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Screamer
Nachdem die ersten beiden Tages-Opener Stormwarrior und Traitor
soweit in Ordnung gingen, aber sicher nicht herausragend waren, sah
das am dritten Tag etwas anders aus. Die schwedischen und 2009
gegründeten Screamer (nicht zu verwechseln mit den Prog Power Metal
Amis) sah ich vor sieben Jahren erstmals live in der Schweiz. Der
knackige Heavy Metal mit mehr oder weniger deutlichen Reminis-zenzen
an die frühen Iron Maiden und etwas alten Motörhead überzeugte auf
Anhieb, und das Debüt-Album «Adrenaline Distractions» befand sich
bald darauf als wertiges Vinyl in der heimischen Tonträger-Sammlung.
Zurück in der Gegenwart stellt man fest, dass das Line-up von
damals, bis auf Drummer Henrik Petersson, komplett geändert hat. Das
Gewichtigste davon ist der neue Frontmann Andreas Wikström, der seit
2015 an Bord ist und eine etwas andere Gesangsstimme als sein
Vorgänger Christoffer Svensson besitzt. Geblieben ist zum Glück die
Mucke, und diese weist immer noch die gleichen Trademarks auf.
Mitunter wurde mit «Highway Of Heroes» ein brandneuer Track
gespielt, der auf dem kommenden Album (VÖ im Oktober) vertreten sein
wird. Screamer nutzten ihre fünfzig regenfreien Minuten auf jeden
Fall optimal aus und waren klar der beste Tagesopener des ganzen
Festivals! Das bescherte entsprechend wie verdient den grössten
Publikumsaufmarsch für die erste Band des Tages. (rsl)
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RAM Tja, mit RAM
ist das so eine Sache. Irgendwie haben sie durchaus
etwas Interessantes an sich, andererseits kehrt
schneller musikalische Lange-weile ein, als man "piep"
sagen kann. Ihr Auftritt zur Mittagszeit liess aber
hoffen, denn Frontmann Oscar Carlquist erklärte den
Anwesenden kurz, dass Heavy Metal kein Sonntagsausflug
sei, sondern es um Blut, Schweiss und Ehre gehe.
Verwirrung machte sich unter den Zuschauern breit, und
der Typ in Lederkluft auf der Bühne hatte schon nicht
mehr die besten Karten. Es half auch nicht, dass die
stets grimmig dreinblickenden Schweden, mit viel Leder
und Nieten Eindruck schinden wollten. Sie legten danach
ziemlich gut los und ihre Lieder von eisernen Tyrannen
und Thronräubern kamen recht gut an, wobei ausgerechnet
der Gesang von Beginn an schwer zu hören war. Ob deshalb
oder anderweitig, die Band wirkte etwas steif und
gehemmt. Für Lacher sorgten die Ausführungen zum neuen
Song „Ravnfell“, zu dem sich Carlquist auf die Brust
klopft und über Dinge in seinem Blut faselt, die
offenbar noch älter sind als die „beschissenen
Wikinger“. Who cares? Schnell wurde es Vielen auf dem
Platz zu öde und die Reihen lichteten sich zusehends.
Gerade am dritten Tag des Festivals ist es schon eine
Überlegung wert, die Kräfte zu schonen und für die
Headliner zu sparen. So hörte manch einer noch aus der
Ferne, die Klänge, die nicht so recht überzeugen
konnten. (oli)
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Flotsam And
Jetsam Sie waren das absolute Highlight an diesen drei
Festivaltagen. Was Flotsam And Jetsam an Melodien, filigraner
Technik, Spielfreude und donnernden Rhythmen boten, suchte
Seinesgleichen! Alleine schon Schlagzeuger Ken Mary markierte mit
seiner unglaublichen Stickshow den Höhepunkt schlecht-hin, wie man
das heute nur noch sehr sehr selten zu sehen bekommt. Oder wer von
Euch hat schon jemals eine Thrash-Band mit solch einem coolen
Showtypen gesehen? Es war ein Feuerwerk, welches mit Sänger Erik
A.K. den passenden Dirigenten besass, der immer wieder bangend am
Bühnenrand stand und stets in Bewegung war. Die schiere
Gitarrenpower zu Songs wie «Iron Maiden», «Hammerhead», «Suffer The
Masses» (wurde in letzter Zeit zu oft vergessen im Set!), «Dreams Of
Death», «I Life You Die» und der Oberhit «No Place For Disgrace»
liessen absolut nichts anbrennen, und selbst der Opener «Prisoner Of
Time» bewies eindrücklich, dass die Herren noch immer in der Lage
sind, neue Klassiker zu schreiben. Das, was die Amis da ablieferten,
war uneingeschränkt ganz grosses Kino, das für alle nachfolgenden
Bands am «Bang Your Head!!!» zum unerreichbaren Massstab wurde! Eine
letztlich späte, um nicht zu sagen zu späte Ehre für eine unter Wert
gehandelte Hammer-Band, die weitaus mehr Erfolg verdient gehabt
hätte! (tin)
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Armored Saint
Nach der Steilvorlage der Flots standen Armored Saint
vor der schweren Aufgabe, als nachfolgende Truppe den
Level halten können. Das schafften John Bush & Co. nicht
ganz, auch wenn die ganze Truppe einmal mehr eine
grandiose Live-Show bot. Aber es war die eingespieltere
Einheit, welche Flotsam And Jetsam im direkten Vergleich
als klare Sieger von der Bühne steigen liess. Auch wenn
das Saint-Set mit «Underdogs» und «Nervous Man» zwei
kleine Überraschungen bot, die wie die berühmte Bombe
einschlugen. John singt noch immer wie ein Gott und es
gibt wohl keinen agileren Bassisten aus den Staaten als
Joey Vera, der erneut mit seinem Instrument verschmolz
sowie mit seiner Gestik und Mimik immer wieder seine
unbändige Spielfreude zum Ausdruck brachte. "They came,
the saw, the conquer!" Und das nicht zu knapp. Wieso
Flotsam und die Saints aber so früh auf die Bühne
mussten, bleibt wohl für immer ein kleines Geheimnis.
Leider blieb rückblickend beiden Truppen der grosse
Erfolg verwehrt, auch wenn sie laufend Gottesgaben an
neuen Werken veröffentlichten. Nach dem bis anhin eher
durchzogenen Programm entschädigten Flotsam And Jetsam
wie auch Armored Saint für vieles und liessen zumindest
den Schreiber dieser Zeilen mit einem fetten Grinsen im
Gesicht zufrieden von dannen ziehen. (tin)
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Candlemass
Heuer standen die schwedischen Kult-Doomster zum insgesamt vierten
Mal auf der Bühne des BYH!!! - 2002 wurde in Zusammen-hang mit der
einher gehenden Reunion von 2001, respektive der Rückkehr des
charismatischen Messiah Marcolin, Geschichte geschrieben. Dieser
Wahnsinns-Gig wurde nachfolgend als offizielles Live-Album
veröffentlicht und erzeugt immer noch Gänsehaut. 2005, begleitend
zum selbst-betitelten Hammer-Album, wurde dann aber bereits wieder
das Ende der zweiten Marcolin-Ära eingeläutet. Es sollte danach
ganze elf Jahre dauern, bis Candlemass mit Mats Levén (2006, 2015
bis 2018) als Leadsänger wieder in Balingen auftauchten, der in der
Zeit den geschassten Rob Lowe (2006 bis 2012) ersetzte. Im Februar
erschien «The Door To Doom» als zehntes Studioalbum, und dies war
verbunden mit der überraschenden Rückkehr von Ur-Sänger Johan
Längquist, der ja das legendäre Debüt «Epicus Doomicus Metallicus»
(1986) als "Guest" eingesungen hat. Die neue Scheibe schlug
ordentlich ein, und schon am "Sweden Rock" konnte ich miterleben,
wie der Kreis nicht treffender hätte geschlossen werden können. Wie
schon im hohen Norden litt der sonst gute Gig ebenso an der viel zu
frühen Tageszeit! Wer will denn Candlemass schon um 16:00 Uhr
sehen?! Dadurch ging einiges verloren, und zudem fehlte es deutlich
an Durchschlagskraft. An Johan Längquist (56) lag dies jedoch
eindeutig nicht. (rsl)
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Metal Church
Eigentlich hätten Metal Church den gleichen Siegeszug
antreten müssen, wie Armored Saint und Flotsam And
Jetsam. Doch die Truppe um Gitarrist und Mainman Kurdt
Vanderhoof wählte einerseits den falschen Einstieg in
das Set («Damned If You Do», «Needle And Suture») und
andererseits blieben einige Klassiker
überraschender-weise im Gitarrenkoffer liegen. Auch wenn
Mike Howe einmal mehr toll sang, im direkten Vergleich
mit den beiden genannten Bands aus der Heimat
enttäuschte die Kirche sichtlich. Und dies obschon
«Watch The Children Pray» mit lauten Fangesängen
untermalt wurde. Auch die ansonsten klaren Gassenhauer
wie «Start The Fire» und «Gods Of Second Change»
hinterliessen nicht den nötigen Druck, den man sich
wünschte. Mike versuchte zwar mit seiner agilen
Performance und wie ein Duracell-Häschen über die Bühne
hüpfend das Steuer noch entscheidend herum zu reissen.
Doch es gelang ihm bei aller Anstrengung nicht, diesen
Gig dennoch zu einem Siegeszug werden zu lassen. So
blieb die Ernüchterung, dass auch Metal-Götter einmal
einen mittelmässigen Tag einziehen können. Klar, im
Vergleich zu anderen Bands war dies noch immer ein
klasse Gig, aber für eine MC-Show doch sehr ernüchternd.
Selbst «Fake Healer» als vermeintlich treffender
Rausschmeisser konnte das Ruder nicht mehr herum
reissen, und wo blieb eigentlich der Übersong «Metal
Church»?! (tin)
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Skid Row Bei
Skid Row war zum Glück Dave "Snake" Sabo zurück. Im
Vergleich zum "Sweden Rock"-Gig war die Show in Balingen
um einiges besser und riss das Publikum förmlich mit. Es
ist einfach die Präsenz von "Snake", der die Fans mit
einem blossen Lächeln zum Ausrasten bringen kann und der
mit seinem Gitarrenspiel das bestimmte Etwas auslöst.
«Slave To The Grind», «Sweet Little Sister» und «Big
Guns» waren die ersten Songs, die sogleich von Balingen
lauthals mitgesungen wurden. Skid Row gaben der Meute,
was sie wollte. Als direkt danach mit «18 And Life» der
erste riesengrosse Hit gespielt wurde, gab es kein
Halten mehr. Der Refrain, die Intensivität, welche
dieser Track noch immer in sich trägt, zauberte
Gänsehaut auf den Körper der Anwesenden. Ebenso wie die
Grimassen von Scott Hill, der alleine mit seinen Augen
furchteinflössend wirkte. Bassist Rachel Bolan ist und
bleibt einer der coolsten Bassisten und ein starkes
Bindeglied im Bandgefüge. Der Punker sang erneut «Psycho
Therapy» von den Ramones und sorgte für gewaltigen
Druck. Sänger ZP Theart zeigt sich dieses Mal nicht als
kleine Kopie von Ur-Shouter Sebastian Bach, sondern
beschränkte sich darauf, sich selber zu sein, was ihm
und der Show sehr gut tat. Er sang von Song zu Song
besser und hatte Balingen fest im Griff. Klar leben die
Jungs von ihrer musikalischen Vergangenheit, die ihnen
auch millionenschwere Verkäufe einbrachte. Mit «I
Remember You», «Makin' A Mess» und natürlich «Youth Gone
Wild» kam das grosse Finale und liess Skid Row endlich
wieder als die Band auftrumpfen, wie man sie sich
wünscht. Ganz geile Show einer nach wie vor geilen
Truppe. (tin)
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Avantasia Dann
war es endlich soweit. Avantasia um Frontmann Tobias
Sammet gaben sich als Höhepunkt des dritten Tages die
Ehre. Seine Geschichte ist schon beeindruckend, wie er
aus dem Dörfchen Fulda zu einem international bekannten
und respektierten Sänger und Organi-sator eines
Mammut-Projektes wurde. Während der letzten Jahre habe
ich immer wieder Auftritte von ihm besucht, die
grösstenteils grandios waren. Auch in Balingen hat der
Meister wieder eine riesige Produktion auf die Beine,
respektive auf die Bühne gestellt. Im Zentrum stand
dabei natürlich seine neue Scheibe «Moonglow», wobei
auch die alten Klassiker keineswegs fehlten. Sechs
Stücke des neuen Werks nahmen etwa vierzig Minuten der
150 Minuten dauernden Show ein, eine gute halbe Stunde
wurde gelabert und der Rest war Avantasia-History. Wo
Avantasia draufsteht, stecken auch immer illustre Gäste
drin. Sänger wie Jorn Lande und Bob Catley, die schon
fast zum Inventar gehören, brillierten auch an dieser
Show wieder. Daneben waren noch Geoff Tate und Eric
Martin am Start. Ronnie Atkins fehlte an diesem Konzert,
da er mit
den "Maids" selber einen Auftritt hatte. Dafür
stand Tobias Sammet erstmals deutlich mehr im
Mittelpunkt, als man es von anderen Tourneen kennt.
Macht grundsätzlich nichts, ausser dass der sympa-thische
Frontmann dadurch noch mehr Zeit zum Quatschen hatte,
als er es üblicherweise schon tut. Einmal querbeet und
wieder zurück lautete die Devise. Kein Album wurde
ausgelassen, und das Publikum dankte es mit Gesang und
frenetischem Applaus. Einen Extra-applaus erhielt Tobi,
als er das Publikum zu mehr Enthusiasmus aufforderte,
indem er anmerkte, dass sich auch Veranstalter Horst
"den ganzen Kasperkram hier anhören muss". Obwohl bei
Avantasia alles auf dem Erzählen von Geschichten und
bunter Show beruht, wirkt der ganze Tross niemals
angestrengt oder gekünstelt. Im Gegenteil: sie strahlen
aus, dass sie jede Menge Spass bei der Sache haben, auch
als der Sänger die Show unterbrach, weil sich
Schlagzeuger Felix Bohnke angeblich einmal verspielt
hatte. Avantasia waren ein echter Headliner mit
opulenter Bühne, abwechslungsreicher Show und tollen
Melodien. Ihr Auftritt war mit Sicherheit ein Höhepunkt
des diesjährigen Bang Your Head!!!-Festivals, und im
Anschluss gabs noch das obligate Feuerwerk oben drauf.
(oli)
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Fazit: Das diesjährige
BYH!!!-Festival gehört zur Sorte "eher nass" und bot
dennoch ein abwechslungsreiches Programm. Klar fehlten
diesmal grössere Namen im Billing, aber es war schon
bezeichnend, dass erfolgsmässig "kleine Bands" wie
Flotsam And Jetsam oder Armored Saint zeigten, wo der
Hammer wirklich hängt. Des Weiteren entpuppten sich
Venom Inc. in der Halle als Sieger auf der ganzen Linie
und lieferten eine denkwürdige wie sehr intensive
Performance ab! Aus Schweizer Sicht gaben sich Krokus
insgesamt keine Blösse und verabschiedeten sich hiermit
definitiv aus Balingen. Skid Row ohne Sebastian Bach?
Was für viele Fans so eigentlich nicht funktioniert,
wurde durch ZP Theart klar widerlegt, allerdings ohne
das Original zu erreichen, geschweige denn zu
übertrumpfen. Unter dem Strich bleibt die Ausgabe 2019
des BYH!!!-Festivals trotz des nervigen Wetters als
weiteres Jahres-Highlight in bester Erinnerung! (rsl)
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