Rocksound Festival 2008
06.06.2008 (Zweiter Tag) Sportzentrum, Huttwil (BE)
By Roger W. (Rog), El Muerte (Mue), Wishmaster (R.K.) Maiya (mya), Kissi (Kis) - Pics by Rockslave
Zwar hatte das Rocksound mit Avantasia, Opeth und Black Tide schon am Vortag begonnen, dennoch öffnete man das Gelände am Freitag erst am Nachmittag, was für viele von denen, die schon am Donnerstag ihr Zelt aufgeschlagen hatten, langwieriges Warten bedeutete. Als man dann aber um 17.00 Uhr mit Grey Monday den zweiten Rocksound-Tag einläutete, da begann ein abwechslungsreicher Metaltag, welcher geprägt war vom Pagan-Abend mit Korpiklaani, Eluveitie und Ensiferum auf der Aussenbühne (bei skandinavisch-kühlen Verhältnissen), dem eher durchzogenen Auftritt der Seattle-Metaller Queensryche und dem feiernden Publikum während «The Final Countdown» von Europe. (Kis)
Grey Monday
Die Openair-Bühne eröffnete dieses Jahr die Berner Nachwuchshoffnung Grey Monday mit einem kraftvollen, groovigen «Nightmare». Anders als der Titel vielleicht voraussagen könnte, wurde der Auftritt aber alles andere als zu einem Albtraum. Dafür war wettertechnisch der Bandname Programm, denn das graue, nass kalte Wetter passte hervorragend dazu. Hatte die Sonne kein Erbarmen mit den Jungspunden, so erhellten sich mit der Zeit wenigstens die Gemüter der bereits zahlreichen Zuhörern. Im Gepäck hatten Grey Monday neben den neuen Songs von ihrem Debut Album «XIII Sharp» (nach zwei Demos) erstmals ein Keyboard dabei, welches Sänger Pädu ab und zu bediente und damit die Löcher stopfte, welche ohne zweite Gitarre bei den Soli entstehen. Dies gelang aber nur teilweise, weshalb die Band wohl weiterhin fleissig Bewerbungen annimmt. Sehr positiv viel mir das Zusammenspiel der Band auf, welche erst kürzlich die gesamte Rhythmus-Sektion ersetzt hatte. Kamen die Songs Anfang Mai am Bournout-Festival noch eher holprig aus den Boxen, bildeten sie nun eine feste Einheit. Ebenfalls bemerkenswert war Bassist Sam Nydegger, welcher stark an seiner Bühnenperformance gearbeitet hatte und den Sound zwischen Metal, Stoner- und Hard Rock auch optisch unterstützte. Somit war die Motivation auf der ganzen Breite (Bass, Gesang, Gitarre) zu spüren, weshalb auch die Klatschspiele klappten. Eine würdige Bühneneinweihung. (Rog)


Kharma
Trotz dem Vorteil, dass nun ein Auftritt in der warmen und trockenen Halle folgte, fanden nicht mehr Leute als bei Grey Monday den Weg vor die Bühne, auf welcher die Hardrocker Kharma ihre Deko bestehend aus zwei Wänden nachempfundenen Backdrop-Wänden und einem aufgehängten Banner schon aufgebaut hatten. Der eidgenössische Fünfer um Goldkehlchen Werner Schweizer (Ex-Satrox), dessen Stimme irgendwo zwischen Dio und Geoff Tate erstaunte, überzeugte während 45 Minuten mit ihrem hymnischen, meist schleppenden Hard Rock, dem mit den meist auf Hammond getrimmten Keyboardpassagen von Dany Schärz ein gewisser 70's-Touch anhaftete und des Öfteren an Rainbow oder eben Dio erinnerte. Bestes Beispiel dafür stellen die mal etwas straighteren, meist aber doomigeren Songs wie «Prey», «Morning Sun» oder «Moonlight» vom aktuellen Debüt «Between The Lines» dar. In Sachen Stage-Acting könnte man sich dabei zwar noch steigern, dafür kann sich der Sound in der Halle echt sehen, oder besser gesagt hören lassen, denn bis auf die etwas zu leise Klampfe von Gitarrist Claudio Festini kann die immer wachsende Zuschauergruppe Nummern wie «Me, Myself And I» oder «Dead Of The Night» glasklar geniessen. Abgehen tut dabei nicht wirklich jemand, was wohl aber eher am geringen Bekanntheitsgrad als an der Show liegen müsste, strahlte doch gerade Fronter Werner Schweizer ein mehr als positives (Achtung Wortwitz!) Kharma aus. (Kis)


Korpiklaani
Lust auf einen traditionellen Tanz mit lustigen Finnen? „Ja!“ schrieen da manche und unterstützten die Pagan-Folk-Rocker ab dem ersten Song. Und wenn die Schnappsflasche schon zu Beginn des Konzerts halbleer auf die Bühne genommen wird, hat zwar das Blaue Kreuz keine Freude, dafür die Fans, die eine ausgelassene Band erleben dürfen. Eine Band übrigens, bei der selbst beinharte Fans gestehen, dass die meist «Korpiklaani», «Beer, Beer», «Keep On Galopping» und zum Schluss « Let’s Drink». Zu solchen Liedern wurde bereits von Beginn an gepogt, getanzt, geheadbangt, getrunken und die Fäuste in den nassen Himmel gereckt. Das Stimmungsbild war dabei perfekt. Rechts der Bühne ein Waldrand, links die grau-braune Holzfassade des Sportzentrums und darüber ein grauer Himmel mit Nieselregen. Dadurch entstand eine fast schon intime Verbindung zwischen Publikum und Band. Darf diese scheinbar direkt aus den finnischen Blockhütten entflohene Folkband überhaupt bei Sonnenschein auftreten? Die Stimmung wäre wohl ganz anders. Korpiklaani wirkten in Huttwil als Projektion für das Natürliche, für das Urbedürfnis nach Back To The Roots und für eine Flucht aus dem Modernen, und das, obwohl ihre Instrumente ironischerweise mit Strom verstärkt wurden. Egal, denn der Auftritt machte sichtlich Spass! Korpiklanni bei diesem Wetter und in dieser Form? Immer wieder gerne! (Rog)


Alter Bridge
Als Alter Bridge im November des letzten Jahres im Zürcher Rohstofflager vorbeischauten, fiel meine Review zwar positiv, aber dennoch ziemlich durchwaschen aus: Zu einstudiert wirkte die Performance des Quartetts, auch wenn die Mucke noch so gut präsentiert wurde. Der Gig am Rocksound Festival sollte demnnach eine Art Prüfung für die Band werden, deren Ausgang über nichts Geringeres als ihren zukünftigen Status entscheiden sollte: Einfach «nur» guter Stadionrock, oder aber der Aufstieg in höhre Spähren des Musikerdaseins. Um's gleich vorneweg zu nehmen - Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass es vorläufig bei der ersten Kategorie bleiben wird. Zwar legten Alter Bridge äusserst dynamisch vor, und präsentierten sich erneut als Groove- und Songwriting-Koloss, aber die ganze Performance wirkte extremst zusammengebastelt… Zumal sie wirklich das haargenau gleiche Programm wie im Rohstofflager boten. Drummer Scott Phillips hämmerte sich mit Rückendeckung von Basser Brian Marshall gekonnt durch's Set, während Gitarrist Mark Tremonti erneut den neutzeitlichen Gitarrengott raushängen liess, und Sänger Miles Kennedy die klassische Schule des «Eine gelungene Rockshow von A bis Z» durchwurstete - Aber Spontanität und wirkliche Emotionen kamen dabei leider viel zu kur… Elemente, die im Endeffekt den Rock'n'Roll doch zu einem bedeutenden Teil ausmachen. Wer also wirklich Einzelheiten aus der Show vernehmen möchte, kann einfach einen Blick in meine alte Review werfen - mir erscheint das noch nicht einmal anmassend. Das Publikum liess sich erstaunlicherweise recht einfach damit abspeisen, hoffentlich wird sich mit der Zeit da noch etwas tun - Denn solange die Leute ernsthafte Begeisterung für eine solche Abpaus-Performance entwickeln, wird die Band ziemlich sicher nix daran ändern. Alter Bridge kommen übrigens Ende Jahr nochmal nach Zürich zurück - Wer die zwei Platten der Band gerne eins zu eins, aber aus einer fetten Soundanlage hören möchte, kann sich das schon mal vormerken... (Mue)


Eluveitie
Nachdem die letzten Klänge in der Halle von Alter Bridge verklungen waren, hiess es dann wieder raushechten zur kleinen Bühne, welche wahrlich von Einheimischen Musikanten belagert wurde. Sprich es wurde Eng, denn für die acht köpfige Truppe von Eluveitie, waren die Platzverhältnisse auf der Outdoor Bühne nicht von der grossen Freiheit geprägt. Zusätzlich dazu wuchs der feine Nieselregen zu einem amtlichen kalten Regenschauer an. Nicht die besten Voraussetzungen, doch von den widerlichen Umständen liess sich das Publikum nicht abhalten und so war der Aussenplatz gut bevölkert und erste "Elu-vei-ti, Elu-vei-tie" Sprechchöre halten dem Regen entgegen, welche vom Intro «Samon» des neuen Aktes «Slania» übertönt wurden. «Samon» floss in den Ersten Nackenbrecher «Primordial Breath » über und von da an gab es kein Halten mehr für die Massen. Es wurde getanzt, geklatscht, geschrien und amtlich die Nackenwirbel traktiert. Die Band selbst war arg eingeschränkt durch den minimalen Freiraum, doch wie gewohnt, waren es besonders die Brüder "Sevan" und "Rafi", welche für Bewegung in den Reihen von Eluveitie sorgten. "Sevan" Zusammen mit Frontröhre "Chrigel" waren dann auch wie gewohnt das Sprachrohr der Band, so liessen sich die Jungs neben dem anfeuern des Publikums auch mit Huldigungen an unsere Heimat nicht zurück halten. "Chrigel" war sichtlich erfreut, nach den Auftritten in den Staaten, wieder auf heimischen Boden die Leute in Begeisterung versetzten zu können. Jedoch wirkte er auf mich auch etwas müde und angestrengt, lag vielleicht auch daran, dass kurz vor Huttwil bekannt wurde, dass "Sevan" und "Rafi" Eluveitie verlassen würden. Obwohl das Publikum die Band abfeierte, war der Sound nicht wirklich die Offenbarung und liess oftmals von den Songs nicht viel mehr als ein Brei übrig, doch Wenigstens zeigte sich der Wettergott gnädig und liess im Verlaufe des Elu-Gigs die Schleusen schliessen. Als zum Schluss die ersten Töne von «Inis Mona» ertönten schallte lauter Jubel der Band entgegen und die Stimmung war auf dem absoluten Höhepunkt angelangt, was in lauten "Zugabe" rufen endete kaum war der Song verklungen. Doch es schien erst so, als hätte sich Eluveitie auf den weg zur verdienten Ruhe begeben..., ja bis die Stimme von "Sevan" lauthals röhrte: "Woiit ihr no eis?" diese Frage brauchte er nur einmal zu stellen, denn das Publikum schrie die Damen und Herren förmlich nochmals auf die Bühne zurück. So klang der Gig mit «The Dance Of Victory» aus und obwohl die Äusseren Umstände wie die teilweise recht bedauerliche Soundqualität wohl nicht zum ultimativen Eluveitie-Erlebnis zugetragen haben, war das Publikum begeistert und sorgte für ein Highlight am kühlen Freitagabend. (R.K.)


Queensryche
Mit «Best I Can» eröffneten Queensrÿche ihre Show, welche im Vorfeld sehr hohe Erwartungen würde erfüllen müssen. Im Publikum wurde vorwiegend darüber gesprochen, dass die Amerikaner schon bald am Bang Your Head-Festival in Balingen ganze drei Stunden spielen würden. Wer sowas tut, der wird ja wohl auch in knapp anderthalb Stunden eine klasse Show bieten können, oder? Weit gefehlt! Geoff Tate und seine Mannen standen mehr statisch denn enthusiastisch auf der Bühne herum und brachten einen breiigen Sound dar, welcher sich wie aus dem Fleischwolf heraus gedreht anhörte. Waren die Zuschauer zu Beginn noch sehr gespannt und die Vorfreude deutlich spürbar, so sank die Stimmung mehr und mehr, bis schliesslich nur noch die allergrössten Queensrÿche-Fans zu Klassikern wie «Jet City Woman», «Eyes Of A Stranger» oder «Walk In The Shadows» mitzappelten. Schade, dass selbst eine sonst so grossartige Band wie Queensrÿche live dermassen fehlerhaft abgemischt wird, dass einem die Freude an der ganzen Show vergeht, wie man ab ungefähr der Hälfte des Auftrittes sehen konnte, als immer mehr Zuschauer die Halle verliessen. Bleibt den Besuchern des Bang Your Head-Festivals nur zu hoffen, dass die drei Stunden Queensrÿche dort hörenswerter werden. (mya)


Ensiferum
Der Abschluss des ersten Tages auf der Aussenbühne war zur nächtlichen Stunde in finnischer Hand. Ensiferum standen auf dem Programm und schon eine halbe Stunde vor Beginn, formten sich die ersten Fans vor der Bühne zu einer kleinen Traube, welche bis gegen 23 Uhr auf eine erstaunliche Grösse, mit meist Junger Viking- Folk- und Paganmetal Anhängern auswuchs. Traditionell mit nacktem Oberkörper und Röcken in den finnischen Nationalfarben, zeigte sich die Saitenfraktion "Petri", "Markus" und "Sami" dem Publikum, welches lauthals mit "Ensiferum" Rufen der Band ein fröhliches Willkommen bescherte. Diese dankte es nach einem kurzen Intro gleich mal mit «Tale Of Revenge» und «Deathbringer From The Sky», was die anwesende Meute gierig aufsog und die gesammelte Energie in deren Nacken fliessen lies. Nach «Little Dreamer» stockte jedoch der Gig, Sänger "Petri" lies verkünden, dass sie mit technischen Problemen zu kämpfen hätten, welches von einem "like always" von Bassisten "Sami" grinsend ergänzt wurde. Kurzum lies "Sami" ein paar Blues-Lines aus seinem Sechsaiter ertönen, was das Publikum zum fröhlichen Mitklatschen animierte. Anscheinen waren die Technischen Probleme nur von geringfügiger Natur, denn nach der kurzen unfreiwilligen Basseinlage hämmerte die Band «Windrider» auf die begeisterte Menschenmasse los, welche Ensiferum fast soviel Sympathie entgegen brachte wie Eluveitie. Geglückt war auch die Songauswahl, so ackerten sich Ensiferum querbeet durch alle ihre Alben: «Victory Songs», «Iron » und dem Erstwerk «Ensiferum» und egal ob nun "Blood Is The Price Of Glory" oder "Into Battle" ertönte, Ensiferum hatte das Geschehen im Griff, spielte routiniert und fand breiten Anklang. So war es denn auch ein leichtes Spiel, die Horde für ein Mitsingen beim finalen «Iron » zuanimieren. "Tätärärää-tätärärää" halte es in die kühle Nacht, welche nach diesem Song durch den Abgang der Band von der Bühne zu Ende ging. Obwohl eifrigBeifall geklatscht wurde und "Zu-ga-beee" Rufe die Dunkelheit aus der Stille riss, blieben die Lichter aus auf der Bühne. Schade, denn die Chemie zwischen Band und Publikum schien zu stimmen und irgendwie war dieses knallharte Ende nicht das, was beide Parteien verdient gehabt hätten. (R.K.)


Europe
Den Abschluss des Freitags machten Europe, die sich pünktlich zur Geisterstunde auf der Bühne einfanden. So manchem Fan dürfte es warm ums Herz geworden sein, als grosse Hits wie «Superstitious » die Halle erfüllten. Dass wir diesen Auftritt überhaupt noch erleben durften grenzt beinahe an ein Wunder. Eine Zeit lang war es noch sehr fraglich, ob die Schweden in Huttwil erscheinen würden, da Gitarrist John Norum nach dem Tode seiner Ehefrau Michelle Meldrum gerade erst zum Witwer geworden war. Wissen die Götter, woher John die Kraft nahm, um den Auftritt trotz der Trauer zu meistern, aber er war wirklich da und leistete hervorragende Arbeit an der Gitarre. Neue Songs wie «Let the Children Play» des 2006er Albums «Secret Society» wurden von den Fans sehr gut aufgenommen, doch am lautesten war der Jubel stets bei mittlerweile uralten Songs wie «Seven Doors Hotel». Natürlich durften auch Meilensteine wie «Rock The Night» nicht fehlen, denn das wäre wie Fussball ohne Tore gewesen. Der allergrösste Song «The Final Countdown» hängt dem einen oder anderen Fan mittlerweile schon zu Hals und Ohren raus, weil er immer wieder im Radio gespielt, von anderen Bands gecovert und von nekrophil veranlagten Musikern zerfleddert wird. Das 1986er Album «The Final Countdown» wurde übrigens unter anderem in den Zürcher Powerplay Studios aufgenommen, und so bildete der Song selbst den würdigen Abschluss eines trotz miserablen Wetters eindrucksvollen zweiten Festivaltages. (mya)

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