Langsam dürften es auch die letzten Zweifler
und Stänkerer eingesehen haben, dass Rock und Metal die Fans
(wieder) in Scharen anzuziehen vermag, wennauch nicht ganz so heftig
wie halt noch in den glorreichen 80ern. Andererseits müssen aber die
Packages entsprechend attraktiv zusammen gestellt sein, denn eine
noch so bekannte Band (ein paar wie AC/DC, Iron Maiden, Deep Purple
oder Status Quo mal ausgenommen) vermag zum Beispiel das Zürcher
Hallenstadion längst nicht mehr ausverkaufen, wie das früher noch
der Fall war. So sah denn das Billing des diesjährigen "Spirit of
Rock" Festivals als Ersatz-, respektive nachrückende Veranstaltung
der letzten (Openair-) Anlässe in Uster (Stadion Buchholz) auf dem
Papier sehr lecker aus. Leider verabschiedeten sich dann Buckcherry
für den ersten Tag, was in meinen Augen sehr schade war, da deren
Ersatz Papa Roach etwas deplatziert wirkte. Von Mötley Crüe
erhofften sich natürlich viele Poser und Sleazers eine Hammer-Show,
zumal diese sich nun einige Zeit nicht mehr in der Schweiz haben
blicken lassen. Der zweite Tag versprach neben dem kultigen
Headliner (der letztmals vor nicht weniger als 15 Jahren an gleicher
Stelle auftrat!) indes noch einiges mehr, denn bereits mit Saxon und
Motörhead standen zwei zur Zeit (wieder) sehr populäre Vertreter
ihres Genres auf der Bühne, dazu noch Altmeister Udo Dirkschneider
und mit China eine nicht erwartete Reunion, die es wahrlich in sich
hatte. Der Publikumsaufmarsch gebärdete sich, wie zuvor erwähnt,
zwar ganz ordentlich, aber beide Tage konnten sich nicht mit dem
"Sold out!"-Schild schmücken. Nichtsdestotrotz war Winterthur für
die ersten zwei Tage im Juni das Mekka der Freunde härterer Klänge
und Sammelbecken für unzählige freundschaftliche Treffen unter
Seinesgleichen. Die Metal Factory war mehrfach für Euch vertreten
und nebst den verfassten Liveberichten führten wir auch noch
Interviews mit U.D.O. (Rockslave), Ronnie James Dio (Roger W.) und
Vinnie Appice (Kissi) - So here we go! (Rsl)
Violent Storm
Eigentlich war es ja noch viel zu früh, als gegen 18.30 Uhr Violent
Storm als erste (von drei) US-Bands des Tages die Bühne erklommen
und bei mehr oder weniger vollem Tageslicht vor spärlicher Kulisse
versuchten, ihren Power Metal unter die Leute zu bringen. Wahrlich
kein Zuckerschleck, zumal die Wahl eines solchen Opener's für meine
Begriffe daneben war. Erstens kannte die Band kaum einer (bis gar
niemand!) und zweitens braucht es für so einen Anlass eher etwas
Rockiges denn Metallenes, um eingerostete Knochen und schlaffe
Leiber wie Köpfe in entsprechende Wallung zu versetzen. So mühten
sich denn Violent Storm während einer ganzen Stunde (!) durch ihren
Set hindurch, der bloss gepflegte Langeweile verströmte. Da nutzte
es nix, dass auf ihrem neuen Album "Storm Warning" mit Yngwie
Malmsteen und K.K. Downing zwei Szene-Grössen mitmischen und das
Ganze unter anderem von Producer-Ass Roy Z. abgemischt wurde. Heute
Abend funktionierte diese Mucke auf jeden Fall überhaupt nicht und
meine Wenigkeit sah und hörte dem zu Folge ebenfalls kaum was
Weltbewegendes. Der mit Sicherheit erste Besuch der Amis bei uns
hinterliess somit nicht den benötigen Impuls, um so ein Festival
richtig in die Gänge zu kriegen. Wie es wohl Papa Roach als nächstem
Act ergehen wird? (Rsl)
Papa
Roach
Wie im Vorspann bereits angetönt, versetzte mich der Ersatz für die
ausgefallenen Buckcherry nicht in Jubelstimmung. Es war ja wohl
klar, welche Band heute Abend die meisten Fans anziehen würde und
darum wurde die Optik in der Halle klar von posermässigem Outfit
dominiert. Ok, beim "Unholy Alliance" von letztem Oktober am
gleichen Ort dachte ich zuerst auch, dass In Flames nicht der
Bringer sein würden. Dieser Eindruck erwies sich danach klar als
falsch, denn der Mob ging ab wie Schmidt's Katze. Was Papa Roach
selber für den heutigen Abend erwarteten, sah man gleich von der
ersten Sekunde an, denn sie legten los wie die Feuerwehr. Die
Resonanz, da sich inzwischen deutlich
mehr Leute in der Halle tummelten, war klar besser als zuvor, nur
lag der in deren Heimat millionenfach verkaufte Metal-Rap oder
Rap-Metal (wie auch immer) mit etwas punkiger Attitüde abermals quer
in der Landschaft. Natürlich brachten Songs wie "Last Resort" und "She
Loves Me Not" mindestens etwas Bewegung in das bis anhin total
lethargisch wirkende Publikum, aber von ausgelassener Stimmung
konnte nicht die Rede sein. Der Applaus fiel dann jeweilen im
Verhältnis gesehen eher karg aus und es war direkt ein Wunder, dass
keine Pfiffe zu hören waren. Mag ja sein, dass das nicht alle so
gesehen haben, aber bei Mötley Crüe als Headliner und den satten
Ticketpreisen hätte dem Veranstalter eigentlich klar sein müssen,
dass vor allem jüngere Fans, die stilistisch eher auf Papa Roach
stehen, nicht in Scharen aufmarschieren würden. Somit stand eine
versierte und motivierte Band letzten Endes vor dem mehrheitlich
falschen Publikum. Das liess natürlich die Erwartungen an den
Headliner ins Unermessliche steigen, denn wenn die Party nicht jetzt
abgeht, wann dann? (Rsl)
Mötley Crüe
Mehr oder weniger 16 Jahre lang mussten die Fans in der Schweiz
darauf warten, um ihre Crüe endlich wieder zu sehen! Man kann aber
getrost behaupten, dass sehr viele Leute zum ersten Mal die
Legende
aus Hollywood sahen. Und überhaupt wagte man dem Schriftzug auf dem
Ticket kaum zu glauben, bis sie dann endlich auf der Bühne standen.
Ein bisschen älter, doch kein bisschen lahmer legten sie eine für
schweizerische Umstände gute Show hin. Das Zückerchen des Geschehens
war ganz klar, dass sie ausschliesslich Hits spielten, wie man der
Setliste weiter unter entnehmen kann. Für die ersten Gerüchte im
Publikum sorgte Mick Mars mit geschminktem Gesicht und von
Nebelschwaden umhüllt. War er es wirklich? Dem Gitarrenspiel nach zu
urteilen war er es eindeutig! Doch der Saitenzauberer galt ja schon
immer als etwas zurückhaltender, somit konnte man sein schüchternes
Auftreten kaum als Indiz nehmen. Zudem waren eh grosse Teile des
Bühnenbildes manchmal so vernebelt, dass man kaum etwas sah. Ein
Aufsteller kam dafür mit den vielen Pyros, auf die das Publikum
zuerst etwas schreckhaft reagierte. An diesem Abend sah ich die Crüe
das erste Mal in der Schweiz, vorher nur vor einem sehr viel
grösseren Publikum in Los Angeles und Schweden. Wenn man jetzt mal
einen objektiven Vergleich zieht, dann sind die Leute in unserem
Land irgendwie ruhiger, wenn nicht gar voyeuristisch angehaucht. Die
Schweizer schauen lieber dem Geschehen auf der Bühne zu, statt so
abzugehn wie die Fans anderorts. Das heisst aber keinesfalls, dass
es ihnen nicht gefällt, sie bringen es nur nicht für die Augen
sichtbar zum
Ausdruck. Und genau da lag an diesem Abend der Haken: Eine Band, die
schon so lange nicht mehr in unserem Land gepspielt hat, die weiss
und versteht das nicht. Haben Mötley sich nämlich zu Beginn der Show
noch richtig Mühe gegeben, so schleppte sich der Rest nur so dahin.
Vince Neil selber klagte, dass das Publikum so, ja zu verdammt leise
sei. Und er hatte Recht! Dauernd mussten die Fans animiert werden,
und irgendwann hatte die Band wohl die Schnauze voll davon. Aber hey,
wer kann's ihnen verdenken? Jeder von uns kriegt doch gern Lob für
seine Arbeit. Und was so eine Band auf der Bühne macht, ist
eindeutig auch Arbeit. So verwunderte es mich nicht, als die Show
nach viel zu kurzer Spielzeit (circa 75 Minuten!) mit "Kickstart My
Heart" gnadenlos abgebrochen wurde. Ohne legendäres Drumsolo, ohne
Zugabe! Angeblich aus feuertechnischen Sicherheitsgründen, aber wers
glaubt... - Mal abgesehn von Mötley Crüe selbst, erschien mir
persönlich das oft auch farbenfroh herausgeputzte Publikum als
Highlight! Was für Outfits und Frisuren man da sah, das war einfach
herrlich! Die Zukunft unserer Szene scheint gesichert zu sein, und
das ist ein Grund zum Feiern! (Mya)
Setlist: "Dr. Feelgood" - "Shout At The Devil" - "Wild Side" -
"Looks That Kill" - "Live Wire" - "Same Old Situation" - "Home Sweet
Home" - "Don't Go Away Mad" - "Louder Than Hell" - "Sick Love Song"
- "Primal Scream" - "Girls Girls Girls" - "Kickstart My Heart".
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