Rocksound Festival 2008
07.06.2008 (Dritter Tag) Sportzentrum, Huttwil (BE)
By Roger W. (Rog), El Muerte (Mue), Wishmaster (R.K.) Maiya (mya), Kissi (Kis) - Pics by Rockslave
Nur wenige Stunden, nachdem man sich noch mit Europe und ein paar tausend anderen «It's the final countdown» aus dem Leib gebrüllt hatte, hiess es am Samstag Mittag schon wieder den Nacken dehnen für die dritte und letzte Runde des diesjährigen Rocksound Festivals. Wie am Vortag beherrschte Grau den Himmel, genauso wie am Vortrag beherrschten aber auch wider Top-Acts die beiden Bühnen des Festivals. Ob dabei aus der Schweiz stammend, wie etwa Lunatica, Shakra und Cataract, oder international erfolgreich wie es die Teenie-Idole Simple Plan, die neuen Prog-Helden Porcupine Tree oder die epischen Within Temptation sind, Fans fast aller gitarrenlastiger Genres kamen und ihre Kosten und liessen sich auch von der 0:1 Eröffnungsniederlage der Schweiz gegen Tschechien an der EM nicht die Partylaune verderben. Und hatte man dann nachts um halb zwei noch nicht genug gefeiert, so konnte man sich beim Karaoke From Hell, moderiert von Celtic-Frost-Mastermind Martin Eric Ain, noch den metallisch-humoristischen Absacker geben. (Kis)
Lunatica
Die Symphonic Epic Metaller aus dem Raum Aargau/Solothurn hatten die Ehre, den Samstag als dritten und letzten Tag des diesjährigen «Rocksound Festivals» in Huttwil eröffnen zu dürfen. Ob Lunatica bisher überhaupt schon mal auf so einer grossen Bühne gestanden haben, weiss ich jetzt nicht einmal, aber wer so ein langes (von Hans Zimmer inspiriertes) Intro laufen lässt, während dem die ganze Bühne in schummriges Licht getaucht und mit viel Trockeneis eingenebelt wird, verdient es einfach. Mit viel Schwung («The Edge Of Infinity» und «Elements») nahm das Konzert darauf bald flotte Fahrt auf. Sängerin Andrea Dätwyler wie auch der Rest der Band freuten sich offensichtlich auf diesen Moment und übertrugen dies augenscheinlich in den Auftritt, der bei den Fans immer wohlwollender aufgenommen wurde. Als temporärer Ersatz für den ausgestiegenen Andy Leuenberger (g) fungierte Marc Torretti (Contorsion & Bloody Horseface) im Line-Upund brachte sogleich mehr Bewegung in das Stage-Acting ein. Der Refrain der ausgekoppelten Single «Who You Are» vom letzten Album wurde von den Fans ordentlich mitgesungen und auch das Ultravox-Cover «Hymn» verfehlte seine Wirkung nicht. Sound und Licht waren gut, respektive o.k., wobei sich Letzteres später, wie zuvor schon, noch deutlich steigern sollte. Dass Lunatica allerdings ihre zugeteilte Stunde nicht voll ausnützten, war einerseits schade, hatte aber wohl eher damit tun, dass man nach dem Konzert selber zum Abräumen anpacken musste! Insgesamt war dies auf jeden Fall der beste Gig von allen, den ich bisher gesehen habe! Weiter so!! (rsl)



Godiva
Klassischer Heavy Metal mit hohem Gesang scheint momentan nicht mehr „In“ zu sein. Dies könnte man in den Auftritt von Godiva interpretieren, den trotz trockener Witterung nur wenige sahen. Schade, denn die Band um Sänger Fernando Garcia zeigte richtig Einsatz und versuchte gar, ein wenig auf das abendliche EM-Eröffnungsspiel einzustimmen. Dazu waren Gitarrist Sammy Lasagni und Bassist Mitch Koonz in Fussball-Fan-Shirts gekleidet. Garcia fragte dann auch herausfordernd, wer denn Europameister werden würde, erntete dafür aber nur zögerliche Antworten. Dass Publikum war wohl zu realistisch, was die Leistung der Schweizer Mannschaft anging. Dafür konnte sich jene von Godiva sehen lassen. Die Band wirkte heiss auf den vormittäglichen Auftritt und warf kleine Hits wie «Destruction», «Pedal To The Metal» oder «Call Me Under 666» in die dankbare, kleine Fanschar. Besonders kraftvoll wirkten die tiefen Chöre, welche Garcias hoher Stimme den Boden gaben. Für Verwirrung sorgten das Sprachgewirr aus Englisch, Hoch- und Baslerdeutsch, mit welchem der Sänger die teils schrägen Ansagen machte. Insgesamt hatte ich immer den Eindruck eine Band zu sehen, welche ein ganzes Station zum kochen bringen will. Mit der heutigen Leistung könnte ein Auftritt wie damals in Griechenland (siehe unter Rubrik „Berichte“) durchaus wieder drin liegen. (Rog)



Subway To Sally
Sie verkaufen Tausende von Platten, spielen ausverkaufte Tourneen, gewinnen schnell mal Stefan Raabs Bundesvision Songcontest und – spielen am grössten Rock-Festival der Schweiz um 14.00 Uhr Nachmittags. Was bei irgendeiner Band zu Stimmungsverlust und einem flauen Beigeschmack führen würde, das kurbelte die Fans von Subway To Sally sowie die Brandenburger Spielleute selber umso mehr an und so wurde der zweite Hallengig an diesem Tag zu einem der Highlights des ganzen Wochenende. Voller Spielfreude und Souveränität liess es das Septett somit unter dem Motto «Subway zum Frühstück!» (O-Ton Eric Fish) vom eröffnenden «Die Trommel» von der aktuellen Scheibe «Bastard» bis zum abschliessenden, in eine wahre Gröhlorgie ausufernde «Räuber» nach allen Regeln der Rockkunst krachen, inklusive einer pompösen Ladung Pyros versteht sich. Dabei wurde der allererste Festivalgig Subway To Sallys in der Schweiz stilecht mit einem makellosen Best-Of Set begangen: Ob «Falscher Heiland», «Eisblumen», «Kleid Aus Rosen», «Die Henkersbraut» oder auch aktuelle Tracks wie «Tanz Auf dem Vulkan» und «Auf Kiel», ohne Unterbruch wurde sowohl auf wie vor der Bühne gebangt, gehüpft, getanzt und mitgesungen, sodass das vielzählige Kollektiv aus Musikern und Fans praktisch alle nachfolgenden Künstler auf Ränge hinter sich deplazieren konnte. (Kis)


Hell's Belles
Es ist in Huttwil schon langsam Tradition, dass am Rocksound die eine oder andere Tribute-Band Songs von ihren Idolen zocken darf. So auch dieses Jahr und zum zweiten Male waren die Kult-Aussies Ac/Dc die nachgeahmten Helden. Bestach die «Ac/Dc Revival Band» 2006 noch mit massig Authentizität (inklusive Gimmicks wie Schuluniform, Glocke und Kanonen), so reichten bei den ebenfalls aus Deutschland stammenden Hell's Belles die Requisiten aus, welche der liebe Gott ihnen gegeben hatte, denn die einzige weibliche Coverband von Angus Young und Co. Wussten ihr Geschlecht auszuspielen, um die männliche Zuschauermehrheit zu interessieren. Auch wenn der Frauen-Fünfer in musikalischer Hinsicht eher unspektakulär bekannte Dc-Kracher wie «Girl's Got The Rhythm», «Highway To Hell» oder «TNT» zockte, so gestaltete sich der Auftritt doch ziemlich kurzweilig, auch wenn sich lediglich eine bescheidenere Menschenmasse vor der umwindeten Aussenbühne versammelt hatte. Mittelpunkt der Aufmerksamkeit war dabei die knallharte Frontröhre Janie, dessen Freude an einem bierbäuchigem DD-Shirtträger dazu führte, dass jener auf der Bühne mitrocken durfte und vor seinem Abgang noch schnell jedes einzelne Girl mit Schmatzern bedachte. Auch hier kam man am Ende nicht um die Frage herum, ob auch Hell's Belles zu einem späteren Zeitpunkt besser gezogen hätten, wünschte man sich während dem einstündigen Autritt doch das eine oder andere Mal einen höheren Alkspiegel, da die Zuschauer die ganze Chose dann definitiv euphorischer aufgenommen hätten. (Kis)


Shakra
Es ist jetzt schon eine ganze Weile her, seit ich die Emmentaler Rocker das letzte Mal live gesehen hatte. Umso mehr nahm es mich Wunder, ob der von diversen Leuten bestätigte, positive Umschwung auf der Bühne sicht- und hörbar wurde. Ein paar der letzten Konzerte davor sollen ja nicht gerade das Gelbe vom Ei gewesen sein. Dazu kommt, dass Bassist Oli Linder ja bereits im Frühling seinen Ausstieg bekannt gegeben hat. Sein Nachfolger ist bekanntlich Grey Monday Gitarrist Dominik Pfister, der mit seiner Hauptband pikanterweise auch in Huttwil aufspielte! Am heutigen Abend und erst noch vor heimischem Publikum liessen es Shakra aber ordentlich krachen und punkteten von Beginn weg mit dem Opener «Make My Day» und weiteren zwei neuen Songs («Inferno» und «The One») vom aktuellen Album «Infected». Sänger Mark wirkte frisch wie munter zugleich und zog das Publikum ziemlich schnell auf seine Seite. Schon bald kochte die Halle ganz ordentlich, was bei einem Hammer-Track wie «Rising High» auch nicht schwer war. Trotzdem gingen die Emmentaler bei ihren zur Verfügung stehenden 60 Minuten nicht nur auf Nummer sicher und spielten keck weitere neue Songs, sodass am Schluss von insgesamt elf gespielten Songs nicht weniger als deren sechs (!) erst 2007 auf einem Tonträger landeten. Für den scheidenden Bassisten Oli Linder dürfte dieser Auftritt, zumal er für eine spätere Ausstrahlung aufgezeichnet wurde, gefühlsmässig mindestens etwas an die Nieren gegangen sein. (rsl)


Friedli & Franz Kilbimusig
Unser lieber Roxx kündigte mir Friedli & Franz Kilbimusig als schlechtere eidgenössische J.B.O.-Variante an. Und tatsächlich kann ich diese Aussage nach dem Auftritt mehr oder weniger bestätigen. Wobei die Schweizer nicht unbedingt schlechter, sondern vor allem roher, unberechenbarer, niedlicher und irgendwie gleichzeitig primitiver sind. Hirn raus, Spass rein! Tiefgründige witzige Texte gibt’s morgen, und das ist jetzt definitiv als Kompliment zu verstehen. Nach einem bereits unterhaltsamen Soundcheck ging die Sause Punkt 17.00 Uhr mit den Worten „Are you ready for some Tanzmusik“ los. Die Beasty Boys wurden mit Entlebucher Text durch den Kakao gezogen. Apropos Entlebuch. Wer richtig aufpasste, entdeckte im Musikergewimmel auf der Bühne gleich eine Person, die den ganzen Auftritt nichts anderes tat als in einem Einkaufswagen mit Kochausrüstung Wasser zu erhitzen. Diesen mischte sie danach mit Kaffe und verteilte den Innerschweizer Kaffischnapps dem Publikum. Ebenfalls nichts zu tun hatte scheinbar der geknebelte Blackmetaller Marylin Hànson. Mit der Zeit befreite er sich aber und unterstützte die Band mit seiner Klarinette. Ebenfalls einmalig an diesem Festival war der in Tracht gekleidete Frauenchor. Neben all den schrägen Ideen, deren Aufzählung jetzt den Rahmen sprengen würde, schimmerte immer wieder die musikalische Klasse durch, mit der die Tanzkappelle ihre rockigen Coverversionen von Lenny Kravitz, Status Quo oder Black Sabbath ins Publikum sprengte. Trotzdem würde ich mir keine CD kaufen, denn das optische ist eigentlich wichtiger als die Musik, ebenso die meist langen chaotischen Ansagen. Friedli & Franz Kilibimusik sind definitiv eine Reise wert, auch wenn ich bis heute nicht so recht weiss, was ich davon halten soll. Dass sie als einzige Band des Festivals sogar den Mut hatten, ihre Spielzeit um 10 Minuten zu überziehen, unterstrich den Eindruck. Also auf ein «1, 2, Kaffischnapps»! (Rog)


Mercenary
Einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt hatten die Dänen von Mercenary für ihren Auftritt erwischt. Mussten die Jungs auf die Outdoorbühne, während sich unsere National-Elf beim Euro-Eröffungsspiel gegen die Tschechen abmühte. So war es nicht erstaunlich, dass nicht die grosse Masse den Vorplatz zur Bühne bevölkerte, jedoch wie jeder weiss, kann auch ein kleiner Mob für amtlich lärm sorgen. Doch bevor die Jubelschreie losgingen, hiess es erst mal warten, denn für das Festival ungewohnt, schien die Band Verspätung zu haben. Eine knappe Viertelstunde nach dem offiziellen Terminplan, startete Mercenary mit «New Desire» ihren Gig. Wie es schien, war die Zeit für einen Soundcheck nicht gross vorhanden, den was aus den Boxen dröhnte wirkte alles andere als optimal abgestimmt. Doch auch hier erwies sich das Fussball desinteressierte Volk als sehr tolerant, spendete verdienten Applaus und lies zu Songs wie «Bloodsong», «My Secret Window» oder «Lost Reality» die Nackenwirbel im Takte der Musik glühen. "Mikkel" (Vocals) und "Rene" (Bass) waren sichtlich gut gelaunt, machten ihre Spässe und heizten die Anwesenden an. Dagegen schrammte "Jakob" auf seiner Gitarre rum, als schliefe ihm demnächst das Gesicht ein. Der Grund für die Verspätung wurde auch noch bekannt gegeben, so gab es anscheinend Probleme, weil nicht alle Reisepapiere vorhanden waren, dennoch schaffte es die Band, welche sich auch mehr als einmal bei dem Publikum bedankte, welches trotz Fussball sich den Auftritt nicht entgehen lassen lies. So kam dieses weiter in den Genuss von dem druckvollen Mix aus MeloDeath- und Powermetall, welchen die sympathischen Dänen praktizieren und entlockten ihren Werkzeugen weitere Songs wie «Soul Decision» und «Isolation». Das Volk war sichtlich vergnügt und begeistert, besonders die vorderen Ränge feierten die Band energisch ab, welche mit «The Endless Fall» und «11 Dreams» am Ende ihres Gigs angekommen waren. Auch wenn der Sound im Verlaufe der Show nicht sonderlich besser wurde, war Mercenary ein erfrischender und erfreulicher Auftritt geglückt, was die Anwesenden zu schätzen wussten und der Band mit viel Applaus zu spüren gab. Die die lieber dem runden Leder in der Halle ihre Zeit spendeten, haben einen guten Auftritt verpasst, welcher sicherlich mehr Spass gemacht hat, als das traurige Endresultat der Fussballpartie. (R.K.)


Simple Plan
Viele rümpften im Vorfeld die Nase (inklusive Chef-Pitbull Roxx), als diese Band auf dem Billing auftauchte. Ich kannte die Kanadier bisher eigentlich nur aus einem Film («Ein verrückter Tag in New York») mit den berühmten Olson-Twins Mary-Kate und Ashley, wo Simple Plan mehr oder weniger live aufgetreten sind. So rieb auch ich mir zuerst verduzt die Augen ob dieser Ankündigung und hätte dann aber nicht gedacht, dass sich dieser Vorgang unter anderen Vorzeichen bald wiederholen sollte! Bevor es jedoch soweit war, spielte sich die Schweizer Fussball-Nati gegen Tschechien leider mit 0:1 bereits ins Abseits. Nach dem Match, das heisst dem Hochfahren der grossen Leinwand, ging es dann sofort weiter mit dem RSF-Programm, da die Bühne bereits vor dem Spiel umgebaut worden war. Kaum hatten die Pop-Punker ihren Platz eingenommen, war in der Halle plötzlich der Teufel los! Girlie-Alarm in Huttwil, wie wenn Tokio Hotel zu Gast gewesen wären und pubertäres Gekreische ohne Ende!! Mit sowas hatten all die hartgesottenen MetallerInnen wohl nicht gerechnet, aber oh Wunder, die Rechnung ging trotzdem auf, denn Simple Plan zockten eine ziemlich tighte Show runter und präsentierten sich als top eingespielte Einheit. Die Songs wiesen, wovon ich nicht einen (!) davon kannte, vielfach Ohrwurm-Qualitäten auf, wurden oft mit mehrstimmigen Vocals begleitet und überhaupt bewegte sich die Saiten-Fraktion unentwegt hin und her, was auch optisch für einigen Zug sorgte. Nach echt schweisstreibenden 75 Minuten gingen die Canucks klar als bisherige Tages-Sieger hervor und hinterliessen einen überraschend guten Eindruck! (rsl)
 


Cataract
Nachdem der Weichspüler Simple Plan für schnulzige Atmosphäre in der Halle sorgte, war es nun an der Zeit, die Natur zum beben zu bringen. Ja es war höchste Zeit in Huttwil mal so richtig fette Riffs zu hören, was Cataract mühelos gelang. Waren bei den Aussengigs meist eher das junge Volk zugegen, pilgerten nahezu alle vorhanden Altersklassen zu der Cataract Show. Mit «War Of Cultures» wurde diese eröffnet und was sofort ins Ohr stach, war der druckvolle, glasklare und sehr gut abgemischte Sound der Truppe. Ja es war erfreulich zu hören, dass es doch auch möglich ist fette Riffs aus den Boxen der Outdoor Bühne zu pressen. Doch nicht nur die Boxen waren am pressen, auch das Publikum war kaum zu halten. Mit Moshpit, Circle Pit, Gehüpfe und wilder Nackentortour, lies die Masse die Energie, welche Cataract mit «On This Graveyard», «Separation Of Life & Time», «As We Speak» und «Snake Skin» ins Publikum peitschte freien lauf. Immer wieder feuerte "Fredi" den Mob an und wollte alle bangen sehen, was irgendwie automatisch funktionierte, denn vor den harten Trashriffs, kombiniert mit den Hardcore Einflüssen gab es kein entkommen. «Burn At the Stake», «Doomed Steps» und «Vanished in The Dark» waren weitere Nummern der Zürcher, welche die ländliche Berner Umgebung zum vibrieren brachte. Die Band brachte ihre Songs routiniert rüber und dank "Fredi" verlor man nie den Draht zum Publikum, welcher mit seiner Erfahrung die tobende Masse locker im Griff hatte. Abgeschlossen wurde der Gig mit «Nothing's Left», einem Klassiker der «With Triumph Comes Loss» Scheibe, welcher der Band zum Schluss nochmals viel Applaus bescherte. Vielleicht war es ja das Glück von Cataract, dass sie mit ihrem Sound doch so was wie einzigartig in Huttwil waren, zumal das restliche Billing kaum Verwandschaft aufzeigte und somit die Jungs "konkurrenzlos" auftrumpfen konnten..., doch nur schon durch ihre jahrelange Erfahrung, den druckvollen Songs und dem gut abgemischten Sound im Rücken, zeigte Cataract auf, dass die Band einiges drauf hat und eine Bereicherung sowie willkommene Abwechslung für Huttwil darstellte. (R.K.)


Porcupine Tree
Entgegen der allgemeinen Annahme kann der Job als ambitionierter Konzert-Rezensent manchmal auch ordentlich auf die Nerven gehen. Klar kann man jede Menge Musiker treffen, von ihrem Buffet naschen und die Groupies teilen - Aber wenn es schlussendlich darum geht, das Erlebte in die Tastatur zu hämmern, finden wir uns öfter als es uns lieb ist im Bermuda-Dreieck unseres Wortschatzes wieder. Der praktische Ansatz dahinter ist diesmal schnell erklärt: Wenn ich die Porcupine-Show im letzten November im Zürcher Volkshaus als «Grandios» betitelte, und mir das Konzert am Rocksound-Festival noch einmal stärker eingefahren ist, welchen Begriff muss ich dann verwenden? «Gigantesk», «Alles plättend»? Zu brutal… «Unglaublich»? Ich weiss es ja, mit jeder verdammten Faser meines Gehörs! Nun ja, ihr werdet mittlerweile wohl selber festgestellt haben, auf welchem Niveau sich das Konzert bewegte - Porcupine Tree sind dem Tatbestand nach als offizielles Resultat einer Liasion zwischen Pink Floyd und Rush bestätigt worden. Steven Wilson's Visionen werden mittlerweile perfekt umgesetzt, und tragen den Geist und die Message der Floyd-Shows in sich - Auch wenn, so wie am Rocksound-Festival, die Band mal ohne Projektionen verstörender Kurzfilmchen auskommen muss. Mr. Wilson übernimmt wie gewohnt das Ruder, ohne dabei aber zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen - Die Band setzt durch musikalisches und songdienliches Können starke Gegenakzente, lehnt sich dabei aber ebenfalls nie zu weit aus dem Fenster. Richtig offensichtlich wird dies erst, als man sich wie etwa nach dem dritten, 17 Minuten dauernden Song «Anesthetize» verwundert die Augen reibt, und erkennt, dass man soeben einen massiven Koloss aus Sounds, Flächen, Soli, Polyrythmen und Hooks über sich ergehen lassen hat, ohne dabei auch nur einmal mit der Wimper zu zucken, geschweige denn an dessen Integrität zu zweifeln. Natürlich machen Porcupine Tree uns das auch ziemlich leicht, Songs wie etwa das überraschend früh gespielte «Sound Of Muzak», «Open Car», der Klassiker «Hatesong», und «Blackest Eyes» leisten hier locker aus der Hüfte geworfen Überzeugungsarbeit. Für mich persönlich bleibt aber «Anesthetize» der ultimative Höhepunkt der Show, immerhin schaffen Porcupine Tree sonst nirgends einen so übergreifenden Spagat von zerbrechlichen Momenten, über Meshuggah-mässigem Riffing, bis hin zu brutalsten Doublebass-Parts von Drummonster Gavin Harrison. Als Abschlusssong wählt die Band diesmal erneut «Halo» von «Deadwing», und während irgendwann nach gut 75 Minuten die letzten Gitarren nachklingen, erwacht die Sporthalle aus dem lähmenden Wachtrauma: Ohrenbetäubender Applaus, Zugabe-Aufforderungen und kehlige «Porcupine Tree»-Sprechchöre sind die Folge. Doch Steven Wilson und seine Mannen lassen das Mysterium so stehen wie es ist, verbeugen sich artig vor ihrem Publikum, und bereiten sich innerlich schon auf den nächsten Kreuzzug vor - Wahre Prog-Götter eben, aber dabei mindestens genau so viel Gentlemen. (Mue)


Epica
Das Ende des Rocksoundfestivals war dann total in holländischer Hand. Während die Halle für Within Temptation, dem Headliner des Samstags hergerichtet wurde, wurde es vor der Aussenbühne nochmals so richtig voll. Grund dafür war Epica, oder nennen wir es gleich beim eigentlichen Inhalt feuchter Träume der zahlreichen anwesenden Herren: Simone Simons. Doch bevor die Singende Lorelei die Bühne bestieg, erklang erstmal mit «Indigo» das Intro der aktuellen Scheibe «The Divine Conspiracy» und die ersten Takte von «The Obsessive Devotion». Dann erschien das Mädel endlich auf der Bühne, was natürlich freudig vom Publikum quittiert wurde. Der Auftritt in Huttwil, war auch einer der Ersten nach der MRSA-Erkrankung von Simone, welche nun überstanden schien, jedoch den Eindruck von einer etwas kraftlosen Stimme (im Vergleich zu frührer) in mir weckte. Doch der Rest der Band wirkte sichtlich erfreut und was sich als wahre Bereicherung entpuppte, war der "neue" Mann an der Schlagzeugfront Arien van Weesenbeek. Durch sein druck- und kraftvolles Drumming wirkten die Songs um einiges aggressiver als ab Scheiblette. Sogar Songs wie «Quietus» stampften treibend durch die Soundlandschaft, was durchaus auf Gefallen stiess, jedoch einige zart beseitete Seelen fast schon staunend dreinblicken lies. Auch wenn Simone nicht in Höchstform war, so setzte sich die härtere Grundnote der Songs «Sensorium» oder «Sancta Terra» in den Nacken der Anwesenden nieder und zeigte auch auf, dass Epica nicht als billige Nightwish Kopie abgestempelt werden dürfen, zumal auch immer gerne mal wieder das Tempo merkliche erhöht wurde und (naja bezeichnen wir es mal als:) "sanfte" Blackmetal Elemente und fieses Gekeife von Saitenakteur Mark Jansen Einzug in die Songs findet. Besonders bei den kurzen Und heftigen Prügelattacken schienen einige Zuschauer etwas überfordert. Dafür durfte bei «Cheasing The Dragon», ein erklärter Lieblingssong von Simone, wieder geschunkelt werden…, naja wenigstens bis kurz vor Schluss, dann war wieder Zeit für einen Aggressionsschub. Neben Simone konnte jedoch auch der Sound nicht voll überzeugen, zumindest üppigen Tastenteppiche wurden meist nur als Brei wahrgenommen und die Chöre ab Band waren kaum zu hören. Dafür schmetterte "Arien" ein respektables Schlagzeugsolo hin, doch eher etwas ungewöhnlich, zumal zeitlich gesehen solch Festival Auftritte immer zu kurz sind und ein Song mehr das Publikum sicherlich nicht abgeschlagen hätte. Grundsätzlich kamen die eher sperrigen Songs der aktuellen Scheibe gut bei der Masse an und auch der Epica-Klassiker «Cry For The Moon» fand Einzug in das Set, doch fehlten mir Songs wie «The Last Crusade» oder «Mother Light», welche live herrliche Stampfer sind. Aber wie erwähnt die Stunde Spielzeit war zu knapp und wer die volle Epica Dröhnung will, kann sich auf die kommende Headliner Tour im Herbst freuen. (R.K.)


Within Temptation
Mit dieser Band bekam das rundum gelungene Festival eine prachtvoll strahlende Krone aufgesetzt. Pünktlich um Mitternacht standen die sympathischen Niederländer auf der Bühne und eröffneten ihre Show mit dem herrlichen Song «Jillian». Sängerin Sharon den Adel sah in ihrem weissen Kleid wie eine Mischung aus einem Engel und einer Traum-Braut aus. Charmant wie immer kommunizierte sie mit dem Publikum, traf jeden Ton bei Songs wie «The Howling» und bescherte mit ihrer starken Stimme so manchem Zuschauer eine Gänsehaut. Zu Stücken wie "What Have You Done" oder "Angels" liefen auf der Leinwand im Hintergrund die jeweiligen Musikvideos, was beim Publikum sehr gut ankam. Eines der Highlights kam, als Sharon den Song "Forgiven" sang, und zwar nur von Keyboarder Martijn Spierenburg begleitet. Diese Einlage stellte ihre Stimme auf eine harte Probe, welche sie auch mit Bravour bestand. Die Frau ist einfach ein Stimmwunder, mehr kann man dazu kaum sagen, denn Gesangsunterricht hatte sie laut eigener Aussagen nie. Nach der Show hörte man zwar Fans klagen, weil der extrem beliebte Song "Memories" von der Setliste verbannt worden war, aber "Mother Earth" und "Truth Beneath The Rose" waren ebenso würdig als Abschluss dieses dritten und letzten Festivaltages. (mya)


Karaoke From Hell
Nahmen bereits am frühen Abend Friedli & Franz Tanzkappelle dem Festival ihre Ernsthaftigkeit, war es nun an Karaoke From Hell, den Abend würdig und schunkelnd abzuschliessen. Und was eignet sich dazu besser als eine Live-Band mit verschiedenen Sängern? Mit fast einer halben Stunde Verspätung eröffnete Moderator Martin Eric Ain den Spass und gab gleich die Spielregeln durch. „Under The Brigde“ von den Red Hot Chilli Peppers wurde gleich mal ordentlich intoniert, TNT von AC/DC folgte von einer Frau ebenfalls sehr passabel bevor ein Typ merken musste, dass Paranoid von Black Sabbath halt doch nicht so einfach zu singen ist. Ganz anders „Ace Of Spades“, welchen ein sichtlich grosser Motörhead-Fan fehlerfrei und mit Leichtigkeit von sich gab. Danach kam es zu einer eigentlichen 5-fachen Frauenrunde mit unterschiedlichem Niveau, wobei auch die „Prominenz“ nicht fehlte. Infinitive Dreams Sängerin Miriam Pürro gab mit einer eigenwilligen aber coolen Version des Guns’N’Roses-Klassikers „Sweet Child O’Mine“ Gas. Ebenfalls Prominenz gab es bei „Enter Sandman“, welcher Ex-Felony-Sänger Andy zum Besten gab. Danach war fast schon Schluss, weil die Polizei fünf Minuten zu früh keine Musik mehr hören wollte. Ein Song blieb aber noch. Und so kündete Moderator Martin Erin Ain Diego an, der den Maiden Überhit „Run To The Hills“ singen wollte. Wer ob des schwierigen Liedes bereits das Gelände verlies, hatte definitiv etwas verpasst. Denn dieser scheinbar aus dem Nichts erscheinende Diego sang den Song mit einer Innbrunst und fehlerfrei (!), dass es eine wahre Freude war. Rocksound-Festival, du hast gerockt, das Publikum hat gerockt, und wir alle zusammen werden hoffentlich auch im 2009 wieder in Huttwil rocken! (Rog)
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