwas zu sehen auf der Bühne. Das riesige Backdrop mit dem Artwork der aktuellen „Ritual“ Langrille, das riesengross hinter dem bestens gelaunten Max platziert war. Ins Auge sprangen einem auch die brasilianischen Flaggen, die sowohl einen Verstärker, als auch die Drums zierten. Wenn wir schon bei der Zierde sind, dürfen natürlich die Haare des Meisters nicht fehlen, die zumindest von hinten aussahen wie die Überreste eines verendeten Tieres. Das alles bekam man aber gar nicht mit, wenn man so richtig in die Klänge von Soulfly eintauchte. Ganz ehrlich, ein derartiges Jump-Up vor der Bühne wie das bei «Prophecy» oder «Back To The Primitive» der Fall war, hätte ich in Balingen nicht erwartet! Die Stimmung war bestens, das Publikum am Feiern und dieser Umstand wusste der Brasilianer bestens zu nutzen. In trauter Stadion-Manier stimmte er ein „Ole, Ole, Ole, Soulfly, Soulfly“ an, was vermutlich auch nur in Deutschland funktioniert. Man darf sogar behaupten, dass ihm das Publikum regelrecht aus der Hand frass. Selbst als der sympathische Fronter mit seinem Berimbau als Intro zu «Tribe» ruhigere, folkloristische Töne anschlug, gab es Begeisterungsbekundungen. Nicht anders war es beim überlangen Solo von Marc Rizzo am Ende von «No Hope = No Fear». Es schien ein verdammter Soulfly-Tag zu sein. Dies bewies der Sänger und Gitarrist vor dem finalen «Jumpdafuckup» (in das auch noch der Track «Eye For An Eye» eingebunden ist). Er brauchte keine halbe Minute, um das Publikum für seine Aufforderung zu gewinnen, sich hinzusetzen. Tja, ein Max kann das. Die Menge gab noch einmal Vollgas und alles sang sowie sprang um mich herum. Somit wurde dem Schlusstitel Tribut und Soulfly Respekt gezollt. Grandios! (oli)


Michael Schenker Fest
Starten wir mit den negativen Punkten. Wieso es Michael nötig hat, noch immer darauf hinzuweisen, dass er es war, welcher das Gitarrendesign, das ihm angeblich von seinem Bruder Rudolf (Scorpions) "geklaut wurde", entworfen hat. Wieso er es noch immer nicht überwunden hat, dass er bei den Skorpionen raus geworfen wurde und man ihm seine Songs klaute (die schrecklich gesungene Version von «Holiday» hätte nicht sein müssen), bleibt ebenso ein Geheimnis, wie er erwähnen musste, dass er den ersten Hit in Amerika von UFO schrieb. Man kann dies alles mitteilen, klar, aber nicht in diesem "bissigen" Unterton. Das hat Michael definitiv nicht nötig. Dafür sprach die Musik eine klare Sprache. Er spielte einmal mehr unglaublich gefühlvoll und filigran zugleich. Hatte sichtlich Spass auf der Bühne und zeigte mit seinen vier Sängern, sprich Gary Barden, Graham Bonnet, Robin McAuley und Doogie White, welch tolle Tracks er geschrieben hat. Klar singt Gary nicht mehr wie in früheren Tagen. Ob es an den technischen Problemen lag, dass sich Graham selber nicht hörte oder er einfach, bedingt durch die Pausen, nicht auf seine sonst gewohnte Leistung kam, wir werden es wohl nie erfahren. Gesanglich top präsentierten sich hingegen Doogie und speziell Robin, der einmal mehr wie ein kleiner Gott auftrat. Jeder Shouter hatte seinen Part und auch Momente, bei denen alle vier auf der Bühne standen und sich gegenseitig mit dem Gesang abwechselten. Dabei war es speziell Michael, der immer wieder den Kontakt zu seinen Mitmusikern suchte, mit ihnen posierte und um die Wette grinste. Eigentlich spielte es keine Rolle, aus welcher Epoche die Songs stammten, denn allesamt waren sie Klassiker. Selbst die Neuen, welche vom letzten Album stammen, glänzten. Es war eine würdige Headliner-Show, die knapp zwei Stunden dauerte und in deren sich der Meister immer wieder mit kleinen Kabinettstücken selber auf den königlichen Stuhl hievte. Es war ein Zusammenspiel von Musikern, die früher wie heute Spass an der Sache haben und einfach den Moment genossen. Es war ein Gig, der sicherlich mehr Besucher verdient gehabt hätte, aber hier stellt sich ganz einfach die Frage, ob es sich wirklich lohnt, das BYH!!! auf drei Tage zu verteilen. (tin)

In der Halle: Venom Inc.
Während auf der Hauptbühne die grosse Nummer des Tages Laudatio hielt, verdrückte ich mich mit ein paar anderen in die Halle. „Grandmaster Of Hades“, Jeff „Mantas“ Dunn höchstpersönlich spielte auf, und so liess ich den Michael Schenker sein Fest selber feiern. Ich lieh mir dafür meine Ohren einer anderen Gattung Musik. Venom Inc., die Band um Venom-Gründer „Mantas“, seinen langjährigen Freund und Sänger Tony „Demolition Man“ Dolan und den neuen Drummer Jeramie Kling. Das Trio ist gekommen, um die Halle abzureissen und ich muss vermutlich nicht extra betonen, dass dem auch so war. Die zerstörerischen Qualitäten der Truppe sind hinlänglich bekannt. So servierten uns die Herren aus Newcastle zum Einstieg mit dem taktisch gut gewählten «Metal We Bleed» erst einmal einen der besten Songs vom aktuellen Album «Avé», bevor uns mit «Rip Ride» ein selten gespielter «At War With Satan»-Smasher um die Ohren geballert wurde. Das Stimmungsbarometer schlug oben aus, und die Band gab sich auch in Sachen „new material“ sehr selbstbewusst. Mit «Time To Die», «Forged In Hell», «War» und «The Evil Dead», fanden noch vier weitere aktuelle Songs den Weg ins Set, welche die Meute anheizten. Zum Ausrasten brauchte es jedoch den Teil, der einige phänomenale Klassiker der Frühzeit bereit hielt. «The Seven Gates Of Hell», «Warhead» und «In League With Satan» zum Beispiel. Die Abschlusssalve peitschte mit Stücken wie «Witching Hour», «Black Metal», «Bloodlust» und dem grandiosen Rausschmeisser «Countess Bathory'» um sich und liess keine Wünsche offen. So hinterliessen Venom Inc. zerfledderte Stimmbänder und Gesichter in der Halle, denen das breiteste Grinsen wie eingemeisselt schien. Ja, weitere Kommentare sind an dieser Stelle überflüssig, und es bleibt nur noch eins zu tun, nämlich sich auf die nächste Tour zu freuen. Die Songauswahl überraschte und begeisterte gleichermassen. Mit diesem hammerharten Auftritt haben sich Venom Inc. einmal mehr den Ruf für die ganz grossen Bühnen erspielt. (oli)



Hier gehts weiter zum Freitag >>> oder Samstag >>>